Bernd Pulker: Der Andersartige
Den niederländischen Touristen in Radlerhosen, die zur Rudelbildung im Gastraum ansetzen, weist Bernd Pulker freundlich den Weg vor die Türe und zur Tafel, auf der steht: Geöffnet ab 14:00 Uhr.
„Aber ihr könnt’s euch gern in den Garten setzen und warten!“, ruft er den leicht irritierten Niederländern hinterher, lacht das scheppernde Lachen eines kollabierenden Küchenregals und fläzt sich auf die Eckbank im Extrazimmer dieser Rührsdorfer Guerilla-Schänke namens Pulker’s Heuriger am selten massengefluteten rechten Wachauer Donauufer, die Bernd Pulker lieber „Buschenschank“ nennt.
Weil bei ihm nur Kaltes aus der Küche komme, erstens, und zweitens, weil dem Wort „Heuriger“ dieser Geruch von Wiener Schickimicki anhafte.
„Schnöselpartien gibt’s bei mir nicht. Auch keinen Zweiertisch. Bei mir heißt’s zamsitzen, der Gewerkschaftspräsident neben dem Bauarbeiter, fertig, und wenn das einem nicht passt, kann er wieder gehen.“
Die Zeit, nachzufragen, wie viele Gäste er durch diese Bewirtungsmaxime schon vergrault hat, bleibt nicht. Pulkers Sätze kommen maschinengewehrsalvenartig, peng, zack, thematisch nicht immer artverwandt, trotzdem: eine einnehmende Gesprächsachterbahnfahrt.
„Schau, den Promi treibt ja nicht nur der Hunger oder der Durst da her zu mir“, sprudelt es aus ihm, „sondern die Sehnsucht, dass er wie ein ganz normaler Mensch behandelt wird. Verstehst? So, was anderes jetzt … Veltliner Zweifünfzehn. Kosten! Dazu gibt’s nachher den Schweinsbratlsalat vom Tim Raue, der ist so gut, da glaubst, du spinnst.“
Den niederländischen Touristen in Radlerhosen, die zur Rudelbildung im Gastraum ansetzen, weist Bernd Pulker freundlich den Weg vor die Türe und zur Tafel, auf der steht: Geöffnet ab 14:00 Uhr.
„Aber ihr könnt’s euch gern in den Garten setzen und warten!“, ruft er den leicht irritierten Niederländern hinterher, lacht das scheppernde Lachen eines kollabierenden Küchenregals und fläzt sich auf die Eckbank im Extrazimmer dieser Rührsdorfer Guerilla-Schänke namens Pulker’s Heuriger am selten massengefluteten rechten Wachauer Donauufer, die Bernd Pulker lieber „Buschenschank“ nennt.
Weil bei ihm nur Kaltes aus der Küche komme, erstens, und zweitens, weil dem Wort „Heuriger“ dieser Geruch von Wiener Schickimicki anhafte.
„Schnöselpartien gibt’s bei mir nicht. Auch keinen Zweiertisch. Bei mir heißt’s zamsitzen, der Gewerkschaftspräsident neben dem Bauarbeiter, fertig, und wenn das einem nicht passt, kann er wieder gehen.“
Die Zeit, nachzufragen, wie viele Gäste er durch diese Bewirtungsmaxime schon vergrault hat, bleibt nicht. Pulkers Sätze kommen maschinengewehrsalvenartig, peng, zack, thematisch nicht immer artverwandt, trotzdem: eine einnehmende Gesprächsachterbahnfahrt.
„Schau, den Promi treibt ja nicht nur der Hunger oder der Durst da her zu mir“, sprudelt es aus ihm, „sondern die Sehnsucht, dass er wie ein ganz normaler Mensch behandelt wird. Verstehst? So, was anderes jetzt … Veltliner Zweifünfzehn. Kosten! Dazu gibt’s nachher den Schweinsbratlsalat vom Tim Raue, der ist so gut, da glaubst, du spinnst.“
Wachauer Weltklugheit
Bernd Pulker ist nicht nur der kommunikationsfreudigste, sondern auch streitbarste bunte Hund der niederösterreichischen Gastronomielandschaft. Ein Typ mit Prinzipien, wie er selbst sagt. Das bringt ihm viel Bewunderung und viel Ablehnung ein.
„Schau“, schießt er los, „nur zum Beispiel. Meine Mitarbeiter sind loyal, herzlich und seit Jahren bei mir. Wenn ein Gast meine Mitarbeiter beleidigt oder beschimpft, bin ich radikal. Wird der Gast untergriffig, werd ich noch untergriffiger, ganz einfach.“ Wie kalt der Gegenwind einem entgegenblasen kann, wenn man sich nicht so gerne an Spielregeln hält, hat Pulker in den vergangenen Jahren ausreichend erfahren.
Drei Jahre lang schlug er sich mit Betriebsprüfungen herum, die Anzeigen hat er irgendwann aufgehört zu zählen. „Aber es bringt ja nichts, sich darüber aufzuregen. Mich muss nicht jeder mögen. Wichtig ist, dass ich mag, was wir hier tun.“
Tatsächlich ist Bernd Pulker ein kompromisslos auf Klasse abseits der gastronomischen Norm in der Heurigen-Spielklasse fokussierter, freundlicher Exzentriker. Immer mit einem Bein und einem Weinglas in der Welt, mit dem anderen in seiner Heimat, Aggsbach.
