Meine Abrechnung mit dem Bocuse d’Or – Ludwig Heer
Fotos: STAN STUDIOS/MICHAEL KUGLER, Netzwerk für wirksame Werbung GmbH/Philipp Sedlacek, Sirha/Francis Mainard
ROLLING PIN: Herr Heer, Sie waren insgesamt dreimal im „Bocuse d’Or“-Finale, zweimal als Commis und nun als Hauptkandidat. Was ist aus ihrer Sicht nun entscheidender für einen Erfolg – Kochtalent oder das Budget.
Ludwig Heer: Das ist keine Frage von Entweder-oder, sondern von der Kombination. Jeder, der es in das Finale nach Lyon schafft, beherrscht sein Handwerk und hat sicher Talent. Mit einem angemessenen Budget sorgt der Verband dafür, dass der Koch optimal trainieren kann und seine Gerichte perfekt beherrscht.
RP: Wie hoch ist denn ein angemessenes Budget?
Heer: Die Skandinaviar stecken angeblich pro Land mehr als eine Million Euro in den Bewerb. Allerdings bekommt man nirgends offizielle Zahlen. Bei den USA heißt es, dass es sogar zwei Millionen Euro sein sollen…
Fotos: STAN STUDIOS/MICHAEL KUGLER, Netzwerk für wirksame Werbung GmbH/Philipp Sedlacek, Sirha/Francis Mainard
ROLLING PIN: Herr Heer, Sie waren insgesamt dreimal im „Bocuse d’Or“-Finale, zweimal als Commis und nun als Hauptkandidat. Was ist aus ihrer Sicht nun entscheidender für einen Erfolg – Kochtalent oder das Budget.
Ludwig Heer: Das ist keine Frage von Entweder-oder, sondern von der Kombination. Jeder, der es in das Finale nach Lyon schafft, beherrscht sein Handwerk und hat sicher Talent. Mit einem angemessenen Budget sorgt der Verband dafür, dass der Koch optimal trainieren kann und seine Gerichte perfekt beherrscht.
RP: Wie hoch ist denn ein angemessenes Budget?
Heer: Die Skandinaviar stecken angeblich pro Land mehr als eine Million Euro in den Bewerb. Allerdings bekommt man nirgends offizielle Zahlen. Bei den USA heißt es, dass es sogar zwei Millionen Euro sein sollen. Sie belegten aber nur Rang 10.
RP: Wie hoch war das Budget Deutschlands?
Heer: Sponsorleistungen mit eingerechnet waren es etwa 200.000 Euro. Was für deutsche Verhältnisse im Vergleich zu den vergangenen Jahren viel ist.
RP: Wofür wird das Geld eingesetzt?
Heer: Zum Beispiel sind die beiden Präsentationsplatten, die WMF designt und gesponsert hat, etwa 50.000 Euro wert. Dann hat uns Nestlé in Frankfurt eine originale Kochkoje nachgebaut, in der wir drei Wochen täglich trainiert haben. Die Hotelkosten wurden in dieser Zeit zum Beispiel ebenso übernommen. Außerdem muss man auch die Food-Kosten mit einrechnen, das sind täglich etwa 1500 Euro. Und die Reise nach Lyon ist damit auch noch nicht bezahlt. Flug- und Hotelkosten werden nur für den Kandidaten übernommen.
RP: Wofür setzen die budgetstarken Nationen das Geld ein?
Heer: Ich will nicht behaupten, dass es um Bestechungen geht. Aber klar ist, dass man sich Sympathie erkaufen kann. Und dass Sympathie zu einem Kandidaten sich auch in den Punkten niederschlägt. Das ist ja nur menschlich.
RP: Wie bitte erkauft man sich Sympathie?
Heer: Ich weiß zum Beispiel, dass Sieger Rasmus Kofoed im Vorfeld bei jedem der 24 Juroren essen war. Man darf mich jetzt nicht falsch verstehen. Das ist nichts Verwerfliches und gehört in der Gastronomie einfach dazu, dass man seine Kontakte pflegt. Die Länder fordern das ja auch, dass man die Kontakte pflegt. Das ist einer der Grundgedanken des „Bocuse d’Or“.
RP: Wenn Geld so ein wichtiger Faktor ist, geht dieser Wettbewerb, wo es ja ums Kochen geht, noch in die richtige Richtung?
