Anthony Bourdains letztes Buch, «World Travel», wird posthum veröffentlicht
Anthony Bourdain: Posthum immer noch respektlos
Wie schreibt man ein Buch, wenn der Autor nicht mehr unter uns weilt? Diese Frage musste sich Woolever stellen, als sie mit dem Ecco-Verlag beschloss, das Projekt trotz aller widriger Umstände fertigzustellen. Nicht nur, dass mit Bourdain der Autor und die primäre Quelle für den geplanten Reiseführer verloren ging. Erschwerend kam auch hinzu, dass die seit über einem Jahr andauernde Corona-Pandemie das Weltreisen unmöglich macht und viele der Restaurants, Streetfood-Buden und Marktplätze, die Erwähnung finden, womöglich die andauernden Lockdowns nicht überleben werden. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist insofern günstig, als die USA gerade erst wieder internationale Flugreisen für Touristen erlaubt haben. Trotzdem musste Woolever das Problem der vielen leeren Seiten lösen, die zu füllen waren.
«Es ist eine schwere und einsame Sache, als Co-Autor ein Buch über die Wunder der Weltreise zu schreiben, wenn dein Schreibpartner, eben jener Reisende, nicht mehr in dieser Welt unterwegs ist», schreibt Woolever in der Einleitung. Die beiden hatten ihre Zusammenarbeit begonnen, als sie sich 2002 über den New Yorker Chefkoch Mario Batali kennenlernten. Obwohl Bourdain keine einzige Seite beigetragen hat, dominiert sein Name über dem von Woolever auf dem Buchcover. Ein Zeichen dafür, dass der Inhalt so authentisch wie möglich nach ihm klingen soll. Wie im Untertitel, ‹An Irreverent Guide›, angedeutet, war er irreverent – ein respektloses, rebellisches, fluchendes, kettenrauchendes Unikat.
Anthony Bourdains letzte Reisetipps
Die Auswahl der 43 Orte, die World Travel vorstellt, ist in einem der letzten Treffen zwischen Bourdain und Woolever entstanden. Seine Assistentin und Co-Autorin wusste damals noch nicht, dass seine beiläufigen Kommentare und Vorschläge der letzte Input sein sollte, den der Spitzenkoch dem Projekt beisteuern sollte. Um das Werk zu vollenden, steuerten Freunde und Familienmitglieder Essays und Anekdoten bei, darunter sein Bruder Christopher Bourdain, der Musikproduzent Steve Albini und die canadische Gastronomin Jen Agg.
Das fertige Buch ist eine Sammlung der Lieblinsorte von Anthony Bourdain, inklusive zusätzlicher Reiseinformationen und Geheimtipps. Auch wenn es in der derzeitigen Corona-Lage nicht als praktischer Reiseführer herhalten kann, ist die posthume Veröffentlichung wahrscheinlich die beste Art, den frühzeitig verstorbenen Meister seines Faches zu ehren. ‹Irreverent› könnte man auch mit ‹pietätlos› übersetzen – davon ist World Travel weit entfernt. Vielmehr ist es eine Erinnerung an Anthony Bourdain und daran, wie unbeschwert und angenehm Reisen wieder einmal sein könnte.