Michael Kempf: Alle(s) für den dritten Stern
Weniger Show, mehr Geschmack
Der große Wurf blieb bei der Verkündung des Guide Michelin am 1. Dezember aus. Ja, drei neue Zweisterner, aber kein neues 3-Sterne-Restaurant für Deutschland. Auch das Team des Berliner Facil rund um Michael Kempf hatte nach dem zweiten Macaron 2013 leise gehofft. „Im ersten Moment ist man einen Tick enttäuscht. Ich hab mich aber sehr für meinen Freund Marco Müller gefreut und außerdem sehen wir das als Kampfansage“, stellt Kempf klar, was die Zielrichtung ist.
Einen Termin im Headquarter des Restaurantführers hat er schon vereinbart, um herauszufinden, woran es gelegen hat. Das macht er seit fünf Jahren, um an den richtigen Stellschrauben drehen zu können. Das Feedback aus dem letzten Jahr haben sie bereits verinnerlicht: „Unter dem Strich haben wir zwei Sachen mitgenommen. Einmal: Weniger ist mehr. Es bringt nichts, wenn du zehn Amuse-Bouches hast. Was du auf dem Teller hast, muss von der Produktqualität perfekt sein. Und das Zweite ist die geschmackliche Tiefe.“ Also: weniger Show, mehr Geschmack. Sich selbst auch einmal einbremsen ist die Devise und Kempfs Lerneffekt über die vergangenen Jahre. „Pack da noch mal eine Variation drauf und da noch Viererlei vom Kalb. Das hab ich am Anfang gemacht, weil ich es von Dieter Müller kannte. Aber das ist heutzutage einfach nicht mehr zeitgemäß.“ Heute steht für Michael Kempf das tolle Grundprodukt im Mittelpunkt, ohne es mit zu viel Schnickschnack zu verfälschen.
Weniger Show, mehr Geschmack
Der große Wurf blieb bei der Verkündung des Guide Michelin am 1. Dezember aus. Ja, drei neue Zweisterner, aber kein neues 3-Sterne-Restaurant für Deutschland. Auch das Team des Berliner Facil rund um Michael Kempf hatte nach dem zweiten Macaron 2013 leise gehofft. „Im ersten Moment ist man einen Tick enttäuscht. Ich hab mich aber sehr für meinen Freund Marco Müller gefreut und außerdem sehen wir das als Kampfansage“, stellt Kempf klar, was die Zielrichtung ist.
Einen Termin im Headquarter des Restaurantführers hat er schon vereinbart, um herauszufinden, woran es gelegen hat. Das macht er seit fünf Jahren, um an den richtigen Stellschrauben drehen zu können. Das Feedback aus dem letzten Jahr haben sie bereits verinnerlicht: „Unter dem Strich haben wir zwei Sachen mitgenommen. Einmal: Weniger ist mehr. Es bringt nichts, wenn du zehn Amuse-Bouches hast. Was du auf dem Teller hast, muss von der Produktqualität perfekt sein. Und das Zweite ist die geschmackliche Tiefe.“ Also: weniger Show, mehr Geschmack. Sich selbst auch einmal einbremsen ist die Devise und Kempfs Lerneffekt über die vergangenen Jahre. „Pack da noch mal eine Variation drauf und da noch Viererlei vom Kalb. Das hab ich am Anfang gemacht, weil ich es von Dieter Müller kannte. Aber das ist heutzutage einfach nicht mehr zeitgemäß.“ Heute steht für Michael Kempf das tolle Grundprodukt im Mittelpunkt, ohne es mit zu viel Schnickschnack zu verfälschen.
Dann platzte der Knoten
Vielleicht wäre der Sprung auf die höchste Sprosse der Sterneleiter dieses Jahr auch zu schnell gekommen, das muss auch der Facil-Küchenchef eingestehen. Hochgepusht zu werden und dann auf wackligen Beinen ständig um die Bewertung zu zittern, das ist nicht sein Ding. Zehn Jahre musste er auf den zweiten Stern warten, konnte ihn aber so auf eine breite Basis stellen.
