Linh Nguyen: Frau Bachelors Gespür für die beste Mixtur
Ich bin auf das Beste reduziert!“ Der Satz kommt mit einer Mischung aus schelmischer Selbstironie, kreativer Verschmitztheit und purer Fröhlichkeit daher. Und das ist wohl der Cocktail, aus dem die 1,54 Meter große Frau besteht. Linh Nguyen. Und die gebürtige Berlinerin mit vietnamesischen Wurzeln hat allen Grund vor Selbstbewusstsein zu strotzen. Hat die Bartenderin doch hinter dem Competition-Tresen momentan einen „ziemlichen Lauf“, wie man so schön sagt.
Ich bin auf das Beste reduziert!“ Der Satz kommt mit einer Mischung aus schelmischer Selbstironie, kreativer Verschmitztheit und purer Fröhlichkeit daher. Und das ist wohl der Cocktail, aus dem die 1,54 Meter große Frau besteht. Linh Nguyen. Und die gebürtige Berlinerin mit vietnamesischen Wurzeln hat allen Grund vor Selbstbewusstsein zu strotzen. Hat die Bartenderin doch hinter dem Competition-Tresen momentan einen „ziemlichen Lauf“, wie man so schön sagt.
Amtierende „Lady Amarena“, der Siegesaward beim „Rolling Pin European Bartender Cup“, zweiter Platz beim IWCC und in Lech bei der Bartender WorldClass Competition kürzlich ein Platz unter den besten fünf. „Dabei bin ich sozusagen noch ein Baby in dieser Branche, fahre erst seit knapp zwei Jahren zu Wettbewerben. Da macht mich dann diese erfolgreiche Ausbeute der letzten Zeit schon sehr stolz“, strahlt die zierliche Mixologin übers ganze Gesicht.
Lebensplan – anständiger Beruf
Stolz ist mittlerweile auch der Papa auf seine Tochter. Das hat aber ein wenig gedauert, hatte er doch ganz andere Pläne für sein Kind. Auf sein Geheiß studierte Linh in Stuttgart BWL, das sie zwar mit dem Bachelor abschloss, sich infolge aber mit einem Schreibtischjob hinter dem Computer gar nicht anfreunden konnte. Es fehlte ihr der kommunikative Aspekt, so die „Diagnose“. Fazit: Eine Ausbildung zur Automobil-Kauffrau bei Porsche folgte. Unterbrochen von ersten kleinen gastronomischen Sidesteps. Wenn man so will, waren sie dann die Einstiegsdroge in das, was Linh Nguyen wirklich Spaß macht.
Weibliche Barkeeper mixen Cocktails emotionaler!
Linh Nguyen, Barkeeperin
Das Resultat kann man seit nunmehr fünf Jahren in Marburg an der Lahn hinter dem Tresen der renommierten Hotelbar „360 Bar & Lounge“ genießen: Dort schickt sie ihre Superdrinks über die Theke. „Ich bin zwar absolute Quereinsteigerin, hab mich aber immer schon für Spirituosen und Cocktails interessiert“, erzählt sie. Und weiter: „Als Autodidaktin hab ich in den letzten Jahren das Wissen über die Branche, die Kultur und die Techniken förmlich aufgesogen – vielleicht gehe ich deswegen so sehr in meinem Job auf.“
Ihr Film: Mischen Possible
Im Kollegenkreis wird Linh längst liebevoll „Star-Keeperin“ genannt, nur der Arbeitgeber, das Hotel „Marienpark“ ist etwas zurückhaltend, wenn es um Competitions und die nötige Anerkennung geht: „Ich habe schon fast meinen ganzen Urlaub nur für Wettkämpfe aufgebraucht. Das Hotel findet es zwar schön, aber ich bekomme keine einzige Stunde frei. Das ist manchmal schon etwas mühsam!“
Dennoch streicht sie lieber die positiven Begleiterscheinungen ihrer neuen Popularität in der Barszene hervor: TV-Koch Roland Trettl hat Nguyen schon für einige Folgen der VOX-Dating-Doku „First Dates – Ein Tisch für zwei“ als Barkeeperin gebucht. Im TV-Studio agiert sie als Mixologin aphrodisierender Cocktails, wie dem „Love Booster“ oder dem „Plötzlich Liebe“, um die Gäste gehörig in die richtige Flirtlaune zu bringen.
Star-Keeperin mit Polizeischutz
Persönlich hat Linh mit Dating nicht viel am Hut, ist sie doch seit sieben Jahrenglücklich vergeben. Herzbube Gianluca ist Italiener und Polizeiinspektor in Marburg. „Er hat auch immer einen Alkotest bei sich und ist natürlich ein Verfechter von ‚Don’t Drink And Drive‘“, erzählt sie schmunzelnd. „Aber er unterstützt mich sehr in meinem Job, versteht meine Begeisterung und begleitet mich stets zu den Wettkämpfen.“ Die nachtschlafenen
Arbeitszeiten seiner Liebsten stören ihn nicht, entspricht sein Arbeitsrhythmus doch auch nicht der Norm. In der gemeinsamen Wohnung, in der Linh gerade am Installieren einer „eigenen, kleinen Bar, die alle Stücke spielen wird“, ist, trinkt man dann auch ab und zu einen Gin Tonic – mehr nicht.
