Sturschädel
Fotos: Wolfgang Hummer
Sollte der Stern nicht in der kommenden Ausgabe der rotesten aller Gourmetbibeln hell aufleuchten, dann hätte ich kein einfaches Leben.“ Top-Air-Küchenchef Marco Akuzun spricht ganz offen von diesem haarscharf über ihm baumelnden Damoklesschwert und wirkt dabei aber in keiner Sekunde beunruhigt.
Eher erstaunlich relaxed und ausgesprochen selbstsicher. „Die Guides sind natürlich sehr wichtig, aber nicht alles im Leben. Wobei, wenn wir tatsächlich das erwartete Ziel nicht erreichen, würde ich mit größter Wahrscheinlichkeit von selbst kündigen“, spricht der schneidige Küchenchef und hackt seelenruhig ein Stück vom Schweinekopf ab.
Der Druck ist enorm, denn…
Fotos: Wolfgang Hummer
Sollte der Stern nicht in der kommenden Ausgabe der rotesten aller Gourmetbibeln hell aufleuchten, dann hätte ich kein einfaches Leben.“ Top-Air-Küchenchef Marco Akuzun spricht ganz offen von diesem haarscharf über ihm baumelnden Damoklesschwert und wirkt dabei aber in keiner Sekunde beunruhigt.
Eher erstaunlich relaxed und ausgesprochen selbstsicher. „Die Guides sind natürlich sehr wichtig, aber nicht alles im Leben. Wobei, wenn wir tatsächlich das erwartete Ziel nicht erreichen, würde ich mit größter Wahrscheinlichkeit von selbst kündigen“, spricht der schneidige Küchenchef und hackt seelenruhig ein Stück vom Schweinekopf ab.
Der Druck ist enorm, denn das 32-jährige Talent hat im Jänner dieses Jahres einen harten Weg eingeschlagen. Vom Sous Chef zum Hauptprotagonisten. Es gilt, in die großen Fußstapfen von Claudio Urru zu treten. Und die ruhmreiche Geschichte des noblen Standorts würdig fortzuführen.
Denn seit nun 21 Jahren in Folge trägt das Top Air am Stuttgarter Flughafen einen Michelin-Stern. Eigentümer Claus Wöllhaf wollte bewusst die einseitige und anspruchslose Airport-Gastronomie verändern und damit liegt die Latte für Akuzun sehr hoch.
Das nötige Rüstzeug für die hohen Erwartungen hat sich der gebürtige Friedrichshafener auf jeden Fall angeeignet. Nach zahlreichen Stationen in der Spitzengastronomie, darunter als Küchenchef auf Burg Staufeneck bei Sternekoch Rolf Straubinger oder kurze Zwischenstopps bei Kapazundern wie Heinz Winkler, landete Akuzun als Sous Chef bei Claudio Urru.
„Menschlich haben wir uns gleich von Anfang an prächtig verstanden. Das tun wir auch heute noch. Doch was die Küchenphilosophie anging, krachten wir immer wieder einmal aufeinander“, schildert Akuzun die gemeinsame Zeit.
Während Urru einen äußerst puristischen Stil verfolgt, setzt der ehrgeizige Küchenpilot nämlich auf waghalsigere Manöver auf dem Teller: Kreationen wie „Neuseeland-Langustine mit Avocado, Kokos, Algen, Sakura-Kresse-Mix, Wan Tan, Harissa und Gurke“ oder „Entenbrust von Gérard Burgaud mit Tatsoi, Karotte, Sobrasada, Enokipilzen, Teriyaki, Lardo, Sojamilch, Salzzitrone und fermentiertem Knoblauch“ zeigen, dass Akuzun versucht, eine breite Palette harmonisch auf dem Teller zu vereinen. Auch spannende Fleischteile wie ein Top-Butt-Flap-Steak vom Wagyu, ein Rinderbugblatt oder Schweinekopf und -füße weiß der experimentierfreudige Küchenchef kreativ zu verarbeiten.
„Was ich aber definitiv von Claudio gelernt habe, ist, wie man korrekt mit Personal umgeht.“ Hat der junge Küchenchef nämlich anfangs seine Kollegen noch mit „dummes Arschloch“ angebrüllt, weiß er heute seine Mitarbeiter zu motivieren und durch faire Arbeitszeiten bei der Stange zu halten.
