BAR.DAYS: Drinks von einem anderen Stern

Warum Cocktails nicht ins Weltall schießen? Wie kann man aus Abfall Drinks kreieren? Und warum ist ein guter Barkeeper noch lange kein guter Bar-Chef? Bei den ersten BAR.DAYS wurden diese und noch viel mehr Fragen gestellt. Und beantwortet. Und das von Legenden namens Charles Schumann oder Peter Dorelli genau so wie, von den erklärten Shootingstars der internationalen Bar-Szene.
Februar 3, 2022 | Text: Lucas Palm & Johannes Stühlinger | Fotos: Mandl Media, Bobbys Agency, beigestellt, Mirja Geh

Man muss schon zweimal nachdenken, wenn man auf den groß angekündigten BAR.DAYS erst einmal einen ­superfitten­Personal­ Trainer ­vor­ sich hat. Also eben nicht wie erwartet ein Schwergewicht der Bar-Bubble. Stattdessen tönt einem­ Alexander­ von­ Hausen­ mit kehliger Bruststimme einen hochmotivierten­ Energydrink­ in­ Schallwellform in die Ohren.

Bar Days
Als Bestandteil der großen ROLLING PIN.CONVENTION gingen die BAR.DAYS erstmals über die Bühne. Und hielten selbst für Experten und Fachleute jede Menge Überraschungen bereit.

Man muss schon zweimal nachdenken, wenn man auf den groß angekündigten BAR.DAYS erst einmal einen ­superfitten­Personal­ Trainer ­vor­ sich hat. Also eben nicht wie erwartet ein Schwergewicht der Bar-Bubble. Stattdessen tönt einem­ Alexander­ von­ Hausen­ mit kehliger Bruststimme einen hochmotivierten­ Energydrink­ in­ Schallwellform in die Ohren.

Bar Days
Als Bestandteil der großen ROLLING PIN.CONVENTION gingen die BAR.DAYS erstmals über die Bühne. Und hielten selbst für Experten und Fachleute jede Menge Überraschungen bereit.

„In der Gastronomie lebt und arbeitet man wie ein Leistungssportler“, sagt er. Allerdings würden in dieser ­besonderen­ Branche­ Pausen,­Regeneration­ und­ Erholung­ meist völlig­ fehlen.­„Die­aktuelle­ Krise hat eine laufende Maschine aus­ voller­ Fahrt­ zum­ absoluten­ Notstopp gebracht und muss jetzt wieder gefühlt auf 1000 beschleunigt werden“, donnert es­ von­ der ­Bühne.­ Die­Zuhörer:­ Eben ­jene,­die­ man­  auf­ der ­Stage­ erwartet hätte. Die Stars der Bar- Welt.­ Allen­ voran­ der­ zweifache­ World Cocktail Champion Mario Hofferer.­Wir­ sind­ inmitten­ der­ ersten BAR.DAYS in der Grazer Messehalle. ­Der­ Rolling ­Pin­ hat­ die Stadt im Süden Österreichs zur neuen Bar-Metropole auserkoren. Und dementsprechend geht es hier zur Sache. Und Mario­ Hofferer­ ist­ sozusagen­ unser­ Reiseleiter.

Wir haben weder frisches Obst an der Bar, wir nutzen keine Schalen und Zesten, um ätherische  Öle über Drinks zu sprühen!
Konstantin Heinrich von der berühmte Stairs Bar in Berlin vermeidet Müll nicht etwa, er verhindert ihn gleich ganz

Spiel von Geist & Körper

Der Mann ist nicht nur eine optische­ Erscheinung.­ Groß­gewachsen. Wuschelhaare. Künstleraura. Mario ­Hofferer­ ist­ vor­ allem­ einer,­ dem man gerne zuhört. Weil er ganz­ eindeutig­ viel­ zu­ sagen hat. Wohl aus diesem Grund wurde der 34-Jährige als­ Host­ der­ groß­ angelegten­ Veranstaltung gebucht. Und weil­ das­ Ego­ des­ weltmeisterlichen Barkeepers­ kein­ Problem­ damit­ hat, ­branchenfremden ­ Keynote-Speakern ­ wie Sportler Alexander von Hausen das erste Wort zu überlassen. „Warum­ ­auch­ nicht“,­ sagt Hofferer. ­„Der ­Mann­ hat­ doch­ recht!“­Leistungsdruck,­ Stress und unternehmerische Sorgen schlagen sich bekanntlich ganz gehörig auf den Körper.

