André Chiang: Herr der Sinne
Kulinarischer Abenteurer
Seine Interpretation der New French Cuisine zählt zu den besten im gesamten asiatischen Raum. Mit kompromissloser Hingabe, perfektionistischer Akribie und dem unermüdlichen Mut, Neues zu erschaffen, entwickelte sich André Chiang vom Musterschüler zur kulinarischen Leitfigur.
Und auch wenn die scharlachrote Küchenbibel Guide Michelin ihn mit zwei Sternen dekorierte und er in der 50-Best-Liste auf Nummer 32 rückte, können seine Kreationen nur schwer mit anderen verglichen werden – zu innovativ, zu tapfer und vor allem zu einzigartig sind seine Gerichte.
Begonnen hat seine kulinarische Reise vor beinahe drei Dekaden. Damals arbeitete der kleine André im zarten Alter von 13 Jahren in Tokio im Restaurant seiner Mutter, die dort chinesisch kochte.
Inspiriert von der chinesischen und japanischen Küche war für den wissbegierigen Ausnahmekoch schnell eines klar: „Wer auf höchstem Niveau kochen will, muss nach Frankreich gehen.“ Gesagt, getan.
Mit der Leidenschaft im Koffer und kindlichem Mut im Herzen zog der damals 15-Jährige also aus, um von den größten Chefs Frankreichs zu lernen – dass er damals kein Wort Französisch sprach, kümmerte ihn nicht.
Vom 3-Sterne-Tempel Pierre Gagnaire über das L’Atelier de Joël Robuchon bis hin zum legendären L’Astrance tauchte André Chiang ein in die Welt der Nouvelle Cuisine und saugte Techniken, Know-how und auch die Sprache auf wie ein Schwamm.
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Kulinarischer Abenteurer
Seine Interpretation der New French Cuisine zählt zu den besten im gesamten asiatischen Raum. Mit kompromissloser Hingabe, perfektionistischer Akribie und dem unermüdlichen Mut, Neues zu erschaffen, entwickelte sich André Chiang vom Musterschüler zur kulinarischen Leitfigur.
Und auch wenn die scharlachrote Küchenbibel Guide Michelin ihn mit zwei Sternen dekorierte und er in der 50-Best-Liste auf Nummer 32 rückte, können seine Kreationen nur schwer mit anderen verglichen werden – zu innovativ, zu tapfer und vor allem zu einzigartig sind seine Gerichte.
Begonnen hat seine kulinarische Reise vor beinahe drei Dekaden. Damals arbeitete der kleine André im zarten Alter von 13 Jahren in Tokio im Restaurant seiner Mutter, die dort chinesisch kochte.
Inspiriert von der chinesischen und japanischen Küche war für den wissbegierigen Ausnahmekoch schnell eines klar: „Wer auf höchstem Niveau kochen will, muss nach Frankreich gehen.“ Gesagt, getan.
Mit der Leidenschaft im Koffer und kindlichem Mut im Herzen zog der damals 15-Jährige also aus, um von den größten Chefs Frankreichs zu lernen – dass er damals kein Wort Französisch sprach, kümmerte ihn nicht.
Vom 3-Sterne-Tempel Pierre Gagnaire über das L’Atelier de Joël Robuchon bis hin zum legendären L’Astrance tauchte André Chiang ein in die Welt der Nouvelle Cuisine und saugte Techniken, Know-how und auch die Sprache auf wie ein Schwamm.
Höhen und Tiefen
„Die asiatische Küche ist sehr diszipliniert, in Frankreich ist das ganz anders. Hier war es erlaubt zu experimentieren, Neues auszuprobieren und kreativ zu sein“, schwärmt der 40-Jährige.
„Im Restaurant meiner Mutter waren die Rezepte heilig und durften nicht verändert werden.“ Und doch waren seine ersten Erfahrungen in Montpellier vollkommen anders als erwartet.
Um einen emotionalen Bezug zu den Produkten zu bekommen, war der junge Chiang mit seinen großen kulinarischen Vorbildern unterwegs auf Märkten oder besuchte Produzenten, bevor er überhaupt an den Herd durfte.
Ein Gang darf den Gast auch mal zum Lachen bringen.
André Chiang (li.) setzt mit seinem Executive Chef Johnny Jiang (re.) auf kulinarisches Entertainment
Auch mit der anfangs unterschätzten Sprachbarriere hatte das aufstrebende Kochtalent damals große Probleme. „Die ersten beiden Jahre waren wirklich hart, weil so gut wie niemand Englisch sprechen konnte“, schildert Chiang seine Anlaufprobleme in Frankreich.
