So kochte sich Thomas Dorfer im Landhaus Bacher zu einem der besten des Landes
Während im 80 Kilometer entfernten Wien ein frostiger Wind weht, ist hier das Klima spürbar milder. Nicht zuletzt deswegen ist die Wachau seit Jahrhunderten für ihre hochkarätigen Weine bekannt. Doch neben erstklassigen Rieslingen und Grünen Veltlinern wartet diese geschichtsträchtige Region seit den 1970er-Jahren mit einem weiteren Juwel auf: dem Landhaus Bacher.
Die Grande Dame der österreichischen Spitzenkulinarik Elisabeth Wagner-Bacher, die 1983 als erste Frau zum „Koch des Jahres“ ausgezeichnet wurde, etablierte hier eine unbestrittene Kulinarik-Institution. Dass das Landhaus heute kein Museum, sondern Kaderschmiede und vorwärtspreschender Gourmettempel in einem ist, das ist nicht zuletzt einem zu verdanken: Thomas Dorfer.
Während im 80 Kilometer entfernten Wien ein frostiger Wind weht, ist hier das Klima spürbar milder. Nicht zuletzt deswegen ist die Wachau seit Jahrhunderten für ihre hochkarätigen Weine bekannt. Doch neben erstklassigen Rieslingen und Grünen Veltlinern wartet diese geschichtsträchtige Region seit den 1970er-Jahren mit einem weiteren Juwel auf: dem Landhaus Bacher.
Die Grande Dame der österreichischen Spitzenkulinarik Elisabeth Wagner-Bacher, die 1983 als erste Frau zum „Koch des Jahres“ ausgezeichnet wurde, etablierte hier eine unbestrittene Kulinarik-Institution. Dass das Landhaus heute kein Museum, sondern Kaderschmiede und vorwärtspreschender Gourmettempel in einem ist, das ist nicht zuletzt einem zu verdanken: Thomas Dorfer.
Seit 2010 lenkt der gebürtige Kärntner hier die kulinarischen Geschicke, holte in Zeiten des österreichischen Michelins jährlich zwei Macarons und 18 Punkte im Gault Millau. Gerichte wie Ravioli mit Tafelspitz oder sein Ötscherblick-Schwein haben sich längst zu unverkennbaren Signature Dishes in der heimischen Kulinariklandschaft etabliert und auch im prestigeträchtigen Ranking der 100 Best Chefs Austria ist dem akribischen Aromentüftler seit geraumer Zeit ein Platz unter den Top 10 sicher. Wer ist Thomas Dorfer?
Manchmal muss man einen Schritt zurück- gehen und sich fragen: Was will ich eigentlich noch lernen?
Thomas Dorfer über seinen Entschluss, seine Stelle als gestandener Sous Chef aufzugeben – um wieder als Commis anzufangen
Wie hat er es geschafft, sich so akzentuiert und nachhaltig „aus dem Dunstkreis der Lisl Wagner-Bacher zu emanzipieren“, wie es der Gault-Millau einmal so treffend schrieb? Und was bringt die Zukunft?
Stress und Hitze an Wochenenden
Als Sohn eines gelernten Bäckers/Konditors und einer Köchin wurde dem kleinen Thomas das Kochen zwar fast schon klischeehaft in die Wiege gelegt. Doch ausschlaggebend war letztlich sein um zwölf Jahre älterer Halbbruder, der Koch lernte. „Jedes Mal, wenn er von seinem Lehrbetrieb nach Hause kam und aufkochte“, erinnert sich Dorfer heute, „wurde mir klarer: Ich will auch Koch werden.“
Dorfer war 14, als der Bruder ihn in seinen Tiroler Betrieb einlud. Ein vierwöchiges Praktikum, so der Plan, sollte dem Junior seinen Berufswunsch schon noch ausreden. Stress, Hitze, Wochenendarbeit, er würde schon sehen. „Aber eigentlich hatten mich diese vier Wochen nur in meiner Entscheidung bestärkt“, resümiert Dorfer heute.
Der Lehre im Hotel Alte Post in kärntnerischen Bad Kleinkirchheim folgen prestigeträchtige Stationen in aller Welt: Von der Kaiser Stub’n in Sydney verschlug es ihn bis zum zweifach besternten Restaurant Talvo ins schweizerische St. Moritz. Wie es der Zufall – oder das Schicksal? – will, kochte Dorfer dazwischen für ein Jahr in seiner späteren Wirkungsstätte, dem Landhaus Bacher. „Zum ersten Mal kochte ich dort auf 3-Hauben-Niveau. Aber ich hatte nach einem Jahr einfach den Drang, wieder etwas anderes zu sehen.“ Überhaupt, der Drang: Er begleitet das Leben und Schaffen Thomas Dorfers wie nichts anderes.
