David Frenser: Der radikale Gastro-Rebell
Warum nicht gleich einen Tisch versteigern?“ Diese provokante Frage stellt David Frenser ausgerechnet in der größten Krise der Gastronomie. Dabei liegt der Hintergrund dafür in der Pandemie begründet.
Warum nicht gleich einen Tisch versteigern?“ Diese provokante Frage stellt David Frenser ausgerechnet in der größten Krise der Gastronomie. Dabei liegt der Hintergrund dafür in der Pandemie begründet.
Also in jener Zeit, in der alle Menschen, die in der Gastronomie arbeiten, besonderen Herausforderungen begegnen müssen. Köche. Barkeeper. Kellner. Oder Manager, wie er einer ist. Allerdings muss man genauer hinsehen. Das macht David Frenser und er sagt: „Mir blutet das Herz, wenn ich am Samstagabend in unser Izakaya komme und da sitzen drei Leute bei zwei Rollen Sushi und drei Weinschorlen an einem großen Tisch. Für Stunden.“ Dementsprechend erbärmlich fällt nicht nur der Umsatz aus, sondern auch das Trinkgeld für das Personal. Bei höchster Stoßzeitbelastung.
Sein Umkehrschluss: Diesen Gästen ist der Wert des Tisches, an dem sie sitzen, nicht bewusst! „Da könnten wir uns einiges von den Airlines abschauen“, beginnt Frenser zu sinnieren und hat auch gleich das passende Fallbeispiel parat: „Bucht man einen Wochenendflug von Freitag früh bis Sonntag spät, hat niemand etwas einzuwenden, wenn der das Doppelte kostet wie jener von Freitag spät bis Sonntag am Vormittag.“ Ein daran angelehntes Konzept möchte der 43-Jährige jetzt in der Gastronomie etablieren. So soll es gelingen, zu Stoßzeiten, in denen der Personaleinsatz und Aufwand am größten sind, eine ideale Auslastung und eine wesentlich fairere Vergütung für das Personal zu gewährleisten. „Leistung und Qualität müssen dabei natürlich unverändert bleiben. Wie bei einem Flug“, sagt der Mastermind. Dabei sind seine Überlegungen gar nicht so neu. Vielmehr geht es um ein Prinzip, das in den hippen Clubs von St. Tropez oder Sardinien längst schon praktiziert wird.
„Destinations-unorientiert, sind wir selbstbewusst genug zu behaupten, dass das Roomers die Destination schlechthin ist!“
David Frenser, General Manager Roomers München
Das Vorbild sieht so aus: Sitzt man näher am Pool oder beim DJ, hat man eine hochpreisigere Getränkekarte oder eine Mindestkonsumation. Warum dies nicht auf seine Lokale ummünzen? Orientieren will er sich bei der so notwendigen neuen Kalkulation der jeweiligen Plätze und Slots am Pro-Kopf-Umsatz des jeweiligen Restaurants. „Klingt voll anti-Gast“, sagt er und führt dann aus: „Ist es aber nicht! Das soll auch nicht arrogant klingen oder geldgierig, das richtet sich schlichtweg nach Angebot und Nachfrage. Letztendlich zum Besten des Personals“, betont der Direktor. Radikale Überlegungen, an die sich der Gast erst gewöhnen muss. „Und doch“, ergänzt Frenser, „in unserem Japan-Hotspot Isakaya ist es abends machmal so voll, dass man ohne Probleme die Tische versteigern könnte!“ Und wohl schon bald auch wird.
Dass es klappen kann, hat er als General Manager im Roomers Frankfurt selbst erlebt: Die Gekko-Bar von Gabriel Daun, übrigens der „Rolling Pin Barkeeper 2021“, ist in der Main-Metropole zum derartigen Hotspot avanciert, dass sich die Barhungrigen kurzerhand ein Zimmer im Roomers gebucht haben, um als Hotelgast doch noch Zutritt in Dauns Wonderworld zu erhalten.
Recruiting in der Pandemie
Revolutionäre Ideen pflastern aber ohnehin Frensers Werdegang. Nicht zuletzt musste er schon kurz nach seiner Installation als General Manager in München Kreativiät beweisen. Stichwort: Pandemie. „Das Problem war, dass die besten Leute keinen Bock darauf hatten, in der Kurzarbeit nur 30 Prozent zu arbeiten. Viele von ihnen haben uns in andere Industrien oder Berufszweige verlassen.“ Die Zahl der Mitarbeiter im Roomers München schrumpfte schlagartig von 170 auf spärliche 98. Die einst als sicher geltende Branche wankte und wurde allgemein zur Auf-Zu-Jobbörse.
