Heiliger Garagenwein
Auch wenn der Begriff irreführend ist, aber es besteht kein Grund zur Sorge: Dem Bouquet von Garagenweinen haftet keineswegs Benzin oder Motoröl an. Wenn schon, besteht die theoretische Möglichkeit, dass man ihnen eine gewisse Nähe zu Tech-Unternehmen wie Microsoft oder Apple attestiert.
Denn von diesen, tatsächlich in Garagen gegründeten Unternehmen, leitet sich der Begriff Garagenwein ab. Das soll die Tatsache beschreiben, dass diese Weine nicht etwa von einem großen Weingut gekeltert wurden – sondern mit besonders viel Leidenschaft in kleinen Mengen von Liebhabern der Vinifikation. Kurz: Dass sie etwas ganz Besonderes sind.
Aber sind sie das wirklich?
Aauch wenn der Begriff irreführend ist, aber es besteht kein Grund zur Sorge: Dem Bouquet von Garagenweinen haftet keineswegs Benzin oder Motoröl an. Wenn schon, besteht die theoretische Möglichkeit, dass man ihnen eine gewisse Nähe zu Tech-Unternehmen wie Microsoft oder Apple attestiert.
Denn von diesen, tatsächlich in Garagen gegründeten Unternehmen, leitet sich der Begriff Garagenwein ab. Das soll die Tatsache beschreiben, dass diese Weine nicht etwa von einem großen Weingut gekeltert wurden – sondern mit besonders viel Leidenschaft in kleinen Mengen von Liebhabern der Vinifikation. Kurz: Dass sie etwas ganz Besonderes sind.
Aber sind sie das wirklich? Und weshalb war es zuletzt so ruhig um dieses eigentlich schon 30 Jahre alte Thema?
WAS SIND GARAGENWEINE
Als Garagenweine werden Weine bezeichnet, die mit höchstem Qualitätsanspruch von sehr kleinen Produzenten hergestellt werden, die in der Regel über kein echtes Weingut verfügen. Typischerweise zeichnen sich Garagenweine durch sehr geringe Hektarerträge, höchstmögliche Reife des Lesegutes, starke Konzentration des Mostes und extremen Einsatz neuer Barriquefässer aus. Die Weine folgen dabei eher einem internationalen Stil als dem Ziel bestmöglicher Typizität und Ausdruck des Terroirs. Sie erzielen oft besonders hohe Preise.
Rückkehr der raren Tropfen
Um die aktuell spürbare Renaissance dieser Garagenweine umfassend verstehen zu können, werfen wir vorab einen komprimierten Blick auf die Anfänge dieser Strömung. In der Tat haben diese raren Tropfen – es gibt meist nur ein paar Hundert bis wenige Tausend Flaschen davon – bei Weinfreaks in den 1990er-Jahren einen regelrechten Boom ausgelöst.
Damals sind nahezu zeitgleich in den USA und in Frankreich Weinliebhaber und Weinmacher auf die Idee gekommen, in kleinsten Chargen besonders hochwertige Weine auszubauen. Während jedoch im Bordeaux vor allem Revoluzzer aus der Winzerschaft federführend waren, haben in Amerika im Napa Valley vinophile und finanzkräftige Unternehmer, Zahnärzte, Rechtsanwälte oder Prominente damit begonnen, sich als Hobbywinzer zu betätigen.
In dieser sterilen Industriehalle lebten keine Hefen. Wir hatten Probleme mit der Gärung!
Helena Jordan über ihre Erfahrungen beim Keltern von Garagenwein
Und Weine für die eigene Hausparty auszubauen, die besondere Trinkfreude versprachen. Auf beiden Seiten überwog über viele Jahre die Leidenschaft, monetäre Überlegungen wurden hintangestellt. Bis Jean-Luc Thunevin vom Château Valandraud aus dem Saint-Émilion eine kleine Parzelle von 0,6 Hektar erwarb und 1991 seinen ersten Wein davon lancierte.
Die Merkmale seines Garagenweins: geringe Erträge von ausgewählten hochreifen Trauben aus sehr alten Rebstöcken, keine oder sanfte Filtration, Ausbau in neuen Barriques. Der Preis für Valandraud lag auf dem Niveau eines Premier Grand Cru Classé, der Absatz jedoch lief schleppend. Bis der damals schon berühmte Weinkritiker Robert Parker auf den Wein aufmerksam wurde. Und ihn mit Topnoten garnierte. Plötzlich war der Wein in aller Munde – und erzielte wie viele seiner Nachfolger hohe Preise. Gleichzeitig aber war genau das wohl auch der Anfang vom vorläufigen Ende der Garagenweine.
Essenz dieser Geschichte: Die Leidenschaft wurde zu oft als Marketinggag enttarnt, was die Weinkonsumenten schnell vergraulte.
Wie wichtig ist ein Weinkeller?
Man kann sagen, dass sich die Welt der Garagenweine genau in diesem Spannungsfeld aus echter Leidenschaft und berechnender Profitgier bewegt, erklärt heute eine, die mit Garagenweinen besonders viel Erfahrung hat: Helena Jordan.
