René Leitgeb: Süßes, sonst gibt`s Saures: „Wien ist um nichts Besser!“

2-Hauben-Koch René Leitgeb ist Geschäftsführer und Küchenchef im Café Sacher Graz. Doch Süßholzraspeln ist nicht sein Ding: Warum er die Grazer Kochszene aufrütteln will und wieso zum Erfolg auch ein wenig Glück gehört.
November 13, 2015

Fotos: Werner Krug
René Leitgeb

Es ist 18 Uhr und die Vorbereitungen für das Abendgeschäft laufen auf Hochtouren. Im Gourmetrestaurant des Cafés Sacher Graz werden in Kürze an die 120 Gerichte über den Pass geschickt. Mittendrin: René Leitgeb. In der steirischen Dependance des Wiener Traditionsunternehmens ist er Herr über die Weinbar, das Kaffeehaus und das 2-Hauben-Restaurant.

Doch an diesem Tag brodelt es nicht nur in den Kochtöpfen, sondern auch in Leitgeb selbst. Der Grund: Der Artikel eines Lokalblattes über die Qualität der Spitzengastronomie in Graz, immerhin die zweitgrößte Stadt Österreichs. „Wir werden als Schaumschläger hingestellt, die nur mit Convenienceprodukten arbeiten. Das ist nicht korrekt und in dieser Zeit zudem mehr als rufschädigend. Ich verwende nur perfekte Produkte, alles andere ist Schwachsinn.“

„Die Grazer Köche ziehen sich selbst runter, das muss man ändern.“

Doch dass nicht alles eitel Wonne ist in der Grazer Kochszene, weiß auch Leitgeb. „Unsere Probleme sind hausgemacht…

Fotos: Werner Krug
René Leitgeb

Es ist 18 Uhr und die Vorbereitungen für das Abendgeschäft laufen auf Hochtouren. Im Gourmetrestaurant des Cafés Sacher Graz werden in Kürze an die 120 Gerichte über den Pass geschickt. Mittendrin: René Leitgeb. In der steirischen Dependance des Wiener Traditionsunternehmens ist er Herr über die Weinbar, das Kaffeehaus und das 2-Hauben-Restaurant.

Doch an diesem Tag brodelt es nicht nur in den Kochtöpfen, sondern auch in Leitgeb selbst. Der Grund: Der Artikel eines Lokalblattes über die Qualität der Spitzengastronomie in Graz, immerhin die zweitgrößte Stadt Österreichs. „Wir werden als Schaumschläger hingestellt, die nur mit Convenienceprodukten arbeiten. Das ist nicht korrekt und in dieser Zeit zudem mehr als rufschädigend. Ich verwende nur perfekte Produkte, alles andere ist Schwachsinn.“

„Die Grazer Köche ziehen sich selbst runter, das muss man ändern.“

Doch dass nicht alles eitel Wonne ist in der Grazer Kochszene, weiß auch Leitgeb. „Unsere Probleme sind hausgemacht. Wir ziehen uns selbst runter und das gerade jetzt, da sich kulinarisch so vieles in Graz bewegt: Wir sind Genuss-Hauptstadt, die besten Köche der Welt kommen zum GourmetReise-Festival in die Steiermark und hier wird trotzdem gejammert, dass wir nicht so gut sind wie die in Wien oder Deutschland. Wann, wenn nicht jetzt, müssen wir ein neues Werteverhältnis aufstellen?“

Was Leitgeb damit meint, ist das fehlende Verständnis dafür, dass gute Qualität auf dem Teller etwas kosten muss. „Man hört immer, dass wir nicht so viel Geld verlangen können wie zum Beispiel in der Bundeshauptstadt. Warum nicht? Die kochen ja auch mit denselben Produkten, warum soll es die hier billiger geben? Das ist paradox. Aber mittlerweile haben sich die Grazer an diese Preise gewöhnt. Für einen Cocktail in einer Bar lassen sie gerne mal acht Euro liegen. Doch wenn ein Mittagsmenü gleich viel kostet, dann überlegen sie zweimal, ob sie sich hinsetzen.“

Café Sacher Graz

>> René Leitgeb

René Leitgeb

Am 23. Februar 1977 in Fürstenfeld geboren, wusste René Leitgeb von klein auf, dass er Koch werden wollte. Nach der Ausbildung in der Hotelfachschule Oberwart hörte er von einer freien Commis-Stelle bei Jörg Wörther, fuhr einfach hin und bekam den Job. Nach vier Jahren war er Sous Chef und Eckart Witzigmann holte Leitgeb als Chef Poissonier in sein Restaurant „Ca’s Puers“ auf Mallorca. Dort kochte er mit „Hangar-7“ Executive Chef Roland Trettl und bereiste gemeinsam mit Jahrhundertkoch Witzigmann für diverse Veranstaltungen die ganze Welt. 2004 machte Leitgeb sich selbstständig und eröffnete das Wirtshaus-Restaurant „Das Leitgeb“ in seiner Geburtsstadt Fürstenfeld und drehte für den ORF zahlreiche Folgen der Kochsendung „Frisch gekocht“.
Seit Oktober 2008 ist René Leitgeb Geschäftsführer und Küchenchef im „Café Sacher Graz“, das von Gault Millau mit zwei Hauben ausgezeichnet ist.