Als der Sigmaringer 2003 als 26-Jähriger die Geschicke im Facil übernahm, hatte er nach seinem Lehrbetrieb, dem Hotel Kleber-Post in Saulgau, gerade einmal drei Stationen hinter sich: im Wald & Schlosshotel Friedrichsruhe unter Lothar Eiermann, im Restaurant Fischerzunft bei André Jaeger und bei seinem wichtigsten Lehrmeister Dieter Müller im Schlosshotel Lerbach. Die Belohnung mit dem ersten Michelin-Stern im Restaurant Facil, seiner ersten Stelle als Küchenchef, kam dann wie ein Paukenschlag direkt im ersten Jahr.
Deshalb würde Michael Kempf auch selbst nie sagen, dass er zehn Jahre auf den zweiten Stern warten musste, er formuliert es vielmehr so: „Ich brauchte einfach noch meine Jahre, um mich zu entwickeln, und musste mich erst in der Führungsrolle zurechtfinden. Dann kam der Küchenstil und da ist der Knoten vier bis fünf Jahre vor dem zweiten Stern geplatzt.“ Der war klar geprägt von seinen Lehrern André Jaeger und Dieter Müller. Davon hat sich der inzwischen 39-Jährige längst emanzipiert. Mit Eleganz, Raffinesse und der entsprechenden Leichtigkeit kombiniert der Facil-Chef Luxus- und bodenständige Produkte – mit dem Tiefgang, den er sich hart erarbeitet hat. Das passt zum entstaubten Luxus-Ambiente des edlen Facil im fünften Stock des The Mandala Hotels mit seinem Loftcharakter über den Dächern des Potsdamer Platzes.
Das Team als Konstante
Michael Kempf ist einer, der bewusst die Fahne für das Fine Dining hochhält. Das rotzige Casual, das immer mehr zum State of the art in den Gourmetrestaurants wird, ist für ihn keine Option, „weil wir damit den Erfolg, auch wirtschaftlich, haben. Wir sind eigentlich immer voll und haben sehr gutes Wachstum jedes Jahr.“ Der Mittagsservice ist einer der Erfolgsgaranten des Facil. Dann tummeln sich im Luxusrestaurant Hipster und Mütter mit Kinderwägen.Weiße Tischdecken, edles Ambiente und dennoch „keine Spielregeln beim Essen, keine Riesenmärchenstunde bei der Weinkarte“. Kempfs Commitment zu High End mit lockerem Service geht auf. 50 Prozent der Gäste am Mittag und Abend sind Stammgäste.
Der Durchbruch kam mit dem zweiten Stern, seitdem habe sich die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit verändert. „Da wirst du erst ernst genommen. Da fällt dir auch eine Riesenlast ab. Mensch, jetzt bin ich irgendwie erwachsen, jetzt bin ich angekommen“, beschreibt der Spitzenkoch mit dem Youngster-Image das Gefühl. Im Facil ist er schon lange angekommen und hat dabei viele treue Seelen um sich geschart. Was so abgehalftert klingt, macht den Spirit und Erfolg des Teams aus. Vom ersten Moment an, in dem man das so fein anmutende Restaurant betritt, spürt man, was für eine positive Energie in der Küchen- und Servicebrigade steckt. Hier sprechen Zahlen ausnahmsweise eine ehrliche Sprache: Manuel Finster, Restaurantleiter seit dem Eröffnungsjahr 2001, ebenso Sommelier Felix Voges, Spitzenpâtissier Thomas Yoshida, seit 2002 im Team, Michael Kempf selbst seit 2003 und Küchenchef Joachim Gerner seit 2006. Den zweiten Stern hätten sie durch eine tolle Teamleistung, „nicht durch Küchenschreierei oder eine heftige Arbeitsatmosphäre“ geholt.
Erst mit dem zweiten Stern wirst du ernst genommen undbist erwachsen.
Michael Kempf fühlt sich als Sternekoch angekommen
Mit Prozessen zu mehr Qualität
Seit Anfang 2015 hat Michael Kempf sein Führungsteam auch im Hinblick auf den dritten Stern neu aufgestellt. Er selbst fungiert in der Position des Küchendirektors – auch wenn er kein Fan dieser Bezeichnung ist und sie gerne unter den Tisch fallen lässt. Neben dem Facil ist er auch für das Barrestaurant Qiu und den Frühstücksbereich des Mandala Hotels mit insgesamt 28 Mitarbeitern verantwortlich. Seinen langjährigen Sous Chef Joachim „Jokl“ Gerner hat er zum Küchenchef gemacht und ihm einige Aufgaben des Facil wie Bestellung sowie Teile des Qualitätsmanagements und der Mitarbeiterführung übertragen. Weitere Neuerung: die Position des Kreativchefs, für Maximilian Kindel. Eine seiner Perlen und treuen Seelen, wie er ihn nennt.
