13 Fragen an Olaf Koch
METRO, der Eindruck eines riesigen, etwas verstaubten, unpersönlichen Tankers hat sich bei uns eingebrannt, als wir Olaf Koch, den CEO von METRO, Media-Saturn und Real zufällig auf einer Messe treffen. Gar nicht dem Klischee eines emotionslosen Einkäufers entsprechend, begegnet uns ein entspannter und hochspannender Typ. Der Mann an der Spitze eines Unternehmens mit fast einer Viertelmillion Mitarbeitern. Wir sind neugierig, welchen Drive Olaf Koch in das Unternehmen bringen will, und vereinbaren ein Treffen. Das METRO-Headquarter in Düsseldorf in der Metrostraße, eine eigene kleine Stadt in der Stadt, die eher an einen amerikanischen Uni-Campus erinnert. Mit einer dunklen Jutetasche in der Hand treffen wir Olaf Koch am Gang, ohne große Entourage. Die Machtzentrale des CEO im fünften Stock vermittelt so gar nicht den steifen Charakter eines Konzerns. Bunt, groß, nicht holzgetäfelt, sondern eher Silicon Valley. Der 46-Jährige schlägt den Besprechungstisch in seinem Büro für das Interview vor, wir bitten ihn auf die lederne Sitzecke. Ungewohntes Terrain, saß er doch, wie er zugeben muss, seit seinem Amtsantritt als METRO-Chef im Januar 2012 noch kein einziges Mal an diesem Platz. Er lässt sich herausreißen aus alten Mustern, raus aus der Komfortzone. Wir wollen herausfinden, ob das auch Olaf Kochs Führungsstil entspricht.
METRO, der Eindruck eines riesigen, etwas verstaubten, unpersönlichen Tankers hat sich bei uns eingebrannt, als wir Olaf Koch, den CEO von METRO, Media-Saturn und Real zufällig auf einer Messe treffen. Gar nicht dem Klischee eines emotionslosen Einkäufers entsprechend, begegnet uns ein entspannter und hochspannender Typ. Der Mann an der Spitze eines Unternehmens mit fast einer Viertelmillion Mitarbeitern. Wir sind neugierig, welchen Drive Olaf Koch in das Unternehmen bringen will, und vereinbaren ein Treffen. Das METRO-Headquarter in Düsseldorf in der Metrostraße, eine eigene kleine Stadt in der Stadt, die eher an einen amerikanischen Uni-Campus erinnert. Mit einer dunklen Jutetasche in der Hand treffen wir Olaf Koch am Gang, ohne große Entourage. Die Machtzentrale des CEO im fünften Stock vermittelt so gar nicht den steifen Charakter eines Konzerns. Bunt, groß, nicht holzgetäfelt, sondern eher Silicon Valley. Der 46-Jährige schlägt den Besprechungstisch in seinem Büro für das Interview vor, wir bitten ihn auf die lederne Sitzecke. Ungewohntes Terrain, saß er doch, wie er zugeben muss, seit seinem Amtsantritt als METRO-Chef im Januar 2012 noch kein einziges Mal an diesem Platz. Er lässt sich herausreißen aus alten Mustern, raus aus der Komfortzone. Wir wollen herausfinden, ob das auch Olaf Kochs Führungsstil entspricht.
1 Bei Ihrer Personalpolitik gehen Sie mit der Führungsriege nicht gerade zimperlich um. Ist das der neue Kurs bei METRO?
Ein ganz wesentlicher Faktor in unserer Führungsphilosophie ist „trust in our people“ – also das Vertrauen von Führungskräften in die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir haben dazu ein klares Verfahren bei der Bewertung unserer Führungsmannschaft. Auch haben wir ein sehr umfangreiches Programm umgesetzt, das nannte sich „leadership for growth“, das haben am Ende alle 100.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Großhandelsgeschäft einmal durchlaufen. Das geht so weit, dass wir sagen: „Sie haben einen ganz tollen Job gemacht, Sie haben alle Ziele erreicht oder übertroffen, aber Entschuldigung, Sie sind zu egoistisch und machtorientiert und geben den Kolleginnen und Kollegen nicht genügend Freiraum. So gehen Sie bitte nicht mit unseren Leuten um.“ Da gibt es vielleicht zwei solcher Gespräche, beim dritten gibt es dann keine Karriere mehr bei uns. Wir hatten Leute, die waren so extrem leistungsorientiert, fokussiert auf sich selbst und vielleicht auch rein zahlenorientiert, von denen wir uns trennen mussten.
2 Seit Mitte April hat METRO mit Thomas Storck einen neuen Deutschland-Chef: Viele sprechen von einer internen Personalrochade. Warum ist gerade so viel Unruhe im Unternehmen?
Axel Hluchy hat METRO Deutschland auf einen guten Kurs gebracht. Er hat das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlassen, was ich sehr bedauere; gleichwohl respektiere ich seine Entscheidung. Mit Thomas Storck sind wir aber in der glücklichen Lage, dass wir einen Top-Nachfolger haben, der sehr viel Handelserfahrung, eine Menge Innovationskraft und vor allem aber auch profunde Kenntnisse bezüglich METRO Deutschland hat, da er vor einigen Jahren bereits Mitglied der Geschäftsführung war.
3 Wie viel Einfluss haben Sie persönlich von Ihrem Büro aus auf die Firmenmentalität?
Am wichtigsten ist, dass die Führungskräfte mitziehen – sonst ändert sich gar nichts. Die wahre Macht im Unternehmen sitzt ja nicht in der Vorstandsetage. Die ist überall da draußen, da ist die Power dieser Firma. Bei uns findet die Führungskräftebewertung zweimal im Jahr statt, zum Halbjahr und zum Jahresende und auch immer im persönlichen Gespräch. Das orientiert sich an den Zielvereinbarungen und am persönlichen Verhalten. Weil dies für uns die entscheidende Veränderungsdynamik ist.
4 Aber wie stellen Sie sicher, dass Ihre Mechanismen auch beim einfachen METRO-Mitarbeiter in Köln oder in Magdeburg ankommen?
Wir messen jedes Jahr den sogenannten Engagement-Index. Der ist anonymisiert und wird von einem externen, unabhängigen Dienstleister durchgeführt. Wir fragen die Kolleginnen und Kollegen zum einen: Glaubt ihr an die Strategie? Findet ihr die Maßnahmen richtig? Aber es wird auch ganz stark gefragt: Wie werdet ihr behandelt? Fühlt ihr euch ignoriert, gefördert oder nur gefordert? Und das zeigt sich dann in einem Punktesystem, das bis 100 geht. Wir waren hier vor vier Jahren auf einem ziemlich niedrigen Niveau, sind jetzt aber mittlerweile auf Headquarter-Ebene über die 50 Punkte gegangen. In den Ländern sind wir zum Teil bei über 80 Punkten. Der Durchschnitt im Handel liegt ungefähr bei 55. In der Düsseldorfer Zentrale haben wir folglich noch was zu tun, aber in den Ländern, würde ich sagen, zählen wir zu den international führenden Organisationen, was Engagement und Begeisterung angeht.
5 Erfolg mit allen Mitteln funktioniert bei Ihnen in der Führungsebene also nicht. Sie selbst gelten als hart, aber fair. Wie hart muss man in diesem Geschäft sein?
Wir sind ja keine Non-Profit-Organisation, die philanthropisch agiert, wir sind ein kommerzielles Unternehmen. Aber wir arbeiten in einem sehr besonderen Unternehmen, weil wir unser Ergebnis steigern, wenn wir unseren Kunden helfen. Wo findet man das schon, dass man sagen kann, es ist eine sinnstiftende Aufgabe, anderen Leuten was Gutes zu tun und dabei Erträge zu steigern? Es gibt natürlich auch Fälle, wo uns das nicht gelingt. Vielleicht, weil wir für den Markt nicht ideal sind oder weil wir nicht die richtigen Leute an Bord haben oder sie nicht so schnell an Bord kriegen. Und dann muss man am Ende auch im Sinne des Gesamtkonzerns harte Entscheidungen treffen und sich von Dingen trennen. Das ist die harte Realität.
Auch bei der Musik schlägt Olaf Koch gerne härtere Töne an. Früher spielte er in einer Rockband E-Gitarre, die er in seiner Freizeit auch gerne hin und wieder anstimmt. Wobei er eingesteht, dass sich sein Talent in Grenzen hält. Der Spirit des Hardrock und vor allem Musik ist bis heute Teil seines Lebens, bester Freund des CEO ist ein ehemaliger Bandkollege.
6 Stichwort harte Entscheidungen: Gehörte der Verkauf von Galerie Kaufhof auch zu dieser Kategorie?
Das war insofern nicht so eine harte Entscheidung, da wir einfach nicht mehr der richtige Eigentümer waren. Deshalb glaube ich, dass es eine positive Entscheidung für alle Beteiligten war. Das Geschäft hat uns zwar große Freude bereitet, zumal sich die Attraktivität der Standorte und die Positionierung des Kaufhofs kontinuierlich verbessert haben, aber man konnte irgendwann sogar von außen gut erkennen, dass Galeria Kaufhof nicht mehr zwingend zur METRO GROUP gehören musste. Hudson’s Bay hat erkannt, dass Galeria Kaufhof ideal in ihre Internationalisierungspläne passt. Und da die Kanadier alle tariflichen und arbeitsrechtlichen Bedingungen akzeptiert haben, war es am Ende eine Entscheidung, die der Galeria-Kaufhof-Mannschaft geholfen hat, die Hudson’s Bay bei der Internationalisierung hilft und ja, sie hat uns auch deutlich gestärkt.
