Freigeist
Fotos: Shutterstock, Helge Kirchberger / Red Bull Hangar-7, Flavien Duhamel / Red Bull Hangar-7, Samo Vidic / Red Bull Hangar-7
Er macht es einem anfangs nicht leicht, die unterste Schublade aufzuziehen und daraus das übelste Klischee auszupacken: ein Franzose, dessen Restaurant La Grenouillère heißt und der Frösche sämtlicher Façon und in aller Variationsbreite dort versammelt hält. Und Alexandre Gauthier, der Gastkoch des Monats März im Hangar-7, mittendrin als Froschkönig. Aber die Lade klemmt gehörig, denn Alexandre Gauthier lässt sich nicht einsperren. Weder in seiner Küche noch in der Gestaltung seines Gourmettempels. Den hat er sich ganz nach seinen Vorstellungen und vier Jahre dauernder Suche nach dem passenden Architekten für seine Design-Ideen erbauen lassen. Und er scheint genau die 3-D-Umsetzung seiner Küche zu sein.
Das Entree ein niedriges Gebälk, in dem nicht nur ein Wind von alter Tradition weht, sondern…
Fotos: Shutterstock, Helge Kirchberger / Red Bull Hangar-7, Flavien Duhamel / Red Bull Hangar-7, Samo Vidic / Red Bull Hangar-7
Er macht es einem anfangs nicht leicht, die unterste Schublade aufzuziehen und daraus das übelste Klischee auszupacken: ein Franzose, dessen Restaurant La Grenouillère heißt und der Frösche sämtlicher Façon und in aller Variationsbreite dort versammelt hält. Und Alexandre Gauthier, der Gastkoch des Monats März im Hangar-7, mittendrin als Froschkönig. Aber die Lade klemmt gehörig, denn Alexandre Gauthier lässt sich nicht einsperren. Weder in seiner Küche noch in der Gestaltung seines Gourmettempels. Den hat er sich ganz nach seinen Vorstellungen und vier Jahre dauernder Suche nach dem passenden Architekten für seine Design-Ideen erbauen lassen. Und er scheint genau die 3-D-Umsetzung seiner Küche zu sein.
Das Entree ein niedriges Gebälk, in dem nicht nur ein Wind von alter Tradition weht, sondern das als steife Brise den Atem raubt. Doch hier wird nur in das zwölf Zimmer fassende Hotel von Gauthier eingecheckt. Denn kaum betritt man das Restaurant, befindet man sich in einem Design-Tempel der urbanen Modernität in Kuppelform, voller Glas und LED-Leuchten. Ungewöhnlich inmitten der nordfranzösischen Sumpflandschaft und dann doch irgendwie passend. Genauso wie die Gerichte von Gauthier. Klassische Produkte als Fundament, doch im Ausbau ultramodern, ohne aber die Erdung zu verlieren. Der jüngste Spross einer Gastronomiefamilie hat von seinem Vater 2003 das Küchenzepter in die Hand gedrückt bekommen, als dieser den mehrere Jahrzehnte gehaltenen Michelin-Stern abgeben musste. Die Freude, nun Restaurantbetreiber zu sein, war bei Alexandre Gauthier getrübt.
Einerseits weil er sich mit 24 Jahren noch nicht in der Rolle eines Küchenchefs und Inhabers sah. Zwei Jahre wollte er bleiben. Maximal. Und andererseits passte ihm die Übernahme nicht ins Konzept, weil er mit der Traditionsküche seines Vaters so gar nichts am Hut hat. Doch dieser hielt die Füße still, als Alexandre Crêpe Suzette und Co. von der Speisekarte strich und sich der zeitgenössischen französischen Küche zuwandte. Ganz nach dem Prinzip «Zu viele Köche verderben den Brei», mischt sich der Vater auch nach fast elf Jahren Regentschaft von Alexandre nicht in Küchenbelangen ein. Nicht mal Feedback zu neuen Gerichten gibt es. Dafür vom Guide Michelin. Der verlieh dem Restaurant wieder seinen Stern und zwar für Gerichte, die auf Tradition basieren und dann doch eben durch neue Elemente überraschen. So wie die Räucherfischravioli.
