Ein Leben im Sternenhimmel: Dieser Mann besuchte alle 3-Sterne-Restaurants der Welt

Betrachtet man die schiere Anzahl der mit drei Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurnats auf der Welt, scheint es unmöglich, sie alle zu besuchen. Ein Mann hat es aber geschafft.
September 3, 2024 | Text: Interview: Niko Zoltan | Fotos: privat

Als der Guide Michelin im Jahr 1900 erstmals veröffentlicht wurde, diente er vorrangig als Werkstattwegweiser für französische Autofahrer. Jahre später wurden Sternebewertungen für Restaurants eingeführt, die heute noch als ein Garant für herausragende Küche gelten: Ein Stern bedeutet «einen Stopp wert», für zwei Sterne lohnt sich ein «Umweg» und ein Restaurant mit der Höchstwertung von drei Sternen ist «eine Reise wert.»

Nur sehr wenige Restaurants schafften es ursprünglich, diese begehrenswerte höchste Auszeichnung zu erhalten. Heute sind mehr als 40.000 Restaurants in Ländern und Terretorien auf der ganzen Welt im Guide vertreten – und jedes Jahr erreichen weitere Restaurants den 3-Sterne-Status. Es sind viele, dass sogar die motiviertesten Foodies unmöglich alle besuchen können … Oder?

Der gebürtige Deutsche Matthias Ruhl hat sich genau dieser Herausforderung angenommen. Und im Sommer 2024 sein Ziel erreicht: Er hat offiziell bei allen Drei-Sterne-Restaurants der Welt gegessen, zu diesem Zeitpunkt ganze 145 an der Zahl. Eine beachtliche Leistung, und ein Lebensstil, um den ihn Gourmets beneinden. Was ihn zu diesem Abenteuer bewegt hat, über die Hindernisse auf seinem Weg zum großen Meilenstein und darüber, ob wirklich alle 3-Sterner eine Reise wert sind, darüber spricht er im Interview mit Rolling Pin.

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Matthias Ruhl wurde 1973 in Freiburg geboren und zog später in die USA, um in der IT-Branche zu arbeiten. In seinem Blog «Travels for Stars» berichtet er über seine kulinarischen Abenteuer

Als der Guide Michelin im Jahr 1900 erstmals veröffentlicht wurde, diente er vorrangig als Werkstattwegweiser für französische Autofahrer. Jahre später wurden Sternebewertungen für Restaurants eingeführt, die heute noch als ein Garant für herausragende Küche gelten: Ein Stern bedeutet «einen Stopp wert», für zwei Sterne lohnt sich ein «Umweg» und ein Restaurant mit der Höchstwertung von drei Sternen ist «eine Reise wert.»

Nur sehr wenige Restaurants schafften es ursprünglich, diese begehrenswerte höchste Auszeichnung zu erhalten. Heute sind mehr als 40.000 Restaurants in Ländern und Terretorien auf der ganzen Welt im Guide vertreten – und jedes Jahr erreichen weitere Restaurants den 3-Sterne-Status. Es sind viele, dass sogar die motiviertesten Foodies unmöglich alle besuchen können … Oder?

Der gebürtige Deutsche Matthias Ruhl hat sich genau dieser Herausforderung angenommen. Und im Sommer 2024 sein Ziel erreicht: Er hat offiziell bei allen Drei-Sterne-Restaurants der Welt gegessen, zu diesem Zeitpunkt ganze 145 an der Zahl. Eine beachtliche Leistung, und ein Lebensstil, um den ihn Gourmets beneinden. Was ihn zu diesem Abenteuer bewegt hat, über die Hindernisse auf seinem Weg zum großen Meilenstein und darüber, ob wirklich alle 3-Sterner eine Reise wert sind, darüber spricht er im Interview mit Rolling Pin.

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Matthias Ruhl wurde 1973 in Freiburg geboren und zog später in die USA, um in der IT-Branche zu arbeiten. In seinem Blog «Travels for Stars» berichtet er über seine kulinarischen Abenteuer

«Man konnte dort auch mit Jeans und T-Shirt hingehen»
Matthias Ruhl war überrascht von der Zugänglichkeit moderner Sterne-Restaurants

Rolling Pin: Wann hat sich Ihre Begeisterung für die Welt des Fine Dining herauskristallisiert?

