Die Grüne Küche des Matt Orlando
Mit dem Amazing Pig Out, einer Party zu Ehren des Schweins, zollt Matt Orlando den Tieren Respekt, die er in seinem Kopenhagener Restaurant Amass verarbeitet. Das klingt sehr amerikanisch – und auch wieder nicht. Voll Stolz erzählt der kalifornische Hüne aus San Diego davon, wie er die geschlachteten Schweine am Morgen abgeholt, sie ausgenommen hat und jetzt einige Tage bis zum Fest abhängen lässt. Genauso emotional, aber mit der gewissen Portion Wut spricht er von den Zuständen im Land, unter denen die Tiere gezüchtet werden. „Es gibt fünf Millionen Menschen in Dänemark und 30 Millionen Schweine. Der Großteil der Tiere wird unter sehr schlechten Bedingungen gezüchtet. Es gibt zwei riesige Fleischproduzenten in Dänemark, die viele Schweinezüchter zu beschissenen Viehhaltungspraktiken zwingen, weil sie ihnen nicht das Geld für die Schweine zahlen, das sie verdienen.“
Mit dem Amazing Pig Out, und nicht nur damit, setzt Orlando einen Kontrapunkt – für vernünftige Tierhaltung will er damit werben und die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass es auch anders geht. Partner an seiner Seite ist dabei kein Geringerer als der ehemalige 2-Sterne-Koch Jens Vestergaard, der die Spitzengastronomie hinter sich ließ und heute eine Farm etwa eine Stunde außerhalb von Kopenhagen bewirtschaftet, auf der er Gemüse anbaut und eben auch Schweine züchtet. Mit dem Ziel, ethisch vertretbare Tierhaltung voranzutreiben. Matt Orlando hatte ihn quasi dazu angestiftet. „Mit seiner sehr speziellen Herangehensweise und als ehemaliger Küchenchef wollten wir ihn unterstützen und mit ihm zusammenarbeiten. Ich habe ihm dann vorgeschlagen, ob er die Schweine für uns aufziehen würde, und er war sofort begeistert.“ Jens Vestergaard, einer der vielen Produzenten, mit denen der Küchenchef sehr eng zusammenarbeitet, und so versucht, in seinem eigenen, 2013 eröffneten Restaurant so nachhaltig wie möglich zu wirtschaften.
Mit dem Amazing Pig Out, einer Party zu Ehren des Schweins, zollt Matt Orlando den Tieren Respekt, die er in seinem Kopenhagener Restaurant Amass verarbeitet. Das klingt sehr amerikanisch – und auch wieder nicht. Voll Stolz erzählt der kalifornische Hüne aus San Diego davon, wie er die geschlachteten Schweine am Morgen abgeholt, sie ausgenommen hat und jetzt einige Tage bis zum Fest abhängen lässt. Genauso emotional, aber mit der gewissen Portion Wut spricht er von den Zuständen im Land, unter denen die Tiere gezüchtet werden. „Es gibt fünf Millionen Menschen in Dänemark und 30 Millionen Schweine. Der Großteil der Tiere wird unter sehr schlechten Bedingungen gezüchtet. Es gibt zwei riesige Fleischproduzenten in Dänemark, die viele Schweinezüchter zu beschissenen Viehhaltungspraktiken zwingen, weil sie ihnen nicht das Geld für die Schweine zahlen, das sie verdienen.“
Mit dem Amazing Pig Out, und nicht nur damit, setzt Orlando einen Kontrapunkt – für vernünftige Tierhaltung will er damit werben und die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass es auch anders geht. Partner an seiner Seite ist dabei kein Geringerer als der ehemalige 2-Sterne-Koch Jens Vestergaard, der die Spitzengastronomie hinter sich ließ und heute eine Farm etwa eine Stunde außerhalb von Kopenhagen bewirtschaftet, auf der er Gemüse anbaut und eben auch Schweine züchtet. Mit dem Ziel, ethisch vertretbare Tierhaltung voranzutreiben. Matt Orlando hatte ihn quasi dazu angestiftet. „Mit seiner sehr speziellen Herangehensweise und als ehemaliger Küchenchef wollten wir ihn unterstützen und mit ihm zusammenarbeiten. Ich habe ihm dann vorgeschlagen, ob er die Schweine für uns aufziehen würde, und er war sofort begeistert.“ Jens Vestergaard, einer der vielen Produzenten, mit denen der Küchenchef sehr eng zusammenarbeitet, und so versucht, in seinem eigenen, 2013 eröffneten Restaurant so nachhaltig wie möglich zu wirtschaften.
