Wie Martin Steinkellner das Steirerschlössl revolutionierte
Die meisten Volksschüler wollen Polizist oder Fußballspieler werden. Vor 20 Jahren gab es im kleinen Ort Reichenfels im Lavanttal einen, der wollte Koch werden. Warum, das weiß er gar nicht so genau: „Ich habe immer schon gesagt, dass ich Koch werden will. Irgendwie ist es dazu gekommen, und das hat sich nie mehr geändert.“ Er heißt Martin Steinkellner, er wurde tatsächlich Koch, und er wurde nicht irgendein Koch, sondern er ist seit Herbst 2018 Küchenchef im traditionsreichen Restaurant Steirerschlössl in Zeltweg, kochte Seite an Seite mit Eckart Witzigmann und Martin Klein und ist aktuell #37 der 50 BEST CHEFS AUSTRIA. Aber gehen wir noch einmal zurück in die Vergangenheit.
Steinkellners kulinarische Initiation war für einen etwa Sechsjährigen höchst bemerkenswert: Eierlikörkuchen. „Das kann man nicht kochen nennen, aber den habe ich zu Hause immer gemacht“, erinnert er sich. Außerdem: „Palatschinken am Sonntag für die Frittatensuppe, für die Mama.“ Solide österreichische Mehlspeisenküche. Ist an Steinkellner ein Pâtissier verloren gegangen?
Die meisten Volksschüler wollen Polizist oder Fußballspieler werden. Vor 20 Jahren gab es im kleinen Ort Reichenfels im Lavanttal einen, der wollte Koch werden. Warum, das weiß er gar nicht so genau: „Ich habe immer schon gesagt, dass ich Koch werden will. Irgendwie ist es dazu gekommen, und das hat sich nie mehr geändert.“ Er heißt Martin Steinkellner, er wurde tatsächlich Koch, und er wurde nicht irgendein Koch, sondern er ist seit Herbst 2018 Küchenchef im traditionsreichen Restaurant Steirerschlössl in Zeltweg, kochte Seite an Seite mit Eckart Witzigmann und Martin Klein und ist aktuell #37 der 50 BEST CHEFS AUSTRIA. Aber gehen wir noch einmal zurück in die Vergangenheit.
Steinkellners kulinarische Initiation war für einen etwa Sechsjährigen höchst bemerkenswert: Eierlikörkuchen. „Das kann man nicht kochen nennen, aber den habe ich zu Hause immer gemacht“, erinnert er sich. Außerdem: „Palatschinken am Sonntag für die Frittatensuppe, für die Mama.“ Solide österreichische Mehlspeisenküche. Ist an Steinkellner ein Pâtissier verloren gegangen?
Er hat das durchaus in Erwägung gezogen, aber letztendlich war es doch nichts für ihn: „Das ist mir zu viel mit Rezepten verbunden. Ich bin einer, der fast gar keine Rezepte hat.“
Wie sich Steinkellner bis ins Steirerschlössl kochte
Das Rezept für eine herausragende Kochkarriere hatte Steinkellner aber offenbar in der Tasche, als er nach der Hauptschule in Bad St. Leonhard und einem Jahr Landwirtschaftsschule in St. Andrä im ehemaligen Restaurant Zoitl in Bad St. Leonhard in die Lehre ging. Nach der Ausbildung stieg er 2011 direkt beim Projekt Spielberg ein und kochte sich systematisch durch alle Küchen bis ganz nach oben. Er begann als Commis de Cuisine in der Bulls Lane am Red-Bull-Ring, wechselte als Demi Chef de Partie ins Hotel G’schlössl Murtal in Großlobming und heuerte 2013 im Steirerschlössl an, wo er als Sous Chef bei Johannes Marterer brillierte. Seit September 2018 residiert er selbst als Küchenchef im ehrwürdigen Jugendstilgebäude mitten im Herzen der Steiermark.
An die Spitzenküche hatte der einstige Palatschinkenkönig in jungen Jahren gar nicht gedacht, aber er fand schnell seinen Platz in der Welt der glänzenden Teller und außergewöhnlichen Produkte. „Ich habe in allen drei Küchen extrem viel gelernt, überall etwas anderes, überall etwas Neues. Die Stile meiner drei Küchenchefs waren sehr regional, nicht extrem ausgefallen, und das habe ich beibehalten“, erzählt er über die Prägung seiner Küchenlinie, die er so zusammenfasst: „regional, traditionell, aber modern gekocht“.
Unsere Businessgäste haben keine Zeit für sechs Gänge. Die kommen und wollen ein gutes Schnitzerl.
Martin Steinkellner will nicht nur Gourmetkoch sein, sondern bietet auch Klassiker, was dem Tagesgeschäft guttut und den Gästen gefällt
Was hat Steinkellner im Steirerschlössl verändert?
