Hangar-7 Gastköche: „Instagram verrät uns, was wir nicht kochen sollen!“
Die Lesart von wenigen gesprochenen Worten unterliegt am Ende der Wahrnehmung des Zuhörers. Man kann also einen Satz servieren und warten, wie er dem Gegenüber schmeckt. Und so tischte Arjan Speelman als Juni-Gastkoch bei Martin Klein im Hangar-7 nicht bloß außergewöhnliche Kostbarkeiten auf. Sondern auch eine Geschichte, die man sich auf der Zunge zergehen lassen kann. Weil sie Anlass für Spekulationen bietet. Fangen wir also mit dieser an.
Die Lesart von wenigen gesprochenen Worten unterliegt am Ende der Wahrnehmung des Zuhörers. Man kann also einen Satz servieren und warten, wie er dem Gegenüber schmeckt. Und so tischte Arjan Speelman als Juni-Gastkoch bei Martin Klein im Hangar-7 nicht bloß außergewöhnliche Kostbarkeiten auf. Sondern auch eine Geschichte, die man sich auf der Zunge zergehen lassen kann. Weil sie Anlass für Spekulationen bietet. Fangen wir also mit dieser an.
Bloß keine Gerüchteküche
„Onno Kokmeijer ist nicht mehr an Bord. Stattdessen ist nun Jelle Conijn, mit dem ich schon seit 13 Jahren arbeite, als Küchenchef mit mir an der Spitze. Gemeinsam haben wir das Küchenkonzept des Ciel Bleu neu gedacht.“ Mit diesen Worten stellte Speelman im Hangar-7 nun seinen neuen Kompagnon erstmals der Öffentlichkeit vor. Klar, da muss man nachfragen: Was ist passiert, dass Onno Kokmeijer nach 20 Jahren plötzlich von der Bildfläche verschwindet? „Er hat sich selbstständig gemacht.“ Punkt. Aus.
Wir haben uns die Welt quasi untereinander aufgeteilt.
Arjan Speelman über die Arbeit mit Jelle Conijn
Mehr als ein freundliches Lächeln werden wir von Arjan Speelman dazu auch nicht mehr hören. Doch es bleibt der Beigeschmack, dass die Suppe für den Starkoch selbst noch nicht ausgelöffelt ist. Aber wir wollen am Ende auch keinen Gossip verbreiten, sondern die offensichtlich neuen Wege des hochdekorierten Chef aus der 23. Etage des luxuriösen Amsterdamer Hotel Okura ergründen. Und dabei wird Speelman schnell gesprächiger. „Jelle Conijn und ich haben die Küche des Ciel Bleu neu gedacht“, sagt er. „Wir haben uns dazu entschlossen, nicht Produkte in den Vordergrund zu rücken, sondern stattdessen außergewöhnliche Geschmäcker und Aromen.“ Nur auf diese Art und Weise – so ist das neue Duo überzeugt – kann man heute noch gänzlich neue Teller kreieren.
Goldschmied oder Koch?
Eben das sei aus Sicht von Arjan Speelman nämlich seit jeher sein Credo, der Grund, warum er schließlich nicht Goldschmied, sondern Koch wurde. Der Zwei-Sterne-Chef erzählt: „Als 16-Jähriger hatten mich diese beiden Berufe gereizt. Am Ende sah ich aber mehr Möglichkeiten, jeden Tag aufs Neue Einzigartiges zu erschaffen, in der Arbeit des Kochs.“ In Anbetracht des Erfolgs eine weise Wahl, die aber gerade in der heutigen Zeit ein neues Schwierigkeitslevel erreicht hat, wie Jelle Conijn anmerkt. Schließlich würden moderne Medien jede neue Idee jedes Chefs binnen kürzester Zeit über den gesamten Erdball verbreiten. Aus diesem Grund haben sich die zwei bei der Entwicklung ihres aktuellen Menüs erst einmal durch die digitale Flut an Instagram-Food-Fotos geklickt. „Hier zeigen alle, was sie gerade machen. Und so konnten wir ersehen, was wir nicht machen wollen: Alles, was wir auf Instagram sehen“, erklären die beiden einstimmig.