Und da sollte jedem­ das­ nötige­ Werkzeug­ in­ die ­Hand­ gelegt ­werden,­um­ auf­ seine­ Physis­ aufzupassen,­ betont­ Hofferer.­ Er­ selbst­ outet­ sich­ später­ vor­ dem­ Fachpublikum jedoch­ eher ­als­ einer, der weiß, wie man in dieser knackigen Branche auf seine­ Psyche­ achtet:­ „Um­ in­ Zeiten­ der­ Pandemie­ nicht­ in­ Schockstarre­ zu ­verfallen,­muss ­man Visionen­ entwickeln“, sagt er. Und führt freilich aus, wie weit diese bei ihm­ reichen: ­Bis ­ins­ Weltall,­nämlich!­ Tatsächlich­ kennen­ die­Tüfteleien des­ Kärntners­ keine­ Grenzen. Auch­ nicht­ die der Atmosphäre.

Während die halbe Barszene noch unter Coronaschock stand, entwickelte er die Idee, Cocktail-Komponenten ­im­ Gepäck­ von­ Satelliten­ ins Weltall ­zu­ schießen.­ Dort­ würden­ sie,­ so­ erzählt­ er ­seinem­ Fachpublikum,­nicht nur­ schneller­ reifen,­ sondern­ vor­ allem­ auch­ besondere Geschmäcker entwickeln. Klingt nach Science Fiction,­ ist­ aber­ Hofferers­ voller­ Ernst:­ Mit der Austro Control hat er darüber schon gesprochen. Mit der European Space Agency (ESA) wird es hoffentlich bald Gespräche geben. Aber selbst wenn das mit den Space Drinks nicht so bald etwas werden sollte, geht es dem Meister darum, der Barwelt Mut zu machen: „Wir sind für das Weiterkommen unserer Branche und unseres Fachs selbst verantwortlich! Das macht doch alles so besonders spannend!“

Im Eilschritt Richtung Zukunft

Wie rasch sich die Welt hinter und vor den Bars dieser Welt verändert, wurde bei den ersten BAR.DAYS anhand zweier großer Persönlichkeiten offensichtlich: Die beiden Ikonen Charles Schumann und Peter Dorelli hatten sich erst fast heimlich unter die Gäste gemischt, um später auf der Bühne Anekdoten zum Besten zu geben. Erfahrungen zu teilen. Und die Jungen zu inspirieren. „Das sehe ich als meine Verpflichtung“, betont Dorelli. Gleichzeitig aber zeigt er sich genauso wie Schumann davon beeindruckt, wie sehr sich die heutigen Barkonzepte den aktuellen Gesellschaftstrends nicht bloß anpassen, sondern wie sie diese selbst zu setzen verstehen. Und gerade was das Thema „Nachhaltigkeit“ betrifft, wird man auf diesen ersten BAR.DAYS mit zukunftsweisenden Entwicklungen konfrontiert.

Mit Phum Sila-Trakoon und Konstantin Heinrich sind schließlich zwei zugegen, die eben dieses Thema in ihrer Stairs Bar in Berlin nicht nur zelebrieren, sondern jeden Tag weiterdenken. Der Verzicht auf Strohhalme und Einmaluntersetzer wird in diesen Sphären nicht einmal erst erwähnt. Zu banal. Hier dreht es sich vielmehr darum, genau gar keinen Müll zu produzieren. „Das geht nur mit einer gehörigen Portion Vorbereitung“, erfährt man da von Meister Heinrich. Und dann führt er aus: „Wir haben zum Beispiel gar kein frisches Obst an der Bar. Wir nutzen keine Schalen oder Zesten, um die ätherischen  Öle über die Drinks zu sprühen.