Doch wenn die Star-Keeperin wieder an einer neuen, spannenden Kreation arbeitet, ist der Herr Inspektor einer der ersten, der als „Mundschenk“ ein Urteil über den neuen Cocktail abgeben darf – und muss. „Dann folgen natürlich meine professionellen Kollegen in der Bar und unbedingt auch der Küchenchef, damit ich ein breites Spektrum an Meinungen habe. Erst nach diesen Testläufen wird der Drink auf die Gäste losgelassen.“ Soauch ihre Competiton-Sieger-Drinks, die via Social Media bekannt und tags darauf schon in der Bar verlangt werden.
„Auch ‚The Taste‘, mit dem ich den Rolling Pin.Award in Graz gewonnen habe, wird schon fleißig bestellt“, so Linh. Ein für die Barkeeperin fast untypischer Cocktail – nicht lieblich, weiblich, sonder eher hart und maskulin. „Da wir nur zwei Frauen unter den letzten fünf Kandidaten waren, musste ich etwas härter mixen und habe den doch sehr männlichen Rum als Spirituose und den scharfen Timur Berry Pfeffer verwendet“, erläutert die Expertin. Offensichtlich eine gute Entscheidung.
Gendern am Tresen? Verboten!
Trotz ihrer zierlichen Gestalt ist die 34-Jährige hinter dem Tresen eine imposante Erscheinung. „Ich werde oft unterschätzt, weil ich klein, lieb und weiblich wirke“, holt die Star-Keeperin aus und fährt dann mit fester Stimme fort: „Mag sein, dass es an meiner ausgeprägten Kommunikationsfreudigkeit und der lauten Berliner Schnauze liegt, dass sich bei den meisten Menschen bald nach der ersten Begegnung die Meinungen ändern!“ Denn die zarte Amazone kann nicht nur ihr Lächeln, sondern auch ihre Ellbogen treffsicher einsetzen. Sie ist für Gleichberechtigung in der Barszene und setzt sich – wo immer sie kann – für ihre Kolleginnen ein.
„Gendern hinter dem Tresen finde ich doof. Da mache ich grundsätzlich keinen Unterschied. Ich konnte immer schon gut mit Männern und Kollegen. Wir alle arbeiten für unsere Gäste und wollen gute Cocktails abliefern. Aber bei Wettbewerben gibt es noch ziemlichen Nachholbedarf!“ Frauen sollten hinter dem Tresen viel selbstbewusster sein und nicht so zurückhaltend agieren, denn sie hätten doch einen großen Vorteil den männlichen Kollegen gegenüber, meint sie: „Frauen mixen emotionaler und ich glaube, das kann man beim einen oder anderen Cocktail auch direkt herausschmecken.“
Österreich-Fan mit Ambitionen
Trotz ihrer modernen Einstellung und Social-Media-Präsenz sieht sich Nguyen als Verfechterin der klassischen Cocktailkunst und hat ihre Mixologenvorbilder im fernen Asien. Dort hat sie vor der Pandemie einmal im Jahr Familienbesuch und Inspirationsurlaub gemacht. „Diese Kultur gehört zu mir und so auch die spannende Barkultur, von der wir ja immer mehr Techniken und Einflüsse übernehmen.“ Überdies ist Linh erklärter Fan der asiatischen Küche und selbst eine ausgezeichnete Köchin. „Eine selbstgemachte, traditionelle Pho-Suppe steht mindestens einmal pro Woche auf dem Speiseplan.
Aber auch am nahen Wörthersee hat sich für sie ein Rolemodel aufgetan: „Den Mario Hofferer, den bewundere ich sehr, der geht konsequent seinen Weg, ist unglaublich kreativ und tut so viel für die gesamte Barkultur.“ Österreich hat die Deutsche überhaupt sehr ins Herz geschlossen. Sie sagt: „Hier ist die Mixology-Szene wesentlich lebendiger, kreativer und inspirierender als in der Bundesrepublik.“ Nachsatz: „Bei euch verstand man es schon immer zu genießen. Da haben wir wohl noch Nachholbedarf. Dementsprechend freue ich mich schon auf die Rolling Pin.Convention in Berlin.“ (Anmerkung: 11. und 12. September). Dort wird sie wieder zeigen, was sie drauf hat. Und gewiss noch einen Schritt in Richtung ihres erklärten großen Ziels machen: „Irgendwann einmal Weltmeisterin werden!“
Instagram: @linhi_licous
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LINH NGUYEN
1998 als Tochter vietnamesischer Eltern in Berlin geboren, absolvierte sie nach dem Abitur – auf Geheiß des Vaters – das BWL-Studium und schloss es mit dem Bachelor-Titel ab. Danach ließ sie sich zur Automobil Kauffrau ausbilden und wechselte schließlich in die Gastronomie. Seit fünf Jahren arbeitet Nguyen nun fix hinter dem Tresen der „360 Lounge & Bar“ in Marburg an der Lahn. Seit 2020 bestreitet sie Competitions, ist amtierende „Lady Amarena“, holte Platz 2 beim IWWC 22 und hat den „Rolling Pin European Bartender Cup 22“ gewonnen.