Sobald Steinkellner im Steirerschlössl das Zepter in der Hand hatte, drückte er dem Traditionsbetrieb gleich seinen eigenen Stempel auf und brachte einige Änderungen auf Schiene, um das Restaurant auch für Tagesgäste attraktiver zu machen. „Vorher waren wir nur ein Gourmetrestaurant. Da wir in Zeltweg sind, ist dann teilweise nicht viel passiert, weil nicht jeden Tag jemand aus Graz oder Salzburg nach Zeltweg gekommen ist.“ Steinkellners neues Konzept setzt auf Flexibilität: Es gibt Mittagsmenüs mit zwei oder drei Gängen. Die Gäste können aus drei Hauptgängen wählen, und dazu werden Suppe, Salat oder Dessert serviert. „Das kommt mittlerweile super an“, resümiert er zufrieden und ergänzt: „Am Abend habe ich jetzt ein Gourmetmenü und eine Klassikerkarte, denn wir haben viele Businessgäste und die haben einfach keine Zeit für sechs Gänge. Die kommen und wollen ein gutes Schnitzerl oder was auch immer. Dass wir das gemacht haben, hat sich wirklich rentiert.“ Hotelgäste, die vorher zum Essen ins G’schlössl ausgewichen sind, bleiben jetzt im Haus und essen beim 27-jährigen Unterkärntner mit Baseballkappe, der frischen Wind in das herrschaftliche Gemäuer bringt, indem er das Fine-Dine-Konzept ein Stück weit vom Thron hebt und mit der traditionellen österreichischen Küche einen Hauch von Gasthausatmosphäre einbringt.
Auf Steinkellners Klassikerkarte finden sich neben dem Wiener Schnitzel auch pochierte Ausseer Forelle mit sautiertem Blattspinat und Sepianockerln sowie cremige Eierschwammerln mit Semmelknödeln und Kräutern. Die Desserts reichen von Topfenknödeln über Kaiserschmarrn bis hin zur hausgemachten Sorbet-Variation.
Das Besondere an Steinkellners regional-moderner Traditionsküche ist der Fokus auf eine beschränkte Anzahl an Komponenten. Die Gerichte auf der Gourmetkarte, die er alle zwei Monate zusammen mit seinem Team erneuert, bestehen aus jeweils drei Hauptzutaten, meist hochwertige Produkte aus der Region, mit denen Steinkellner experimentiert und deren Charakter er in verschiedenen Texturen herausarbeitet. Das wäre dann etwa gegrilltes Luma-
Roastbeef mit gedämpften Quinoa-Tascherln und geflämmten Perlzwiebeln oder Schafskäsemousse mit süß-sauren Gurken und sautierten Zwiebeln. „Ich habe bei jeder Karte auch eine Ausschweifung: Ein Gang ist immer international angehaucht, aber hauptsächlich koche ich traditionell, und das modern“, erklärt er.
Warum Steinkellner lieber auf Küchendrill verzichtet
Der Küchenchef selbst braucht auch nicht unbedingt sechs Gänge, um glücklich zu sein, und überhaupt ist er beim Essen unkompliziert: „Ich esse eigentlich alles. Ich mag Austern und Kaviar, aber genauso eine Schnitzelsemmel.“ Zu Hause lässt er das Kochen allerdings lieber bleiben. „Wenn ich freihabe, mache ich mir eher ein Sandwich oder so etwas in der Art“, sagt Steinkellner.
Fragt man ihn, was für ein Mensch er ist, kommen weder hoch philosophische Ausführungen noch ratloses Stirnrunzeln, sondern, wie aus der Pistole geschossen, zwei Wörter: „Ein einfacher.“ Und der Ton, in dem er das sagt, ist so einladend und gemütlich, dass man am liebsten sofort ins Auto steigen, nach Zeltweg fahren und sich von Steinkellner eine Frittatensuppe kochen lassen würde. Seine sympathische, geradlinige Art beweist, dass Spitzengastronomie nicht abgehoben und extrem komplex sein muss, sondern auch in bodenständiger, fast schon heimeliger Atmosphäre stattfinden kann, ohne auch nur das kleinste bisschen von ihrem Glanz zu verlieren, dafür aber sehr viel an Gefühl und Herzlichkeit zu gewinnen.
Ich bin keiner, der gleich auszuckt. Damit ich in der Küche herumschreie, muss schon etwas Grobes passieren.
Unter Martin Steinkellner geht es in der Schlösslküche friedlich zu – Küchenterror ist nicht sein Geschmack
Dementsprechend ist vom berühmt-berüchtigten Küchendrill im Steirerschlössl auch keine Spur: „Jeder weiß, was er zu tun hat. Ich lasse jedem viel Freiraum, und jeder darf machen, was er will. Es muss nur am Ende passen. Ich bin keiner, der gleich auszuckt. Dass ich in der Küche herumschreie, das passiert vielleicht zwei bis drei Mal im Jahr, und dann muss schon etwas Grobes sein.“ Man glaubt es ihm aufs Wort.
Ein Highlight in Steinkellners bisheriger Spielberg-Laufbahn war ein gemeinsamer Abend mit seinen zwei hochkarätigsten Kollegen vom Projekt Spielberg, die nach Zeltweg kamen, um mit dem jungen Küchenchef zu dritt aufzukochen: Ikarus-Patron Eckart Witzigmann und Hangar-7 Executive Chef Martin Klein. „Das war ein cooler Tag“, sagt Steinkellner. „Ich habe nicht gewusst, was uns erwartet, und dachte, dass es vielleicht ein bisschen angespannt wird, aber es war wirklich locker und schön. Ich war sehr positiv überrascht von dieser Stimmung. Ich hatte es mir ein bisschen strenger vorgestellt.“ Der große Eckart Witzigmann war kürzlich sogar noch einmal zum Essen im Steirerschlössl, wie Steinkellner stolz erzählt. „Er ist wirklich super, ein sehr lustiger Mensch.“
Er wird dem Jahrhundertkoch wohl noch des Öfteren begegnen, denn im Steirerschlössl lässt sich’s aushalten, wie Steinkellner findet. Gewohnt gelassen blickt der junge Küchenchef daher auch in die Zukunft: „Wir werden sehen. Im Moment passt es so.“