Christoph Rüffer: Auf der Jagd
Fantasievoll
Christoph Rüffer ist einer der wenigen, die sich in Hamburg als 2-Sterne-Koch vorstellen dürfen. In seinem Reich – dem Restaurant Haerlin – darf er sich und seine Philosophie voll ausleben. Zumindest fast. Denn ein Restaurant in einem Hotel wie dem Vier Jahreszeiten muss sich dann doch an ein paar Regeln halten. Welche das sind und wieso er keine Lust auf die Selbständigkeit hat, verrät er im Interview.
Wieso sind Sie Koch geworden?
Christoph Rüffer: Ich habe damals die Fernsehsendung „Essen wie Gott in Deutschland“ gesehen mit Eckart Witzigmann, Otto Koch und Harald Wohlfahrt. Das hat mir so gut gefallen und daraus ist die Idee entstanden. Ich habe dann in München in einem Restaurant angefangen und sollte Sandwiches herrichten. Wie langweilig! Da habe ich gekündigt und bei Otto Koch – der Name war mir im Gedächtnis geblieben – angerufen. Er hat mich tatsächlich zum Probearbeiten eingeladen. Ich durfte Artischocken putzen. Da wusste ich: „Der Koch, der kann mir was beibringen.“
Aber vorher stand das Gespräch mit dem Chef an.
Rüffer: Genau. Er erzählte, er habe 18 Punkte. Ich kannte damals den Gault Millau oder Michelin-Sterne nicht. Also dachte ich noch: „18 von 100 Punkten? Das ist aber wenig“, ließ mir aber nichts anmerken und nickte nur vermeintlich wissend. Ich wollte schließlich die Stelle – es gab nur wenige gute Restaurants in Deutschland – und habe sie auch bekommen.
Heute gehört das Restaurant Haerlin zu den guten Adressen des Landes. Wie wichtig sind Ihnen Auszeichnungen?
Rüffer: Jede Auszeichnung ist wichtig, um das Publikum auf dich aufmerksam zu machen. Du musst aus der Masse herausstechen.
Arbeiten Sie am dritten Stern?
Rüffer: Er wäre eine schöne Bestätigung. Das Ziel ist es aber, dass wir in einem netten Team arbeiten und gute Gerichte rausschicken. Ich ertränke mich sicher nicht in der Elbe, wenn wir den dritten Stern nicht bekommen.
Wie beschreiben Sie Ihre Küche?
Rüffer: Meine Küche steht unter französischem Einfluss mit einem starken nordischen Einschlag und regionalen Zutaten.
Wie setzen Sie die Regionalität um?
Fantasievoll
Christoph Rüffer ist einer der wenigen, die sich in Hamburg als 2-Sterne-Koch vorstellen dürfen. In seinem Reich – dem Restaurant Haerlin – darf er sich und seine Philosophie voll ausleben. Zumindest fast. Denn ein Restaurant in einem Hotel wie dem Vier Jahreszeiten muss sich dann doch an ein paar Regeln halten. Welche das sind und wieso er keine Lust auf die Selbständigkeit hat, verrät er im Interview.
Wieso sind Sie Koch geworden?
Christoph Rüffer: Ich habe damals die Fernsehsendung „Essen wie Gott in Deutschland“ gesehen mit Eckart Witzigmann, Otto Koch und Harald Wohlfahrt. Das hat mir so gut gefallen und daraus ist die Idee entstanden. Ich habe dann in München in einem Restaurant angefangen und sollte Sandwiches herrichten. Wie langweilig! Da habe ich gekündigt und bei Otto Koch – der Name war mir im Gedächtnis geblieben – angerufen. Er hat mich tatsächlich zum Probearbeiten eingeladen. Ich durfte Artischocken putzen. Da wusste ich: „Der Koch, der kann mir was beibringen.“
Aber vorher stand das Gespräch mit dem Chef an.
Rüffer: Genau. Er erzählte, er habe 18 Punkte. Ich kannte damals den Gault Millau oder Michelin-Sterne nicht. Also dachte ich noch: „18 von 100 Punkten? Das ist aber wenig“, ließ mir aber nichts anmerken und nickte nur vermeintlich wissend. Ich wollte schließlich die Stelle – es gab nur wenige gute Restaurants in Deutschland – und habe sie auch bekommen.
Heute gehört das Restaurant Haerlin zu den guten Adressen des Landes. Wie wichtig sind Ihnen Auszeichnungen?
Rüffer: Jede Auszeichnung ist wichtig, um das Publikum auf dich aufmerksam zu machen. Du musst aus der Masse herausstechen.
Arbeiten Sie am dritten Stern?
Rüffer: Er wäre eine schöne Bestätigung. Das Ziel ist es aber, dass wir in einem netten Team arbeiten und gute Gerichte rausschicken. Ich ertränke mich sicher nicht in der Elbe, wenn wir den dritten Stern nicht bekommen.
Wie beschreiben Sie Ihre Küche?