Die 31-Jährige ist international erfahrene Sommelière und betreibt in Oberösterreich ihr eigenes Cafe Capra. In der Vergangenheit aber sammelte sie auf unterschiedlichen Weingütern einschlägige Erfahrung – eine Saison lang etwa beim spanischen Garagenwinzer MacRobert. „Ich war beim ersten Jahrgang dabei“, erzählt sie und erinnert sich an einen Mann, der mit viel Leidenschaft und hohem Aufwand mitten im Rioja-Gebiet ohne eigenes Weingut spannenden Rioja ausbauen wollte. Und das noch dazu als Naturwein. Wieviel Leidenschaft es benötigt, um aus dem Nichts einen hochwertigen Wein zu keltern, weiß Jordan seither aus Erfahrung.
Sie berichtet: „Als Kellerersatz hatte MacRobert damals eine Industriehalle gemietet. Doch auch wenn wir über beste Infrastruktur verfügten, hatten wir echte Probleme, die Maische zum Gären zu bringen!“ Grund dafür: In dieser sterilen Industriegarage lebten schlichtweg keine Hefen, die mitgeholfen hätten! „Dabei ist uns sehr bewusst geworden, wie wichtig das Biotop eines echten Weinkellers für den gesamten Wein ist“, sagt die Expertin heute.
Aber bleiben wir kurz beim Thema Naturwein. Eben dieser Strömung ist es wohl zu verdanken, dass die fast schon in Vergessenheit geratenen Garagenweine eine Renaissance erleben. Das liegt zum einen daran, dass natürlich ausgebaute Weine von vornherein in kleineren Mengen und mit besonders viel Liebe zum Detail und zur Präzision ausgebaut werden (müssen).
„Es pendelt zwischen Gier und Leidenschaft.“
Zum anderen erreicht diese Art, Wein zu machen, nun erneut Menschen, die mit Wein eigentlich gar nicht so viel am Hut haben. Prominente, TV-Moderatoren, Unternehmer etwa, die von der Idee, naturnah zu arbeiten und einen Ausgleich zu erleben, angetan sind. Es ist wieder schick, Wein zu machen – sofern er nachhaltig ist.
Einer, der das auf besonders hohem Level und vor allem ohne jeglichen Statussymbol-Beigeschmack betreibt, ist Florian Herzog aus dem Kamptal. In seinem Kellerstöckl verarbeitet er vorwiegend Trauben seines Kumpels Michi Pasler – und zaubert seit Anbeginn Kennerinnen wie Helena Jordan ein Lächeln ins Gesicht. „Solchen Winzern Marketinggags und Geldmacherei zu unterstellen, wäre ein Schlag ins Gesicht“, ist sich Jordan sicher.
Zumal sich Herzog und andere seines Schlages massiv von jener Strömung unterscheiden, die aktuell das Narrativ der leidenschaftlich produzierten Superweine für sich beansprucht, um damit international Weine zu positionieren. Ein norwegisches Unternehmen macht derzeit etwa von sich reden, Weine von internationalen Weingütern aufzukaufen, um Restaurants dann maßgeschneiderte Tropfen anzubieten.
Ein ähnliches Start-up sorgt in Spanien für Aufsehen und Verwunderung. Zumal diese – oft unter dem neuen Begriff der Boutique-Weine angepriesen – gerne zu exorbitanten Preisen offeriert werden. Über 1.000 Euro sind keine Seltenheit!
Das Problem der Erwartungshaltung
Ein Umstand, den Stephan Nitzsche, Head Sommelier im Zweisterne-Restaurant L.A. Jordan im deutschen Deidesheim, bloß mit einem Kopfschütteln quittiert. „Die Idee ist immer die gleiche: Man bauscht ein Produkt auf, verknappt die Menge und sucht sich einen namhaften Journalisten, der davon schwärmt. Dann verkauft man die Flaschen für viel Geld.“
Von einem Pétrus war ich bis jetzt immer nur enttäuscht!
Stephan Nitzsche über den legendären Tropfen
In seiner unternehmerischen Welt sind derartige Weine nicht nur kaum kalkulierbar, sondern auch ob ihrer geringen Mengen uninteressant. Vor allem aber betont der 37-Jährige, dass Preis und Erwartungshaltung stets miteinander Hand in Hand gehen.
Heißt: Ein teurer Wein weckt stets hohe Erwartungen, die aber in dieser Dimension nicht mehr erschmeckt werden können. „Die Enttäuschung ist somit vorprogrammiert“, sagt er. Und bringt als Referenz gleich einen Wein, der immer wieder als bester Garagenwein der Welt bezeichnet wird – Pétrus. „Ich war bis jetzt immer von Pétrus enttäuscht, weil die Erwartungshaltung eben nicht erfüllt werden kann“, so der Fachmann.
Nebenbei bemerkt: Das Chateau Pétrus ist keineswegs in diese Kategorie einzureihen. Das benachbarte Chateau Le Pin allerdings sehr wohl. Dessen Weine gelten als die tatsächlich besten und teuersten Garagenweine der Welt.