Eine spannende Frage, die es zu klären gilt, lautet: Reifen Cocktails, die ins All geschossen werden, schneller?
Host und Bar-Ikone Mario Hofferer sorgte in seiner Keynote „Zurück in die Zukunft“ für mehr als nur diese Überraschung

Stattdessen würde alles in Form von Essenzen vorher angesetzt, um danach mittels Sprühnebel auf den Drinks zu landen. „Das hat den gleichen Effekt und ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich Genuss und ein bewusster Umgang mit Ressourcen sehr gut in Einklang bringen lassen!“ Doch die Erzählung des Stairs Bar-Masterminds geht weiter: „Reste jeglicher Art werden von uns für die selbstgemachten Liköre verwendet. Unsere Produkte kommen allesamt aus eigenem Anbau.“ Das sind übrigens vorwiegend Pilze. Abgesehen davon aber würden alle sonst noch verbleibenden Überbleibsel „in unseren saisonalen Milkpunch-Cocktails verarbeitet“, schwört der Mann. Kein Wunder, dass man unter Cocktail-Enthusiasten längst davon spricht, dass Heinrich die Milkpunch-Disziplin neu definieren würde. Vor allem aber stehen die zwei für eine Strömung, die in der Haute Cuisine schon mehr Resonanz erhält: Die Rede ist von Zero Waste, Nose to tail, Roof to leaf und Regionalität. „Solche Konzepte haben Zukunft“, attestiert hier auch eilig der legendäre Peter Dorelli.

Was kommt nach den Drinks?

Einer, der weiß, was es bedeutet, echten Einfluss in der Bar-Elite zu erlangen, ist Jörg Meyer. Vor über zehn Jahren war ihm das nahezu Unmögliche gelungen – er hat mit dem Gin Basil Smash einen Drink entwickelt, der zum Welthit wurde. Über diese „alte Geschichte“ spricht der Mann allerdings gar nicht einmal so viel. Schließlich gehe es vor solch einem Fachpublikum darum, neue Gedankenwelten zu er öffnen, ist Meyer überzeugt. Und so knüpft sein Fachvortrag indirekt an die Keynote von Personal Trainer Alexander van Hausen an. Unter dem Titel „Alternative Einkommensströme für alternde Bartender:innen“ zeigt er auf, wie man entweder in ungewissen Zeiten – wie einer Pandemie – oder aber als alternder Barprofi sein Auskommen sichern kann.

Ein Shooting-Star mit Mission

Selbst wenn Ernsthaftigkeit ganz offensichtlich eine der tragenden Säulen dieses ausgedehnten Bar-Experten-Meetings ist, kommen allerdings auch die feurig-leichten  Ebenen dieser so lebensfrohen Szene keinesfalls zu kurz. Das stellen Stefan Haneder und Dušan Janjatović eindrucksvoll unter Beweis. Die beiden Starbarkeeper der Acanto Bar in Freistadt unterstreichen mit ihrer Flair-Bartending-Show, dass eine gehörige Portion Action nach wie vor einen hohen Stellenwert hat. Großes Aber: Die Sache muss schon richtig gut gemacht sein, sonst wirkt alles recht schnell sehr plump.

Wenn die Show aber so gut ist wie jene des vielfach international preisgekrönten Duos, stellt sich diese Frage erst gar nicht. Wow! Andere Weisheiten kann man wenig später auf der gleichen Bühne von Marian Beke erfahren. Der Shootingstar der Londoner Gibson Bar zeigt, was man mit Früchten so alles anstellen kann. Vor allem aber stellt er sein Faible für eiskalte Experimente in die Auslage. Schlie lich spielte der 38-Jährige gerne mit der Kälte. Ein Negroni mit einem Sorbet aus schwarzem Pfeffer oder Balsamico- Essig gefällig? Einen anderen hat er schon einmal mit Parmesan-Eiscreme serviert. Abseits der  öffentlichen Show spricht der Mann dann jedoch lieber über das, was seiner Meinung nach im Leben eines unternehmerischen Bartenders noch viel wichtiger ist als der perfekte Drink: „Barkeeper müssen sich darüber im Klaren sein, dass bei der Eröffnung einer Bar die Getränke eigentlich das Letzte sind, worum es geht. “Deshalb sei ein guter Barkeeper auch nicht automatisch ein guter Barbesitzer. „Ich habe Barbesitzer gesehen, die 15 Lokale haben und nichtwissen, wie man einen Drink macht. Eine Bar zu besitzen, ist etwas anderes als Drinks zu mixen“, spricht er wohl wahre Worte.

