Josef Laggner: Ein Gastronom, der niemals aufgibt
Früh übt sich
Einen Mann, dessen Konzepte und Betriebe kaum noch zu zählen sind, kann man durchaus Herr eines Imperiums nennen. Mit seinen gastronomischen Ideen hat Josef Laggner ganz Deutschland erobert. Sein Geheimnis? Früh anfangen, viel leisten und niemals aufgeben. Bereits mit vier hilft er im Service aus, 14 bis 16 Stunden pro Tag arbeitet er später, und als die Bank ihm die Unterstützung für die geplanten Lokale am neuen Berliner Flughafen entsagt, macht Laggner: weiter.
Früh übt sich
Einen Mann, dessen Konzepte und Betriebe kaum noch zu zählen sind, kann man durchaus Herr eines Imperiums nennen. Mit seinen gastronomischen Ideen hat Josef Laggner ganz Deutschland erobert. Sein Geheimnis? Früh anfangen, viel leisten und niemals aufgeben. Bereits mit vier hilft er im Service aus, 14 bis 16 Stunden pro Tag arbeitet er später, und als die Bank ihm die Unterstützung für die geplanten Lokale am neuen Berliner Flughafen entsagt, macht Laggner: weiter.
Sie sind mit 19 Jahren nach Ihrer Kellnerlehre nach Berlin gegangen. Neun Jahre später haben Sie sich selbstständig gemacht. Wie war das damals?
Josef Laggner: Man muss eigentlich noch weiter zurückgehen. Meine Schwester hat mich früher im Sommer immer auf eine Almhütte mitgenommen, weil sie sich im Sommer dort ein bisschen Trinkgeld verdient hat. Irgendwann wurde mir langweilig und ich habe angefangen, die Tische abzuräumen. Da war ich vier Jahre alt. Dann habe ich den Gästen Gläser und Flaschen gebracht. Irgendwie hat mir dieser Job so gut gefallen, dass ich auf die Frage, was ich später werden wollte, nur noch geantwortet habe: Ich werde Ober. Mit 14 Jahren habe ich die Kellnerlehre in Bad Gastein angefangen. Und mit Ende 19 bin ich nach Berlin gegangen.
Warum haben Sie sich für Berlin entschieden?
Laggner: Eigentlich wollte ich nach Amerika. Gott sei Dank hat das nicht geklappt.
Können Sie erklären, wie das alles begonnen hat, als Sie Ihr erstes Lokal übernommen haben?
Laggner: Ich habe zuvor in Berlin einen Chef gehabt, einen Griechen, der hat mich so arbeiten lassen, als wäre das mein Laden gewesen. Und irgendwann habe ich zum Koch gesagt: „Komm Michael (Anm. d. Redaktion: Michael Eilhoff), wir machen uns selbstständig.“ Wir haben ein, zwei Jahre lang eine Location gesucht. Viele waren zu teuer. Michael hatte 30.000 Mark, ich hatte 30.000 Mark. Irgendwann haben wir diesen kleinen Laden, Lutter & Wegner, in der Schlüterstraße gefunden. Da hat das Geld gerade gereicht. Aber auch mit dem Hintergedanken: Wenn das nicht funktioniert, Neuseeland herzlich willkommen.
Es muss aber sehr gut gelaufen sein. Denn danach kam eine schnelle Phase der Expansion. Haben Sie das Risiko auf die Spitze getrieben oder haben Sie gesehen, dass es funktioniert und die logische Konsequenz gezogen?
Laggner: Wir haben damals ein deutsch-österreichisches Lokal gemacht. Österreichisch, weil ich Österreicher bin. Und deutsch, weil Michael Eilhoff Deutscher ist. Die Speisekarte kam sehr gut an. Wir hatten sieben Tage die Woche volles Programm. Aber uns hat es Freude gemacht. Und irgendwann kam das Angebot, dass wir ein Objekt am Gendarmenmarkt machen könnten. Dann habe ich zu Michael gesagt: „Du kannst entscheiden. Entweder gehst du
zum Gendarmenmarkt und ich bleibe hier. Oder du bleibst hier und ich gehe zum Gendarmenmarkt.“ Er hat sich für die Schlüterstraße entschieden.
Und Sie sind dann am Gendarmenmarkt eingestiegen?
Laggner: Nein, da haben wir alles neu gemacht, da war wirklich nichts. Wir haben noch alte Sachen aus der DDR rausgerissen. Das sollte früher eine Theaterkassa werden. Aber das Haus war optimal, weil E. T. A. Hoffmann darin gewohnt hat. Die Charlottenstraße hat gepasst. Und die Räume waren optimal für eine Weinhandlung, für eine Weinstube. Die Terrasse war da, der Blick auf den Gendarmenmarkt. Es hat einfach alles gepasst.
Wer denkt schon, dass ein Flughafen in Deutschland nicht aufmacht?
Josef Laggner hatte für seine neuen Gastro-Konzepte am Flughafen Berlin Brandenburg bereits Mietverträge abgeschlossen
Und ab da ging die Expansion weiter. Wenn man über die Spitzengastronomie spricht, kommt immer das Thema Rentabilität auf. Im Casualbereich ist die Konkurrenz viel höher. Wie positioniert man sich da?
