Die KI-Zunge – Sagt Künstliche Intelligenz Sommeliers den Kampf an?
Spätestens seitdem ChatGPT die Welt der Texter und Kreativen in Aufruhr versetzt, wissen wir: Der Kampf zwischen Künstlicher Intelligenz und Menschheit wird wohl nicht in Terminator-Manier blutrünstig auf dem Schlachtfeld ausgetragen werden.
Vielmehr kommen die Roboter unscheinbar, klein und leise daher – um uns möglichst mächtig ins Bockshorn zu jagen. Jetzt gerade im Visier von KI: Die Welt der Sommeliers! So hat vor wenigen Wochen IBM unter dem Namen Hypertaste eine digitale Zunge präsentiert, die besser Aromen erschmeckt als jeder Mensch; und somit jeder Sommelier.
Spätestens seitdem ChatGPT die Welt der Texter und Kreativen in Aufruhr versetzt, wissen wir: Der Kampf zwischen Künstlicher Intelligenz und Menschheit wird wohl nicht in Terminator-Manier blutrünstig auf dem Schlachtfeld ausgetragen werden.
Vielmehr kommen die Roboter unscheinbar, klein und leise daher – um uns möglichst mächtig ins Bockshorn zu jagen. Jetzt gerade im Visier von KI: Die Welt der Sommeliers! So hat vor wenigen Wochen IBM unter dem Namen Hypertaste eine digitale Zunge präsentiert, die besser Aromen erschmeckt als jeder Mensch; und somit jeder Sommelier.
Tatsächlich kann das kleine Gerät, das in Form und Größe einer Zitronenscheibe ähnelt, nicht nur Rebsorten und Jahrgänge präzise erschmecken, es kann selbst unterschiedliche Lagen erkennen und jeden noch so kleinen Weinfehler. Man kann getrost behaupten: Kein Sommelier der Welt kann so präzise arbeiten wie Hypertaste. Bedeutet diese KI-Zunge also gar das Aus für die Weinprofis?
Künstliche Intelligenz als Helferlein
Eine ausgeklügelte Schwarm-intelligenz könnte für uns sehr hilfreich sein!
Julia Kolbeck denkt schon weiter
Mitnichten, ist sich Julia Kolbeck sicher. Sie arbeitet seit 2018 mit und bei Zweisterne-Chef Tohru Nakamura in München, ist aktuell Restaurantleiterin und Sommelière. Sie sieht in derartigen Tools viel mehr Chancen als Gefahren: „Solche Tools werden uns in Zukunft sicher die eine oder andere Arbeit abnehmen und erleichtern“, sagt sie. „Vor allem im Sinne der Fortbildung sehe ich hier ein großes Potenzial.“
Wenn man alleine Weine verkostet, kann eine Hypertaste etwa Sicherheit geben, um nicht geschmacklich falsch abzubiegen. Vor allem aber hofft die 31-Jährige darauf, dass solche Tools bald mehr können als heute. „Als Sommelière kann ich allein aus Kosten- und Lagergründen niemals mehr alles so intensiv verkosten, wie ich gerne würde. Hier könnte eine ausgeklügelte Schwarmintelligenz, die Wissen von Sommeliers und solchen Geräten eint und verfügbar macht, eine große Hilfe sein.“
Aber Konkurrenz? Kolbeck: „Unsere Gäste kommen nicht, um von einem Computer gesagt zu bekommen, welchen Wein sie trinken. Bei uns geht es um ein sensorisches und gemeinsames Gesamterlebnis. Das wird keine KI der Welt jemals ersetzen können.“
Türöffner für alle Besserwisser?
In das gleiche Horn stößt Julia Kolbecks österreichischer Kollege René Kollegger vom Weingut Maitz. „Wir als Sommeliers leben von der Empathie, von der Interaktion mit dem Gast. Keine digitale Scheibe kann Gastgeber sein!“ Zudem sei gerade das Thema Wein ein kulturelles, das man erleben und spüren können möchte. Gleichzeitig sieht der Steirer in derartigen Entwicklungen allerdings auch Chancen für kleinere Betriebe, die sich keinen Fachmann leisten können. „Hier kann so eine KI-Zunge ein wunderbares Helferlein sein, um als Gastronom zumindest eine Orientierungshilfe in Fachfragen zu haben. Aber es wird genauso wenig einen Sommelier ersetzen, wie ein Gastro-Roboter den Service.“
Spannend jedenfalls sehe die Branche, dass Hypertaste und Co wohl gerade im Einkauf und der Warenwirtschaft eine gewichtige Rolle einnehmen könnten, sind sich die beiden Fachleute einig. „Gerade im Hochpreissegment kann es sogar wichtig werden, Fälschungen zu erkennen und aus dem Verkehr zu ziehen“, meint Kollegger.
Und seine Kollegin Kolbeck ergänzt: „Rechtzeitig zu wissen, wann welcher Wein mit welcher Wahrscheinlichkeit seine Blüte erreicht hat oder welcher hier oder dort gerade nachbestellt werden sollte, das würde im Kontext der Spitzengastronomie viel Sinn ergeben.“
Ganz im Gegensatz zu konstruierten Szenarien, wo womöglich ein Gast mit der Hypertaste antanzt, um den Besserwisser zu spielen. „Gerade wenn man bedenkt, dass das Internet schon gefühlt alle zu Ärzten und Wissenschaftlern gemacht hat, könnte das mühsam werden“, sinniert Kolbeck.
Wie man darauf reagieren sollte? René Kolleggers pragmatischer Zugang: „Wenn ein Gast Recht haben will, dann darf er das gerne haben. Wir sind hier, um der Person eine schöne Zeit zu bereiten, nicht um sie zu belehren.“
An dieser Einstellung beißt sich dann wohl jede KI die Zähne aus.
DIE HYPERTASTE
Die von IBM entwickelte digitale Zunge namens Hypertaste ist gerade einmal so groß wie eine Zitronenscheibe. Das kleine Teil kann unterschiedlichste Geschmäcker nicht nur präzise erkennen, es kann selbst feinste Nuance unterscheiden und somit Jahrgänge und Lagen von Weinen exakt bestimmen. Doch der Hersteller sieht in seinem Produkt vor allem ein Gerät, das im Bereich der Qualitätskontrolle zum Einsatz kommen soll. Wenn Behörden etwa falsche Weine von echten unterscheiden wollen – oder ob eingereichte Weinproben auch wirklich den gemachten Angaben entsprechen.