Der Mann mit den Goldenen Schweinsohren
Dass er seinen gesunden eigenen Willen hat, merkt man. Und das ist gut so. Denn sonst würde es auf der Speisekarte im Schwarzen Kameel auch keine Kreativitätsanfälle wie „Brettljaus’n vom Butterfisch“ oder „Szegediner Hummerkrautfleisch“ geben. Und sonst würde auch kein Hauch Frankreich durch das alte Traditionslokal und dessen Speisekarte huschen. Also kann man sich freuen, dass Christian Domschitz seit über einem Jahr die kulinarischen Fäden in dem Wiener Restaurant anno 1618 unweit des Grabens zieht. Österreich trifft Frankreich, Tradition trifft Moderne.
Dabei wäre Domschitz ja um ein Haar Automechaniker geworden. „Aber mich schreckte dann der Gedanke ab, jeden Tag mit schwarzen Fingernägeln nach Hause zu kommen – das wollte ich wirklich nicht.“ So wurde er Koch. Bald nach dem Absolvieren der Wiener Gastrofachschule im ersten Bezirk
Dass er seinen gesunden eigenen Willen hat, merkt man. Und das ist gut so. Denn sonst würde es auf der Speisekarte im Schwarzen Kameel auch keine Kreativitätsanfälle wie „Brettljaus’n vom Butterfisch“ oder „Szegediner Hummerkrautfleisch“ geben. Und sonst würde auch kein Hauch Frankreich durch das alte Traditionslokal und dessen Speisekarte huschen. Also kann man sich freuen, dass Christian Domschitz seit über einem Jahr die kulinarischen Fäden in dem Wiener Restaurant anno 1618 unweit des Grabens zieht. Österreich trifft Frankreich, Tradition trifft Moderne.
Dabei wäre Domschitz ja um ein Haar Automechaniker geworden. „Aber mich schreckte dann der Gedanke ab, jeden Tag mit schwarzen Fingernägeln nach Hause zu kommen – das wollte ich wirklich nicht.“ So wurde er Koch. Bald nach dem Absolvieren der Wiener Gastrofachschule im ersten Bezirk ging er nach Frankreich – nach St. Tropez – später zog es ihn durch die ganze Schweiz und Liechtenstein. In dieser Zeit entdeckte er auch seine Frankreich-Leidenschaft. „Ich war sofort fasziniert von der Genauigkeit und Kreativität der französischen Küche.“ Und zwar so fasziniert, dass er nach seiner Rückkehr nach Österreich auch nichts anderes akzeptierte. Als er bei Toni Mörwalds Ambassador in Wien anfing, schrieb er die Speisekarte ausschließlich auf Französisch und kochte nichts ohne französischen Einschlag. „Das war eine extreme Phase, alle hielten mich für verrückt.“
Heute ist er natürlich weniger rebellisch, außer das „Couvert“ um 3 Euro auf der Speisekarte erinnert auf den ersten Blick nichts mehr an seine Frankophilität. Dennoch hat er mit seinem Einstieg ins Schwarze Kameel einiges verändert. Einerseits das Team, denn einige seiner Mitarbeiter aus dem Ambassador hat er gleich mitgenommen. Andererseits ist die Küche frecher und kreativer geworden, aber immer mit alteingesessenen und traditionellen Speisen im Vordergrund. „Meine Linie verfolge ich schon seit 13 Jahren“, erzählt Domschitz und zaubert eine Speisekarte herbei. „Es ist eine Mischung aus ein bisschen verrückt, aber auch sehr bodenständig. Ich liebe Neuinterpretationen der Wiener Küche.“ Und das ist nicht zu übersehen: Sein mittlerweile legendä-res „Szegediner Hummerkrautfleisch“ steht nicht einmal mehr auf der Karte, denn Maître Johann Georg Gensbichler kennt jeden Stammgast. „Die wissen ja ohnehin alle, dass es das bei uns gibt. – ansonsten wird das Gericht eben von ihm empfohlen.“
Oder die „Brettljaus’n vom Butterfisch“. Eine Kreation, die Domschitz so ganz nebenbei eingefallen ist, weil der Butterfisch so schön speckig schmeckt. Also schnitt er ihn dünn auf, gab Wasabi und ein knuspriges Brot dazu und machte damit der traditionellen Heurigen-Brettljaus’n eine luxuriöse Konkurrenz.
