Prosieben-Koch Ralf Zacherl:
Ralf Zacherl, Sohn einer Gastronomenfamilie, hat den Kochberuf erlernt, weil es eben ziemlich nahe liegend war. Den „Gastronomensohn“ tauft er selbst schon einmal um in „Kneipenkind“ und erzählt von der Kneipe, den Eltern, frühen Leidenschaften und der Schulzeit. Ins Gymnasium wollte er trotz bester Zeugnisse nicht, weil die ganzen Freunde zur Realschule gingen. Dort schwappte der vorherig gute Notenspiegel erst einmal eine gehörige Portion in Richtung Ebbe. Zum Realschulabschluss hin hatte er die Sache mit den Noten wieder ins rechte Lot gebracht und der Wuns ch der Eltern, einen Kaufmann in der Familie zu haben – vorzugsweise ausstaffiert mit Fachabitur – klang ziemlich als Bedrohung und so war es zunächst eine Trotzreaktion, als Ralf Zacherl in einem Wertheimer Hotel die Kochlehre begann. „Kochen ist eigentlich was Simples“ und „du musst halt das entsprechende Gefühl für die Verarbeitung von Lebensmitteln inne haben“. „Kurz gesagt: die Liebe am Kochen, Kreieren, Ausprobieren – das muss ganz einfach da sein, sonst klappt es eh nicht.“ Besondere Neigungen/Vorlieben/etwas Prägnantes zu seiner Kochphilosophie? „Aus Scheiße kann ich Pralinen machen“, soll heißen: aus wenigen und/oder einfachen Zutaten fabriziert er köstlich-Leckeres, frappierend-Überraschendes. Er selbst bezeichnet seinen Küchenstil als „kreative Spontanküche“. Sein Lebensmotto als Koch: „Der Topf ist rund, damit das Kochen die Richtung ändern kann.“
Nach seiner Kochlehre holte er sich bei Stefan Marquard, dem Punkrocker unter den Köchen, den letzten Feinschliff. Marquard ist der akzeptierteste Koch Deutschlands in Sachen „Freihandimprovisation“, ausgeflippt-kreativ. Diese Stelle prägte Ralf Zacherl fürs Leben.
Schon mit 26 Jahren bekam er einen Michelin-Stern verliehen und 16 Punkte im Gault Millau. Von 2001 bis Ende 2003 bot er als Küchenchef in der Berliner Weinbar Rutz junge, unkonventionelle Gerichte zu alltagstauglichen Preisen an. Die Hauptstadt dankte es ihm mit zwei Auszeichnungen in Folge als Berliner Meisterkoch. Seit 6. März 2003 präsentiert ProSieben mit „Zacherl – Einfach kochen!“ das Day-Time-Format für alle Koch-Amateure und Gourmets. Das Motto: kochen ohne Schnickschnack. Die Rezepte sind einfach, die Zutaten nicht teuer. Alles ist erlaubt. Im Zentrum der Sendung steht Chefkoch Ralf Zacherl – hipp, unkonventionell, genial, ein Popstar in der Küche. Ohne großen Aufwand zaubert er einfache, aber geschmackvolle Gerichte für jeden Anlass: ein Menü zum Muttertag, ein Versöhnungsessen mit der Liebsten oder einfache Snacks für ein erotisches Wochenende im Bett. Weil das Kochen bereits beim Einkaufen beginnt, nimmt Ralf die Zuschauer mit zum Shoppen in den Supermarkt oder zum Gemüsehändler und gibt sachkundige Tipps zu den Lebensmitteln. Später am Herd plaudert er zwischen Zwiebelschneiden und Abschmecken mit den Studiogästen über interessante Themen. Frei nach dem Motto „Fühl´ dich wie zu Hause!“ wurde der Ort des Schaffens im Stil von Ralfs Berliner Wohnung eingerichtet. Nicht karg und steril wie im Kochstudio, sondern jung, gemütlich und mit einer Prise kreativen Chaos. Gegessen wird nicht nur am Tisch, sondern auch mal in der Sofaecke oder neben dem Fußball-Kicker.