Genau hier beginnt der Teufelskreis: „Als Koch disqualifiziert man sich selbst, wenn man ein dreigängiges Menü zu Mittag für weniger als zehn Euro raushaut und man gleichzeitig vom Abendgast verlangt, 60 Euro dafür auszugeben. Wen wundert es dann, dass die meisten mit dem Umsatz zu kämpfen haben?“

Leitgeb hat sich diesem System nie angeschlossen: „Das Sacher ist das teuerste Restaurant der Stadt, das ist mir bewusst. Aber ich bin durch die Dreiteilung des Sachers in der glücklichen Lage, unterschiedliche Küchenstile anbieten zu können.“ So gibt es im Kaffeehaus klassische Wiener Küche und im Haubenrestaurant Grand Cuisine mit modernem und regionalem Einschlag.

Warum Leitgeb, ein Fan der klassischen Menüfolge, Tradititon hochhält, lässt sich schnell erklären: Er ist Schüler von Größen wie Jörg Wörther und Eckart Witzigmann. „Jörg Wörther hat mich Perfektion in der Küche gelehrt und wie man unter vollem Druck seine Leistung bringt. Von Eckart Witzigmann habe ich die Liebe und Hingabe zu den Produkten übernommen. Den moderen Part auf dem Teller gibt es bei mir trotzdem immer, auch wenn man bei mir niemals einen Lutscher oder Stickstoff-Spielereien finden wird.“

„Stickstoff-Spielereien gibt es bei mir keine.“

So kreiert Leitgeb Gerichte wie „Geschmortes Kalbsbackerl mit Selleriepüree und geschmortem Oktopus“, aber auch Kalbsbeuschel steht auf der Karte. „Ich verwehre mich diesen Produkten nicht, nur weil sie aus der Mode sind. Wenn ein 2- oder 3-Sterner in Frankreich Kutteln auf der Karte hat, dann sind alle begeistert. Ich will wieder ein Bewusstsein für solche Gerichte schaffen.“ Seine Inspiration holt sich der gebürtige Steirer auf dem Markt oder in Kochbüchern. Zurzeit blättert er vor allem in den Büchern von Philippe Rochat. „Er ist genial. Er hat die absolut klassiche Küche auf höchstes Niveau gehoben und mit moderen Einflüssen spannend gemacht. Das ist genau meines.“

Trotzdem, in die besternten Fußstapfen von Witzigmann und Co. will Leitgeb nicht treten. „Dazu bin ich zu realistisch und auch zu gerne Gastgeber. Hier im Sacher fühle ich mich wohl.“

Thunfisch & Jakobsmuscheln mit Kürbismousse und Kürbis-Kräuter-Salat

>> Zutaten für 4 Portionen

Kürbismousse:

150 g Kürbis

1 Zwiebel, 1 EL Olivenöletwas Zucker

125 ml Weißwein

Salz, Curry, Safranfäden

1 l Gemüsefond

5 Blatt Gelatine

150 ml geschlagene Sahne

Thunfisch & Jakobsmuscheln:

150 g Thunfisch

(Sushi-Qualität)

8 Jakobsmuscheln

Olivenöl, Salz und grober Pfeffer

etwas Sojasauce

Koriander aus der Mühle

150 g Kürbis, Kräuter der Saison, Zitronensaft

Thunfisch & Jakobsmuscheln
mit Kürbismousse und Kürbis-Kräuter-Salat

Zubereitung Kürbismousse:

Für die Kürbismousse den geschälten und in Würfel geschnittenen Kürbis und Zwiebel in Olivenöl langsam anbraten, etwas Zucker beigeben und kurz schwenken, danach mit Weißwein ablöschen und einkochen. Mit Salz, Curry und ein paar Safranfäden würzen und mit dem Gemüsefond auffüllen. Etwas einkochen und abschmecken. Danach mixen und durchpassieren, sodass ein halber Liter heiße Flüssigkeit übrig bleibt. Gelatine in kaltem Wasser einweichen, ausdrücken und in der warmen Flüssigkeit auflösen. Anschließend über Eiswasser kalt rühren und kurz vor dem Stocken die geschlagene Sahne unterheben. In Ringformen abfüllen und kalt stellen.

Thunfisch und Jakobsmuscheln: Thunfisch in 2 x 2 Zentimeter große Würfel schneiden und mit Salz, Pfeffer, Koriander, Olivenöl, Sojasauce marinieren. Geschälten Kürbis in ebenso große Würfel schneiden und scharf in Olivenöl anbraten. Jakobsmuscheln der Breite nach halbieren, würzen und ebenfalls in Olivenöl anbraten. Den saisonalen Kräutersalat mit Olivenöl und Zitronensaft marinieren.

Anrichten:

Die Kürbismousse aus der Form lösen und am oberen Ende des Tellers platzieren. Die marinierten Thunfischwürfel und den Kürbis gemeinsam mit Kräutern und den gebratenen Jakobsmuscheln dekorativ anrichten.

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