Die acht Gebote

André Chiang hat seine nicht in Stein gemeisselt, dafür auf Porzellan Gelegt. Ein Koch zwischen Permanenter Grenzüberschreitung und unverrückbaren Prinzipien.
November 13, 2015

André Chiang Fotos: Helge Kirchberger / Red Bull Hangar-7, Mark Teo / Red Bull Hangar-7, Restaurant ANDRE / Nat K., Werner Krug, Shutterstock

Es sind nur acht kleine Worte. Aber zu jedem einzelnen kann André Chiang einen kompletten Roman schreiben. Das fließend in vier Sprachen. Aber glücklicherweise lässt der Hangar-7-Gastkoch das sein und haut dafür lieber das passende Gericht zum jeweiligen Thema raus. Wovon hier die Rede ist? Von einer selbst entworfenen Kochphilosophie, die sich auf acht Elemente stützt und die André Chiang deswegen auch Octophilosophy nennt: Einzigartigkeit, Purismus, Textur, Erinnerung, Salz, Süden, Handwerk und Terroir. Was auf Englisch wesentlich besser klingt, aber dem dennoch der Hauch aufgesetzter PR anhaftet. Vielmehr ist es aber die Verdichtung all seiner

Kocherfahrung – und mehr durch Zufall denn aus Absicht entstanden. André Chiang, das mit 36 Jahren dann doch bereits etwas ältere Wizzkid der singapuristischen Restaurantszene, beaufsichtigte gerade die Umbauarbeiten zu seinem dreistöckigen Restaurant mit insgesamt 30 Plätzen. Da kam ihm der Gedanke, dass er gar nicht so recht weiß, wofür er, seine Küche eigentlich steht. Eine gelinde gesagt suboptimale Situation in einer Stadt, in der es an jeder Ecke von gastronomischen Glanzleistungen nur so funkelt. Chiang, nicht auf den Kopf gefallen, packte daraufhin all seine Aufzeichnungen, Notizen sowie Skizzen der letzten 18 Jahre auf einen Haufen und las sie alle durch. Jeden einzelnen Zettel und extrahierte sich selbst daraus. Was blieb: diese acht immer wiederkehrenden Elemente. André Chiang in Reinform.

Das war vor zwei Jahren sowie diversen Auszeichnungen wie der zum fünftbesten Restaurant Asiens und mittlerweile ist Chiang so stark in seiner 8-Elemente-Küche verhaftet, dass er von dieser keinen Millimeter abweicht. Und es dennoch so scheint, als wäre innerhalb dieser Gedankenblase alles möglich. „Wenn ich ein Stück Lachs in meinen Händen halte, denke ich nicht daran, ob ich ihn grillen oder dämpfen sollte. Nein, ich denke, ob ich daraus ein Gericht mache,…

André Chiang Fotos: Helge Kirchberger / Red Bull Hangar-7, Mark Teo / Red Bull Hangar-7, Restaurant ANDRE / Nat K., Werner Krug, Shutterstock

Es sind nur acht kleine Worte. Aber zu jedem einzelnen kann André Chiang einen kompletten Roman schreiben. Das fließend in vier Sprachen. Aber glücklicherweise lässt der Hangar-7-Gastkoch das sein und haut dafür lieber das passende Gericht zum jeweiligen Thema raus. Wovon hier die Rede ist? Von einer selbst entworfenen Kochphilosophie, die sich auf acht Elemente stützt und die André Chiang deswegen auch Octophilosophy nennt: Einzigartigkeit, Purismus, Textur, Erinnerung, Salz, Süden, Handwerk und Terroir. Was auf Englisch wesentlich besser klingt, aber dem dennoch der Hauch aufgesetzter PR anhaftet. Vielmehr ist es aber die Verdichtung all seiner

Kocherfahrung – und mehr durch Zufall denn aus Absicht entstanden. André Chiang, das mit 36 Jahren dann doch bereits etwas ältere Wizzkid der singapuristischen Restaurantszene, beaufsichtigte gerade die Umbauarbeiten zu seinem dreistöckigen Restaurant mit insgesamt 30 Plätzen. Da kam ihm der Gedanke, dass er gar nicht so recht weiß, wofür er, seine Küche eigentlich steht. Eine gelinde gesagt suboptimale Situation in einer Stadt, in der es an jeder Ecke von gastronomischen Glanzleistungen nur so funkelt. Chiang, nicht auf den Kopf gefallen, packte daraufhin all seine Aufzeichnungen, Notizen sowie Skizzen der letzten 18 Jahre auf einen Haufen und las sie alle durch. Jeden einzelnen Zettel und extrahierte sich selbst daraus. Was blieb: diese acht immer wiederkehrenden Elemente. André Chiang in Reinform.

