Pizza à la Famiglia Barbaro
Wir können und wollen uns nicht beklagen!“ Nach zwei Jahren Pandemie eine nicht unbedingt erwartbare Aussage eines
Gastronomen. Aber Luigi Barbaro Senior ist eben aus einem besonderen Holz geschnitzt und nicht zuletzt deshalb einer der angesehendsten und längstgedienten Ristorante-Betreiber Wiens.
Wir können und wollen uns nicht beklagen!“ Nach zwei Jahren Pandemie eine nicht unbedingt erwartbare Aussage eines
Gastronomen. Aber Luigi Barbaro Senior ist eben aus einem besonderen Holz geschnitzt und nicht zuletzt deshalb einer der angesehendsten und längstgedienten Ristorante-Betreiber Wiens.
Seine Wirkungsstätten: die Edel-Pizzeria „Regina Margherita“ und die noble „Trattoria Martinelli“ im Herzen der österreichischen Bundeshauptstadt. Gemeinsam mit seinen beiden Söhnen Antonio und Luigi Junior sowie seiner Wiener Ehefrau Evelyn hat der gebürtige Neapolitaner ein kleines Imperium im Zeichen der Trikolore aufgebaut. Ganz ohne Mithilfe der Camorra, versteht sich. Dafür aber mit harter Arbeit, viel Gespür und Ehrgeiz. Eine Tatsache, die ihm gerade in der Krise zugutekommen sollte: Abgesehen von den treuen Stammgästen, die auf Lieferservice und Abhol-Optionen genauso abgefahren seien wie auf servierte Kostbarkeiten, hätten vor allem die Unterstützungen vom Staat und der Stadt Wien geholfen, das Überleben zu sichern, betont Papa Barbaro.
Die Pizza wird von Hand gemacht, dann schockgefroren und wiederum händisch verpackt!
Antonio Barbaro erklärt die „Tiefkühl-Pizza“
Eben ein offensichtliches Resultat aus ehrlicher Geschäftemacherei: „Es ist gut, wenn man immer weiß abrechnet“, formuliert es der erfahrene Patrone. Sonst wäre die Berechnungsgrundlage in Form korrekter Steuererklärungen nicht vorhanden gewesen und die finanziellen Unterstützungen wären viel geringer ausgefallen. Hinzu kommen noch Zuwendungen, die allein aus der Tatsache resultieren, ein „Wiener Traditionsbetrieb“ zu sein. „Alles Dinge, die in Italien undenkbar wären“, sinnieren die Barbaros.
Barbaro aus dem Tiefkühlfach
Doch auch wenn man in der neapolitanischen Außenstelle Dankbarkeit demonstriert, ruht sich in dieser Familie niemand auf irgendwelchen Ausfallsboni oder Umsatzersatzzahlungen aus. Stattdessen hat man vom ersten Lockdown an daran gearbeitet, ein weiteres Geschäftsfeld zu eröffnen. Eines, das nicht von offenen Gaststätten abhängig ist: eine original neapolitanische Tiefkühlpizza! Auch wenn diese Formulierung im Kopf auf den ersten Blick keinen Sinn ergeben sollte, nach dem ersten Biss tut sie es, versichert Luigi Barbaro. Stolz führt er aus: „Unsere Margherita unterscheidet sich von allen anderen Tiefkühl-Pizze am Markt. Sie hat keine Konservierungs-, keine künstlichen Inhaltsstoffe, keine Geschmacksverstärker, ist zu 100 Prozent naturale!“
Produziert wird die Pizza Naturale selbstverständlich in Barbaros Heimatstadt Neapel. Ein kleiner Familienbetrieb ist dafür zuständig – und das passiert dort so: „Mit der Hand gemacht, dann schockgefroren und händisch verpackt“, ergänzt Sohn Antonio. „All Natural – di Luigi Barbarao“ heißt das Produkt nun und kann mittlerweile in allen Spar-Filialen gekauft werden. Die tiefgekühlte, aber dennoch waschechte italienische Pizza aus einem original neapolitanischen Holzofen erobert zudem weitere Märkte: Demnächst wird es sie in Slowenien und Ungarn geben. Selbst bei DeSpar in Bella Italia wird diese Tiefkühlköstlichkeit vertrieben. Antonio Barbaro schmunzelt: „Ein zusätzlicher Grund, auch die Heimat öfter zu besuchen!“
Kulinarischer Lebenstraum
Apropos Heimat – werfen wir zwischendurch einen Blick auf die Geschichte dieser ungewöhnlichen, aber typischen italienischen Famiglia. Vater Luigi gilt als authentischer und wortwitziger Italiener. In Neapel groß geworden, wagte er 1981 den Sprung ins „kalte, graue, nicht sehr offene Wien“, wie er sich erinnert. Und zwar um seinen „il gusto italiano per la vita“ einzuschleppen. Um den Menschen hier Lust auf italienische Leidenschaft zu machen. „Es gab nur ein italienisches Ristorante in der Babenberger Straße, das zufällig auch ein Neapolitaner führte“, erinnert sich Barbaro.
