Der Herd ist mein Instrument…
Nicht immer ist die Elite eines Landes in der Metropole angesiedelt. Berlin hat ohne Zweifel hervorragende Köche und ebensolche Restaurants. Hamburg, Köln, Frankfurt und München ebenfalls. Das kulinarische Herz Deutschlands schlägt aber offensichtlich im südwestlichsten Winkel der Bundesrepublik – in jener Ecke, die sonst nur für ihre Kuckucksuhren bekannt ist: dem Schwarzwald. Der Grund dafür ist Harald Wohlfahrt, Patron und Küchenchef der „Schwarzwaldstube“ in Tonbach, seines Zeichens Deutschlands Paradekoch par excellence, seit über zehn Jahren Spitzenreiter in sämtlichen Gourmetführern und nicht zuletzt „Tabellenführer“ im Ranking der besten Köche Deutschlands.
Angefangen hat alles im Jahre 1953, als Harald Wohlfahrt im kleinen Ort Loffenau am Westhang des nördlichen Schwarzwaldes, hoch über dem Murgtal auf die Welt kam. Der jugendliche Harald trat eine Kochlehre in „Mönchs Waldhotel“ in Dobel an, einem ebenfalls kleinen Kurort, nicht fern der Heimat. Fern der Heimat war Harald Wohlfahrt eigentlich nie wirklich – er gehörte nicht zu jenen, die meinen, man müsse die große, weite Welt erkunden, um zu erfahren, wie man gut kocht. Warum auch? Die große, weite Welt lag quasi vor der Haustür. Dieser scheinbar entlegene Landstrich Deutschlands ist zwar Grenzland, aber Grenzland zum Elsass, das – mal deutsch, mal französisch – schon immer ein Paradies für Feinschmecker aller Nationalitäten und Geisteshaltungen war. So gesehen dürfte die Randlage weniger Fluch als Segen gewesen sein.
In den Jahren 1974 bis 1976 arbeitete Harald Wohlfahrt als Commis im Zwei-Sterne-Restaurant „Stahlbad“ im weit über Deutschlands Grenzen hinaus bekannten Kurort Baden-Baden – ja genau: das ist dort, wo die Spielcasinos schon damals die deutsche Schickeria anlockten und betuchten Besuchern das Geld aus der Tasche zogen. Von da an ging es Schlag auf Schlag: Ab dem Jahre 1978 war er als Souschef in der „Schwarzwaldstube“ in der Traube, im außerhalb des Schwarzwalds völlig unbekannten Städtchen Tonbach, tätig, und bereits seit 1980 schwang er als Küchenchef in der „Schwarzwaldstube“ das kulinarische Zepter.
Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Nach und nach folgte eine Auszeichnung auf die andere, eine Haube auf die andere und ein Stern auf den anderen. Das Besondere: Der steile Aufstieg schien absolut keine Grenzen zu kennen: Im Jahre 1991 wurde Harald Wohlfahrt vom Gourmetführer Gault Millau zum „Koch des Jahres“ gekürt und im Jahre 1992 erhielt er seinen dritten Stern im Guide Michelin!
Ein Hotel für alle Sinne
Seit einem Vierteljahrhundert ist Harald Wohlfahrt nun unumschränkter Herrscher in der Schwarzwaldstube, und seit damals hat sich nicht nur in der Bewertung der Gourmetführer einiges getan. Das Gebäude, das bereits im Jahre 1778 erbaut wurde und bald darauf von Herzog Karl Eugen von Württemberg das Schankrecht erhielt, erlebte seinen großen Aufstieg in den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts mit dem Ausbau zu einem Ferienhotel. Der Ursprung der historischen Bausubstanz ist heute noch in der originalgetreu erhaltenen Bauernstube nachvollziehbar. Unter Patron Heiner Finkbeiner befindet sich das Anwesen nach wie vor in Familienbesitz.