Und man darf sich auch nicht über Gerichte wie „Waller mit Soletti-Kruste und Liptauersoße“ oder „Marillenknödel mit Marillen-Fru-Fru“ wundern. Das ist einfach er. Da schnappt er sich Supermarktklassiker und macht daraus eine Haubenküche. Zwei Hauben, um genau zu sein.
Aber zu viel des Experimentieres ist auch nicht seins. „Ich bin ja kein Ferran Adrià. Ich will nichts auf den Kopf stellen, sondern nur neu zusammenstellen. Wie zum Beispiel den klassischen Alt-Wiener Apfelstrudel. Ich serviere ihn geschichtet im Glas: mit Äpfeln, Rosinen, Zuckermasse, Sauerrahm und Bröseln, darauf kommt eine Zimt-Strudelstange. Molekulare Küche ist sicher eine super Sache, aber würde niemals in dieses Haus oder zu mir passen.“ Stimmt. Wenn man sich im Schwarzen Kameel so umsieht, taucht man ein in die Zeit des Jugendstils, gepaart mit individuell gepflegter Tradition. Dunkelbraune Möbel, geschwungene Luster – wie Wien um 1900. Also nix Rauch und Schaum und kulinarisches Chemielabor.
Die Brötchenfabrik Privat mag es der 48-Jährige auch bodenständig. Krautfleckerln sind sein Lieblingsgericht. „Da haben schon viele Spitzenköche blöd geschaut, wenn ich zu ihnen essen komme und dann nur Krautfleckerln bestelle.“ Zuhause darf er sich aber dann ganz auf die Kochkünste seiner Freundin verlassen. „Sie kocht wirklich sehr gerne und ausgesprochen gut. Die Liebe schmeckt man wirklich mit“, erzählt er mit einem Leuchten in den Augen. Überhaupt ist an ihm ein bisschen ein Romantiker verloren gegangen. Denn sein tollstes Esserlebnis war nicht etwa ein 10-gängiges Diner in Frankreich oder ein Fischlokal an der Côte d’Azur – nein, es war am 5. 5. 2005, als er mit seiner Freundin zum 5-Jahr-Jubiläum in Wien essen ging. „Meine knappe Freizeit verbringe ich am liebsten mit ihr und genieße die Zeit dann sehr.“ Cabriofahrten nach Italien inklusive.
So, genug von der Romantik. Zurück zum Kulinarischen. Davon gibt es im Schwarzen Kameel ja mehr als genug. Und zwar nicht nur auf der Speisekarte, sondern auch an der Brötchenausgabe, an der Bar, in den Weinregalen und in der Feinkostvitrine. Alles voll mit eigenen Produkten: Der berühmte Beinschinken wird hier nach alter Rezeptur hergestellt, genauso wie Marmeladen, Sugos, Schnäpse und feine Delikatessen. Ein Markenzeichen sind vor allem die eckigen Brötchen, die es in knapp 30 verschiedenen Sorten gibt. Tausende davon wandern täglich über den Ladentisch, bis zu acht Mitarbeiter bestreichen von 7 bis 15 Uhr die Brote. Und sind am Ende wohl auch selbst streichfähig. Dennoch – die Firmen im Umfeld, die Cateringkunden und auch die Passanten würden es niemals zulassen, dass es die „Kameel-Brötchen“ eines Tages nicht mehr gäbe. Quasi überlebenswichtig.