Es ist tough. Wenn uns eine Komponente eines Gerichts zu sehr an das noma erinnert, dann nehmen wir es so nicht auf die Karte.
Matt Orlando über die Herausforderung, seine eigene Identität zu finden
Je weiter man in die Welt des Matt Orlando, seiner Produkte und in das Netzwerk seiner Produzenten eintaucht, desto greifbar wird, wie passend der Begriff Produkt-Fetischist für den 38-jährigen Spitzenkoch ist. Wie ein Kind im Süßigkeitenladen fühlt er sich, wenn er durch seinen 500 Quadratmeter großen Garten geht, in dem er alle Kräuter für das Amass anbaut, aber auch verschiedene Kohlarten, Gurken und dieses Jahr zum ersten Mal auch eigene Tomaten. „Es ist so faszinierend, wenn du Schwarzkümmel probierst, der wie pures Lakritz schmeckt, oder der verblüffend salzige Geschmack von Neuseeländer Spinat, weil wir ihn in der Nähe vom Meer anbauen.“ Einer, der einen großen Teil zu diesem Produkt-Kult beigetragen hat, ist der gleichzeitig verfluchte wie geliebte Redzepi, von dessen goldenen Handschellen sich der Ex-Chef de Cuisine des noma inzwischen befreien konnte. Unter Orlando wurde der Tempel der New Nordic Cuisine zweimal auf Platz eins der besten Restaurants der Welt gewählt. Über René Redzepi sagt er, „von ihm habe ich viel über Produkte, den Respekt vor den Produkten gelernt und darüber, wie man es zulassen muss, dass Produkte einen in seiner Art zu kochen beeinflussen. Und er hat mir beigebracht, sich Ziele zu setzen, die du niemals erreichen kannst. Dadurch bringst du dich selbst viel weiter, als du es normalerweise tun würdest, als wenn du greifbare Ziele hast.“
Welche Ziele könnte einer haben, dessen Vita sich heute schon liest wie das Who is who der Branche? Eric Riperts Le Bernardin – drei Sterne; Raymond Blancs Le Manoir aux Quat’Saisons – zwei Sterne; Heston Blumenthals The Fat Duck – drei Sterne; René Redzepis noma – zwei Sterne; und Thomas Kellers Per Se – drei Sterne. Was will dieser Mann noch erreichen? Er will sein eigenes Ding machen. Mit all der Erfahrung, mit all dem Wissen und mit all der Leidenschaft, die in ihm steckt.
Lammrippe eingelegte Hagebutte | Brauner Senf
Und das macht er seit 2013 gemeinsam mit seiner dänischen Frau Julie, die jahrelang das noma managte, in seinem Amass. In einer der wohl außergewöhnlichsten Locations, die die dänische Hauptstadt zu bieten hat. Auf der Halbinsel Refshaleøen, einem ehemaligen Industriestandort, hat er in der Brache einer alten Schiffswerft seinen Ort, an dem Menschen zusammenkommen sollen, geschaffen. Denn dafür steht der Name Amass. „Jeder dachte, dass ich verrückt bin, als ich beschlossen habe, ein Restaurant hier und nicht in der Stadt zu eröffnen. Jeder sagte mir, dass ich damit sicher scheitern würde, aber ich war mir sicher: Nein, es wird nicht schiefgehen, weil es eine Erfahrung sein wird, die anders ist als alles andere, was es in der Stadt gibt. Bei Amass ist der Weg hierher schon wie ein kleines Abenteuer mit einer wunderschönen Radtour durch einen Teil der Stadt, den 80 Prozent der Kopenhagener vorher nicht einmal kannten.“
Industriebrache und Fine Dining, wie passt dieser Kontrast zusammen? Orlando selbst kochte in elitären Gourmetrestaurants, wollte für sein eigenes Baby aber eine legere Atmosphäre mit einer Küche auf demselben Top-Niveau wie in den Edellokalen, aber „bei uns läuft Musik, wir haben Graffitis an der Wand. Ich will einen Ort, an dem die Leute High-Level-Food bekommen, aber nicht das Gefühl haben, dass sie sich verstellen müssen.“ Und es ging auch darum, eine eigene Identität zu finden, die zu dem Kalifornier passt, der in San Diego mit Skateboarden, Surfen und Hip-Hop aufwuchs. Das im krassen Gegensatz zum ansonsten eher cleanen, reduzierten Interior stehende knallbunte Graffiti, das Freunde des Küchenchefs jedes Jahr neu gestalten, trägt dem Rechnung.