Die Trennung von Makro UK war de Facto eine Niederlage. Jetzt konzentrieren wir uns auf die Länder, in denen wir gut sind.
Olaf Koch über Misserfolge und Chancen
7 Welche Möglichkeiten haben sich dadurch für das Unternehmen aufgetan?
Wir haben durch den Verkauf zusätzliche Mittel erhalten, um die nächsten Etappen für die METRO-Gruppe anzugehen. Und das heißt: mehr Wachstum bei METRO, bei Media-Saturn und Modernisierung bei Real.
8 Welche Entscheidung hat Ihnen mehr abgerungen?
Harte Entscheidungen sind dann eher solche Entscheidungen gewesen wie der Verkauf von Makro UK. Das war eine harte, schmerzhafte Entscheidung. Das haben wir früher nie gemacht, aber in diesem Fall haben wir die Fakten analysiert und festgestellt, dass wir nicht der beste Anbieter in dem Land sind. Und dann muss man auch den Mut haben, zu sagen: „Dann suchen wir uns einen, der es besser kann“ – was wir dann auch gemacht haben. Das war hart, weil das de facto eine Niederlage war. Aber auch aus Niederlagen kann man gestärkt herausgehen und sagen: Jetzt konzentrieren wir uns auf die Länder, in denen wir gut sind, und da machen wir es noch besser.
Das Thema Misserfolge lässt den METRO-Chef nachdenklich werden, dennoch redet Koch wie beim Thema Makro UK nicht lange um den heißen Brei, sondern antwortet sehr ehrlich. Beim Thema „hart, aber fair“ scheint er auch bei sich selbst nicht haltzumachen.
9 Brutal wird aktuell von der Zerschlagung des Konzerns gesprochen. Das klingt wie der Anfang vom Ende. Was entgegnen Sie den Zeichnern eines solchen Szenarios?
Nun ja, wenn man zwei kerngesunden Unternehmen, die in ihren jeweiligen Sektoren führend sind, die Plattform für mehr Eigenständigkeit und Wachstum verschafft, dann ist das vor allem ein Signal des Aufbruchs. Beide Unternehmen werden eigenständig noch schneller auf die Kundenwünsche reagieren können und damit mehr Wachstum schaffen. Davon werden alle profitieren: Kunden, Mitarbeiter, Partner und Aktionäre.
Beide Geschäfte sind vollkommen unabhängig, da macht es keinen Sinn, an einer Konzernstruktur festzuhalten.
Olaf Koch über die Aufteilung in Lebensmittelhandel- und Elektronikhandelskette
10 Welche Signale will METRO damit setzen?
Dieser Schritt ist eine konsequente Fortsetzung unserer bisherigen Logik: Eine stärkere Fokussierung schafft Mehrwert für unsere Kunden. Jegliche unnötige Komplexität kann dabei nur stören. Da beide Geschäfte tatsächlich vollkommen unabhängig sind und es auch keine nennenswerten Synergien gibt, macht es auch keinen Sinn, an einer Konzernstruktur festzuhalten. So gesehen verschaffen wir beiden Unternehmen mehr Freiheit, sich mit voller Energie auf die weitere Modernisierung und Transformation zu konzentrieren.
In den Ballungszentren in Frankreich schlägt METRO bereits neue Wege in Sachen Service ein. Das Argument: Viele Kunden kostet es zu viel Zeit, wenn sie in einen Markt fahren und auf dem Hin- und Rückweg stundenlang in der Rushhour feststecken. Deshalb das Angebot: „Kommt einfach mit dem Roller, sucht eure Produkte aus und wir liefern sie euch bequem in den Betrieb, während ihr schon längst wieder dort seid.“ Ein Beispiel aus der Praxis, das verdeutlicht, wo METRO hinwill und wie das Unternehmen eine Benchmark setzen möchte. Oder auch Foodcorner als Erlebnisfaktor in den Märkten, um sich inspirieren zu lassen. METRO macht klar: Man will nicht mehr reiner Verkäufer, sondern Berater sein, der auf individuelle Wünsche eingeht. Aber reicht das?