RALF ZACHERL IM GESPRÄCH:
Rolling Pin: Herr Zacherl, Ihre Sendung auf ProSieben ist auf ein junges Publikum ausgerichtet. Glauben Sie, dass junge Menschen, im Hinblick auf Fast Food-Ketten, Take Aways, Finger Food und die vielen Möglichkeiten sich das Essen nach Hause zu bestellen (z.B. Pizzaservice), noch Interesse haben, selbst zu kochen?
Ralf Zacherl: Aufgrund der täglichen Post, glaube ich, dass die Sendung auch viele ältere Menschen sehen. Aber um ihre Frage zu beantworten: Immer nur Fast Food ist nicht nur ungesund, sondern auch langweilig. Kochen macht Spaß und kann sich zu einem richtig tollen Hobby entwickeln. Wenn ich von meiner Liebe zum Kochen einiges an junge Menschen weitergeben kann, dann habe ich schon einiges von dem erreicht, was mir sehr am Herzen liegt. Man muss den Leuten einfach nur eine kleine „Hilfestellung“ geben, denn in vielen Familien wird so wenig gekocht, dass man der nächsten Generation natürlich entsprechend wenig weitervermitteln kann. Dabei prägt einen die Kindheit doch ungemein. Die Erinnerungen an die Düfte aus der Küche halten oft ein Leben lang: Der Sonntagsbraten oder der frisch gebackene Kuchen. Wenn sich junge Leute zum gemeinsamen Kochen treffen, ist das doch etwas ganz Tolles. Ich merke auch schon, dass ich bei vielen jungen Leuten das Interesse, sich selbst etwas Leckeres zu kochen, geweckt habe.
RP: Wie stehen Sie persönlich zur Hauben- und Sterne-Gastronomie und hat sie, in Bezug auf die allgemein schwierige Konjunkturlage, überhaupt eine Zukunft?
RZ: Wer in der Spitzengastronomie arbeitet, muss von Haus aus eine enorme Liebe dazu mitbringen. 14, 15 oder gar 16 Stunden und dies nahezu 6 Tage die Woche zu machen, das würde ohne die entsprechende Liebe gar nicht funktionieren. Dahinter steckt ebenso eine Leidenschaft wie Philosophie: Man arbeitet mit den tollsten Produkten, die aber keine Luxusprodukte sein müssen, sonder einfach von der Qualität her gut sein müssen. Ich habe mit 26 Jahren ja auch schon einen Michelin-Stern bekommen. Klar war ich damals darüber irrsinnig stolz, aber Kochen ist ja viel mehr, als Auszeichnungen zu sammeln.
Mit der derzeitigen Konjunkturlage ist es mit Sicherheit eine schwere Zeit für die Topgastronomie, auch wenn sich nunmehr wieder etwas Aufschwung einstellt. Die Sternegastronomie hat ja seit jeher nur eine relativ kleine Zielgruppe. Die Ausrichtung der Speisekarten wird sich, im Hinblick auf den Wareneinsatz, nach meiner Meinung ändern. Gemäß dem Credo: Es muss nicht immer Kaviar sein. Eine gute und kreative Frische-Produkt-Küche lässt sich durchaus auch mit „bezahlbaren Produkten“ verwirklichen.
RP: Ist in der Hauben- und Sterne-Gastronomie ein sinnvolles Preis-Leistungs-Verhältnis noch gegeben?
RZ: Gut, hier bin ich der Meinung, dass viele Menschen nur eine „in-etwa-Vorstellung“ davon haben, wieviel Einsatz hinter einer Sternegastronomie steckt. Da stehen z.B. 20 Köche in der Küche und es sind top-ausgebildete Fachleute im Service. Denken Sie nur an den Sommelier. Dazu Wareneinsätze, die bis zu 60% im extremen Fall gehen. Da können Sie sich ausrechnen, was für die Gastronomie unterm Strich übrig bleibt: es ist wenig bis gar nichts.
RP: Was glauben Sie, sind die künftigen Trends, auf Gastronomie und Hotellerie bezogen, in der Küche?
