Self-made Regionalist
Er ist die neue kulinarische Sensation Malmös. Sein Restaurant Vollmers wurde 2017 als erstes Restaurant der südschwedischen Kleinstadt mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Eine unfassbare Leistung – vor allem, da sein Bruder Ebbe und er es ganz ohne Investor auf die Beine stellten. Läppische 190 Euro hatte jeder von ihnen zur Verfügung. Doch Mats Vollmer wusste, was er tat.
Schon als Kind half er im Hotelbetrieb seiner Großmutter in Östarp mit. Seine Lehr- und Wanderjahre führten ihn dann zu renommierten Häusern wie Francis Cardenaus Le Sommelier in Kopenhagen und dem Ramsay Royal Hospital Road in London, bevor er nach Schweden zurückkehrte. Genauer gesagt: in die südschwedische Skåne-Region. Denn die wurde zum Markenzeichen seines 2011 gegründeten Restaurants.
Das Konzept: kompromisslose Regionalität und Saisonalität. Jetzt ist Mats Vollmer September-Gastkoch im Hangar-7. Dort lernt der Selfmade-2-Sterne-Koch, nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Erfolg besser zu schätzen.
Er ist die neue kulinarische Sensation Malmös. Sein Restaurant Vollmers wurde 2017 als erstes Restaurant der südschwedischen Kleinstadt mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Eine unfassbare Leistung – vor allem, da sein Bruder Ebbe und er es ganz ohne Investor auf die Beine stellten. Läppische 190 Euro hatte jeder von ihnen zur Verfügung. Doch Mats Vollmer wusste, was er tat.
Schon als Kind half er im Hotelbetrieb seiner Großmutter in Östarp mit. Seine Lehr- und Wanderjahre führten ihn dann zu renommierten Häusern wie Francis Cardenaus Le Sommelier in Kopenhagen und dem Ramsay Royal Hospital Road in London, bevor er nach Schweden zurückkehrte. Genauer gesagt: in die südschwedische Skåne-Region. Denn die wurde zum Markenzeichen seines 2011 gegründeten Restaurants.
Das Konzept: kompromisslose Regionalität und Saisonalität. Jetzt ist Mats Vollmer September-Gastkoch im Hangar-7. Dort lernt der Selfmade-2-Sterne-Koch, nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Erfolg besser zu schätzen.
„Hummer kriege ich in Salzburg nicht“, sagt er und spielt damit auf seine regionalen Lieferanten an. Um Malmö hat sich Vollmer in den vergangenen sieben Jahren mehr als nur ein Netzwerk von kleinen Zulieferern aufgebaut, sondern auch ein Konzept. Und zwar eines, das wie ein Gegentrend zur globalisierten Welt wirkt.
Umso ungewohnter war es für Vollmer, plötzlich in einer anderen, 1160 Kilometer von Malmö entfernten Küche zu stehen: „Im Vollmers haben wir gerade einmal 14 Gäste pro Abend, das ist im Hangar-7 ja anders. Als Kontrollfreak, wie ich es bin, ist das eine große Herausforderung, weil ich immer alles wissen und on top sein will“, so Vollmers.
Schlussendlich hat alles super funktioniert. „Was ich mit dem Hangar-7-Team in so kurzer Zeit auf die Beine gestellt habe, ist unglaublich“, schwärmt Vollmer. Ein südschwedischer Regionalist, der in Salzburg seine regionale Küche vorstellen soll? „Einige Dinge habe ich selbst mitgenommen“, so Vollmer. Holunderblüten, um Saft herzustellen, Flieder, aus dem Gelee gemacht wird. Rindfleisch hingegen wurde ihm aus der Salzburger Region geliefert, genauso Zwetschken und Hagebutten.
