Chef’s Table: Yannick Franques’ Gastkoch-Menü im Hangar-7
Salzburg ist das neue Paris
Yannick Franques’ hochkonzentrierter Blick spricht Bände: Hier, in der Küche des Salzburger Zweisterners Ikarus, geht es gerade um alles. Zumindest in Sachen französische Kulinarikgeschichte. Für nichts weniger steht schließlich das legendäre Restaurant, das der hochgewachsene Franzose seit 2020 als Executive Chef leitet. Das La Tour d’Argent im Herzen von Paris gilt zurecht als Prototyp einer sagenumwobenen Gourmetinstitution. Seit dem 16. Jahrhundert geben sich dort die Reichen, Schönen und Fressverrückten die Klinke in die Hand – nicht zuletzt, um in den Genuss der berüchtigten Entengerichte zu kommen, denen im La Tour d’Argent geradezu religiös gehuldigt wird. Aber dazu später.
Salzburg ist das neue Paris
Yannick Franques’ hochkonzentrierter Blick spricht Bände: Hier, in der Küche des Salzburger Zweisterners Ikarus, geht es gerade um alles. Zumindest in Sachen französische Kulinarikgeschichte. Für nichts weniger steht schließlich das legendäre Restaurant, das der hochgewachsene Franzose seit 2020 als Executive Chef leitet. Das La Tour d’Argent im Herzen von Paris gilt zurecht als Prototyp einer sagenumwobenen Gourmetinstitution. Seit dem 16. Jahrhundert geben sich dort die Reichen, Schönen und Fressverrückten die Klinke in die Hand – nicht zuletzt, um in den Genuss der berüchtigten Entengerichte zu kommen, denen im La Tour d’Argent geradezu religiös gehuldigt wird. Aber dazu später.
Franques’ Blick also ist zwar leicht angespannt. Doch mit jeder Minute, die bis zum Beginn des Abendservices an diesem 1. Februar 2022 vergeht, strahlt der Spitzenkoch ein bisschen mehr Zuversicht aus. Kein Wunder: Das Hangar-7-Küchenteam rund um Executive Chef Martin Klein und seinen beiden Küchenchefs Tommy Eder-Dananic und Martin Ebert beweist mit jedem Handgriff: Hier weiß man, was man tut. Und französische Klassik beherrscht man hier mindestens genauso blind wie in den berühmtesten Küchen an der Seine. Dafür bürgt auch kein Geringerer als Jahrhundertkoch und Ikarus-Patron Eckart Witzigmann.
Back to the future
Der bewundernswert ausbalancierte Reigen an Amuses Bouches jedenfalls verspricht Großes. Brandteigkrapfen mit gereiftem Comté machen gleich einmal klar: Ab jetzt spielt’s hier savoir-vivre à la francaise, verkopfte Abstraktionen à la Molekularsphären – non merci!
Die Tartelette mit Kürbis, Ingwer und Lakritz genauso wie der Osietra Imperial Kaviar mit Avocado (ein geradezu himmlisches Wunderding an Texturrafinesse) verdeutlichen mit schnörkellosem Könnertum, was Yannick Franques meint, wenn er vom Drahtseilakt einer zukunftsorientierten Bewahrung der altehrwürdigen Tradition spricht: „Meine Philosophie ist es, neue Gerichte zu kreieren und dabei die DNA und Geschichte des La Tour d’Argent zu würdigen“, sagt der mehrfach ausgezeichnete Herdmagier, der sein Handwerk bei Größen wie Eric Fréchon oder Alain Ducasse lernte.
So entpuppt sich auch der erste Gang als dramaturgischer Geniestreich: Langoustine mit Haddock-Espuma und Yuzu Vinaigrette ist ein fulminanter Startschuss mit, excuse my French, „kick ass“-Charakter. Der darauffolgende Gang entführt uns hingegen ohne Umschweife in die Sphären der mythischen Klassik: Die Hechtnocke „André Terrail“ ist eine der wohl beeindruckendsten Verneigungen vor der Lyonnaiser Spezialität „Quennelle de Brochet“. Genauso herzhaft geht es weiter mit dem Bio-Ei „Mystère“ und Périgord-Trüffel, bevor ein filigranes Zwischenspiel – eine Consommé mit hauchzarten Entenleber-Ravioli – den ultimativen Blockbuster-Moment dieses unverwechselbaren Menüs einläutet.
Subtile Twists und fleischige Ausrufezeichen
Die Burgaud-Ente, nach ihrem Starproduzenten Gérard Burgaud im französischen Challans benannt, gehört seit Jahrzehnten zum La Tour d’Argent wie die Entenpresse zur Sauce Rouennaise. Letztere wird zwar heute Abend nicht serviert, doch schon beim ersten Enten-Gang weint man der blutigen Entensauce keine Träne nach: Die Entenbrust mit Bete und Bergamotte zitiert das klassische Geschmacksspektrum der französischen Entenzubereitung lediglich – und interpretiert sie auf genauso puristische wie virtuose Art und Weise neu. Die BBQ-Keule, kombiniert mit einer Kräuter-Tartelette, beweist indes, dass Franques mit untrüglichem Gespür auch über den traditionellen Tellerrand zu blicken versteht – ein genauso unerwarteter wie würdiger Abschluss mit aromengewaltigem Ausrufezeichen. Chapeau!
Zugegeben: So ganz ohne Ehrfurcht blickt man einem solchen Abend nicht entgegen. Zu überlebensgroß sind die mit dem La Tour d’Argent verbundenen Vorstellungen und, sagen wir es ruhig, Klischees. Doch Yannick Franques gelingt in seinem klassischen Kracher-Menü etwas zutiefst Beeindruckendes: Mit subtilen Twists zaubert er französische Haute Cuisine bar jeder Steifheit – und schafft es dabei dennoch, den Gästen im Hangar-7 zu vermitteln: Ihr seid Teil einer jahrhundertelangen Geschichte. Und die, so viel wird mit jedem Bissen klar, ist noch lange nicht auserzählt.