Das Haus präsentiert sich heute als liebevoll ausgestattetes Hotel im Landhausstil mit großzügigen Doppelzimmern, Suiten und Appartements. Doch das charmant-rustikale Ambiente bietet nicht nur ein angenehmes Ambiente für den Ruhe suchenden Feriengast. In einer eleganten Halle trifft man sich zum Mittagskonzert, in der Ladenpassage kann man wunderbar shoppen, und in der hoteleigenen Patisserie kann man sich den süßen Verführungen hingeben.
Ein großzügiges Wellness-Center sorgt für Entspannung und schafft mit seiner abwechslungsreichen Badelandschaft die ideale Umgebung zum Schwimmen, Trainieren und Relaxen. Sportbecken, Bewegungsbecken, Meerwasser-Außenbecken, Saunaparadies, unterschiedlichste Massagen, alle erdenklichen Arten von Beauty-Anwendungen und nicht zuletzt eine schier grenzenlose Vielfalt an therapeutischen Anwendungen geben dem Körper der Gäste genau jene Schönheit zurück, die er ob der kulinarischen Verführungen verlieren könnte.
Der Gourmettempel als Aushängeschild
Für das kulinarische Wohl der Gäste sorgen nicht weniger als vier Restaurants. Im Hausrestaurant Silberberg gibt es Gourmetklassiker ebenso wie regionale Spezialitäten, die für eine köstliche Vielfalt sorgen. Auch in der rustikalen Bauernstube findet der Gast regionale Spezialitäten, allerdings ergänzt durch deftige Köstlichkeiten. Und eine feine, international geprägte Küche wird in der Köhlerstube präsentiert. Wenn der Tag zu Ende geht, trifft man sich am besten in der Hotelbar, die Barchef Bernhard Stöhr, nebenbei Präsident der Deutschen Barkeeper-Union, in absolut professioneller Weise kredenzt. Kulinarisches Highlight ist natürlich die „Schwarzwaldstube“ von Harald Wohlfahrt, der die Traube Tonbach erst über die regionalen Grenzen hinaus bekannt und berühmt gemacht hat.
Und seien wir doch ehrlich! So toll die Annehmlichkeiten dieses Wellness-Hotels auch sein mögen: Niemand außerhalb Baden-Württembergs würde jemals von diesem mondänen Haus Notiz nehmen, gäbe es da nicht Harald Wohlfahrt und die „Schwarzwaldstube“! Wellness hin, Tradition her: Er und seine Kochkunst sind es letztendlich, welche die Öffentlichkeit in Deutschland – ja, die Öffentlichkeit in ganz Europa – auf diesen versteckten Winkel Deutschlands aufmerksam machten.
Und das liegt nicht einmal nur an seiner grandiosen Fähigkeit zu kochen! Harald Wohlfahrt war und ist auch stets ein grandioser Ausbildner. Hört man sich in Deutschlands Küchen um, so erfährt man, dass jeder fünfte deutsche Koch, der erfolgreich nach den Sternen griff, bei ihm Kartoffeln schälte, einen Posten hatte oder gar als Souschef reüssieren konnte. Harald Wohlfahrt ist beileibe kein gewöhnlicher Küchenchef!