Rum mit gewissem Etwas

Andere Helden der Branchen wiederum kennen sich mit dem Barbetrieb nicht aus. Und mit dem Mixen von Drinks auch nur bedingt. Dafür aber mit einem einzelnen Produkt so gut, wie sonst niemand auf dem ganzen Planeten. Auf José Rafael Ballesteros Vargas trifft zumindest letztere Feststellung gewiss zu. Der Mann ist einer der erfahrensten Masterblender der Welt und dafür verantwortlich, dass die Diplomatico Rums so besonders sind, wie sie sind. Vor allem aber ist dieser Auftritt einer der ganz raren des ausgesprochenen Experten. Wer nun aber davon ausgeht, der Maestro würde nur kurz ein Gesichtsbad in der Menge nehmen, um Diplomatico by Morandell in Erinnerung zu rufen, der irrt gewaltig!

Vielmehr entpuppt sich dieser Gastauftritt als vielleicht sogar heimlicher Höhepunkt der an spannenden Speaches mehr als reichen BAR.DAYS. Denn José Rafael Ballesteros Vargas plaudert doch tatsächlich aus dem Nähkästchen. Wie man nur mit der Nase feinste Nuancen in unterschiedlichen Rums erriechen kann,erzählt er. Berichtet von Fässern, die in verschiedenen Ware Houses nach speziellen Regeln und Prinzipien aufgeteilt werden. Man erfährt aus erster Hand, was Luftdruck, Luftfeuchtigkeit und Temperaturschwankungen fürAuswirkungen auf den endgültigen Geschmack eines weltklasse Rums haben. „Deshalb werden diese Parameter bei uns auch im Milliprozentbereich gemessen und protokolliert“, sagt der Großmeister.

Fazit mit Ausblick

Eines kann man im Anschluss an die ersten BAR.DAYS inmitten der Pande-mie mit Sicherheit nicht behaupten: Laaangweilig. Ganz im Gegenteil. Fast wirkt es, als würde Corona wie ein Brandbeschleuniger wirken, der aufkeimenden Trends neue Nahrung liefert. Und Althergebrachtes endgültig in die Abteilung „War einmal“ verfrachtet. Kreative Wege mit nachhaltigem Hintergrund drängen in den Vordergrund. Achtsamer Umgang mit hochwertigen Produkten wird längst vorausgesetzt und wer eine neue Idee hat, neue Technologien einsetzt und selbstbewusst mutige Schritte setzt, der wird mit Sicherheit auch beiden nächsten BAR. DAYS mit von der Partie sein. Und von der anschließenden Party, die es dann hoffentlich wieder geben können wird, garantiert auch.

Die nächsten BAR.DAYS warten schon:

Graz: 30. bis 31. Mai 2022
Berlin: 11. bis 12. September 2022

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DIE GROSSARTIGEN AUSSTELLER & PARTNER
Großes Danke an alle, die BAR. DAYS möglich machen: Allen voran Host Mario Hofferer, der die Produkte von Armin Breinl Handel genauso gut in Szene setzte wie die von Diageo Austria, Drinks & More Österreich, MH Cocktail Entertainment und G. Fabbri Deutschland. Danke auch an Global Sweets Trading für die Bio-Strohhalme und natürlich an unsere weiteren Partner L. Derksen, METRO Österreich, Mo t Hennessy Österreich, Morandell International, Nespresso Österreich, Pernod Ricard Austria, Red Bull, Rudolf Ammersin, Thalheimer, Zwiesel Kristallglas etc.

DAS WAREN UNSERE SPEAKER
Auf der Bühne der BAR.DAYS tummelte sich das Who-Is-Who der internationalen Barkeeper-Szene. So konnte Host Mario Hofferer zukunftsweisende Persönlichkeiten wie Phum Sila-Trakoon und Konstantin Heinrich aus der Stairs Bar in Berlin begrüßen. Auch Gin Basil-Smash-Erfinder Jörg Meyer und Londons Shooting-Star Marian Beke teilten ihr Fachwissen. Selbst Legenden wie Charles Schumann oder Peter Dorelli plauderten in exklusiven Talks unter anderem mit den Bar-Profis Benjamin Ebenbauer & Michaela Lerchbaumer. Spektakulär der Auftritt von Rum-Meisterblender José Rafael Ballesteros Vargas, nicht zur vergessen, der große  Überraschungs-Speaker: Top-Trainer Alex von Hausen und, und, und …

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