Laggner: Ehrlich gesagt: Es gibt keine Konkurrenz, es gibt nur Mitbewerber. Je besser die Mitbewerber sind, desto besser musst du auch sein. Für mich war, gleich wie im Sport, immer wichtig: Leistung, Leistung, Leistung. Nicht hinten nachrennen, sondern vorne mitmischen. Wir haben bei Lutter & Wegner die Newton Bar gemacht, wir haben auch noch ein Café gemacht. Und dann sind wir mit einem Club ins Auswärtige Amt gegangen. Das waren immer gastronomische Sachen, die von unserem normalen Geschäft ein bisschen abgewichen sind. Aber man darf nicht zu weit von seiner Linie abweichen.
Inwiefern?
Laggner: Es war für mich in der Anfangszeit zu locker. Ich habe das ganze Geld, das ich verdient habe, sofort in neue Objekte gesteckt. Von diesen circa 30 Objekten, die wir gemacht haben, sind sechs oder acht zugemacht worden. Entweder sind Mietverträge abgelaufen oder wir haben gesagt, dass wir es nicht stemmen können. Das kostet uns zu viel Geld. Es ist nicht alles positiv, was wir gemacht haben. Aber man lernt mit der Zeit dazu. Und das ist das Wichtige.
In Zeiten von großen Pleiten muss man fragen: Wie wächst ein Unternehmen gesund?
Laggner: Neue Ideen entwickeln. Schieben, machen, tun. Alles. Wichtig ist nur: nicht aufgeben. Dabei kann man Glück haben, man kann aber auch Pech haben. Wir hatten das Glück, dass wir Glück hatten.
Sie arbeiten ja an vielen verschiedenen Konzepten. Wie geht man als Unternehmer mit so vielen unterschiedlichen Baustellen um? Vertraut man da oder wird man zum Kontrollfreak?
Laggner: Kontrollfreak darf man gar nicht sein. Das funktioniert nicht. Wenn man zu stark kontrolliert, geht man kaputt.
Andererseits haben Sie vorhin gesagt, man dürfe niemandem vertrauen.
Laggner: Vertrauen und Kontrolle sind zwei verschiedene Dinge. Du musst deinen Leuten auch Verantwortung übergeben. Ein Mitarbeiter wird umso stärker, je mehr Vertrauen er hat. Je weniger ich ihn kontrolliere, umso selbstständiger arbeitet er. Natürlich müssen am Jahresende die Zahlen passen. Aber das laufende Geschäft muss ein Mitarbeiter von sich aus entwickeln. Dann steht der ganz anders da, als wenn ich ihn nur kontrollieren würde.
Thema Mitarbeiter: Auch Berlin ist vom Fachkräftemangel nicht verschont geblieben. Wie geht man damit um? Und wie schätzen Sie die Zukunft ein?
Laggner: Die Zukunft wird so aussehen, dass sehr gute Mitarbeiter einfach sehr gut bezahlt werden müssen.
Die Zukunft wird so aussehen, dass sehr gute Mitarbeiter einfach sehr gut bezahlt werden müssen.
Josef Laggners Antwort auf den Fachkräftemangel: Kohle
Aber kann der Fachkräftemangel durch höhere Gehälter gelöst werden?
Laggner: Naja, man muss den Mitarbeitern schon einen gewissen Luxus gönnen, weil warum sollten sie es sonst machen? Aber die Sache ist die: Man kann den Mitarbeitern schon deutlich mehr bezahlen, aber wie erklärt man das dem Gast? Es gibt da ein gutes Beispiel. Vor 20 Jahren, vor der Währungsreform, hat das Wiener Schnitzel 32,50 Mark gekostet.Ein Kellner hat netto 1400 Mark verdient. Jetzt verdient der Mitarbeiter 1400 Euro netto. Aber das Schnitzel sollte nicht mehr als 24 Euro kosten. Wenn ich ein Schnitzel für 30 Euro auf meine Karte schreiben würde, würde mir jeder Gast sagen, dass das unverschämt ist.
Einige Gastronomen plädieren ja auch dafür, dass vieles um etwa 20 Prozent teurer werden sollte. Ist das auch Ihre Meinung?
Laggner: Jeder soll das machen, was er möchte. Natürlich bekomme ich leichter einen Mitarbeiter, wenn ich ihm 2500 Euro netto biete, als wenn ich sage, er bekommt nur 2000. Aber das kannst du nur auf die Preise von Essen und Getränken umwälzen. Das ist zu einfach. Es wäre langweilig. Der Markt ist da, man muss ihn genau beobachten, an heute und an morgen denken. Wenn natürlich ein anderer Laden Hauptgerichte um fünf Euro verkauft, kannst du da nie mithalten. Es ist aber auch eine Erziehung der Gäste, dass sie für Qualität etwas mehr Geld ausgeben.
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JOSEF LAGGNER: Schon im Grundschulalter will Josef Laggner Ober werden. Nach einer Kellnerlehre in seinem Heimatort Bad Gastein und ein paar Saisonen auf dem Arlberg zieht es den Österreicher nach Berlin. Auf einige Jahre als Angestellter folgt der für Laggner logische Schritt in die Selbstständigkeit. Sein erster Streich: die Übernahme des Lutter & Wegner in der Schlüterstraße. Und dann gibt es wirklich kein Halten mehr. Das deutsch-österreichische Lokal wird ein voller Erfolg – und legt den Grundstein für das deutschlandweite Laggner-Imperium. Seine Konzepte schlagen ein wie eine gastronomische Bombe – mittlerweile sind es 14 verschiedene, von einigen betreibt Laggner mehrere Läden.