Jakob Mielcke: Der Verwandlungskünstler
Einer der führenden Vertreter der New Nordic Cuisine
Jakob Mielcke macht kein Geheimnis daraus, worüber nur wenige in der Branche offen sprechen: Das Schwierigste für einen Koch ist es, sich von einem begabten Handwerker zu einem eigenständigen Küchenchef zu entwickeln, dem es gelingt, seine Fähigkeiten in Gerichten umzusetzen. Der Pierre-Gagnaire-Schüler hat diesen Prozess selbst durchlebt. „Normalerweise holt man dich, weil du es technisch draufhast, um die Ideen eines anderen umzusetzen, ohne dass du in den Kreativprozess involviert bist. Wenn du als Küchenchef selbst kreativ sein willst, ist das aber ein Riesenunterschied.“
Erst nach seinen Lehr- und Wanderjahren außerhalb Dänemarks bekam Jakob Mielcke 2007 in Kopenhagen die Möglichkeit, sein eigenes Restaurant Mielcke & Hurtigkarl zu eröffnen und seine individuelle Küchenlinie zu verwirklichen. Heute zählt er zu den führenden Vertretern der New Nordic Cuisine.
Einer der führenden Vertreter der New Nordic Cuisine
Jakob Mielcke macht kein Geheimnis daraus, worüber nur wenige in der Branche offen sprechen: Das Schwierigste für einen Koch ist es, sich von einem begabten Handwerker zu einem eigenständigen Küchenchef zu entwickeln, dem es gelingt, seine Fähigkeiten in Gerichten umzusetzen.
Der Pierre-Gagnaire-Schüler hat diesen Prozess selbst durchlebt. „Normalerweise holt man dich, weil du es technisch draufhast, um die Ideen eines anderen umzusetzen, ohne dass du in den Kreativprozess involviert bist. Wenn du als Küchenchef selbst kreativ sein willst, ist das aber ein Riesenunterschied.“ Erst nach seinen Lehr- und Wanderjahren außerhalb Dänemarks bekam Jakob Mielcke 2007 in Kopenhagen die Möglichkeit, sein eigenes Restaurant Mielcke & Hurtigkarl zu eröffnen und seine individuelle Küchenlinie zu verwirklichen. Heute zählt er zu den führenden Vertretern der New Nordic Cuisine.
Was den gebürtigen Dänen aus Aarhus von vielen Köchen seines Alters unterscheidet: Der 39-Jährige absolvierte nicht wie üblich die vierjährige Kochausbildung an der Danish Culinary School, sondern ging direkt nach der Schule ins Ausland und arbeitete in verschiedenen Restaurants.
„Ich denke, es war keine bewusste Entscheidung, Koch zu werden, ich wurde da hineingezogen und plötzlich war ich in Paris“, erinnert er sich. „An einem Abend, als ich eine Zigarette nach dem Service im Hof rauchte, erkannte ich, das ist der Point of no Return. Es hatte mich tiefer hineingezogen, als ich jemals erwartet hatte.“
Damals ist er gerade 19 Jahre alt und arbeitet in einem modernen Bistro-Restaurant, danach ergattert er eine Stelle als Demi-Chef de Partie im Restaurant von Pierre Gagnaire, „ich war der erste Koch aus Dänemark in seinem Team“. Im Anschluss arbeitet er weiter für den 3-Sterne-Koch als Chef de Partie, diesmal in seinem Londoner Restaurant Sketch. Ein Türöffner. Bis dahin sei es für ihn als Autodidakt ohne Ausbildung schwer gewesen, Jobs zu bekommen, nach zweieinhalb Jahren bei Gagnaire habe ihn niemand mehr nach seinem Lebenslauf gefragt.
Mit dem Restaurant habe ich den Rahmen für mein eigenes Alphabet geschaffen.
Jakob Mielcke über den Kreativprozess zur Küchenlinie
Der eigenen Küchenlinie auf der Spur
2003 dann der Schritt zurück in die Heimat. Als Head Chef im Restaurant des Gastronomen Jan Hurtigkarl kann Mielcke seine Fähigkeiten weiter schleifen. „Wir reisten ein halbes Jahr in bestimmte Länder, um kulinarische, kulturelle und künstlerische Ideen zu sammeln. Danach war es mein Job, aus diesen Reisen Gerichte für das Restaurant zu entwickeln. Dieser Schritt erlaubte es mir, mein eigener kreativer Küchenchef zu werden“, blickt Jakob Mielcke auf seine Entwicklung zurück, die 2007 in seinem aktuellen Restaurantprojekt mit Jan Hurtigkarl mündet.
Zu jeweils 50 Prozent gehört ihnen das Mielcke & Hurtigkarl in Dänemarks ältester und schönster Gartenanlage, der Royal Danish Garden Society in Kopenhagen, dessen Geschichte bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht. Jakob Mielcke übernimmt den Kreativpart als Head Chef im Restaurantbereich, Jan Hurtigkarl ist für Bankette in der Orangerie verantwortlich.
Das Restaurant war also da, die Idee für die eigene Küchenlinie fehlte Mielcke aber bis dato, wodurch er sich jedoch nicht unter Druck setzen ließ. „Stattdessen begann ich fünf oder sechs Monate mit der Innenausstattung.“ Und stellte dafür ein Team aus Designern und Künstlern zusammen, um mit der Gestaltung des Restaurants die Grundlage für seine Kulinarik zu legen.
