„Am Ende bin ich auch nur die Frontsau!“

Hendrik Thoma ist so etwas wie eine Ein-Mann-Performance der next generation of Wine-Gurus. Der Master Sommelier Zeigt virtuell Rückgrat, jedoch ohne den berühmt-berüchtigten Stock im Hintern.
November 13, 2015

Fotos: Foto: beigestellt
Hendrik Thoma
Warum sind noch immer so viele Sommeliers dermaßen borniert? Kann man das Thema Wein nicht auch mit ein bisschen mehr Spaß angehen?
Hendrik Thoma: Genau das habe ich mich in meiner aktiven Zeit als Sommelier auch gefragt, denn diese aus den 80er-Jahren übrig gebliebene Steifheit und Überheblichkeit hat mich immer schon zum Verzweifeln gebracht. Sommeliers als Oberlehrer, die mit ihrem Getue am Tisch den Gast nerven, das ist vorbei. Ein Sommelier muss heute ein Getränkemanager sein, einer, der nicht nur die schönen und meist auch teuren Geschichten verkauft. Nicht nur Sommeliers, sondern auch Köche hören nicht genug darauf, was die Leute wollen.

Was wollen die Gäste denn? Und wichtiger, wie finde ich das heraus?
Thoma: Ich habe einmal auf Facebook gepostet, dass…

Fotos: Foto: beigestellt
Hendrik Thoma
Warum sind noch immer so viele Sommeliers dermaßen borniert? Kann man das Thema Wein nicht auch mit ein bisschen mehr Spaß angehen?
Hendrik Thoma: Genau das habe ich mich in meiner aktiven Zeit als Sommelier auch gefragt, denn diese aus den 80er-Jahren übrig gebliebene Steifheit und Überheblichkeit hat mich immer schon zum Verzweifeln gebracht. Sommeliers als Oberlehrer, die mit ihrem Getue am Tisch den Gast nerven, das ist vorbei. Ein Sommelier muss heute ein Getränkemanager sein, einer, der nicht nur die schönen und meist auch teuren Geschichten verkauft. Nicht nur Sommeliers, sondern auch Köche hören nicht genug darauf, was die Leute wollen.

Was wollen die Gäste denn? Und wichtiger, wie finde ich das heraus?
Thoma: Ich habe einmal auf Facebook gepostet, dass ich diese chemische Pseudo-Balsamicoglace echt nicht mehr auf den Tellern in einem Restaurant sehen kann. Und auf einmal habe ich 200 Likes und 70 zustimmende Posts. Wenn ich ein Koch wäre, dann würde ich doch spätestens da anfangen, über den Gebrauch davon nachzudenken. Heute bekommt man von den Leuten nicht die direkte Meinung ins Gesicht gesagt, aber in den Social-Media-Netzwerken schon.

Was das angeht, Sind Sie ja vorne mit dabei.
Thoma: Entweder du gehst online oder du gehst ins Museum. Das betrifft vor allem unsere Branche. Und es weiß mittlerweile jeder, dass es ohne Facebook, Twitter und Co. nicht mehr geht, aber viele probieren, die klassische PR-Schiene auch im Netz zu fahren, und das geht dann schief. Da gibt es andere Regeln. In den Netzwerken musst du transparent sein, ansonsten ist es mit deiner Glaubwürdigkeit dahin. Aber es scheinen viele Firmen Angst davor zu haben, zu zeigen, wer sie sind, wer die Mitarbeiter sind. Warum nicht als Restaurant posten: „Heute haben wir frischen Branzino – unser Sommelier schenkt dazu einen unbekannten, aber sensationellen Deutschen aus. Lust drauf?“ Da entsteht Interaktion, da baut man eine Beziehung mit den Kunden auf.

Entweder du gehst heute online oder du gehst ins Museum.
Hendrik Thomas Lieblingszitat und Lebenseinstellung

Und selbst Online-Coach für die Branche zu werden, reizt Sie nicht?
Thoma: Nicht wirklich. Denn am Ende bin ich auch nur die Frontsau.

Wie nutzen Sie selbst die Online-Welt?
Thoma: Die Borniertheit der Weinbranche hat mich oft zum Zweifeln gebracht, damit möchte ich aufräumen. „Wein am Limit“ ist ein unabhängiger interaktiver Video-Wein-Blog mit dem erklärten Ziel, das Weintrinken nicht zu einer olympischen Disziplin für bornierte Snobs, Besserwisser und Fachidioten werden zu lassen. Dort kann ich meine Leidenschaft für das Thema unkompliziert, pointiert und für die junge Generation der Sommeliers gut transportieren. Wenn man so wie ich in der Social-Media-Welt unterwegs ist, darf man sich nicht verstellen, da muss ich 200 Prozent echt sein. Denn so öffentlich wie dort ist es nirgends – und so schnell wie dort kann man sich auch sonst wo nicht der Lächerlichkeit preisgeben.

Steckt hinter dem Blog – außer persönlichem Engagement – ein Businessplan?
Thoma: Dahinter steckt ehrlicherweise kein echtes Geschäftskonzept. Das ist dann doch etwas, das ich aus eigener Sache machen möchte, eine Herzssache. Die Investition dafür ist ja recht übersichtlich: Kamera, Domain und das bisschen Equipment. Mit ein paar Tausend Euro ist man dabei. Wobei durch den Blog selbstverständlich mein Personenbrand gestärkt wird, was zu Folgeaufträgen und Kooperationen führt.

Und was ist mit Online-Werbeeinschaltungen?
Thoma: Das würde mich im Endeffekt unglaubwürdig machen. Es geht um meine unabhängige Meinung, das Feedback der User und, ja, um Spaß am Wein.

hendrikthoma.de
weinamlimit.de

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