Gault Millau und der Fall Johanna M.
Fotos: Wolfgang Hummer, Werner Krug, beigestellt
Wo gehobelt wird, fallen Späne. Oder besser gesagt: müssen fallen. Zumindest, wenn man Herausgeber des einflussreichsten heimischen Gourmetführers und auf der Suche nach einem Aufreger ist. Frei nach dem Motto „Bad news are good news“ erwischte es am 17. Oktober 2012 eine kulinarisch so gut wie unantastbare Frau: Johanna Maier. Bereits eine halbe Stunde, nachdem der Gault Millau die aktuellen Bewertungen – diesmal wurde die Sau übrigens nicht bei einer Präsentation durchs Dorf getrieben, sondern die Ergebnisse lediglich formlos per Mail versendet – über den Äther geschickt hatte, gingen die Wogen hoch.
Maiers Herabstufung um einen Gault-Millau-Punkt und der damit einhergehende Verlust einer von ehemals vier Hauben erhitzt die kulinarisch bewanderten Gemüter der Nation – positiv wie negativ. Häme sind dieser Tage nämlich nicht gerade Mangelware. Dass die vor allem von den von Hohenlohe & Co. so hymnisch gepriesenen Nachwuchsstars wie dem 22-jährigen Harald Irka kommen, ist hoffentlich nur einer ordentlichen Portion jungendlichem Wahnsinn geschuldet. Flapsiger Kommentar des süd-oststeirischen René-Redzepi-Verschnitts und Kapperlträgers zu Maiers Abwertung: „Längst überfällig.“
Neiddiskussionen außen vor gelassen wirft der Fall Johanna M. aber auch viele grundsätzliche Fragen auf. Zum einen die, ob diese Bewertung tatsächlich gerechtfertigt ist…
Fotos: Wolfgang Hummer, Werner Krug, beigestellt
Wo gehobelt wird, fallen Späne. Oder besser gesagt: müssen fallen. Zumindest, wenn man Herausgeber des einflussreichsten heimischen Gourmetführers und auf der Suche nach einem Aufreger ist. Frei nach dem Motto „Bad news are good news“ erwischte es am 17. Oktober 2012 eine kulinarisch so gut wie unantastbare Frau: Johanna Maier. Bereits eine halbe Stunde, nachdem der Gault Millau die aktuellen Bewertungen – diesmal wurde die Sau übrigens nicht bei einer Präsentation durchs Dorf getrieben, sondern die Ergebnisse lediglich formlos per Mail versendet – über den Äther geschickt hatte, gingen die Wogen hoch.
Maiers Herabstufung um einen Gault-Millau-Punkt und der damit einhergehende Verlust einer von ehemals vier Hauben erhitzt die kulinarisch bewanderten Gemüter der Nation – positiv wie negativ. Häme sind dieser Tage nämlich nicht gerade Mangelware. Dass die vor allem von den von Hohenlohe & Co. so hymnisch gepriesenen Nachwuchsstars wie dem 22-jährigen Harald Irka kommen, ist hoffentlich nur einer ordentlichen Portion jungendlichem Wahnsinn geschuldet. Flapsiger Kommentar des süd-oststeirischen René-Redzepi-Verschnitts und Kapperlträgers zu Maiers Abwertung: „Längst überfällig.“
Neiddiskussionen außen vor gelassen wirft der Fall Johanna M. aber auch viele grundsätzliche Fragen auf. Zum einen die, ob diese Bewertung tatsächlich gerechtfertigt ist, oder ob hier lediglich die verzweifelte Suche nach einem Bauernopfer ein – zumindest für Gault Millau und die Presse – glückliches Ende gefunden hat. Und zum Zweiten darf man sich doch auch ein wenig darüber wundern, wie hier an die kulinarische Urteilsfindung herangegangen wird.
Hohenlohe und die Rede an die Nation
So betonen die Herausgeber in ihrem Vorwort, das übrigens ganz staatsmännisch den Titel „Zur Lage der Nation“ trägt, dass die drei Hauben und 18 Punkte für Johanna Maier die schwerste Entscheidung des Jahres darstellte. Immerhin, so wird Martina Hohenlohe nicht müde zu betonen, sei man sich der Verantwortung bewusst und jemand aus dem Olymp der vier Hauben zu verstoßen, sei wahrlich kein Zuckerschlecken. Bis zu sieben Mal würden die Betriebe deshalb getestet, und bewertet würde auch ausschließlich die Kochleistung und nicht Interieur oder Service. Wer allerdings auf Seite 270 bei Johanna Maiers Bewertung landet, erfährt, dass „das Service, obwohl sehr freundlich, mehr bemüht als souverän war“, wohingegen der Autor der Obauer’schen Kritik kaum noch Luft ob der stakkatoartig vor-
getragenen Huldigungen für das „kompetente, herzliche, gut informierte, souveräne und schlicht großartige Service“ zu bekommen scheint.
Dass im Hubertus sieben Mal testgegessen wurde, darf ebenfalls in Zweifel gezogen werden, zumal die Autoren in der Bewertung ausdrücklich von ihrem diesjährigen Besuch sprechen. Und während Maier für mangelnden Mut und Innovation eines auf die ehemals vorhandene Mütze bekommt, erklärt Martina Hohenlohe im Interview mit der Tiroler Tageszeitung, dass sie „Chi-Chi-mäßige Effekte“ wenig schätze und ein guter Koch im Grunde mit drei Zutaten auskommen müsse. Schlusswort: „Sonst wird es irgendwann affig.“
Die Aufregung rund um die Tatsache, dass es in Österreich mit Steirereck, Taubenkobel und Obauer nun nur mehr drei 4-Hauben-Tempel gibt, überschattet, dass viele andere Wertungen ebenfalls gesteigerte Aufmerksamkeit verdienen. Dass etwa der steirische Spitzenkoch Didi Dorner nach den Querelen des letzten Jahres seine drei Hauben wieder hat – wenn sich der Autor der Bewertung auch nicht entblödet, auf das schwierige Wesen Dorners anzuspielen –, ist ebenso würdig und recht wie die Aufwertung der Küche von Thomas Donleitner und Lukas Nagl im Traunkirchner Bootshaus um drei Punkte. Weniger verständlich ist, dass Andreas Döllerer die vierte Haube weiterhin verwehrt bleibt. Womöglich, weil der Tester sich ganz entgegen den Ansichten seiner beiden Chefs, die beharrlichmehr Innovation in heimischen Küchen fordern, nicht für Döllerers Shakin’ Caesar Salad mit Bachkrebsen begeistern konnte: „Ein eigenwilliges Experiment der Gästebeteiligung.“ Sprach’s und echauffierte sich zum Abschluss noch über Blattgold als Zierde.
Und so wird der Gault Millau samt all den Fragen nach der Existenzberechtigung von Plastikkugeln (Döllerer) und seiner Freude über bereichernde Verwirrung bei der Zutatenwahl (Saziani Stub’n) wieder ein Jahr lang die Branche, wohl aber weniger den Gast beschäftigen. Der kann und wird sich auch in Zukunft sein eigenes Bild machen. Und ganz bestimmt tut er das auch weiterhin bei Frau Maier.
Hier die Absteiger des Landes zusammengefasst!
Alle Aufsteiger auf einen Blick!
Quelle: