Mein größter Fehler: Kolja Kleeberg
Alles beginnt im Stadttheater in Koblenz. Als Regieassistent und Nebendarsteller begeistert Kolja Kleeberg das Publikum. Standing Ovations. Der Vorhang fällt, als ein Freund ihm eine Lehrstelle als Koch im Le Marron verschafft. Der Applaus lässt auch hier nicht lange auf sich warten.
Ein Restaurant-Leben lang leitet Kolja Kleeberg das Küchengeschehen im Berliner Vau. 19 Jahre lang hält er einen Stern von Michelin, will stets sein Bestes geben. Doch ausgerechnet den Größten der Branche serviert er zu viel des Guten.
1997 hat sich Kleeberg einen Namen gemacht. Josef Viehhauser holt ihn ins Berliner Vau. Vom ersten Tag an dirigiert er dort das Küchengeschehen. Nur wenige Monate nach der Eröffnung erhält das Restaurant seinen ersten Stern. Fast 20 Jahre hält Kleeberg die Auszeichnung, viel länger den Ruhm und die Ehre. Im Jahr 2002 übernimmt der Küchenchef das Lokal – der Betreiber war in finanzielle Probleme geraten. Am Ende soll es auch Kleeberg nicht anders ergehen. 2016 muss er den Einsterner schließen. Kein Höhepunkt, ein Fall.
Zu dieser Zeit verfolgt das deutsche Fernsehpublikum den „Kampf der Köche“ auf Sat1. Schon seit Jahren kennt es Kolja Kleeberg aus dem TV: aus der „Küchenschlacht“ und aus der „Kocharena“. Seit Oktober 2017 gestaltet er außerdem den Sonntagvormittag so mancher Hauptstädter: Auf radioBERLIN moderiert er die „Kolja Kleeberg Show“, in der er außergewöhnliche Lokale vorstellt. Wer den 55-Jährigen sprechen hört, weiß, dass er Menschen fesseln kann. Mit angenehm rauer, tief summender Stimme erzählt er von seinem größten Fehler. Er begeht ihn ausgerechnet vor Paul Bocuse und Alain Ducasse.
Ein Restaurant-Leben lang leitet Kolja Kleeberg das Küchengeschehen im Berliner Vau. 19 Jahre lang hält er einen Stern von Michelin, will stets sein Bestes geben. Doch ausgerechnet den Größten der Branche serviert er zu viel des Guten.
1997 hat sich Kleeberg einen Namen gemacht. Josef Viehhauser holt ihn ins Berliner Vau. Vom ersten Tag an dirigiert er dort das Küchengeschehen. Nur wenige Monate nach der Eröffnung erhält das Restaurant seinen ersten Stern. Fast 20 Jahre hält Kleeberg die Auszeichnung, viel länger den Ruhm und die Ehre. Im Jahr 2002 übernimmt der Küchenchef das Lokal – der Betreiber war in finanzielle Probleme geraten. Am Ende soll es auch Kleeberg nicht anders ergehen. 2016 muss er den Einsterner schließen. Kein Höhepunkt, ein Fall.
Zu dieser Zeit verfolgt das deutsche Fernsehpublikum den „Kampf der Köche“ auf Sat1. Schon seit Jahren kennt es Kolja Kleeberg aus dem TV: aus der „Küchenschlacht“ und aus der „Kocharena“. Seit Oktober 2017 gestaltet er außerdem den Sonntagvormittag so mancher Hauptstädter: Auf radioBERLIN moderiert er die „Kolja Kleeberg Show“, in der er außergewöhnliche Lokale vorstellt. Wer den 55-Jährigen sprechen hört, weiß, dass er Menschen fesseln kann. Mit angenehm rauer, tief summender Stimme erzählt er von seinem größten Fehler. Er begeht ihn ausgerechnet vor Paul Bocuse und Alain Ducasse.
Die Arroganz des Jünglings
„Das muss 1999 oder 2000 gewesen sein“, erinnert sich Kleeberg, „ich saß am Vormittag, kurz vor zwölf, bei mir im Vau.“ Der Küchenchef stimmt sich auf den Dienst ein. Seine Tasse ist noch heiß, als am anderen Ende des Saals plötzlich die Tür aufgeht. Herein kommt: Karlheinz Hauser, der heute den Süllberg betreibt, damals schon ein guter Freund von Kleeberg. „Mensch, Karlheinz, was ein netter Besuch zum Kaffee!“, hallt es zur Begrüßung durch den Raum. Kleeberg steht auf und läuft Hauser entgegen.
Kolja Kleeberg kann präsentieren: sich selbst und seine ausgezeichneten Gerichte. Seit Jahren kocht er in TV-Shows, nun moderiert er auf radioBERLIN seine eigene Sendung.
So sehr zieht sich der Saal des Vau in die Länge, dass die Tür sich ein zweites Mal öffnet, noch bevor Kleeberg bei Hauser angekommen ist. Herein kommt: Paul Bocuse. Kleeberg stocken die Beine und der Atem.
„Kaum hatte ich Luft geholt, stand die Tür ein drittes Mal offen“, erzählt er. Nun kommt: Alain Ducasse. „Und da war ich nun wirklich vollkommen angewurzelt“, sagt Kleeberg, selbst 20 Jahre später noch immer ein wenig aufgewühlt. „Sag mal, Karlheinz, hättest du mich nicht anrufen können? Paul Bocuse und Alain Ducasse an einem Vormittag?“, zischt er.
Zu dieser Zeit waren die Pioniere im Hotel Adlon zu Gast, „wollten sich einfach mal Berlin anschauen. Gerade während des 2000er-Booms war die Hauptstadt besonders interessant“. Und der Place to be in der Branche, das war das Vau. Ein bisschen Zeit bleibt Kleeberg vor dem großen Showdown: Bocuse und Ducasse kündigen sich für das Abendessen an.
Wir haben uns dann dafür entschieden, zu zeigen, was wir draufhaben. Das war ein Fehler.
Vor 20 Jahren wollte Kolja Kleeberg die ganz große Oper – heute reicht ihm ein pointiertes Kulinarik-Konzert
„Ich habe den ganzen Nachmittag überlegt, was ich für die beiden koche“, sagt Kleeberg. Da ist sein Klassiker: die Ente, im Ganzen gebraten, tranchiert, eine Kleinigkeit vorweg, eine Kleinigkeit zum Dessert. Und da ist die „ganz große Oper“, das komplette Kulinarik-Konzert. „Wir haben uns dann dafür entschieden, zu zeigen, was wir draufhaben“, sagt Kleeberg. Er nickt. „Das war ein Fehler.“ Die Arroganz des Jünglings sei das gewesen: Er wollte den alten Idolen zeigen, dass er auch etwas kann.
Die Lehre: mehr Fokus
Als ersten Gang serviert Kleeberg den Granden hausgemachte Spaghettini, al dente gekocht, gekühlt, mit einer Vinaigrette abgemacht. Dazu Kaviar, Schnittlauch und Schnittlauch-Crème-fraîche. Was folgt, fällt ähnlich imposant aus. „An die anderen Gänge kann ich mich gar nicht mehr erinnern“, sagt der Koch. Und das zeige: „Es war zu viel.“ „Merci! Merci! Wir können nicht mehr“, beenden Paul Bocuse und Alain Ducasse das Menü – nach dem Hauptgang. Kleeberg ärgert sich: „Ich hätte es etwas ruhiger angehen lassen und nicht so aus dem Vollen schöpfen sollen. Damit habe ich meine Idole überfordert.“ Aber geschmeckt scheint das Essen zu haben: Sowohl Bocuse als auch Ducasse hinterlassen dem Wahl-Berliner einen handgeschriebenen Dankesbrief.
Ich hätte es ruhiger angehen und nicht aus dem Vollen schöpfen sollen. Damit habe ich meine Idole überfordert.
Kolja Kleeberg serviert Paul Bocuse und Alain Ducasse zu viel des Guten
Der lernt aus seinem Fehler. Was besser gewesen wäre? „Ein, zwei, drei Gänge. Peng!“ Der Koch bringt ihn auf den Punkt, den Fehler – und von da an auch das Essen. Was passiert ist, kann er heute mit Humor nehmen: „Wenn man über sich selbst lachen kann, hilft das ungemein.“
Und Kleeberg muss es wissen. Nach der Insolvenz des Vau macht er: weiter. Gemeinsam mit Hans-Peter Wodarz gestaltet er weiterhin die Dinner-Show Palazzo. In „Das perfekte Profi-Dinner“ kredenzt er den Kollegen Außergewöhnliches, in Deutschlands Kantinen will er gesundes Essen etablieren. Es scheint, als könne seinem Auftreten, seinem Talent als Koch, seiner Kreativität nichts etwas anhaben. Allerhöchstens mehr Ruhe hat er gewonnen: in seiner Art zu sein, nicht jener zu existieren. „Es ist ein Vagabunden-Leben“, resümiert Kleeberg, „aber es passt.“ Ein Höhepunkt, kein Fall.