Den importierten Hummer bezeichnet Vollmer daher lediglich als „Änderung“ und stellt zufrieden und ein wenig erschöpft fest, dass alles nach so kurzer Zeit nicht regionaler sein könnte. Mit dem Ikarus-Team um Executive Chef Martin Klein hat der Perfektionist offenbar Brüder im Geiste gefunden. Für einen so ehrgeizigen Regionalisten, der in den vergangenen sieben Jahren „höchstens fünf Services“ verpasst hat, das perfekte Setting.
Warum französisches Essen?
Wie weit sein Team und er in Malmö eigentlich gekommen sind, wurde Vollmer erst so richtig durch diesen Salzburger „Auslandseinsatz“ bewusst. „So richtig sehen, was man sich aufgebaut hat, kann man offenbar erst, wenn man seine Wirkungsstätte, die schnell zu einem Hamsterrad werden kann, einmal verlässt“, so Vollmer. Es ist bezeichnend: Der verwurzelte Regionalist ist ein hochsensibler Ortswahrnehmer.
Seinen Anspruch, den Gästen seine eigene Region und ihr aromatisches Erbe kulinarisch näherzubringen, ist gleichzeitig auch etwas, das ihn als Menschen ausmacht. „Wenn ich nach Österreich komme, will ich doch kein mexikanisches oder italienisches Gericht!“ In Schweden, so Vollmer, gebe es immer noch das Problem, dass viele Köche französisches Essen servieren. „Warum zum Teufel französisches Essen? Verdammt! Sollten wir nicht stolz auf unser eigenes kulinarisches Erbe sein?“ Das mittlerweile legendäre noma hat damals einen wichtigen Grundstein gelegt, indem es der skandinavischen Küche neues Selbstvertrauen einhauchte. Doch Vollmer wollte von Anfang an noch einen Schritt weitergehen.
Er wollte unter anderem auch einzelne Produktionsarten seiner Region zur Schau stellen, den Gästen das Produkt, das sie auf ihrem Teller haben, in all seinen Facetten präsentieren. Vom lokalen Produzenten, Bauern oder Züchter bis zur Verarbeitung in der Küche des Vollmers-Restaurant. „Daneben hat eine Mango aus Brasilien einfach keine Geschichte. Außerdem ist es auch einfach nicht mehr cool, eine Mango vom anderen Ende der Welt aufzutischen“, führt er aus.
Das Beste aus zwei Welten
Als in der Skåne-Region Verwurzelter ist Vollmer auch Naturbegeisterter. Die Aromen seiner Region so unmittelbar wie möglich auf seinen Tellern zu promoten, ist eine Sache. Die Sorge, dass dieser Region diese ureigensten Aromen auch erhalten bleiben sollen, eine andere, wenn auch stark damit verbundene. „Die globale Erderwärmung ist ein Fakt, der mir manchmal so etwas wie Todesangst einflößt. Jeder sollte seine Verantwortung wahrnehmen“, sagt Vollmer.
Die Maxime „respect for the seasons“ ist für ihn die tragende Säule seines Konzeptes – auch aus kulinarischer Sicht. „Erdbeeren im Juni schmecken einfach besser als solche aus dem Glashaus im Winter. Fisch wiederum schmeckt im Winter am besten, wenn er aus dem kalten Wasser kommt. So einfach ist das.“ Jedem, für den das Konzept Regionalität und Saisonalität einen spielverderberischen Beigeschmack hat, nimmt Vollmer mit einem Satz den Wind aus den Segeln.
Denn sein Konzept ist ein zutiefst hedonistisches. Und eines, das er erst ein Jahr nach der Eröffnung seines Restaurants zur Gänze umsetzen wollte. Davor hat er sehr wohl Produkte importiert: „Wir haben mit einer kleinen Liste von lokalen Produzenten begonnen. Das war hart, und in gewisser Weise ist es bis heute eine Herausforderung. Pfeffer regional zu beziehen, können wir vergessen. Aber mit vielen Waren funktioniert es.“ Dieser Versuch, der mit den Jahren immer mehr Form annahm, führte auch dazu, dass Mats Vollmer seine Region besser kennenlernte und in gewisser Weise wiederentdeckte.