Mittlerweile spricht das Sprachtalent neben Japanisch, Englisch und Mandarin perfekt Französisch.Bei seinen vielen eindrucksvollen Stationen im Land der Nouvelle Cuisine hinterließ vor allem einer bleibenden Eindruck:
„Pierre Gagnaire ist jemand, den ich sehr bewundere und schätze. Obwohl er über 40 Jahre im Geschäft ist, hat er sich stets weiterentwickelt und seinen avantgardistischen Stil konsequent beibehalten.“
Gekommen, um zu bleiben
Dabei wollte sich Chiang ursprünglich in seinen drei oder vier Jahren, die er in Frankreich geplant hatte, lediglich seinen kulinarischen Feinschliff abholen, um später diese Einflüsse im Restaurant seiner Mutter umzusetzen.
Geworden sind es schlussendlich satte 16 Jahre und zurückgekehrt ist der verlorene Sohn bis heute nicht. Stattdessen wagte er den für einen wie ihn fast logischen Schritt.
2010 eröffnete er gemeinsam mit seiner Frau Pamela das Restaurant André in Singapur. In einem dreistöckigen Altbau, der noch in den 30er-Jahren als Anwaltskanzlei diente, gewährt der Spitzenkoch heute seinen Gästen eine ganz persönliche Erfahrung:
„Die Leute sollen das Gefühl haben, dass sie in meinem Heim sind“, erklärt er. Darum ist er auch stets selbst vor Ort. Ist der Chef nicht da, bleibt die gläserne Türe mit dem kleinen Olivenbaum davor geschlossen.
Das ist Prinzipsache: „Das Restaurant André ohne André ist einfach nur ein Restaurant.“ Das Interieur erstrahlt in klassischer Eleganz und repräsentiert geschmackvoll Chiangs avantgardistischen Touch und wirkt dabei stets hell und freundlich.
Überall zieren Kunstwerke, die der Chef selbst fertigt, das Lokal. „Bildhauerei und Töpferei haben mich schon mein ganzes Leben lang begleitet. Ich liebe es, Texturen und Skulpturen zu formen.“
Wer auf höchstem Niveau kochen will, muss nach Frankreich gehen.
André Chiang wusste schon mit 15, was er will
Wer jedoch genau hinblickt, erkennt im Restaurant André nicht nur die künstlerische Ästhetik, sondern auch die unfassbar disziplinierte und akribische Natur des eigenwilligen Spitzenkochs.
Jeder Stuhl steht im 45-Grad-Winkel zum Tisch, der wiederum zwei Finger breit von der Wand entfernt ist. Er geht mit seinem Restaurantleiter täglich die Reservierungsliste durch und zerbricht sich den Kopf darüber, wer am besten wo sitzt, denn:
„Unsere Gäste haben eine Bestimmung, wenn sie hierherkommen“, erklärt André Chiang seinen philosophischen Zugang zur Gastfreundschaft. Ein fixes Menü gibt es in seinem Gourmettempel allerdings nicht:
„Wir bestellen unsere Produkte bei den besten Produzenten der Welt und wir vertrauen ihnen.“ Also ordert der umtriebige Kreativkopf täglich zehn Kilogramm Meerestiere. Ob er Hummer, Krabben oder Oktopus bekommt, weiß er vorher nicht.
„Wir wissen dafür, dass wir die frischesten und hochwertigsten Produkte bekommen, und damit wollen wir arbeiten.“ Eine unglaubliche Herausforderung, der sich Chef Chiang und seine 25-köpfige Küchenbrigade mit höchster Leidenschaft und Präzision tagein, tagaus stellen.
Eine Konstante muss es aber auch für die flexibelsten Teams der Welt geben, um funktionieren zu können. Die in Europa oft gefeierten Küchenreligionen wie Regionalität oder Saisonalität sind in einer Stadt wie Singapur nicht zu realisieren. Dort herrscht tropisches Klima und 365 Tage im Jahr nur eine Jahreszeit – Sommer.
Octaphilosophy
Wie definiert man also dieses kulinarische Kaleidoskop? Wie findet man in dieser multikulturellen Mischung aus japanischer, chinesischer und französischer Küche die eigene Linie?
Die Antwort fand Chiang in seiner Octaphilosophy – acht Elemente, um die sich im Restaurant André alles dreht und die zentraler Dreh- und Angelpunkt in allen seinen Gerichten sind.
Jeder Gang in seinen Menüs widmet sich einem dieser Elemente: Pure – purer Geschmack. Salt – die salzigen Aromen des Meeres. Artisan – das perfekte Produkt. Texture – neue Formen und Texturen.
South – das sonnige Aroma der südfranzösischen Cuisine du Soleil. Unique – eine Zutat auf einzigartige Weise zu erleben. Memory – ein Gericht, an das sich Gäste ein Leben lang erinnern. Terroir – rustikal, maskulin und ungeschliffen.