Die Marke Wohlfahrt
So gesehen war es natürlich nur eine Frage der Zeit, bis Harald Wohlfahrt das tat, was manche Spitzenköche so tun. Nein: Er tauchte seine Nase nicht in weißes Pulver in der Meinung, es sei Mehl! Nein: Er fühlte sich nicht bemüßigt, sein Wissen frustrierten Hausfrauen zu vermitteln, indem er eine eigene Fernsehsendung gestaltete! Nein: Er wagte nicht einmal den Einstieg ins große Merchandising-Business, indem er diverse Küchenutensilien mit seinem Namenszug versah! Harald Wohlfahrt tat das, was man als guter Koch tut: Er schrieb einfach ein Kochbuch! „Feines aus meiner Küche“ wurde das Werk schlicht betitelt. „Feinschmeckerrezepte vom Spitzenkoch aus der Schwarzwaldstube in Tonbach“ lautete der Untertitel – und nicht mehr und nicht weniger präsentiert der Meister aller Klassen hier. Die Rezepte bewegen sich allerdings überwiegend zwischen aufwändig und sehr aufwändig. Oft werden teure Zutaten verwendet, was das problemlose Nachkochen nicht zuletzt aus preislichen Gründen etwas erschwert. Aber es gibt auch einige Rezepte die sich mit etwas Übung leicht nachkochen lassen. Dennoch: ein tolles Kochbuch, das sich so großer Beliebtheit erfreute, dass es mittlerweile leider längst vergriffen ist…
Wen wundert’s? Die Schwarzwaldstube Tonbach kann schließlich auch international regelmäßig reüssieren. In der Rang-liste des britischen Fachmagazins „Restaurant“, das bekanntlich Jahr für Jahr die weltweit 50 besten Gourmet-Tempel kürt, kam das kleine, aber feine Spitzenrestaurant im Jahr 2004 als einziges deutsches Lokal unter die Top-30 – um genau zu sein: auf den 27. Platz. Patron Heiner Finkbeiner nahm damals zusammen mit Harald Wohlfahrt die heiß begehrte Auszeichnung im Royal Exchange Theater in London entgegen.
Summa summarum: Auf Harald Wohlfahrt trifft so ziemlich jeder Superlativ zu, der in punkto Kulinarik zu vergeben ist. Der ehrwürdige Gault Millau schrieb einst: „Wenn ein Gericht seine gestrengen Geschmackskriterien erfüllt und er es servieren lässt, dann ist es vollendet wie ein Meisterwerk – nichts was man hinzufügen oder weglassen könnte, würde es verbessern. Wie ein Schachgenie hat Wohlfahrt seine Partie durchdacht und die geschmackliche Reaktion des Essers voraus empfunden. Auf dem Teller liegt kein Blättchen, das bloß dem Schönheits-,
aber nicht dem Geschmackssinn dient. Gerichte in solchem Optimum von Logik und Schönheit sind mehr als große Küche, sie sind pure Kunst.“ Das bringt es auf den Punkt. Schöner könnte man es wohl nicht ausdrücken. Was also sollte man dem noch hinzufügen…
Es gibt gute Köche, die sich wie Superstars geben. Und es gibt Superstars, die sich wie gute Köche geben. Harald Wohlfahrt gehört ganz eindeutig zu Letzteren. Rolling Pin – Jobs & Business wollte wissen, wie dieser unbestrittene Meister des Understatements sich und die kulinarische Welt sieht:
RP: Herr Wohlfahrt, Sie sind einer der höchst dekorierten Küchenchefs Deutschlands. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
HW: Das Geheimnis meines Erfolges liegt zunächst einmal sicher in den Gesamtsynergien unserer betrieblichen Voraussetzungen. Ich habe mit dem Hotel einen starken Partner, der über den nötigen langen Atem für ein Restaurant dieser Kategorie verfügt und die dahinter steckende Philosophie entsprechend unterstützt. Weiters brauchen wir natürlich eine entsprechende Betriebsstruktur, um überhaupt so ein Produkt zustande zu bringen und am Markt anzubieten. Und nicht zuletzt gehören natürlich Talent, Fleiß und Ehrgeiz dazu, um so etwas umsetzen zu können.
RP: Wie würden Sie Ihre Küche selbst definieren?
HW: Auch wenn der Begriff schon etwas abgegriffen ist: Die Küchen sind einfach multikultureller geworden. Durch die Urlaubsreisen bringen die Gäste aus aller Welt ihre Geschmackseindrücke mit nach Hause, und so haben sich die Küchen zwangsläufig weiterentwickelt. Wir versuchen, mit besten Grundprodukten zu arbeiten, welche die jeweilige Region anzubieten hat, und diese zu veredeln, um sie damit am besten zur Geltung zu bringen und so ein vollkommenes Geschmackserlebnis zu kreieren.