Wie im vorvorletzten Jahrhundert wird der Schellfisch geräuchert, doch dafür gefüllt mit Butter und einer fein abgeschmeckten und delikat nach Räucheraromen schmeckenden Masse aus Seeteufel. Diese hüllt sich dann wie ein Schutzschild um ein Eigelb, das beim Anstecken aus den Roten-Bete-Ravioli hinausquellt. Dahinter steckt keine Komplexität einer Avantgardeküche. Es ist gefühlvolles Kombinieren von einwandfreien Produkten – Exotisches aus Übersee und Fernost hat er 2006 hinter sich gelassen und heute konzentriert er sich nur mehr auf die Erzeugnisse seiner näheren Umgebung. Das fühlt der Gast dann auch im wahrsten Sinne des Wortes. So wie beim Hummer, dessen Schwanz nur spektakulär kurz ins kochende Wasser darf und dann unter einer Cloche auf angekokelten Wacholderzweigen geräuchert wird.
In den beißt man dann frivol hinein, denn nur so kann man sich den gesamten Aromen des Krustentieres sicher sein und die Struktur des Fleisches richtig erleben. Meint Alexandre und man ist geneigt, ihm dabei zuzustimmen. Was nun ein wenig roh klingt, ist in Wirklichkeit aber ein mit Raffinesse und Feinheit durchdachtes Spiel, das sich durch die gesamte Menüfolge im Hangar-7 zieht. Ehrliche Küche, deren frankophiler Ursprung zu erkennen ist und sich in ein Delta ungewöhnlicher Geschmacksvielfalt entwickelt. Alexandre verlässt gewohntes Terroir und gibt jedem Gericht seinen eigenen Spirit. Denn das ist es, was für ihn im Vordergrund steht: Energie und Spaß. Und den hat man definitiv im März am Tisch des Hangar-7.
Mag nicht
wenn Gäste im Restaurant lieber das Essen fotografieren, als es zu genießen.
Bestieg
vor acht Jahren den Kilimandscharo. Im Moment schnuppert er aber wegen diverser Guides Höhenluft.
Mag sehr
Frösche. Im Namen seiner beiden Restaurants, als Bild, als Skulptur und auf dem Teller.
Gastkochsouvenir
Geräucherter Schellfisch
Vorkommen: Schellfische sind am häufigsten im Nord- und Westatlantik und in der Nord- und Ostsee zu finden.
Arten: Diese Fischart gehört zur Familie der Dorsche und davon gibt es 12 Gattungen und 25 Arten. Schellfisch ist also mit dem Kabeljau und dem Seelachs verwandt.
Charakteristika: Er schwimmt gerne knapp über dem Meeresboden in 200 Metern Tiefe, besitzt festes und elastisches Fleisch. Auch seine Grätenfreiheit (bis auf die Wirbelsäule) macht ihn für die Gastronomie extrem attraktiv. Der Schellfisch ist außerdem eiweißreich, aber besonders fettarm.
Geschmack: Schellfische haben einen kräftigen Geschmack nach Meer, weil sie sich gerne von Meeresfrüchten ernähren (daher auch sein Name).
Verwendung: Durch die Beschaffenheit des Fleisches eignet sich der Schellfisch für fast jede Art der Zubereitung. Sein weißes, etwas blättriges Fleisch ist sehr wohlschmeckend, klassisch wird er gedünstet. Aber auch geräucherter Schellfisch ist bei Feinschmeckern heiß begehrt. Zudem kann man ihn braten, grillen oder auch in Sud pochieren. Alexandre Gauthier entscheidet sich für sein Gericht „Räucherfisch-Ravioli und Rote Bete“ für die namensgebende Methode: das Räuchern. Den Schellfisch auf diese Art zu verwerten, ist typisch für seine Heimatregion, den Norden Frankreichs.
Das Gericht zum Produkt – exklusiv aus dem Hangar-7-Gastkochmenü im Jänner
Räucherfisch Ravioli
& Rote Bete
Weinempfehlung: 2011 Morey-Saint-Denis „Clos Des Ormes“ 1er Cru
Domaine Marchand, Tawse, Nuits-Saint-Georges
Tipp von: Matthias Berger, Service Chef Hangar-7
Next Chef
Authentisch, weil Autodidaktin: Dass Ana Roš eine der besten Köchinnen Sloweniens ist, hat sie ihrem Ehemann und ihrem Talent zu verdanken. Heute kocht sie nach dem Spaßprinzip und begeistert mit Avantgarde und Heimatgefühl.
www.hangar-7.com
Ana Roš | Restaurant Hiša Franko
12. April 2014 | 17:25 Uhr | ServusTV | Martin Klein zu Gast bei Ana Roš im Restaurant Hiša Franko in Kobarid, Slowenien
19. April 2014 | 17:25 Uhr | ServusTV | Ana Roš zu Gast im Restaurant Ikarus im Hangar-7
Die Dokumentationen „Spitzenköche im Ikarus“ sind via QR-Code abrufbar.