„Diese Elemente sind alle Erfahrungen, die ich mein ganzes Leben lang aufgenommen habe und zu meiner Persönlichkeit gehören. Es gab Abschnitte, in denen mich die Molekularküche stark beschäftigt hat, dann gab es eine Zeit, in der ich wieder sehr klassisch gekocht habe.
All diese verschiedenen Linien werden so vereint und ergeben meinen Stil – und meine Konstante.“ Das Ergebnis ist ein ganz persönliches Menü, das mit jedem Gang eine Geschichte über seinen Kreateur erzählt.
Es gibt viele Köche, die sich auf ihrem Erfolg ausruhen.
André Chiang versucht, sich mit seinem Team ständig weiterzuentwickeln
Gerichte wie Zucchini-Gazpacho mit Fromage blanc, über Heu geräucherte Bouchot-Muscheln, geräucherter Felsenfisch, Abalone und Garnelen von der Mittelmeerküste oder Bresse-Taube mit Dijon-Senfkörnern, scharf angebratener Fenchel und Kartoffel-Gnocchi verraten unverblümt Chiangs Faible für kräftige Holzkohle-Aromen.
Ein Thema, das den Zweisterner seit Jahren intensiv beschäftigt: „Holzkohle spielt in fast jeder Küche der Welt eine große Rolle. Also habe ich darüber nachgedacht, wie man das ultimative Holzkohle-Gericht kreieren könnte und aus diesen wunderbar rauchigen Aromen das Maximum herausholen kann.
Irgendwann wurde mir klar, dass das nur Holzkohle selbst sein kann.“ Seine Fake-Holzkohle besteht aus einer Mischung aus klassischem französischen Baguette und spanischen Churros.
Für den verkohlten schwarzen Look kommt Asche aus Gemüse dazu. Um dem Ganzen noch eine kräftige rauchige Note zu verleihen, landen die schwarzen Brötchen schließlich auf dem Holzkohlegrill.
Serviert wird der verkohlte Gang mit geräuchertem Tintenfisch und einem feurigen Piquillo-Chili-Dip. „Bei diesem Gericht muss immer ein Kellner am Tisch stehen, denn wir servieren die Brötchen gemeinsam mit echter Holzkohle.
Da kann die falsche Wahl in einem absoluten Desaster enden“, lacht Chiang. Mit durchgeknallten Kreationen wie der Holzkohle machte sich der akribische Ausnahmekoch über die Landesgrenzen hinaus einen Namen als genialer Kreativkopf.
Chiang selbst sieht sich aber weniger als Künstler, sondern eher als jemand, der sich etwas traut. „Es hat nichts mit Kunst zu tun, wenn man an neuen Gerichten und Produkten feilt. Es hat etwas mit Mut zu tun – Mut, Dinge auszuprobieren und vielleicht auch daran zu scheitern.“
Für seinen Mut wurde der 40-Jährige in den letzten Jahren mit großen Auszeichnungen belohnt und logiert 2016 auch erstmals auf Nummer drei der 50 Best Restaurants in Asien.
Was ihm in seiner imposanten Trophäensammlung allerdings noch fehlt, ist der dritte Stern. Und auch wenn der zum Greifen nah scheint, sieht Chiang das ganz gelassen: „Es ist schön, wenn man ihn bekommt.
Man kann es aber nicht beeinflussen. Wir haben 30 Plätze im Restaurant. Jeden Tag 30 glückliche Gäste zu sehen, das können wir beeinflussen und darauf konzentrieren wir uns.“
Neben seinem heiligen Flagship André besitzt der Erfolgskoch und Gastronom mit dem Burnt Ends und dem Bincho zwei weitere Dependancen in Singapur sowie das Raw in Taiwan und das Porte 12 in Paris.
Stillstand ist der Tod.Nach diesem Credo lebt und arbeitet Chiang schon sein gesamtes Leben lang. „Es gibt viele Köche, die sich auf dem Erfolg ausruhen und sich darauf reduzieren, ihr Niveau zu halten.
Wir wollen uns ständig verändern und weiterentwickeln“, gibt sich Chiang auch für die Zukunft kämpferisch. Sein Drang nach Perfektion und die Liebe zum Beruf zwingen den asiatischen Ausnahmekoch so oder so immer wieder aufs Neue, sich jeder kulinarischen Herausforderung, die sich ihm bietet, zu stellen – denn für André Chiang ist das Beste gerade gut genug.
www.restaurantandre.com
Rezept
Wer sich an den Gerichten von Kreativ-Kopf André Chiang versuchen möchte, hier geht’s zum Rezept:
Frozen Disc mit weißem Trüffel