Rüffer: Meine Küche steht unter französischem Einfluss mit einem starken nordischen Einschlag und regionalen Zutaten.
Wie setzen Sie die Regionalität um?
Rüffer: Wir haben rund 20 bis 25 Produzenten, die uns regelmäßig beliefern. Ich mag Nischenlieferanten, die sich auf Spezialitäten fokussieren. Ich suche immer das Außergewöhnliche, was auf anderen Speisekarten nicht zu finden ist. Ich habe beispielsweise früher gerne mit Kaisergranat gearbeitet, aber das wird heutzutage inflationär genutzt, deshalb koche ich nicht mehr damit. Ich stehe auf alte Gemüsesorten wie Rattenschwanzradieschen. Oder etwas ganz Regionales: Hamburger Stadthonig. Sensationell!
Woran arbeiten Sie zurzeit?
Rüffer: Wir finalisieren bald die Herbstkarte. Ich schaue gerne, was sich im Umland zum Beispiel bei den Obstbauern tut. Viermal im Jahr wechseln wir die Karte jeweils zur Saison. Im Sommer gibt es mehr Obst und Gemüse, im Herbst mehr Wildgerichte von einem befreundeten Jäger. Im Januar, Februar und März kann ich nicht auf schwarzen Trüffel verzichten.
Wie reagieren die Gäste auf Ihre neuen Kreationen?
Rüffer: Wir liegen nur ganz selten daneben. Kaninchen kam gar nicht an. Wildhase läuft hingegen super. Wenn was nicht funktioniert, kommt es runter von der Karte.
Gibt es Vorlagen vom Hotel, an die Sie sich halten müssen?
Rüffer: Ich sollte die 40-Prozent-Grenze für den Wareneinsatz nicht überschreiten. Dann wird es kritisch. Aber ich muss gestehen, zur Trüffel-Saison komme ich regelmäßig darüber. Dann muss ich in den folgenden Monaten immer ein bisschen strenger kalkulieren. Ich darf einstellen, wen ich will, und auch die Karte völlig frei gestalten. Ich bin glücklich als Angestellter.
War es schwer, als nicht gebürtiger Hamburger an die Produzenten heranzukommen?
Rüffer: Es gab ja bereits einen Grundstock an Produzenten, mit denen das Restaurant zusammengearbeitet hat. Und der Rest kam dann nach und nach dazu oder fiel weg.Auf der Sommerkarte wird es in diesem Jahr eine Krabbentarte mit Zwiebelcreme und Sommerblüten geben. Dabei beziehen wir ungepulte Krabben aus der Nordsee. Das gibt es nur ganz selten in der Spitzengastronomie, weil die meisten sich die Arbeit nicht machen wollen. Dafür haben die Krabben keine langen Transportwege hinter sind. Denn gepult werden sie oft im Ausland, weil das günstiger ist.
Wir erleben den Druck sowieso in der Küche, da muss wenigstens das Klima stimmen.
Wie viele Produkte, die Sie in Ihrer Küche verwenden, kommen aus dem Ausland?
Rüffer: Grundsätzlich kommt weißer und schwarzer Trüffel aus dem Ausland. Aber ich versuche, mich trotzdem auf Europa zu beschränken. Ich brauche kein Rindfleisch aus Argentinien zu importieren, wenn es in Irland ausgezeichnetes Grass-fed Beef gibt. Es ist nicht so weich gezüchtet – man kann es noch richtig kauen. Oder Fische wie Steinbutt, Loup de mer oder Adlerfisch aus Frankreich.
Erarbeiten Sie alleine oder im Team die neuen Gerichte?
Rüffer: Jeder im Team trägt dazu bei. Die Gedankenanstöße und die Finalisierung liegen bei mir, aber es beteiligen sich alle an der Entwicklung. Zum Beispiel habe ich etwas mit grünem Wacholder vor, weil der herbe Geschmack mich anspricht. Auch mein Sous Chef Tobias Günther trägt viel zur endgültigen Karte bei.
Wie läuft die Zusammenarbeit mit Ihrem Sous Chef Tobias?
Rüffer: Er genießt alle Freiheiten, die er braucht. Und wenn ich mal nicht da bin, vertritt er mich hervorragend. Ich vertraue ihm und meinem Team vollkommen.
Wie würden Sie sich selbst als Chef beschreiben?
Rüffer: Ich bin kein Choleriker. Manchmal muss man laut werden, das sollten aber Ausnahmen sein. Alle arbeiten fleißiger und zielgerichteter, wenn man ein gutes Betriebsklima hat. Wir erleben den Druck sowieso in der Küche, da muss wenigstens das Klima stimmen. Und das kommt gut an: Wir haben eine ganz geringe Fluktuation. Das zeigt mir, dass es gut ist, auch mal abends ein Bierchen trinken zu gehen oder die Musik vom Team bestimmen zu lassen.
Sie selbst sind auch schon lange im Restaurant.