11 Wenn man sich in der Gastronomie umhört, hat man den Eindruck, dass die Branche den Einstieg in die Digitalisierung komplett verschlafen hat. Steht das Thema deshalb ganz oben auf Ihrer Agenda?
Ich persönlich glaube, dass in der Digitalisierung der Gastronomie eine unglaublich große Chance liegt, weil es kaum noch eine Branche gibt, die so sehr analog ist. Da fragt man sich natürlich: Warum ist das so? Das hat zum einen sicherlich damit zu tun, dass man viel Know-how und Zeit für die Digitalisierung benötigt, und andererseits möglicherweise auch ein wenig mit der Mentalität in der Szene. Denn wer kochen kann und gastronomieaffin ist, der lernt und mag ganz viele Dinge, aber nicht unbedingt Systemkompetenz oder digitale Kompetenz.
12 Die Gastronomie ist auch ein Business, in dem besonders viel über persönliche Kontakte läuft. Fällt es gerade da schwer, das auf die digitale Ebene zu heben?
Ich glaube, da liegt ganz viel Wahrheit drin. Wir alle gehen gerne in ein Restaurant, weil wir nicht das gleiche Umfeld haben wollen wie am Flughafen oder im Büro. Deswegen ist es schön, dass sich unsere Lieblingsrestaurants im Kern nicht verändern, was auch ein Erfolgsgeheimnis der richtig guten Betriebe ist, dass sie diesen Kern schützen, um die Einzigartigkeit zu bewahren. Die Gastronomie ist aber auch einer der fragmentiertesten Sektoren überhaupt. In allen anderen Branchen hat man große Gruppen, da macht man ein großes Projekt und optimiert die Logistik, den Vertrieb oder die Verwaltung. Für den Kleinbetrieb stand es erstens nie auf der Agenda und zweitens ist er nie von irgendwelchen Leuten angesprochen worden. Große Beratungshäuser gehen nicht zum Restaurantinhaber und sagen: „Du, ich mach dir jetzt einen Unternehmensentwicklungsplan.“ Dann sagt der: „Was? Lass mich bloß in Ruhe.“
So haben wir Olaf Koch kennengelernt: Locker und frei Schnauze. Auch vor Fragen, die zu privat oder sensibel sein könnten, schreckt er nicht zurück. Unser erster Eindruck hat uns nicht getäuscht, der Vater von drei Kindern ist kein unnahbarer Managementtyp ohne Bezug zur Praxis. Familie ist für ihn das höchste Gut, da lässt Koch keine Zweifel offen. Beruflich ist der CEO, wenn es um sein Steckenpferd, die Digital-Offensive von METRO, geht, besonders in seinem Element.
13 Mit der Innovationsinitiative Techstars Metro Accelerator ist METRO an Start-ups beteiligt. Gibt es da ein Unternehmen, bei dem Sie sich als junger Manager hätten vorstellen können, einzusteigen?
Da waren einige dabei. Wenn man schaut, was der eine oder andere an Lösungsvorschlägen für die Gastronomie generiert hat, ist das schon toll. Lunchio finde ich zum Beispiel eine wunderschöne Idee mit der Fragestellung: Wie kann ich den Mittagstisch insbesondere für die arbeitende Bevölkerung, der sicherlich nicht immer an der obersten Stelle der Liste von Themen steht, zum Vorteil des Kunden und zum Vorteil des Besitzers des Restaurants optimieren? Und ich muss sagen, ich war total fasziniert, wie die Jungs das gemacht haben. Das inspiriert einen schon und da wünschte man sich: Oh Mann, da würde ich jetzt ganz gerne mit anpacken, aber das geht natürlich nicht. Aber es ist schon spannend, da Zugang zu haben und das zu beobachten.
Lunchio, Olaf Kochs Favorit unter den Jungunternehmen, gehört zur ersten Generation des Förderprogramms und ist ein Online-Konzept speziell für Mittagessen. Gäste wählen online ein Restaurant in ihrer Stadt, bestellen ihr Gericht und können gleich bezahlen. Das Engagement der METRO-Gruppe im Start-up-Sektor kommt nicht von ungefähr. Der große alte Dampfer braucht Innovation. Keiner weiß das besser als Olaf Koch, der 1995 selbst mit der IT-Networks GmbH seine eigene Firma gründete. Langfristiges Ziel: dem Kunden digitale Lösungen anbieten, um erfolgreicher zu sein. Stichwort Lunch: Als wir uns verabschieden, geht Olaf Koch zum Mittagessen in die Mitarbeiterkantine. Vorstandsbevorzugung Fehlanzeige!
www.metrogroup.de