Er nutzte also die Gunst der Stunde und reüssierte als Pionier der Cuccina Italiana: zuerst in verschiedenen Lokalen, 1985 folgte dann das eigene „La Ninfea“ in der Wiener Piaristengasse. Der Startschuss eines kometenhaften Aufstiegs. Der Padrone erzählt: „Ich bin als Jugendlicher gern am Golf von Neapel in Pozzuoli vor dem berühmten Ristorante La Ninfea gesessen und hab die feinen Leute und die tollen Autos, die Ferraris, die Porsches beobachtet. Da wusste ich, ich werde einmal auch so ein Ristorante haben!“
Mit Harald Riedl konnten wir einen der besten Köche Österreichs für die Trattoria Martinelli zurückgewinnen. Wir freuen uns ungemein!
Luigi Barbaro Junior, Marketingchef der Familie
Dieser Traum wurde für Barbaro Realität – sieben Lokale standen bis zum Jahr 2008 unter seiner Ägide. Doch die Wirtschaftskrise bremste den Aufwärtstrend, auch er musste den Gürtel enger schnallen. Übrig geblieben sind das „Martinelli“, die „Regina Margherita“ und eine Import-Export-Firma. „Heute sind wir zwar kleiner, aber noch feiner!“, denkt der Mann, der Titel wie Kommerzialrat oder Cavaliere delle Stelle Italiana trägt und Padrone über 65 Mitarbeiter ist.
Starkoch kehrt zurück
Heute boomt sein Imperio Napolitano wieder und die Prognose zeigt – der Pandemie zum Trotz – konstant nach oben. Aufwind, den die Barbaros nicht einfach so vorüberziehen lassen wollen. Stattdessen nutzen ihn die Vollblutgastronomen für den nächsten Schritt hinein in den absoluten Gourmethimmel: Mit Harald Riedl konnte man sozusagen einen verlorenen Sohn heim an den Herd holen. Der vielfache Haubenkoch war schon einmal im Team Barbaro, erkochte damals gar einen Michelin-Stern.
Nun soll ihm das in der Küche der während der Pandemie generalrenovierten „Trattoria Martinelli“ im Palais Harrach ebenso gelingen. Zusätzlich sind die Barbaros auf der Suche nach einer Location für ein neues Gourmet-Palais: „Vielleicht etwas größer, mit einem Alimentari-Shop und einer Bar integriert“, postulieren sie eine Art Immobilieninserat und machen eindrucksvoll deutlich, dass sie sich von der Flut an Pizzerien, die in den vergangenen Jahren in Wien ihre Pforten geöffnet haben, keineswegs einschüchtern lassen. „Von den 200 Pizzerien sind nur knapp 30 direkte Mitbewerber oder ernsthafte Konkurrenten im gehobenen Segment und genau da sehen wir uns“, gibt sich Luigi Junior selbstbewusst. Zu Recht, rangiert doch die „Regina Margherita“ in jährlichen Rankings der besten Pizzerien stets on top.
Die gute Mischung
Das wohl auch deshalb, weil man einen cleveren Spagat zwischen möglichst viel neapolitanischer Authentizität und österreichischen Vorlieben auf die Teller bringt. So stammen die Grundzutaten direkt aus Campanien, zweimal im Monat kommt die Lieferung. Alles andere wird nachhaltig und regional rund um Wien oder via „Slow Food Austria“ zugekauft. Auch haben die Pizzameister erkannt: Den originalen zwei Zentimeter dicken Pizzarand, die sogenannte Cornicione, den mögen die Österreicher nicht. Also servieren sie eben nahezu randlose Pizze. Und schlucken ohne mit der Wimper zu zucken den neapolitanischen Pizzastolz herunter. Hauptsache, der Gast genießt.
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LA FAMIGLIA BARBARO
Luigi Barbaro, geboren 1957 in Pozzuoli, kam 1980 nach Wien. 1983 eröffnete er sein erstes Lokal. Zu seinen Unternehmen gehörten im Laufe von vier Jahrzehnten „La Ninfea“, „RieGi“, „Regina Margherita“ in Wien und Graz, Barbaros Restaurant and „Sky Bar“ im Steffl und das Barbaro am Neuen Markt. Heute betreibt er die 1998 eröffnete Pizzeria „Regina Margherita“ im Palais Esterházy, die „Trattoria Martinelli“ im Palais Harrach und führt mit seinen Söhnen ein Catering sowie eine Import-Export-Firma.