Table-Slots und Mindestkonsumation sind keine Arroganz, sondern vielmehr Ausdruck einer freien Marktwirtschaft!“
David Frenser, General Manager Roomers München
Entgegen aller Prognosen begann Frenser während der Lockdowns gegenzusteuern. Und fing an, neue Leute zu akquirieren. Dabei wurde ihm rasch bewusst, dass die Branche mit einer Trendumkehr konfrontiert ist: „Heute ist der Hotelpool wesentlich größer als jener der gu-ten Kandidaten. Die Suchenden haben eine große Auswahl an freien Stellen und es geht nicht mehr ausschließlich um monetäre Anreize. Man muss viele Benefits, eine coole Atmosphäre und einen coolen Arbeitsplatz bieten, um die besten Leute zu bekommen. Die Branche hat gelitten, auch was ihren Ruf anbelangt.“ Das familiäre Konzept, die DNA der Roomers-Gruppe und sein antizyklisches Engagement haben Frenser in die Hände gespielt. Mit Stand Jänner kann er wieder 131 Mitstreiter unter dem Münchner Hoteldach vereinen; Tendenz stark steigend.
Das Hotel ist die Destination
Aktuell jedenfalls ist sein Reich der momentane Hotspot in München. Es ist das größte Haus der Gekko-Group, dem Imperium der Meeting-Spot-Visionäre Micky Rosen und Alex Urseanu, wo er seit Oktober 2019 als General Manager die Geschäfte lenkt. Höchst erfolgreich, obwohl das Hotel im Westend an der Landsberger Straße und nicht an der noblen Maximilianstraße liegt. Wie etwa der Fünf-Sterne-Tempel „Vier Jahreszeiten“, in dem er vor Jahren seine ersten Erfahrungen in der Grand Hotellerie gesammelt hat.
„Ein Teil des Roomers-Konzeptes“, wirft Frenser ein. Und die Philosophie der vorerst fünf hippen Häuser in Frankfurt, München und Baden-Baden: „Destinationsunabhängig sind wir selbstbewusst genug zu behaupten, dass das Roomers die Destination schlechthin ist. Eine umfassende Angebotspalette vom besten Frühstück über das beste Spa, die besten Restaurants und Bars in den Hotels soll den Gast dabei „fast zwingen“, kein Roomers „außer zum Shoppen oder für Sightseeing verlassen zu müssen und dennoch eine ziemliche Gaudi zu haben!“
Da ist diese spezielle Roomers-DNA
Eine „Gaudi“ hatte der gebürtige Essener selbst fast immer, seitdem er bei der Gekko-Group das Zepter schwingt. „Man hat es mir hier nicht schwer gemacht. Denn es ist eines der zeitgemäßesten und familiärsten Hotelkonzepte, die es momentan gibt. “Klein, aber fein! Über die flachen Hierarchien, die kurzen Entscheidungswege in das Headquarter in Frankfurt und den Umgang, sowohl mit den Gästen als auch den Mitarbeitern, zeigt sich der Generaldirektor begeistert. „Es ist ein lebensbejahendes Konzept, das darauf ausgelegt ist, dem modernen Reisenden ein Hotelerlebnis zu bieten. Gleichzeitig ist das Servicekonzept kein devotes mehr, sondern unsere Mitarbeiter begegnen dem Gast auf Augenhöhe. Das steigert auch das Wohlbefinden des Personals.“ Am Beginn jedes Check-ins steht der Wellcome-Drink in stylischer Atmosphäre. Und nicht die Frage nach der Kreditwürdigkeit des Gastes.
Die Mitarbeiter werden nicht durch endlose Schulungen fähig gemacht, sondern entsprechend ihrer Fähigkeiten eingesetzt. „Das schafft eine bessere Gesamtatmosphäre zwischen Gast und Mitarbeiter und genau das macht die Roomers-DNA aus, die ich mittlerweile aufgesogen habe“, definiert der General den speziellen Spirit, der einen Arbeitsplatz schafft, „von dem keiner mehr weg will.“ Und das nicht nur in der Chefetage.
Vom Weizen und der Spreu
Aber zurück zur Branche: „Das Luxussegment wird sich durchsetzen“, ist er überzeugt und ergänzt: „Es wird sich die Spreu vom Weizen trennen, weil der Gast immer anspruchsvoller wird. Auch die Nachhaltigkeit wird als Aspekt immer wichtiger werden. Beides versuchen wir bestmöglich zu erfüllen.“ Der ideale Acker also für Frenser und seine visionären Roomers-Familien-Oberhäupter Micky Rosen und Alex Urseanu, die im neuen Jahr wieder europaweit nach neuen Luxusprojekten Ausschau halten. Um den Roomers-Weizen noch in weiteren europäischen Metropolen keimen zu lassen. Vielleicht in London. Oder gar in Wien …
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David Frenser
Der Essener kann auf über 20 Jahre Erfahrung in der Hotellerie zurückblicken. Nach dem Abitur in Oxford absolvierte er die Ausbildung im Wiedemann Vital Hotel am Starnberger See. Stationen im Kempinski Vier Jahreszeiten München, im The Randolph in Oxford, dem InterContinental in Düsseldorf und im Melia Hotel Düsseldorf folgten. Ab 2015 Resident Manager im Frankfurter Roomers, ist er seit 2019 General Manager im Roomers München.