„Ich musste einen Rahmen wie eine Bühne für meine Küche schaffen, je besser der ausfallen würde, desto natürlicher würde sich die Kulinarik einfügen“, beschreibt der Küchenchef den Findungsprozess. Die Geschichte des Gebäudes aus dem 16. Jahrhundert mit seinen fünf Meter hohen Räumen und des Gartens sollte sich im Inneren des Restaurants widerspiegeln, als ob die Natur in den Raum hineingeweht worden wäre – mit Blättern und Kräutern, Ameisen und Käfern an den Wänden. Ganz organisch, ohne grelle Farben wie Gelb und Blau, vielmehr den Waldboden und die Kraft der Natur imitierend.
Und mit einem gewissen Humor als Kontrast zur damals noch vorherrschenden Fine-Dining-Szene, die sehr anspruchsvoll, ernst und vornehm war und mit vielen Edelprodukten arbeitete. Das war genau die Zeit, als Küchenchefs wie René Redzepi, Bo Bech und eben auch Jakob Mielcke aus dem Ausland zurückkamen und sich neu orientierten – hin zu einfacheren Produkten, die typisch für die nordischen Länder sind.
Metamorphose als Schlüsselbegriff
Als Jakob Mielcke mit dem Interieur den Rahmen und damit die Bühne für seine Küche geschaffen hatte, „sprudelte das erste Menü nur so aus mir heraus und alles war ganz leicht. Zwölf der 15 Gänge waren für mich ganz klar, weil ich die Buchstaben für mein Alphabet erschaffen hatte, so konnte ich endlich meine eigene Sprache sprechen“ und damit endlich seine Küchenlinie definieren.
Dadurch, dass die Natur Teil des Raumkonzepts war, entwickelte sich der Begriff Metamorphose zu einer Art Schlüsselbegriff für Mielckes Küche. „Wir wollen die Natur nicht kopieren, sondern uns ihr so weit wie möglich annähern. Einige spanische Küchenchefs haben Gerichte entwickelt, die wie die Natur aussehen, etwa eine essbare Rose. Eine brillante Idee. Ich hingegen würde sie unterstreichen oder durchziehen, indem ich den Stock der Rose verwende“, wählt der Däne eine andere Art der Interpretation, indem er das Offensichtliche, Naheliegende weglässt.
„Ich mache das nicht, um obskur oder übermäßig komplex zu sein, es ist für mich vielmehr eine andere Definition der Verwendung von Produkten, um Erlebnisse für die Gäste zu schaffen.“
Skandinavische und japanische Ästhetik
In der Umsetzung bedient sich Mielcke sowohl Elementen aus der skandinavischen und der asiatischen als auch der französischen Küche. Wobei er betont, dass sich die französischen Elemente auf die in seiner Zeit in Paris erlernten Techniken beschränken. Die skandinavische und asiatische, besonders die japanische Ästhetik zieht sich hingegen wie ein roter Faden durch Mielckes Küchenlinie. Ähnlich wie in der Architektur mit ihren klaren Formen, der Schlichtheit und Funktionalität könne man auch in der Küche ein gemeinsames Verständnis feststellen. Wie etwa die Fermentation von Gemüse oder Fisch, die nur in der Ausführung eine andere ist und sich ganz klar vom französischen Zugang unterscheidet.
„Wir verwenden keine Fleischfonds, sondern Gemüsesäfte oder fermentierte Pasten. Anstelle von Miso, das aus Edamame hergestellt wird, verwenden wir Mais und machen daraus ein Paste oder eine Miso aus Fenchel. Dadurch wird unsere Küche leichter und bekommt einen milderen Geschmack.
Wir wollen die Natur nicht kopieren, sondern uns ihr so weit wie möglich annähern.
Jakob Mielcke über den Schlüsselbegriff Metamorphose
Wer Jakob Mielcke nach seinem Signature Dish fragt, wird erst einmal keine Antwort bekommen. Denn er hasst die Begrifflichkeit und hat viele Jahre aus Provokation, aber auch um sich selbst anzutreiben, sogar erfolgreiche Gerichte kein zweites Mal auf die Karte genommen.
„Metamorphose bedeutet für mich auch, Dinge, die ich schon einmal gemacht habe, nicht zu wiederholen und sie auch nicht wieder einzuführen“, führt der Spitzenkoch, dem bisher der Michelin-Stern verwehrt blieb, seine Philosophie weiter aus. Vielmehr arbeitet er mit Kombinationen oder Produktpaaren wie etwa grünem Spargel mit Kieferntrieben oder mit Austern, die jedes Jahr wieder auf der Karte stehen. Zu einem Gericht, das einem Signature sehr nahe kommt, lässt sich Mielcke dann aber doch noch hinreißen.
„Auf dieses Gericht bin ich wirklich stolz, weil es unsere Art zu kochen reflektiert – sehr einfach, ganz aus der Nähe und versehen mit einem Souvenir, das ich aus der Ferne mitgebracht habe.“ „Chicken of the woods, Holunderblüte & Kaviar“, damit gewann das Mielcke & Hurtigkarl die dänische Auszeichnung „Dish of the year“.
Wie in vielen seiner Gerichte dreht Jakob Mielcke die kulinarische Sicht auf Produkte auch hier um: Kaviar wird reduziert auf ein salziges, fermentiertes Würzmittel und ein unspektakulärer Baum rückt ins Rampenlicht. Die perfekte Metamorphose!
Wie Jakob Mielcke ein herbstliches Walderlebnis auf dem Teller schmeckbar macht, erfährst du www.mhcph.com