Geschult erst in der elterlichen Residenz Wachau, wenig später dann auf der großen Universität der österreichischen Spitzengastronomie, im Landhaus Bacher. Klaus Wagner bezeichnet Pulker als einen seiner wichtigsten Mentoren, Lisl Wagner-Bacher als seine Ziehmama.
Die beiden sorgten dafür, dass Pulker seinen Weg in die besten Häuser des Landes fand, ins Trofana Royal von Martin Sieberer etwa, ins Arlberg Hospiz von Adi Werner, wo er sechs Wintersaisonen verbrachte und seine Liebe zum Burgund entflammte, und schließlich in den St. Antoner Hof als Sommelier.
Um die Weinkarte ebenda kümmert sich Pulker übrigens immer noch, nebenberuflich, sozusagen. Dass er im Hauptberuf Heurigenwirt wurde, sagt er, sei auch ein bisschen Lisl Wagner-Bacher zu verdanken.
„Als ich 2002 das ‚Zu verkaufen‘-Schild da gesehen hab, hatten wir gerade Donauhochwasser, der Schlamm stand am Parkplatz draußen“, erzählt er. „Das war natürlich nicht optimal, aber egal, ich bin mit der Lisl hergefahren, hab ihr das gezeigt und sie hat gesagt: ‚Wenn du das machen willst, mach es jetzt, sonst machst du’s nie.‘ Also hab ich einen Kredit aufgenommen und den Laden samt vier Hektar Weingarten gekauft.“
Auf optischen Aufputz wie Vorhänge verzichtete Pulker anfangs. Hätte sich auch gar nicht ausgezahlt, wie er betont, bei den regelmäßigen Bikerschlägereien, die es hier in der ersten Zeit nach der Eröffnung noch gab. Den Ruf der Bikerbude war Pulker aber bald los.
Bei einer Weinkarte, die neben Rarem aus der Wachau Großes aus dem Burgund und Bordeaux zu bieten hat, und einem gastronomischen Konzept, das die Heurigenküche ehrt und ihr gleichzeitig mit Unterstützung kulinarischer Größen wie Thomas Dorfer & Co. einen unverwechselbaren Schliff verleiht, auch kein Wunder.
„Für mich war immer klar, dass ich einen Betrieb führen möchte, der über eine gewisse Kapazität verfügt und trotzdem ein hohes Niveau hält“, sagt er. „Ich hab, etwa auf der Trofana Alm in Ischgl, gesehen, dass das möglich ist. Und wenn du eine ordentliche Portion Liebe in die Auswahl deiner Produkte und die Zubereitung deiner Gerichte steckst, deinen Prinzipien im Umgang mit Gästen und Personal treu bleibst, dich mit Menschen, die deine Liebe teilen, austauschst und es dir egal ist, ob jemand für 1,50 Euro ein Bratlfettbrot isst oder 700 Euro an einem Nachmittag liegen lässt, dann hast du schon gewonnen.“
Große Gastspieler
Die nächste Herde Radtouristen fällt im Gastraum ein. Wo geht’s hier zur Toilette, bitte? Pulker schmunzelt und deutet nach hinten in den langen Gang. „Wenn ich nicht gerade den halben Tag im Auto sitze und meine Lieferanten abfahre, kauf ich Klopapier!“, ruft er auf dem Weg in die Küche, der eben servierte Gabelbissen mit Thum-Schinken, Mayonnaise, Erbsen und Gurken à la Thomas Dorfer sowie das Roggenbrot mit Bratl, Radieschen, Stekovics-Paradeiser, Senf, Kren und Sauerrahmsauce, erfunden von Mentor Klaus Wagner, machen jetzt Platz für Tim Raues angekündigten Bratlsalat.
„Den Raue kenn ich seit 2012, da war er beim Wachau Gourmet Festival in Schloss Dürnstein und wollte später am Abend noch was essen, nur gab’s nirgends mehr was“, erzählt Pulker von der schicksalhaften Erstbegegnung mit dem Berliner Sterneküchen-Riot-Kid, während er unablässig Weinflaschen öffnet.
„Um halb 12 in der Nacht stand der Tim in der Türe, weil ein bekannter Sommelier ihn in seiner Not hergeschickt hat, um halb drei war der Schweinsbraten fertig, bis dahin haben wir ordentlich Wein getrunken, um halb sieben in der Früh war er wieder weg – und seitdem ist er mein Bruder im Geiste.“
Der Seelenverwandte aus Berlin hatte dann vor zwei Jahren auch die Idee zum Bratlsalat mit Balsamicozwiebeln, Feldsalat, Äpfeln und Radieschen. Der Salat ist nach knapp drei Minuten auf dem Teller Geschichte, Pulker lächelt zufrieden.
„Ist das nicht der Wahnsinn?“, fragt er. Die Antwort wartet er nicht ab, huscht stattdessen noch einmal in die Küche, fürs Dessert ist ja jetzt leider keine Zeit mehr, dann eben zwei Gläser Marillenmarmelade von der Oma. „Für die Heimfahrt!“
Das Küchenregal kollabiert zum Abschied noch einmal, dann kommen schon die nächsten Gäste. Willkommen auf der anderen Seite der Wachau. Peng, zack.
www.pulkers-heuriger.at