Matthias Ruhl: In meiner Kindheit in Deutschland sind wir fast nie in Restaurants gegangen, sondern es wurde immer zu Hause gekocht – aber eher Tiefkühlpizza, als etwas Spannendes. Wirklich mit Fine Dining hat es erst angefangen, als ich in die USA gezogen bin. Als rund um 2006 der erste Michelin Guide in Kalifornien erschienen war, ging ich ein paar mal aus und habe die Restaurants in der Umgebung ausprobiert.

Mit welchen Erwartungen gingen Sie in diese Restaurants?

Ruhl: In Deutschland dachte ich, gehobene Restaurants sind etwas für besondere Anlässe. Aber in Kalifornien hat sich herausgestellt, dass diese Restaurants deutlich zugänglicher sind, als ich mir das vorgestellt hatte. Man konnte dort auch mit Jeans und T-Shirt hingehen, so wie mittlerweile fast überall.

Welches war Ihr erstes Drei-Sterne-Restaurant?

Ruhl: Die French Laundry, ich glaube im Jahr 2007. Das Essen war sehr, sehr lecker, aber ich hatte das Gefühl, damals haben mich viele Gerichte etwas überfordert. Ich dachte, ich verstehe das Essen nicht genug, um es richtig zu genießen.

Heute ist das ja anders. Vermutlich haben Sie mehr Dreisterner besucht, als jeder andere Mensch auf der Welt. Um das zu erreichen, war es oft nötig, Tasting-Menüs an mehreren Tagen in Folge zu essen. Das ist sogar für professionelle Restauranttester eine körperliche Strapaze – kürzlich hat ein bekannter Kritiker der New York Times hat deshalb kürzlich damit aufgehört. Wie haben Sie das viele Essen vertragen?

Ruhl: Einmal habe ich acht Restaurants an acht Tagen hintereinander besucht. Das ist machbar, wenn man den restlichen Tag nichts isst. Es hilft auch, etwas Sport zu machen – ich gehe immer Joggen.

Idealerweise würde man dazwischen einen Tag pausieren, aber mein Zeitplan und die Reiseplanung hat das nicht immer zugelassen.

Was trinken sie dann bei den Restaurantbesuchen?

Ruhl: Normalerweise nehme ich die Weinbegleitung, weil es die einfachste Möglichkeit ist, etwas zu trinken, was zum Essen passt. Und weil ich ja in meinem Blog über die Restaurants schreibe, denke ich, es ist nicht schlecht, wenn ich auch über das Wein-Pairing ein paar Worte verliere – ob es unglaublich gut oder unglaublich schlecht war. Letzteres passiert aber selten.

Wie ließ sich das Vorhaben, alle Dreisterner zu besuchen, mit Ihrem Job vereinbaren?

Ruhl: Davor habe ich bei einem IT-Start-up gearbeitet und so 80 bis 100 Stunden gearbeitet. Damals habe ich mir geschworen: Wenn das vorbei ist, nehme ich mir ein bis zwei Jahre frei und reise durch die Welt. Genau zu diesem Zeitpunkt kam natürlich Corona und ich konnte erst einmal gar nicht reisen. Dann entstand die Idee, die Michelin-Sterne abzureisen, sobald es wieder möglich sein würde.

Derzeit mache ich also eine Pause von der Arbeit. Wenn ich arbeiten müsste und zwei Wochen Urlaub in Jahr hätte, wäre es fast unmöglich gewesen.

Aber hat es da nicht auch irgendwann einen Moment gegeben, an dem Sie das Projekt bereut haben und gesagt haben, eigentlich reicht es schon langsam?

Ruhl: Solche Momente hatte ich vor allem, wenn es eine Flugverspätung gab oder der Stau auf der Autobahn so lang war, dass ich eine Reservierung verpasst habe. Da dachte ich kurz, ich suche mir ein stressfreieres Hobby. Aber sobald ich beim Essen selbst war, hat es sich immer gelohnt. Es war immer interessant, sogar, wenn es mir nicht so toll geschmeckt hat.

Haben sie die Restaurants alleine besucht?

Ruhl: Bei etwa zwei Drittel der Restaurants war meine Frau dabei. Aber irgendwann hat sie gesagt, sie könne nicht mehr und ich solle auch den Rest meiner Verwandschaft mitnehmen.

Wie sind so die Unterschiede zwischen den Ländern und Kontinenten? Gibt es da Tendenzen in der Sternegastronomie, die man erkennen kann?

Ruhl: Sie kochen natürlich immer ein bisschen für den lokalen Geschmack. In Asien war ich einmal bei einem Restaurant mit italienischer Küche, da hatte ich das Gefühl, in Italien wäre es kein 3-Sterner. Aber es kann auch am Tag gelegen haben, oder sie kochen eben für das dortige Publikum, nicht für mich, der italienisches Essen aus den westlichen Ländern kennt.

