Wie Jaime Lieberman und Jon Giraldo Barcelona aufwirbeln
Partners in Crime: Jaime Lieberman und Jon Giraldo lassen es in Barcelona kulinarisch krachen.
In einer Skulptur, die Algen simuliert, essen die Besucher einen geräucherten Fisch, der in Bananenblätter gewickelt und in Holzkohle gekocht wird. Im Hintergrund hört man den Fluss, die Vögel, die Brise zwischen den Bäumen. Indianer singen dem Regen zu, und der Geist des Waldes tanzt um sie herum. Die Lichter werden grün wie die Dschungelwelt. Die Gäste, die längst in diese ganz andere Welt eingetaucht sind, essen den Fisch mit ihren bloßen
Partners in Crime: Jaime Lieberman und Jon Giraldo lassen es in Barcelona kulinarisch krachen.
Wir wussten, dass wir in unserem Wohnzimmer keine Auszeichnungen bekommen würden.
Das Spoonik entsteht in Giraldos Haus – und deswegen frei von Vorgaben der Kritiker
Wirklich einzigartig
Das verrückte Küchen-Duo Lieberman und Giraldo lebt in einer ganz eigenen Gastro-Welt – und das höchst erfolgreich.
Giraldo besaß bereits einige Modelle, Lieberman wollte welche haben. „Also haben wir bei der Firma angerufen, um zum bestmöglichen Preis einzukaufen“, erzählt er. „Als wir gefragt haben, wer die Unterwäsche in Europa vertreibt, haben sie uns angeboten, dass wir das machen könnten.“ Die beiden überlegten nicht lange und begannen, Unmengen an Männerunterhosen aus Kolumbien zu importieren. Damit machten sie ein kleines Vermögen: So viel Geld verdienten sie, dass sie nach ein paar Jahren beschlossen, ihr Leben mit dem Ersparten noch einmal komplett umzukrempeln. 2008 verkauften sie die Firma. „Wir konnten endlich tun, was wir uns erträumt hatten – beruflich und privat“, sagt Lieberman.
Ein Baby im Wohnzimmer
Und Lieberman ergänzt: „Wir haben gewusst, dass wir in unserem Haus keine Preise und Auszeichnungen bekommen würden und dass uns keine Kritiker besuchen würden. Also haben wir einfach die Angst verloren, Dinge zu machen, die in einem normalen Restaurant komplett abwegig wären.“ Das Dessert ihres allerersten Abendessens begleitet eine Freundin der beiden Köche mit Operngesang. Sie singt die Arie „Casta Diva“. Dazu servieren Lieberman und Giraldo ein Gericht, dessen Zutaten die Elemente der Oper auf dem Teller vereinen.
Alles außer gewöhnlich
Der Service war ein Desaster. Alles lief schief.
Lieberman und Geraldo sichern sich trotzdem ein Angebot aus dem Hesperia Tower
Auffallen wollte zuerst auch jener Investor nicht, der schlussendlich den Anstoß zum Ovnew gab. „Im Frühling 2018 kam ein junger Mann, um die 30 und schüchtern, mit einer elegant gekleideten Frau ins Spoonik“, erinnert sich der Mexikaner. „Der Service war ein Desaster. Alles lief schief, aber sie haben davon nichts mitbekommen.“ Eine Woche später rief er an – er war der Besitzer des Hesperia-Hotels. „Er schlug uns vor, unser Restaurant in sein Hotel zu verlegen.“ Und nicht nur in sein Hotel: Es ging um die Kuppel des Hesperia Towers, der zur Hyatt-Gruppe gehört. Um die sinnübergreifenden Ideen der Spitzenköche zu verwirklichen, ließen die Besitzer das Restaurant für mehr als eine halbe Million Euro umbauen. „Wir konnten an der Gestaltung des Interieurs mitwirken – und natürlich haben wir das auch getan!“, sagt Lieberman begeistert. Das Ovnew, das im März eröffnet wurde, bespielt nun aber auch wirklich alle Sinnesregister.
Neue Sinneswelten
Was ihre Gäste während des Essens erleben, nennen Lieberman und Giraldo Neuro-Gastronomie: ein kulinarisches Feuerwerk, das nicht nur am Gaumen explodiert. Es soll ein Erlebnis mit mehreren Sinnen verbinden: eine Idee, die nicht nur im Ovnew, sondern auch in der Natur existiert. Sie heißt Synästhesie und bezeichnet die Kopplung mehrerer Sinne, die normalerweise unabhängig voneinander reagieren. Das heißt, dass bei manchen Menschen ein Sinnesreiz mehrere Sinneswahrnehmungen auslöst.
Ode an den Mais: Maiscreme | Maiseis | Popcorn-Pulver | Mais in verschiedenen Texturen
Die Gastronomie ist die achte Kunst.
Jaime Lieberman will die Gastronomie mit mehreren Sinneserfahrungen bereichern
Hier geht’s zum Rezept für die Mais-Symphonie aus dem Spoonik!