Ich hasse die großen Fleischproduzenten. Ich will sie loswerden.
Matt Orlando kämpft für verantwortungsvolle Tierhaltung
Optisch ist die Abgrenzung zu seinen prägenden Wurzeln perfekt gelungen. Inhaltlich fiel dem Redzepi- Schüler und später kongenialen Partner im noma dieser Schritt viel schwerer. „In der Anfangszeit war ich so wütend, als ich in einer Zeitung die Überschrift ‚Das neue noma‘ las“, musste sich Orlando den Vergleich gefallen lassen. Im Nachhinein kann er dafür sogar dankbar sein. Das Prinzip der goldenen Handschellen eben. Seine Position als Chef de Cuisine im noma vorher habe dem Restaurant am Anfang natürlich auch sehr geholfen – seinen eigenen Weg zu finden, war dennoch „sehr tough. Drei oder vier meiner Leute in der Küche waren vorher im noma und kennen die Küche ganz genau. Immer wenn wir an einem Gericht gearbeitet haben, war es so extrem, dass wir ein Gericht, wenn uns eine Komponente davon zu sehr an das noma erinnert hat, so nicht auf die Karte genommen haben.“
Auch auf die typisch nordische Küche will sich Matt Orlando nicht reduzieren lassen. Ob Nordic oder New Nordic Cuisine ist für ihn heute nicht mehr wichtig, vielmehr geht es ihm darum, der Region, in der er als Koch arbeitet und lebt, Respekt zu zollen. Respekt, das Schlüsselwort für den 38-Jährigen. Will er auch, dass seine Arbeit respektiert wird – natürlich von den Gästen, aber auch im roten Restaurantführer? Das sieht der Spitzenkoch eher nüchtern, weniger verklärt und umso ehrlicher: „Es ist eines meiner Ziele, aber nicht wegen des Prestiges: ‚Schaut mich an, ich bin ein Michelin-Star, ich bin an der Spitze der Liste.‘ Darum geht es mir nicht. Der wichtigste Grund dafür ist es, ein volles Restaurant zu haben, und weil das Restaurant voll ist, generiert es mehr Geld, um das Restaurant voranzubringen. Geld ist ein wichtiger Part, über den die Leute nicht gerne sprechen.“
Bei seinen Gerichten lässt sich Matt Orlando von den Produkten leiten. „Die Produkte sagen uns, was wir kochen sollen.“ Drei bis fünf Zutaten auf dem Teller müssen genügen, damit man die Produkte nicht verliert, wie Orlando es nennt. Jedes Produkt muss für sich stehen, bei kräftigen Komponenten sei es oft die Herausforderung, die richtige Balance zu finden, dass sich die Zutaten gegenseitig heben. Besonders gerne verwendet er Kräuter aus dem eigenen Garten mit Bitternoten wie Ringelblume oder Wermutkraut oder saftige Kräuter wie die Fetthenne. „Wenn ich an einem neuen Gericht arbeite und mir fehlt noch die letzte Komponente, um ihm den letzten Schliff zu geben, dann gehe ich durch den Garten und fange an, verschiedene Sachen zu essen. Und dann hast du eine, wo du sagst: Das ist es. Der Garten ist eine große Inspirationsquelle, viel größer, als ich erwartet hatte.“
Wer übrigens ein Signature Dish auf der Karte des Amass erwartet, wird vergebens suchen. Seit der Eröffnung vor gut zwei Jahren gab es kein Gericht, das ein zweites Mal dort zu finden war. Konstanten gibt es in dieser Umgebung, die eine neue Art des romantischen, kühlen Industriecharmes versprüht, sehr wohl. Jeden Abend begrüßt die Gäste ein entzündetes Lagerfeuer, an dem Matt Orlando auch jeden Samstag nach der letzten Schicht die Woche mit seiner Küchenbrigade ausklingen lässt. Und dort wird auch das Amazing Pig Out mit einer großen Party gefeiert.