Work less pay hard: Wie gewinnt man die Generation Z als Mitarbeiter?

Work hard, play hard ist bald Schnee von gestern: Was die Ge­neration Z von der Arbeitswelt erwartet – und wie Unternehmen sie langfristig an sich binden können.
Juni 6, 2019 | Text: Lucas Palm | Fotos: Shutterstock

Die gute und die schlechte Nachricht

Die schlechte Nachricht zuerst: Zwei Entwicklungen sprechen dafür, dass für unsere Branche alles schlimmer wird. Erstens arbeitet die Bevölkerungsentwicklung gegen die Gastronomie, heißt: Der Fachkräftemangel wird sich aller Voraussicht nach verstärken, da in unseren Breiten Menschen nicht nur älter werden, sondern auch zu wenig Nachwuchs in die Welt setzen, der die personellen Bedürfnisse des Arbeitsmarktes sättigen würde. Zweitens: Die kommende Generation an Arbeitnehmern – die Generation Z – hat ein komplett anderes Verständnis von Lohnarbeit.
Denn im Gegensatz zu den vorherigen Generationen pfeift sie darauf, sich unterwürfigst abzurackern, aufzuopfern und sich neun Stunden am Tag von cholerischen Nervenbündeln herumkommandieren zu lassen. Von ihren Eltern weiß sie: Das totale Burn-out-Desaster ist damit vorprogrammiert. Jetzt aber zur guten Nachricht: Beide Probleme hängen nicht nur eng miteinander zusammen, die Wissenschaft hat sie auch bereits als solche erkannt – und tüftelt an Lösungen, die erstaunlich vielversprechend sind. Der Universitätsprofessor Thomas M. Schneidhofer beschäftigt sich seit Jahren mit den Schwerpunkten Karriereforschung und Karrieremanagement – und weiß wie nur wenig andere, was die Generation Z als zukünftige Arbeitnehmer ausmacht.
Leute investieren ihre Zeit selbstständig und unbezahlt, sehen aber einen Sinn darin, weil sie Rückmeldung von der Community bekommen.
Karriereforscher Thomas Schneidhofer über das Prinzip von Wikipedia
csm_RP237-generation-header_67f22fd40dDie Generation Z dreht den Spieß um: Sie versteht sich nicht als Arbeitnehmer, sondern als Arbeitgeber – der fair behandelt werden möchte. 

Die gute und die schlechte Nachricht

Die schlechte Nachricht zuerst: Zwei Entwicklungen sprechen dafür, dass für unsere Branche alles schlimmer wird. Erstens arbeitet die Bevölkerungsentwicklung gegen die Gastronomie, heißt: Der Fachkräftemangel wird sich aller Voraussicht nach verstärken, da in unseren Breiten Menschen nicht nur älter werden, sondern auch zu wenig Nachwuchs in die Welt setzen, der die personellen Bedürfnisse des Arbeitsmarktes sättigen würde. Zweitens: Die kommende Generation an Arbeitnehmern – die Generation Z – hat ein komplett anderes Verständnis von Lohnarbeit.
Denn im Gegensatz zu den vorherigen Generationen pfeift sie darauf, sich unterwürfigst abzurackern, aufzuopfern und sich neun Stunden am Tag von cholerischen Nervenbündeln herumkommandieren zu lassen. Von ihren Eltern weiß sie: Das totale Burn-out-Desaster ist damit vorprogrammiert. Jetzt aber zur guten Nachricht: Beide Probleme hängen nicht nur eng miteinander zusammen, die Wissenschaft hat sie auch bereits als solche erkannt – und tüftelt an Lösungen, die erstaunlich vielversprechend sind. Der Universitätsprofessor Thomas M. Schneidhofer beschäftigt sich seit Jahren mit den Schwerpunkten Karriereforschung und Karrieremanagement – und weiß wie nur wenig andere, was die Generation Z als zukünftige Arbeitnehmer ausmacht.
Leute investieren ihre Zeit selbstständig und unbezahlt, sehen aber einen Sinn darin, weil sie Rückmeldung von der Community bekommen.
Karriereforscher Thomas Schneidhofer über das Prinzip von Wikipedia
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Die Generation Z dreht den Spieß um: Sie versteht sich nicht als Arbeitnehmer, sondern als Arbeitgeber – der fair behandelt werden möchte. 
Das heißt im Umkehrschluss natürlich auch, dass er Unternehmen optimal auf die Anwerbung der zukünftigen Arbeitskräfte vorbereiten kann. „Aus der Motivationstheorie“, so Schneidhofer, „habe ich vier Grundprinzipien übernommen, die ich – wenn man so will – zusammengebastelt habe. Die Abkürzung dieser Prinzipien lautet BARS. Wer diese Prinzipien umsetzt, hat die Chance, der kommenden Generation wirklich einen Arbeitsplatz zu bieten, der ihr entgegenkommt und sie damit letztlich auch langfristig an sein Unternehmen zu binden.“ Das Bestechende an Schneidhofers BARS-Konzept ist, dass es in einem einzigen Schriftzug nicht nur die Eigenheiten der Generation Z destilliert, sondern auch gleich praktische Umsetzungen für die Arbeitswelt von morgen daraus ableitet.

B wie Bewältigung

Das B setzt den Fokus auf Arbeit als etwas Sinnstiftendes. Sie ist etwas, das bewältigt werden muss – oder vielmehr: bewältigt werden will. „Nehmen wir zum Beispiel das Erlernen eines Instruments“, erklärt Schneidhofer. „Das machen wir ja nicht, um einen Reproduktionspartner zu finden, sondern weil wir damit das Gefühl haben, weiterzukommen.“ Dieser Drang, so Schneidhofer, sei für die Menschen etwas zutiefst Grundlegendes – ein „anthropologisches Grundprinzip“, wie er es formuliert. „Auch Wikipedia ist ein gutes Beispiel: Leute investieren ihre Zeit selbstständig und unbezahlt, sehen aber einen Sinn darin, weil sie sehr viel Rückmeldung von der Community erhalten und auch wissen, wie viele Leute ihren Eintrag lesen.“
Damit spricht Schneidhofer einen zentralen Punkt an: Feedback ist für die Generation Z elementar. „Diese Generation wächst in der Regel sehr behütet auf, mit Eltern, die in jede Sprechstunde kommen und wissen wollen, was gut läuft und was nicht. Außerdem haben viele von denen bereits in der Schule Selbstbenotungen vorgenommen.“ Doch das Feedbackgeben birgt unvermutete Gefahren. Schneidhofer ist im Gegensatz zu einigen anderen Forschern der Meinung, dass Loben kontraproduktiv ist. „Lob kann schlicht und ergreifend dazu führen, dass jemand von seinem Willen, etwas auf die Beine zu stellen, abgebracht wird und stattdessen nur noch jemandem – seinem Vorgesetzten, seinen Eltern, wem auch immer – gefallen will. Deswegen“, so Schneidhofer, „sollte man eine möglichst wertneutrale Erklärung darüber abgeben, ob jemand etwas gut bewältigt hat oder nicht. Alles, was man an Lob oder an Bestrafungspotenzial mitnimmt, ist schlicht und ergreifend kontraproduktiv.“
Lob kann schlicht und ergreifend dazu führen, dass jemand von seinem Willen, etwas auf die Beine zu stellen, abgebracht wird und stattdessen nur noch jemandem – seinem Vorgesetzten, seinen Eltern, wem auch immer – gefallen will. 
Schneidhofer über die Überschätzung des Lob-Prinzips 

A wie Autonomie

Mehrere Studien belegen, dass die kommende Generation an Arbeitnehmern ein ganz anderes, kompromissloses Verständnis von Work-Life-Balance hat. Zeit, heißt es, ist für die Generation Z das neue Geld. Nicht zuletzt deswegen ist die Autonomie eines der prägenden Grundprinzipen, die Arbeitgeber beachten müssen, um die Generation Z langfristig an ein Unternehmen zu binden. „Was man als Arbeitgeber ohnedies schon macht, ist, indirekten Zwang auszuüben“, gibt Schneidhofer zu bedenken. „Durch Vorgaben, Ziele, Kunden und so fort. Man sollte daraus nur keinen direkten Zwang machen und nicht ständig und überall Compliance verlangen. Viel wichtiger ist es, dass Engagement betrieben wird, dass die Arbeitnehmer einen größeren Sinn in dem sehen, was sie tun.“
Der Softwareentwickler Atlassian liefert ein Best-Practice-Beispiel dafür, warum Autonomie für ein Unternehmen wie auch für Mitarbeiter so wertvoll sein kann: Einmal in der Woche haben Mitarbeiter Zeit, 24 Stunden lang woran auch immer zu arbeiten. Mit wem sie wollen, wann sie wollen. Nach diesen 24 Stunden können sie ihre Arbeit im Rahmen eines Businessmeetings präsentieren – das natürlich mit Bier, Popcorn und in lockerer Atmosphäre stattfindet. „Das hat dazu geführt“, macht Schneidhofer klar, „dass sich bei Atlassian nicht nur die Innovationsrate signifikant erhöht, sondern auch die Fehlerwahrscheinlichkeit erheblich reduziert hat.“ Das Bemerkenswerteste an diesem Baustein: „Innovationsräume gibt es überall!“ Also auch in der Gastronomie.

R wie Reziprozität

Das dritte Prinzip ist ein heißes Eisen, auch wenn es beim ersten Hören nicht so klingt: Bei der Reziprozität, vulgo: Gegenseitigkeit, sind vor allem die unmittelbaren Führungskräfte gefordert. „Es geht um etwas Fundamentales beim Menschen: Ich schaue nicht nur auf mich, sondern vergleiche mich mit meinem Kollegen und frage mich: Hat’s der irgendwie besser?“ Es geht also auch um Gerechtigkeit, um Fairness – aber nicht nur. Denn der Terminus Reziprozität entrümpelt die ethisch-moralische Dimension des Gerechtigkeitsbegriffes – und stellt die individuelle Perspektive des Arbeitnehmers in den Vordergrund.
Diese Äffchen sind bereit, genau dieselbe Arbeit über 20 Mal hintereinander zu verrichten, solange sie ein Stück Gurke dafür erhalten. Wenn das nun zwei Äffchen nebeneinander machen und beide plötzlich nicht mehr das Gleiche bekommen – nämlich der eine ein Stückchen Gurke, der andere eine Rosine –, dann gibt es ein Problem. 
Schneidhofer über das berühmte Kapuzineräffchen-Experiment, das viel über Menschen verrät 
Feed­back ist nur ein Element, wenn es um Gegenseitigkeit geht. Schneidhofer sieht das Thema Reziprozität nicht zuletzt eng mit Entlohnung verzahnt und verweist auf das berühmte Kapuzineräffchen-Experiment des niederländischen Verhaltensforschers Frans de Waal. „Diese Äffchen sind bereit, genau dieselbe Arbeit über 20 Mal hintereinander zu verrichten, solange sie ein Stück Gurke dafür erhalten. Wenn das nun zwei Äffchen nebeneinander machen und beide plötzlich nicht mehr das Gleiche bekommen – nämlich der eine ein Stückchen Gurke, der andere eine Rosine –, dann gibt es ein Problem. Der eine nämlich wirft die Gurke zurück, weil Rosinen den Geschmacksgaumen von Kapuzineräffchen um ein Vielfaches mehr verwöhnen.
Diese Äffchen sind also bereit, ewig lange für ein Stückchen Gurke gut zu arbeiten – nur wenn sie sehen, dass ein anderes Äffchen mehr bekommt, ist es vorbei, nicht nur mit der Motivation, sondern auch mit der Sinnhaftigkeit.“ Für Schneidhofer ist dieses Phänomen besonders gut auf die Generation Z übertragbar. Nicht, weil sie Kapuzineräffchen sind, sondern weil sie in einer hypervernetzten Welt ständig dazu verführt werden, sich mit anderen Menschen zu vergleichen. Nicht zuletzt deswegen ist die Generation Z besonders anfällig für das verstärkt aufkommende Phänomen der sogenannten Quarterlife-Crisis, wie sie 2001 von den amerikanischen Autoren Abby Wilner und Alexandra Robbins in ihrem Bestseller „Quarterlife Crisis: Die Sinnkrise der Mittzwanziger“, beschrieben worden ist.
Für die Arbeitgeber heißt das: eine transparente Bezahlung zu bieten, die von möglichst vielen innerhalb eines Teams als jeweils fair empfunden wird, und immer wieder: Feedback, das die gegenseitige Wertschätzung und Optimierung vorantreibt.

S wie Sinnhaftgikeit

Es war wohl noch nie so elementar, als Arbeitgeber Sinnhaftigkeit zu vermitteln. Der Aspekt des Gehalts büßt nicht nur zugunsten einer besseren Work-Life-Balance an Bedeutung ein, sondern auch aufgrund eines kompromissloseren Verständnisses von Sinn, das der kommenden Generation von frühesten Kindheitstagen an vermittelt wird. Kein Wunder: Laut mehreren Umfragen, darunter eine des britischen Markt- und Meinungsforschungsinstituts YouGov aus dem Jahr 2015, findet zwischen einem Viertel und einem Drittel der befragten Arbeitnehmer, dass ihr Job keinen sinnvollen Beitrag zur Gesellschaft leistet. Vor allem die großen Konzerne haben bereits Maßnahmen getroffen, um sich als attraktive Arbeitgeber für die kommende Generation zu positionieren.
Skype beispielsweise wirbt bei Bewerbern mit dem Motto „to make the world a better place“. „Das führt dazu“, sagt Schneidhofer, „dass eine an sich eher unattraktive Arbeitgebermarke wesentlich attraktiver für die Generation Z wird.“ Doch es geht nicht ausschließlich um Mottos, Credos oder massenwirksame Überschriften. Vielmehr sollten Arbeitgeber auch im Alltag eine gewisse Sinnhaftigkeit der gemeinsamen Tätigkeit hervorheben und immer wieder neu beleuchten.
„Es geht darum, eine Vision zu haben. Das heißt für die Arbeitgeber: alles herauszuarbeiten, was es an Transzendenzmöglichkeiten bei einem Unternehmen gibt.“ So hoffnungslos die derzeitige Situation manchmal wirken mag – sonderlich ernst ist sie nicht. Zumindest für jene Führungskräfte und Unternehmen, die bereits jetzt damit beginnen, sich auf die kommende Generation an Arbeitnehmern einzustellen. Denn ganz gleich, ob der berüchtigte Fachkräftemangel hausgemacht ist oder nicht – es liegt in den Händen der Führungskräfte von heute, wie die Arbeitswelt von morgen aussehen wird.

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