Die Formel für ihre Speisen sieht also so aus: Aroma + Instagram-Recherche – vorhandene Fotos = neues Gericht. Ein Unterfangen, das freilich primär davon lebt, möglichst ungewöhnliche Aromen zu sammeln und diese auf noch ungewöhnlichere Art und Weise auf den Teller zu bringen. Aus eben diesem Grund haben sich Speelman und Conijn die Welt sozusagen untereinander aufgeteilt. „Während Jelle Asien bereist, erforsche ich Europa und Nordamerika“, sagt Speelman. Aus beiden Geschmackswelten destillieren die zwei dann gemeinsam jene Aromen, die es weiterzuentwickeln gilt. Um schlussendlich auf möglichst geradlinigen Kreationen in Summe einer Menüfolge möglichst viel von der Welt zu zeigen. Und das stets unter den beiden Prämissen, traditionell zu bleiben, aber gleichzeitig zu überraschen. Dass nur Premium-Produkte auf dem Tisch landen, ist selbstredend.
Nachhaltigkeit anders gedacht
Fast schon als ein Gegen-den-Strom-Schwimmen kann man das Bekenntnis zum Ignorieren des Veggie-Trends interpretieren. „Es ist eine logische Entwicklung, dass inzwischen auch vegetarische Restaurants mit zwei Sternen bewertet werden“, sagt Speelman ohne große Emotionen. „Wir selbst aber sehen andere Möglichkeiten, um nachhaltig zu arbeiten.“ Welche das sind? Sein neuer Kompagnon Jelle klärt rasch auf: „Wir achten darauf, dass unsere Teller möglichst wenige Flugmeilen aufweisen. Wir haben mit dem neuen Küchenkonzept eine Low-Waste-Politik eingeführt, an die wir uns erst gewöhnen mussten, die jetzt aber schon große Vorteile zeigt.“ Bestes Beispiel für diesen Weg ist übrigens der mit dreijährigem Soja marinierte Balfegó Thunfisch, serviert mit Nori Mayonnaise, Eigelb Cream, Nori Crisp und Baeri Kavier.
Der kommt gar im ausgekochten Thunfischknochen daher. Und, ja, diese werden immer wieder aufs neue gereinigt und für nächste Einsätze feinsäuberlich wieder weggeschlichtet. Gerichte wie diese entstehen bei dem neuen Duett übrigens oft nicht ganz ohne Misstöne. „Bei der Entwicklung, wie wir welche Aromen schließlich am besten darbieten wollen, sind wir oft nicht einer Meinung“, sagt Chef Speelman und bekräftigt dann sehr deutlich: „Genau diese intensive und gemeinsame Auseinandersetzung macht das Gericht aber am Ende wirklich gut!“
Der Jahrhundertkoch spricht
Eine Feststellung, der übrigens einer beipflichtet, der sonst mit Komplimenten eher sparsam umgeht: Jahrhundertkoch Eckart Witzigman. Der Großmeister zu dem im Hangar-7 servierten Menü: „Das war alles auf Drei-Sterne-Niveau!“ Besonders hervorgestochen sei jedoch die gekochte Königskrabbe auf Apfel mit Citrus Beurre Blanc. „Dieses Gericht kann man nicht besser kochen“, so Witzigman. Was irgendwie aber auch logisch ist, wenn man bedenkt, dass Arjan Speelman seit dem Jahr 2007 in gewisser Weise einem Königs- krabben-Fetisch erlegen ist.
So lange arbeitet er bereits an diesem Gericht, verfeinert es immer weiter oder überarbeitet dieses – so wie zuletzt. Wo ihm doch der langjährige Sparring-Partner abhanden gekommen war. Eine Trennungsgeschichte, die man offenbar gar nicht im Detail kennen muss. Es reicht zu verstehen, dass sie nicht nur eine wichtige Zutat der neuen Arjan-Speelman-Küche ist. Sondern laut Eckart Witzigman gar eine Wohltat.
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ARJAN SPEELMAN
Ursprünglich wollte der Amsterdamer Arjan Speelman Goldschmied oder Koch werden. Schließlich entschied er sich für die kulinarischen Welten und kochte sich mit viel Ehrgeiz an die Weltspitze. Seine Lehre absolvierte er im Restaurant De Hoefslag, wo er zum Chef de Partie und Chef Pâtissier aufstieg. 2003 übernahm er mit Onno Kokmeijer das Küchenteam des Ciel Bleu und führte das Restaurant in die Liga der Michelin-Sterne-Restaurants – 2005 konnte der erste, 2008 der zweite Sterne erkocht werden. Auf dem Weg zu Stern Nummer drei kam nun Partner Kokmeijer abhanden. Stattdessen soll der große Coup nun mit Küchenchef Jelle Conijn an seiner Seite gelingen.
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