Und so sehr dieser Versuch heute zu einem der Markenzeichen Vollmers gehört, gibt er zu bedenken: „Was wir heute machen, war ja vor 50 Jahren common sense.“ Da mag Vollmer ein Stück weit recht haben, doch als letzte Wahrheit über seinen Erfolg ist das wohl nicht ausreichend. Dafür lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit. Denn ausschlaggebend ist auch Vollmers Technik, die er selbst als klassisch-französisch beschreibt. „Die nordische Küche“, so Vollmers, „ist etwas Kühles, Kantiges. Die französische Küche hingegen etwas Rundes.
Seit der Eröffnung meines Restaurants haben wir versucht, diese beiden Herangehensweisen zu kombinieren: nordische Küche, die rund ist.“ Es ist genau diese Ausgewogenheit zwischen zwei fast schon entgegengesetzten Herangehensweisen, die unter anderem im Guide Michelin hervorgehoben wurden. Durch klassische bewährte Techniken die Eigenheiten der eigenen Region zur Geltung bringen – ein Drahtseilakt, der Vollmer mehr als gelungen ist.
Kreatives Abstandnehmen
In den Hangar-7 schaffen es bekanntlich nur die Besten. Bis Vollmer in den Olymp der Ikarus-Gastköche aufstieg, flossen viel Schweiß und Tränen. Ersteres in der Anfangszeit des Vollmers-Restaurant, als es Vollmer und seine Frau Karin selbst waren, die um sieben Uhr morgens mit dem Mise en Place starteten. Der Arbeitstag dauerte dann oft bis ein Uhr nachts.Vollmer spülte eigenhändig alle Pfannen und Töpfe. Die Tränen waren dann aber Freudentränen. 2015 kam der erste Michelin-Stern, 2017 dann der zweite.
Am außergewöhnlichsten ist daran zweifellos, dass Vollmer das alles ganz ohne Investor schaffte. „Ehrlich gesagt: Das macht mich verdammt stolz“, sagt er. „Mein Bruder Ebbe und ich wussten von Anfang an: Wir müssen schwarze Zahlen schreiben, sonst sind wir gefickt.“ Jetzt, wo alles nicht besser für ihn laufen könnte, hat Vollmer zum ersten Mal einen Küchenchef engagiert. Wie der Kontrollfreak damit umgeht? „Für mich ist es sehr schwierig“, gesteht er, „aber auch die Chance, mich zu entwickeln.
Es ist vielleicht so, wie wenn ein erwachsener Mann sich zum Pissen plötzlich hinsetzen muss. Wenn man es 20 Jahre lang im Stehen gemacht hat, ist das gar nicht so einfach.“ Die fast stündlichen Telefonate in die Küche hat er sich mittlerweile abgewöhnt, er hört auf seine Frau Karin, die ihn vor Kurzem warnte: „Wenn du nicht ein wenig Abstand zu dem Ganzen bekommst, wirst du es nicht mehr lange schaffen!“ Dabei möchte Vollmer es unbedingt so lange wie möglich machen: „Ich hätte mein Restaurant gerne noch zumindest 20 Jahre“, sagt er.
Je mehr Raum und Zeit er sich für sich selbst und andere Sachen nehme, desto kreativer werde er gleichzeitig. Um Kreativität geht es Vollmer natürlich aus einem ganz bestimmten Grund. Auf seine Pläne in absehbarer Zukunft angesprochen, kommt es wie aus der Pistole geschossen: „Den dritten Michelin-Stern zu holen.“ Auch seine selbst verordnete Freizeit entspringt seinem unbändigen Ehrgeiz. Fest steht: Mise en Place um sieben Uhr morgens und Abwaschen bis ein Uhr nachts gehören der Vergangenheit an – und dass die Zukunft den Ehrgeizigen gehört, versteht sich von selbst.
www.hangar-7.com
www.vollmers.nu
Wie der nordische Meister sein Lieblingsrezept mit Kabeljau präpariert, erfährst du hier!