RP: Was inspiriert Sie für Ihre Gerichte?
HW: Die Ideen entstehen einfach
zwangsläufig im Alltag. Wir machen ja eine sehr personifizierte Küche, und so muss man als Küchenchef, der etwas auf sich hält, seine eigene Linie, seinen eigenen Stil, seine eigene Handschrift finden und verfolgen. Nur so kann man beim Gast erfolgreich sein – und nur der wiederkehrende Gast ist derjenige, der uns am Leben erhält.
RP: Welchen Rat würden Sie Kollegen für eine erfolgreiche Karriere geben?
HW: Zunächst muss man sagen, dass es beim Kochen grundsätzlich immer auf das Anforderungsprofil des Betriebes und auf das Anforderungsprofil des Koches ankommt. Man kann auch eine einfache, regionale Küche sehr hochwertig machen, wenn man mit der entsprechenden Liebe kocht. Man findet dann vielleicht nicht jene Beachtung wie im Sterne- oder Hauben-Bereich, aber Kochen muss in erster Linie eine Leidenschaft sein. Ich sage immer: Der Herd ist mein Instrument, mit dem ich meine Musik mache. Der Gast muss spüren, dass man mit Leib und Seele hinter dem Herd und hinter den darauf kreierten Gerichten steht.
RP: Welche Kriterien und Voraussetzungen müssen Bewerber für einen Job in Ihrem Betrieb erfüllen?
HW: Es kommt natürlich auf die Position an, die jemand anstrebt. Dass ein Souschef ein höheres Anforderungsprofil hat als ein Jungkoch, liegt auf der Hand. Ein Jungkoch muss nur die Liebe zum Beruf haben, muss sich mit dem Betrieb identifizieren und sich dem vorgegebenen Rahmen unterordnen. Alles andere ergibt sich dann von selbst aus dem Alltag. Mit einem Acht-Stunden-Tag ist das natürlich nicht getan. Dafür profitieren die Mitarbeiter aber auch für ihr weiteres berufliches Leben, da sie ja eine beachtliche Referenz mitnehmen können. Ich denke, wir haben ein sehr hohes Ausbildungsniveau und geben hoch qualifizierte Leute an den Markt weiter.
RP: Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
HW: Ich werde im kommenden November 50 Jahre alt und mache mir natürlich so meine Gedanken. Die Schwarzwaldstube ist mein Kind. Dieses Kind ist erwachsen geworden – und jetzt soll es auch mit mir alt werden. Ein neues Buch ist ebenfalls in Planung. Darüber möchte ich aber nicht allzu viel verraten, denn man kommt sonst in Zugzwang, und ich möchte die Sache eher in aller Ruhe angehen…
harald wohlfahrt privat:
Lieblingsgericht: Da habe ich natürlich viele. In unserer Tradition verwurzelt ist sicherlich der Gaisburger Marsch oder der Tafelspitz.
Lieblingswein: Ich bin ein großer Fan von Lynch Bages.
Lieblingsbuch: Musashi, ein großer Roman eines japanischen Autors, der mich sehr beeindruckt und geprägt hat.
Lieblingsmusik: Das hängt von der Stimmung ab. Wenn ich nicht so gut gelaunt bin, hilft mir Musik von Harry Belafonte. Die macht mich immer wieder fröhlich.
Lieblingshobbys: Es bleibt ja leider nicht viel Zeit für Hobbys. Ich habe aber einen Golfschein und im Urlaub einen Tauchschein gemacht. Sport ist für mich also noch immer wichtig. Am liebsten gehe ich allerdings mit meinen Hunden spazieren – das ist eigentlich mein liebstes Hobby.
kontakt:
Schwarzwaldstube
Traube-Tonbach
Tonbachstraße 237
D-72270 Baiersbronn
Tel.: +49 (0)7442 4920
E-Mail: info@traube-tonbach.de
Internet: www.traube-tonbach.de