Er machte schon seine Ausbildung bei Kempf, anschließend schubste Kempf ihn in die Welt, damit Kindel bei Joachim Wissler und Peter Maria Schnurr Erfahrungen sammeln konnte. Die Ausbildung ist für den Facil-Küchenchef das Aushängeschild eines Restaurants. Kollegen, die schimpfen, aber selbst nicht ausbilden, sind für ihn ein No-Go. „Von den acht Azubis habe ich immer ein bis zwei Perlen, die wirklich highend sind, wo ich sage: ‚Mensch, Wahnsinn!‘ Ich fördere natürlich alle, aber bei diesen lege ich besonders viel Augenmerk drauf und die hol ich auch später zurück.“ So wie Maximilian Kindel, der seit eineinhalb Jahren wieder an Bord ist. Als Kreativchef hat er Freiräume für die Entwicklung neuer Gerichte, für die vorher die Freizeit draufging.
Die Luft unter den sieben 2-Sterne-Restaurants ist dünn. Da kannst du es dir nicht leisten, Gerichte aus alten Menüs noch mal aufzuwärmen. Deshalb entwickelte Michael Kempf schon vor sechs Jahren einen genialen Schachzug, auf den er stolz ist und in den er gerne einen Einblick gewährt: „Wir haben den Prozess aufgelegt ‚Wie entwickle ich neue Menüs?‘. Davor hab ich immer sehr kreativ aus der Hüfte rausgeschossen“, beschreibt der Spitzenkoch den Prozess des Erwachsenwerdens, der es erfordert, alle acht Wochen ein komplett neues Menü zu entwickeln. Dieser Prozess beginnt acht Wochen vor Menüwechsel, der Kreativchef übernimmt darin eine Schlüsselposition. Am Anfang steht ein weißes Blatt Papier an der Küchentür, auf dem das gesamte Team Ideen sammelt. Fixtermin nach zwei Wochen: Treffen nach dem Mittagsservice in einem Café, um die Ideen zu diskutieren und ein 8-Gänge-Menü zu skizzieren. „Jetzt haben wir vier bis fünf Wochen Zeit, das komplett auseinanderzunehmen, zu testen und kritisch zu entwickeln“, skizziert Kempf die ersten Schritte seines Prozesses, dem viele Phasen des Experimentierens und Perfektionierens, mehrere Testessen durch ihn selbst, den Küchenchef Jokl, später den Sommelier Felix Voges und schließlich die beiden Geschäftsführer Lutz Hesse und Christian Andresen folgen.
Ein Menü, das drei Michelin-Sterne verdient hat, lässt sich eben nicht aus dem Ärmel schütteln, sondern ist, so unromantisch es klingt, harte (Prozess-)Arbeit. Welche Gerichte während eines ganzen Jahres im Facil am besten ankommen, entgeht dem Service nicht und wird akribisch notiert. Sie schaffen es in das Best-of-Kempf-Menü, das Highlight am Ende eines jeden Jahres und ein Panoptikum, auf das der Sternekoch und seine Mannschaft zu Recht stolz sein können. 2016 sicherten sich dort neben „Black Cod, Spitzpaprika und Passionsfrucht“, „Heilbutt und Imperial-Kaviar, Beurre blanc, grüne Oliven und Lardo“ genauso wie „Kalbsbries, Topinambur und Champagner“ und „Steine – Aprikose, Jasmintee und Sanchoblüte“ einen Platz.
www.facil.de
Rezepte:
Wie Zweisterner Michael Kempf die feinen Geschmacksnuancen aus den einzelnen Komponenten herauskitzelt, lest ihr hier!
«Hamachi – Kürbis, Nori-Alge und Shiso»
«Poltinger Rehrücken – Blutsauce, Knollensellerie und Wacholderholz-Hollandaise»