Rüffer: 2002 habe ich begonnen. Damals war ich noch der Frischling unter lauter alten Hasen; heute gehöre ich zu den alten Hasen mit den Geschichten von früher. Aber ich erzähle gar nicht so gerne alte Schinken, weil ich viel lieber nach vorne schaue.
Fühlen Sie sich manchmal eingeschränkt durch das Hotel?
Rüffer: Manchmal ärgere ich mich, weil ich nicht einfach kaufen kann, was ich möchte, sondern erst einen Antrag stellen muss. Wenn ich mich dann aber mit meiner Freundin unterhalte, die im IT-Bereich selbständig ist, weiß ich es zu schätzen, nicht selbständig zu sein. Da kommen dann nicht nur der Wareneinsatz und Personalkosten, sondern auch die Miete dazu, die in Hamburg nicht ohne ist.
Würde das Restaurant Haerlin ohne das Hotel laufen?
Rüffer: Ja. Wir haben das mal ausgerechnet. Es würde gehen. Wir erwirtschaften Geld und das ist auch wichtig. Das war am Anfang nicht so. Damals habe ich acht bis zwölf Essen am Abend gekocht. Heute sind es durchschnittlich 35 Essen pro Abend. Auch an den schwächeren Tagen Dienstag, Mittwoch und Donnerstag. Ausgebucht sind wir meist am Wochenende mit 45 bis 48 Kuverts.
Hat sich Ihre Klientel nach dem ersten und zweiten Stern geändert?
Rüffer: Die Auszeichnung hat mehr Gäste angezogen. Auch von weiter her, die einen Qualitätsanspruch verfolgen. Früher waren es hauptsächlich alteingesessene Hamburger, die das Hotel und das Restaurant schon lange kannten. Heute sind es auch viele Dänen und Norweger mittleren Alters, die es sich leisten können und meist wegen der Sterne auf uns aufmerksam werden.
Wo gehen Sie selbst gerne essen?
Rüffer: Insgesamt leider viel zu wenig, aber besonders gerne in Frankreich. Allerdings verschiebt sich mein Interesse zurzeit nach Norden. Ich würde unglaublich gerne mal ins Maaemo. Aber die haben die gleichen Öffnungszeiten wie wir. Deshalb wird das wohl noch etwas dauern. Im noma war ich und im Geranium. Auf der Liste stehen noch der Österreicher Taxacher und der Spanier Berasategui. Einer von denen wird es auf jeden Fall noch in diesem Jahr.
Gehen Sie aus Recherchezwecken selbst essen?
Rüffer: Nein! Für mich ist das Urlaub. Ich mache keine Notizen und auch keine Fotos. Ich möchte genießen.
Sind Sie ein einfacher Gast?
Rüffer: Ja, schon. Ich habe mich im Leben erst einmal beschwert, weil das angeblich frische Schnitzel offensichtlich Tiefkühlware war. Und das habe ich auch nur gesagt, weil die Servicemitarbeiterin mich mehrmals gefragt hat. Ich möchte nicht schimpfen. Deshalb habe ich vorher auch den Gurkensalat ausdrücklich gelobt. Der war wirklich gut!
Was kommt vermutlich niemals auf Ihre Karte?
Rüffer: Schnecken. Nicht so prickelnd.
Gibt es Vorbilder in Ihrem Leben?
Rüffer: Menschlich ist Tobias, mein Sous Chef, ein Vorbild. Er ist kritisch, aber sehr ruhig und konzentriert. Henri Bachs Kochstil ist eine berufliche Inspiration für mich.
Sie sind des Öfteren im Fernsehen zu sehen. Wie gefällt Ihnen das Showbiz?
Rüffer: Ich mache das nur aus Spaß. Es wird niemals mein Hauptberuf sein, aber die Stimmung ist gut – just for fun.
Hat Ihre TV-Präsenz Einfluss auf Ihre Gäste?
Rüffer: Kaum. Manchmal machen Gäste den Witz, dass sie jetzt mal mich testen möchten, weil ich bei der Küchenschlacht als Jurymitglied andere bewerte. Ich werde aber auch meine Art zu kochen nicht ändern, nur weil ich jetzt mal im Fernsehen bin.
Wie haben Sie reagiert, als Kevin Fehling sofort die drei Sterne in die Stadt brachte?
Rüffer: Damit hat jeder gerechnet. Wieso sollte er auch hier nicht so gut kochen wie in Travemünde? Das ärgert mich nicht. Ich verändere mich nicht fürs TV und auch nicht für den dritten Stern. Was mich ärgert, ist, wenn sich Gäste beschweren. Das nehme ich auch mit nach Hause und kann schlecht schlafen. Ansonsten schlafe ich immer gut. Außer vielleicht, wenn ich den Wareneinsatz mit dem Trüffel überschreite. Bei Trüffel kann ich einfach nicht Nein sagen.
www.restaurant-haerlin.de
Zum Rezept des Zweisterners geht es hier entlang.