Heer: Ja, auf jeden Fall. Der „Bocuse d’Or“ ist die Champions League. Da geht es eben auch um das Geld. Hier zu sparen, wäre so, als würde man das Budget in der „Formel 1“
dezimieren. Dieser Wettbewerb steht für völlige Dekadenz. Das weiß jeder, der dort mitmacht. Und ich finde das auch gut so. Außerdem will ich betonen, dass Rasmus ja nicht irgendein Koch ist. Die Leistung der Dänen war mit Sicherheit die beste. Sich nur auf das Geld auszureden, wäre billig. Und ich muss auch sagen, dass wir das Budget gehabt haben, das wir für nötig befunden haben.
RP: Ihre Sponsoren wollen Sie ein weiteres Mal als Kandidat beim „Bocuse d’Or“ sehen. Machen Sie es?
Heer: Ich bin sehr ehrgeizig und es zählt zu meinen Träumen, beim „Bocuse d’Or“ einmal ganz oben zu stehen. Aber ich bin realistisch genug, um einschätzen zu können wie schwierig das ist. Jetzt noch einmal ein Jahr darauf hinzutrainieren und die eigenen Karriere hintanstellen? Derzeit halte ich das für nicht so wahrscheinlich. Aber wir arbeiten parallel auch gerade daran, den Tourismus, die Dachverbände und die Politik mit einzubinden. Sollte uns ein Budget von einer halben Million Euro gelingen, dann hätte der Kandidat gute Chancen auf einen Spitzenplatz. Egal, ob ich das dann bin oder ein anderer. Dem „Bocuse d’Or“ selbst bleibe ich natürlich treu.
RP: Kritiker meinen, dass der Bewerb überbewertet ist, „Bocuse d’Or“-Teilnehmer würden kaum der Weltspitze angehören.
Heer: Dem entgegne ich, dass Wahabi Nouri (Anm.: 2005, Platz 7/2007, Platz 11) im Jahr 2010 immerhin von „Gault Millau“ zum Koch des Jahres gewählt wurde.
RP: International hat es aber keiner an die absolute Spitze geschafft.
Heer: Natürlich muss man bedenken, dass es ein Unterschied ist, ein guter Wettbewerbskoch zu sein oder erfolgreich auch im kulinarischen Sinn, ein Restaurant zu führen. Außerdem ist der „Bocuse d’Or“ immer schon eine Plattform für Talente gewesen. Ein Harald Wohlfahrt würde dort wahrscheinlich nie antreten. Er könnte nur verlieren, so hoch wären die Erwartungen.
RP: Wer kann die Skandinavier in Zukunft von der Spitze verdrängen?
Heer: Das ist schwer zu sagen, die nützen ihre Dominanz medial nun so geschickt aus, dass über diese Schiene auch das Budget gesichert ist. Und dann ist diese Art zu kochen derzeit einfach einzigartig. So ehrlich muss man sein. Sie bringen Produkte unverfälscht auf den Teller, aber in einer Virtuosität, die nahezu an das Perfekte geht. Die Franzosen hinken da mit ihrer kulinarischen Schwermütigkeit immer hinterher. Aber wie wir wissen, Trends können sich schnell drehen. Ich persönlich sehe die asiatische Küche auch beim „Bocuse d’Or“ auf dem Vormarsch.
RP: Gibt es einen Masterplan für ein erfolgreiches Abschneiden?
Heer: Entscheidend wird sein, ob wir es uns leisten können, einen Kandidaten für die intensive Trainingsphase von etwa vier Monaten komplett freizustellen. Es ist wichtig, dass man den Kopf frei hat für den Bewerb. Ich bin selbstständig, kann mir das einteilen. Aber wirtschaftlich war es für mich eine Katastrophe. Mir sind mindestens 20.000 Euro entgangen. Natürlich: Wegen der Präsenz des Bewerbes spielt man danach wieder einiges herein.
Der Sieger: Dänemark
Spätestens nach der Nominierung
des Restaurants „noma“ in Kopenhagen
als bestes Restaurant der Welt weiß man,
dass man die Dänen nicht unterschätzen sollte.
Das hat auch Rasmus Kofoed als Sieger des
„Bocuse d´Or“ 2011 eindrücklich bewiesen.
Bestes Fischgericht: Schweiz
Franck Giovannini präsentierte der Jury
auf der Fischplatte gedämpfte Medaillons
vom schottischen Teufelsfisch, garniert mit
gestürzter Prisecreme von Charlotte-Kartoffeln
unter Kaviar vom russischen Stör,
sowie frittierte, korallenrote Langoustinen.
Bestes Fleischgericht: Frankreich
Jerome Jaegle hat bereits im vergangenen
Jahr 2010 für Frankreich den dritten Platz beim
renommierten Wettbewerb „Bocuse d´Or“ geholt.
Diesmal begeisterte er die Jury mit seinem
Fleischgericht und holte dafür den ersten Platz
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