RZ: Pauschal ist das wirklich schwer zu sagen. Den „Italiener um die Ecke“ wird es sicherlich weiterhin geben wie asiatische Restaurants. Was die gehobene Gastronomie betrifft: Die wird sicherlich weiterhin „lockerer“ werden ohne dabei die eigene Philosophie zu verlieren, aber in Hinblick auf Menü- und Preisgestaltung mehr Überlebenswert für den einzelnen Gastronomen besitzen. Probieren Sie es selbst einmal aus. Sie gehen in ein Restaurant, wo viele Leute sagen, dass es dort ausgezeichnet schmeckt. Da gibt es dann Gerichte, die man kennt und die auch ein so genanntes Lieblingsgericht-Potential besitzen. Zum Nachtisch bekommen Sie ein Vanilleeis mit gezuckertem Beerenragout und Kräuterdeko. Was meinen Sie: Wie viele Leute können Ihnen sicher sagen, ob das Eis gekauft oder von Grund auf selbst gemacht wurde? Ich denke, es sind nur wenige, was eigentlich total schade ist.
RP: Raucherfreie Restaurants und Lokale sind zur Zeit in aller Munde. Wie stehen Sie zu einer guten Zigarre nach einem gelungenen Menü?
RZ: Ich bin da eher der „Höflichkeitsmensch“. Solange es am Tisch die anderen nicht stört, finde ich das ok. Zu viele Verbote sind nie gut.
RP: Wie wichtig ist Ihnen bei einem Menü die empfohlene Weinbegleitung? Gibt es hier doch gewisse Normen oder soll jeder trinken was ihm schmeckt?
RZ: Ich verlasse mich immer auf die Empfehlung des Sommeliers und frage auch danach. Ansonsten finde ich, sollte jeder das trinken, wonach ihm ist und was ihm selbst auch schmeckt.
RP: Was kochen und essen Sie privat am liebsten?
RZ: Das werde ich immer wieder gefragt. Aber so ein ausgesprochenes Lieblingsgericht habe ich gar nicht. Ich bin ein „Saisonesser“. Ich freue mich in der Spargelzeit auf Spargel und dann wieder auf Wintergemüse – das ist doch das Schöne daran – sich der jeweiligen Jahreszeit hinzugeben. Privat koche ich nicht so zeitaufwendig, eher spontan nach Lust, Laune und Bauchgefühl.
RP: Wie stehen Ihre Eltern zu Ihrem jetzigen Tun, da sie ja gerne einen Kaufmann aus Ihnen gemacht hätten?
RZ: Meine Eltern waren damals schon sehr stolz, als ich bei Harald Wohlfart in der Traube Tonbach gearbeitet habe. Mit meinem Vater tausche ich mich heute auch vielfach aus. Ich denke, meine Eltern sind soweit mit mir ganz zufrieden…
RP: Was haben Sie in Zukunft noch vor?
RZ: Da ich so ein „Jetzt-Mensch“ bin und ungerne sehr lange im Voraus plane, kann ich das auch nicht beantworten. Klar, ich würde gerne noch eine Weile im Fernsehen kochen und auch gerne weitere Events veranstalten, wo ich direkten Kontakt zu den Leuten habe und gemeinsam mit ihnen kochen kann. Es wird sicher auch eine Zeit geben, da steht Ralf Zacherl wieder in einem Restaurant am Herd. Ob das schon nächstes Jahr ist oder noch eine ganze Weile dauert – wer weiß?
Kochen ist was Simples, man braucht nur das
nötige Gefühl für die Verarbeitung von Lebensmitteln.
LEBENSLAUF:
RALF ZACHERL
- Geb. 9. Jänner 1971 in Wertheim
- Kochlehre in einem Wertheimer Hotel
- 1991 bei Stefan Marqurad in den Drei Stuben, Meersburg
- 1995 bei Harald Wohlfahrt in der Traube Tonbach, Baiersbronn
- 1997 Küchenchef im Grauen haus, Oestrich-Winkel, Verleihung eines Michelin-Sterns
- 1998 Küchenchef im Athenee Palace, Djerba, Tunesien
Küchenchef im STIL, Berlin
- 2001 bis Ende 2003 Küchenchef in der Weinbar Rutz, Berlin
- 2001 Gastro-Award als „Bester Newcomer“ und „Aufsteiger des Jahres“ bei den Berliner Meisterköchen
- 2002 „Berliner Meisterkoch 2002“
- Seit 6. März 2003 bei ProSieben mit „Zacherl – Einfach kochen!“
- www.kochende-leidenschaft.de