400 Jahre und ein Höcker Und auch das Traditionslokal selbst ist ein echter Kämpfer und Überlebenskünstler, die Türken, die Kaiserzeit und beide Weltkriege hat es überstanden. Peter Friese ist jetzt (in 2. Generation) Chef des schier unverwüstlichen Hauses. Und auch heute – wie schon vor Jahrzehnten und Jahrhunderten – gehen noch immer Persönlichkeiten und berühmte Menschen ein und aus und zwischen den unzähligen Kamelgemälden und -figuren durch. Bruce Willis war von den Wiener Schnitzeln aus der Pfanne so begeistert, dass er daraufhin ein Foto mit der Küchencrew wollte, auch Udo Jürgens ließ sich mit traditionellem Tafelspitz und Gulasch verwöhnen. Bekannte Schauspieler und natürlich die gesamte österreichische Politik und Wirtschaft essen bei Domschitz. „Aber ich kenn mich in der Szene zu wenig aus. Ich schau mir dann ab und zu Societymagazine und -sendungen an und denke mir: ,Schau, der war ja letzte Woche hier und der auch …‘“ Obwohl er gerne unter den Gästen ist. „Es ist das Um und Auf für jeden Koch, raus aus der Küche zu gehen, mit den Gästen zu reden und präsent zu sein. Heutzutage sind Köche Stars, wie es früher die Ärzte waren. Sie haben ein populäres und jugendliches Image – Jamie Oliver sei Dank.“
Er selbst konzentriert sich aber lieber auf sich und seine Küche. Eine „Schwarze Kameel“-Konditorei würde ihn reizen, genauso wie ein eigenes Kochbuch (mit Toni Mörwald zusammen hat er ja schon eines geschrieben). Ins Ausland will er nicht mehr gehen, denn von der Welt habe er genug gesehen. Nur zu Starkoch Thomas Keller nach Kalifornien will er bald einmal reisen, „der fasziniert mich, seit ich ein Buch von ihm gelesen habe.“ Und auf die Frage, wo er sich in 10 Jahren sieht, antwortet er ganz selbstverständlich und cool: „2018 bin ich bei der 400-Jahr-Feier des ,Schwarzen Kameels‘ dabei.“ Das glauben wir. So unverwüstlich wie die beiden sind …
>>wordrap
Großes Vorbild?
Freddy Girardet
Sexy …
… sind Champagner und Erdbeeren.
Lieblingsspeise?
Geräucherten Goderlspeck von Onkel Ferdinand.
Fußball?
Ist o. k. Faszinierender finde ich aber Bogenschießen.
Wunder?
Daran glaube ich nicht.
Wien?
Meine Stadt. Ich wohne und lebe im 1. Bezirk und liebe es.
Letztes Abendmahl?
Da muss ich jetzt natürlich sagen: Szegediner Hummerkrautfleisch.
>> kontakt
Zum schwarzen Kameel
Bognergasse 5, 1010 Wien
Tel.: +43 (0)1/533 81 25
info@kameel.at
www.kameel.at
Geröstete Seeteufelleber
Zutaten für 4 Personen:
- 2 mittelgroße, fein geschnittene Zwiebeln
- 600 g Leber
- 125 ml braune Fischsauce oder Rindsuppe
- 1 EL griffiges Mehl
- Olivenöl zum Anbraten
- Salz, schwarzer Pfeffer
- Majoran
Zubereitung:
Leber in Stücke schnetzeln. In einer Pfanne in heißem Öl rundherum rasch anbraten, pfeffern, aus der Pfanne nehmen und rasten lassen.
Die Zwiebeln in der Pfanne mit dem Bratenrückstand goldgelb anbraten, mit Mehl stauben, aufgießen, aufkochen und reduzieren. Am Schluss mit Salz, Pfeffer und Majoran abschmecken. Jetzt die Leber dazugeben und nur mehr kurz ziehen lassen.
Mit Basmatireis – mit Petersilienpüree verfeinert – anrichten.
Vergoldete Schweinsohren
Zutaten für 4 Personen:
- 15 Stk. Schweinsohren
- 400 g Wurzelwerk (Karotten, Sellerie, gelbe Rüben, eventuell Zwiebeln)
- Salz, Pfefferkörner
- Lorbeerblätter
- Essig
- Mehl, versprudeltes Ei und Brösel zum Panieren
- Blattgold
Zubereitung:
Wurzelwerk waschen und putzen. Schweinsohren mit dem Wurzelwerk, Salz, Pfefferkörnern, Lorbeerblättern und Essig in reichlich Wasser aufkochen, zudecken und bei kleiner Hitze weich kochen. Schweinsohren im heißen Zustand von den Knorpeln lösen, Fleisch auf ein Leinentuch legen und zu einer Roulade eindrehen, fest pressen und ca. 3 bis 4 Std. im Kühlschrank auskühlen lassen.
Danach die Roulade vom Leinentuch ausrollen, kleine, fingerdicke Scheiben schneiden, panieren und im heißen Fett goldgelb herausbacken.