Zwischen Burgern, Fliegern und Pommes
Doch wer besucht eigentlich einen Fine-Dining-Tempel im Flughafen? Vor allem wenn man erst durch den stressigen Terminal 1 hindurchmuss und kurz vor Betreten des Restaurants noch schnell eine Prise Pommes-Duft vom benachbarten Burger King inhaliert. Eine Tatsache, die vor allem von den wichtigen Kritikern immer wieder thematisiert wird, der Akuzun aber offensiv entgegenwirkt: „Ich bin mir dessen bewusst, dass nicht jeder Genießer auf den Flughafencharme abfährt, aber die Atmosphäre mit Flugfeld und ankommenden Airbussen ist schon beeindruckend. Zudem haben wir viel Geld in die Hand genommen und werden jetzt das Restaurant umgestalten, haben neues Küchenequipment gekauft sowie alleine um 30.000 Euro Teller geshoppt.“
Die Rahmenbedingungen für das Projekt Michelin-Stern sind also geschaffen, jetzt liegt es nur noch an der Kreativität und Ausdauer von Marco Akuzun, den gewünschten Erfolg einzufahren. „Ich bin bestimmt kein einfacher Typ und habe definitiv meine Macken. Aber die Stimmung im Team ist aktuell top und so treten wir den Kritikern eigentlich ziemlich entspannt entgegen.“
Rehrücken
Rezept für 4 Personen
Rehrücken
250 g Rehrücken
Salz, Pfeffer
Quatre-épices
Selleriepüree
250 g Sellerie
1 Stk. Eschalotte
35 g Nussbutter
60 ml Sahne
60 ml Sojamilch
100 ml heller Geflügelfond
50 ml Weißwein
2 Stk. Wacholderbeeren
2 Stk. Lorbeerblätter
Thymianblätter
Meersalz, Pfeffer
Pimpernellen-Saft
150 g Pimpernelle
50 g Petersilie
2 g Vitamin C
50 ml Portwein, hell
Xanthan
Tamarilloconfit
2 Stk. Tamarillos
250 ml Orangensaft
40 g Muscovadozucker
50 ml Beerenauslese
2 Stk. Chilischoten
1 Stk. Vanilleschote
Ingwer, Zitronenschale,
Koriandersamen, Senfsaat,
Meersalz
Rotkohljus
1 Stk. Rotkohl, entsaftet
200 ml Rotwein
100 ml Portwein, rot
1 TL Zucker, braun
Nelkenpulver, Salz,
Pfeffer, Honig, Mehl
Pfeilwurzelmehl
Sellerie-Cubes
1 Stk. Sellerie, entsaftet
1 g Agar-Agar
1 Bl. Gelantine
Salz, Pfeffer, Koriander
Thymian, Eiweiß, Öl
Frühlingsrollenteig
Nusskruste
200 g Butter
2 Eigelb
1 EL Speisestärke
10 g Backpulver
40 g Mide Pain
Salz, Pfeffer, Guarillo-Chili,
Bambuskohlenpulver, Walnüsse
Rehrücken
Den Rehrücken mit Salz, Pfeffer und Quatre-épices würzen. Von allen Seiten kurz anbraten und pro Seite im Ofen bei 125 Grad garen. Danach für 12 Minuten in den Holdomaten geben. Zum Schluss die Kruste drauflegen, auf ein vorgeheiztes Blech setzen und unter dem Salamander gratinieren. Anrichten und erst, wenn alles auf dem Teller ist, längs halbieren.
Selleriepüree
Schalotten und Sellerie mit wenig Farbe anschwitzen und leicht würzen. Mit dem Weißwein ablöschen und dem Geflügelfond auffüllen. Einmal aufkochen, Gewürze beigeben und abgedeckt ziehen lassen. Alles durch ein feines Sieb passieren. Den Fond reduzieren und das Sellerie-Schalotten-Gemüse im Thermomix bei 80° C für fünf Minuten garen. Während dem Mixvorgang lässt man den reduzierten Geflügelfond, Sahne, Sojamilch und die Nussbutter hineinlaufen bis das Püree die gewünschte Konsistenz hat.
Pimpernellen-Saft
Die Kräuter klein schneiden und dann im Thermomix zusammen mit dem Portwein sowie dem Vitamin C zwei Minuten lang auf höchster Stufe laufen lassen. Über Nacht im Passiertuch ins Kühlhaus hängen. Am nächsten Tag den Fond noch einmal aufkochen, nachschmecken und mit Xanthan abbinden.
Tamarilloconfit
Zucker karamellisieren, mit der Beerenauslese ablöschen und ein wenig reduzieren lassen. Mit dem Orangensaft auffüllen und ein paar Minuten leicht köcheln lassen. Tamarillos halbieren und mit den Gewürzen in ein Drahtbügelglas füllen. Den Orangenfond mit etwas Pfeilwurzelmehl abbinden und dann auf die Tamarillos gießen. Das Glas direkt verschließen und bei 95° C zehn bis 15 Minuten abdämpfen. Wenn möglich, etwa zwei Wochen ziehen lassen und bei Gelegenheit das Glas drehen.
Rotkohljus
Zucker karamellisieren, mit Rot- und Portwein ablöschen und auf 100 Milliliter reduzieren. Mit dem klaren Rotkohlsaft auffüllen und nochmals auf 250 Milliliter reduzieren. Mit den Gewürzen abschmecken und mit etwas Pfeilwurzelmehl leicht abbinden.
Sellerie-Cubes
Den halben rohen Sellerie entsaften und klar kochen. Mit Salz, Pfeffer, gemahlenem Koriander und Thymian abschmecken. Reduzieren und durch ein Tuch auf 100 Milliliter passieren. Den restlichen Sellerie auf 1,5 mal 1,5 Zentimeter große Stücke zuschneiden und mit einem Parisienneausstecher eine Halbkugel aushöhlen. Den Sellerie bissfest abkochen, trocken tupfen und von außen leicht würzen. Mit einem Saucenspender die Sellerieessenz in die Halbkugel füllen, sobald die Essenz angezogen hat, mit einem Pinsel und Eiweiß bestreichen. Zwei Stück der Hälften aneinanderkleben und anfrieren. Den Frühlingsrollenteig in Streifen schneiden (1,7 x 8 cm), über Kreuz legen und mit Eiweiß bestreichen. Den gefüllten Cube auf die Schnittstelle vom Frühlingsrollenteig legen und dann abwechselnd einschlagen. In heißem Pflanzenöl 10 bis 15 Sekunden frittieren.
Nusskruste
Butter mit Eigelben zusammen aufschlagen, zum Schluss Speisestärke, Backpulver, Mide Pain, Salz, Pfeffer und etwas Guarillo-Chili dazugeben. Die Masse halbieren. In die eine Hälfte fein gehackte Walnüsse, in die andere Bambuskohlenpulver und fein gehackte eingelegte schwarze Walnüsse geben. Beide Massen getrennt zwischen Backpapier auswellen. Zurechtschneiden, Schicht für Schicht abwechselnd aufeinanderstapeln. Dann einvakuumieren und kalt stellen.
Hier geht’s zu den großartigen Rezepten von Marco Akuzun und anderen Starköchen!