Wettbewerbsblut
Im Hotel Rossbühl – 200 Betten, drei Restaurants, Tausende Mitarbeiter – wird der Lernwütige mit gerade einmal 23 Sous Chef. Er verdient viel Geld, hat eine Freundin. Noch ein, zwei Jahre, dann wäre er Küchenchef und hätte damit alles, was es braucht, um erfolgreich und sesshaft zu sein. „Aber irgendwie“, erinnert sich Dorfer, „machte ich mir immer mehr Gedanken über meine weitere Zukunft.
‚Gesehen‘, dachte ich, ‚hast du eigentlich noch nicht so viel – und du musst dich noch entwickeln.‘“ Also stellte er sich im damals mit zwei, seit 2017 mit drei Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurant Bareiss Claus Peter Lumpp vor. Und fing dort wieder von vorne an. Heißt: als Commis. „Mir war das wichtig“, erklärt Dorfer, „einen Schritt zurückzumachen.
Von da an hat sich die Wahrnehmung nach außen verändert.
Thomas Dorfer über seinen Sieg beim Kochwettbewerb Bocuse d’Or
Es ist manchmal einfach das Richtige, sich wieder etwas zurückzunehmen und zu überlegen: Was will ich eigentlich noch lernen?“ Innerhalb eines halben Jahres arbeitete sich Dorfer erneut zum Sous Chef hoch. Sein Drang, oder genauer: sein Ehrgeiz weitet sich indessen weit über die vier Wände der Bareiss-Küche hinaus. 2001 gewinnt er das Deutschlandfinale des renommierten Grand Prix Culinaire Taittinger. Und leckt zum ersten Mal Wettbewerbsblut.
Der Befreiungsschlag
Dass ein Österreicher dieses Finale gewinnt, war naturgemäß eine Sensation. In patriotischer Verbundenheit schickt der Champion dem Landhaus Bacher den hymnischen Zeitungsartikel darüber zu. Bekommt ein Gratulationsschreiben aus Wagner-Bachers Händen zurück. Will sich dafür telefonisch bedanken. Da hebt Susanne, die eine Tochter des Hauses, den Hörer ab. Die beiden tauschen Nummern aus und aus der Telefonfreundschaft entwickelt sich eine Liebesgeschichte, die Dorfer zurück ins Landhaus Bacher führt. Drei Jahre lernt er das Haus als Lisl Wagner-Bachers Sous Chef wie seine eigene Westentasche kennen.
Und stillt seinen Ehrgeiz auch dieses Mal mit einem Wettbewerb. Wobei es Dorfer jetzt auch um eine radikale Emanzipation geht. „Als Freund der Tochter Sous Chef zu sein, gilt ja nicht als etwas wirklich Besonderes“, sagt Dorfer. Und so ganz reibungslos verläuft die erste Zeit im neofamiliären Spannungsfeld auch nicht. Mit der Teilnahme am prestigeträchtigen und wohl härtesten internationalen Kochwettbewerb, dem Bocuse d’Or, holt der Sous Chef zu einem Rundumbefreiungsschlag aus. Er gewinnt den unglaublichen ersten Platz des Österreichfinales. Und darauf den sechsten Platz im Weltfinale. Dorfers kämpferische Rechnung geht auf: „Von da an hat sich die Wahrnehmung von außen geändert.
Für meine eigene Reputation war das von unschätzbarem Wert.“ Gekrönt wurde das vom Titel Gault-Millau-Koch des Jahres 2009. Die Chefredakteurin des österreichischen Gault Millau Martina Hohenlohe sprach von einem der „talentiertesten Köche, die wir in Österreich haben“, Dorfer selbst von einem „Lebenstraum“, der in Erfüllung ging. Kurz darauf übergibt Lisl Wagner-Bacher ihrem Schwiegersohn das Küchenzepter.
Der Rest ist Geschichte. Und zwar eine, die noch lange nicht auserzählt ist. Denn der Commis, der im Bareiss nach großen Erfolgen wieder bei null anfing, steckt bis heute in Thomas Dorfer. Der nächste Schritt: Er möchte, sagt er, die Gerichte noch mehr aufs Wesentliche reduzieren. Auch exotische Gewürze könnten in Zukunft eine größere Rolle spielen. So oder so: Mit Thomas Dörfer hinter dem Herd ist und bleibt das Landhaus Bacher der kulinarische Leuchtturm über der silberblauen Donau.