«Französische Küche mit asiatischen Einflüssen gibt es fast überall»

Welche Trends und Veränderungen haben Sie in den vergangenen Jahren erlebt?

Ruhl: Einerseits wird Fine Dining immer zugänglicher. Das Publikum ist nicht mehr über 60, sondern es gehen auch immer mehr jüngere Leute da hin. Es gibt auch fast keine Restaurants mehr, wo Anzug und Krawatte vorgeschrieben sind – Jackets wollen vielleicht noch eine Handvoll.

Und andererseits merkt man, dass sich gewisse Länderküchen überall durchsetzen. Französische Küche mit asiatischen Einflüssen gibt es fast überall, und auch die nordische Küche verbreitet sich immer mehr. Gestern waren wir in einem Restaurant in San Francisco essen, das hätte auch in Kopenhagen sein können.

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Auf einigen seiner «Sternereisen» begleitete Matthias Rühl seine Frau

Heißt das, Sterneküche schmeckt überall gleich?

Ruhl: Es gibt gewisse Ähnlichkeiten, aber alle haben ihre eigene Philosophie oder ihre eigene Geschichte, die sie durch ihre Gerichte vermitteln wollen. Das ist es, was ich so interessant finde.

Kommt es mittlerweile vor, dass Sie in Restaurants erkannt werden?

Ruhl: Das ist mir vor einem Monat in Deutschland passiert, nachdem im deutschsprachigen Raum öfter über mein Projekt berichtet wurde. Es ist nett, mit Chefs ins Gespräch zu kommen, aber wenn ich das Gefühl habe, eine Sonderbehandlung zu bekommen, kann ich in meinem Blog nicht mehr richtig neutral darüber berichten. Deshalb fände ich es eher besser, nicht erkannt zu werden.

Welche waren bis jetzt Ihre Lieblingsrestaurants?

Ruhl: Das beste Essen, das ich jemals hatte, war bei Alinea in Chicago. Das war, bevor es vom Michelin-Guide bewertet wurde. Als ich später nochmal hingegangen bin, als sie drei Sterne hatten, war das Essen deutlich einfacher und «streamlined» – die Kreativität war spürbar abgeflaut. Andere Restaurants, die ich in eine Bestenliste aufnehmen würde, sind zum Beispiel Martín Berastegui in San Sebastian, Waldhotel Sonnora in Deutschland und Schloss Schauenstein …

In Ihrer Bewertung zu Schauenstein haben Sie geschrieben, dass die Schweiz im Ländervergleich die besten 3-Sterne-Restaurants habe.

Ruhl: Das Gefühl hatte ich, ja. Chéval Blanc fand ich auch super toll, das war klassische, französische Küche, sehr gut ausgeführt. Und l’Hotel de Ville fand ich auch sehr gut. In der Schweiz hat mich bei keinem Restaurant gewundert, warum es drei Sterne hat. Das sind immer solide drei Sterne.

«Wenn man alle Achttausender erklommen hat, gibt es keine neuen Berge mehr»

Würden Sie jemanden, der gerade damit beginnt, sich für Fine Dining zu interessieren, empfehlen, sich an die Michelin-Bewertungen zu halten?

Ruhl: Ich würde den Michelin Guide als guten Ratgeber sehen, aber weniger auf die Sterne gucken, sondern eher die Beschreibungen lesen und ein Restaurant suchen, das dem eigenen Geschmack zusagt, unabhängig davon, ob es ein, zwei oder drei Sterne hat. Zum Beispiel, wenn man Sushi einfach nicht mag, dann helfen auch drei Sterne nichts.

Nachdem Sie diesen riesigen Meilenstein geschafft haben, werden Sie weiterhin zu allen neuen Dreisternern gehen oder ist das erstmal vorbei?

Ruhl: Das Tolle bei diesem Ziel ist ja, dass es sich immer weiterbewegt. Wenn man alle Achttausender erklommen hat, gibt es keine neuen Berge mehr – aber Drei-Sterne-Restaurants gibt es immer wieder neue. Ich werde aber nicht mehr unbedingt mit dem Ziel hingehen, zu einem gewissen Zeitpunkt bei allen gewesen zu sein, sondern es eher gemütlich angehen.

Zum Blog mit allen Restaurantberichten von Matthias Ruhl: www.travelsforstars.com

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