Das war vor zwei Jahren sowie diversen Auszeichnungen wie der zum fünftbesten Restaurant Asiens und mittlerweile ist Chiang so stark in seiner 8-Elemente-Küche verhaftet, dass er von dieser keinen Millimeter abweicht. Und es dennoch so scheint, als wäre innerhalb dieser Gedankenblase alles möglich. „Wenn ich ein Stück Lachs in meinen Händen halte, denke ich nicht daran, ob ich ihn grillen oder dämpfen sollte. Nein, ich denke, ob ich daraus ein Gericht mache, das sich zu Purismus, also vollständig ohne unterstützende Gewürze, oder zu Handwerk zählen lässt.“

André Chiang
Daher gibt es im Restaurant ANDRE (und im Jänner im Restaurant Ikarus) acht verschiedene Speisen, die jeweils eine der Säulen seiner Philosophie repräsentieren. Es wird dabei erklärt, was man nicht sieht – Chiang formuliert diesen Umstand so: „Es geht darum, den Gästen zu zeigen, warum dieses Gericht entstanden ist. Einem Gericht eine Aussage zu geben, das ist der schönste Part für mich.“ Als Gedankenhilfe für den Gast gibt es zu jedem Element einen kleinen Satz, der dazuserviert wird.

Alles klar? Ne. Deswegen hier mal Butter bei die Fische und die Theorie angewandt. Element: Erinnerung. Erklärung: „Bedeutende Erinnerungen begleiten einen für eine lange Zeit. Wir geben alten Rezepten und Aromen eine neue Form der Präsentation, lassen ihnen aber ihren traditionellen Charme, den man kennt und schätzt.“ Gericht: „Warmes Foie-gras-Gelee und Perigord-Trüffel-Coulis“. Geschmack: intensiv, vollmundig, dabei ausbalanciert und eine Aromenhochzeit, die bekannte Geschmäcke verbindet und dabei etwas subtil Neues entstehen lässt. Entwickelt aus und wegen Chiangs Erinnerungen an seine Zeit bei Jacques und Laurent Pourcel im Restaurant Le Jardin des Sens in Montpellier.

Nur eine Station seiner 15 Jahre dauernden Michelin-Stern-besetzten Route durch die großen Häuser Frankreichs, zu der auch Joël Robuchon, Pierre Gagnaire und Michel Troisgros zählen. Denn der gebürtige Taiwanese, der in Japan aufgewachsen ist, hat seine eigentlichen Kochwurzeln in Südfrankreich versteckt – was erklärt, warum er zu 90 Prozent mit europäischen Produkten zugange ist. So etwa ist eine Hauptkomponente des Hangar-7-Ganges, das mit Purismus gelabelt ist, eine spezielle Zwiebelsorte, die nur in einem wenige Hektar kleinen Anbaugebiet in Südfrankreich wächst. Chiang hat sich selbst in seiner Octophilosophy gefunden und kompensiert acht Elementen in einer Gerichtefolge zu einem ganzheitlichen Erlebnis. Und das in einer Sprache, die alle verstehen: in Essen.

Dreht
gerne an seiner Töpferscheibe und macht sich sein Geschirr und seine Deko einfach selbst.

Schließt
sein Restaurant, wenn er nicht da ist. Man empfängt ja auch keinen Besuch, wenn der hausherr fehlt.

Liebt
Salzgeschmack, der nicht von Salz kommt und grillen mit Holzkohle. Das findet er höchst sexy.

Cevennen-Zwiebel
Gastkochsouvenir
Cevennen-Zwiebel

Region: Südhänge der Cevennen/Frankreich zwischen dem Mont Aigoual und der Garrigue du Languedoc
Anbau: typischer Terrassenanbau
Produktionsfläche: 41 ha | 2000 Tonnen im Jahr
Verfügbar: September bis März/April
Charakteristika: perlmutt- bis kupferfärbig, Knolle ist groß und abgerundet bis rautenförmig, festes und saftiges Fleisch, bewahrt beim Kochen den Glanz
Geschmack: fruchtig, zart, süßlich
Zubereitungsarten: roh, pochiert, geliert, gedämpft, karamellisiert, zu Velouté geschlagen, gefüllt
Siegel: Appellation d‘Origine Protégée
Preis gelegte Ware: 16 Euro/4,5-kg-Karton mit 13 bis 26 Stück
Preis Lose aufgemacht: 33 Euro/10-kg-Karton

Jakobsmuscheln
Das Gericht zum Produkt – exklusiv aus dem Hangar-7-Gastkochmenü im Jänner

Jakobsmuscheln
Blumenkohlconsommé, Zwiebel

Weinempfehlung: 2011 Chablis „Terroir de Courgis“
Patrick Piuze, Burgund, Frankreich
Tipp von: Matthias Berger, Service Chef Hangar-7

Hier gehts zum Rezept!

Next Chef

Paco PérezPaco Pérez ist einer der ganz großen
avantgardistischen Referenzen Spaniens,
zudem mit insgesamt fünf Michelin-Sternen
ausgezeichnet und dabei so bodenständig,
wie seine Gerichte himmelschreiend verblüffend.
www.hangar-7.com

www.facebook.com/hangar7

Paco Pérez | Restaurant Miramar/Llançà

8. Februar 2014 | 17:25 Uhr | ServusTV | Martin Klein zu Gast bei Paco Pérez im Restaurant Miramar in Llançà 15. Februar 2014 | 17:25 Uhr | ServusTV | Paco Pérez zu Gast im Restaurant Ikarus im Hangar-7

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