Großzügigkeits-Experiment: In diesem Lokal haben die Speisen keine Preise
Laut der kürzlich veröffentlichten Expat-Studie ist Österreich das unfreundlichste Land der Welt. Dass Wien gleichzeitig die Stadt mit der höchsten Lebensqualität sein soll, ist den Betreibern der Vollpension in der Johannesgasse nicht genug. Sie wollen mit einem Pilotprojekt ein Zeichen setzten: für Miteinander, Freundlichkeit und Großzügigkeit. «Gifting Forward» nennt sich das Konzept des Experiments, das schnell erklärt ist: Gäste kommen in die Vollpension, konsumieren und erhalten eine Rechnung mit der Summe Null Euro. Denn die Rechnung wurde bereits von Gästen zuvor bezahlt. Man muss kein geschulter Betriebswirt sein, um zu erkennen, dass das System böswillig ausgenutzt werden könnte. Trotzdem scheint es erfolgreich zu sein.
Laut der kürzlich veröffentlichten Expat-Studie ist Österreich das unfreundlichste Land der Welt. Dass Wien gleichzeitig die Stadt mit der höchsten Lebensqualität sein soll, ist den Betreibern der Vollpension in der Johannesgasse nicht genug. Sie wollen mit einem Pilotprojekt ein Zeichen setzten: für Miteinander, Freundlichkeit und Großzügigkeit. «Gifting Forward» nennt sich das Konzept des Experiments, das schnell erklärt ist: Gäste kommen in die Vollpension, konsumieren und erhalten eine Rechnung mit der Summe Null Euro. Denn die Rechnung wurde bereits von Gästen zuvor bezahlt. Man muss kein geschulter Betriebswirt sein, um zu erkennen, dass das System böswillig ausgenutzt werden könnte. Trotzdem scheint es erfolgreich zu sein.
Erste Bilanz
Schon mit der Gründung des Generationencafés vor gut zehn Jahren leistete die Vollpension Pionierarbeit. Seniorinnen und Senioren backen hier Mehlspeisen und servieren sie selbst. Die neue Idee, die man sich vom einstigen Obama-Berata Nipun Mehta abgeschaut hat – er erfand den Begriff «Giftivism» –, ist die erste von mehreren Aktionen der Vollpension, um das unfreundliche Image der Bundeshauptstadt aufzupolieren. Mitgründer Moriz Piffl-Percevic zieht nach den ersten zwei Wochen Bilanz: «Es zahlt sich zu 100 Prozent aus», jedenfalls emotional. «Die Mitarbeiter:innen lieben es, die allermeisten Gäste auch.» Nur finanziell geht die Rechnung nicht ganz auf. Seitdem das Gifting-Forward-Projekt gestartet hat, macht das Lokal ein Minus von fünf bis zehn Prozent. Einige Gäste zahlen weit mehr, als sie selbst genossen haben, viele zahlen in etwa gleich viel wie den regulären Preis, ganz wenige gar nichts. «Der positive Effekt, den das Experiment auf die Menschen hat, ist aber weit größer als unser Verlust», meint Piffl-Percevic.
Das leichte Minus lässt sich auch dadurch erklären, dass Preise ohne fixe Preisliste für Gäste schwer abzuschätzen sind. Möglich, dass das System in späteren Iterationen also abgeändert wird. Denn aufgegeben wird nicht: «Wir glauben daran, dass sich sowohl der emotionale Effekt bei den Gästen als auch der betriebswirtschaftliche Erfolg so einpendeln werden, dass wir das Modell dauerhaft beibehalten und so einen positiven Impuls für eine liebenswertere Stadt liefern können.»
Insgesamt sind die Rückmeldungen der Gäste auf das Experiment überwiegend positiv, der Impuls in Richtung Wir-Gesellschaft wird von den Gästen gut angenommen. «Um das emotionale Erlebnis noch mehr zu verstärken, haben unsere Besucher:innen ab sofort die Möglichkeit, nachfolgenden Gästen eine persönliche Nachricht zu hinterlassen. Wo bekommt man heutzutage schon eine herzliche Botschaft von einer fremden Person, die noch dazu das Essen für dich bezahlt hat – das macht schon etwas mit einem. Und wie fühlt es sich für einen selbst an, großzügig zu sein und dem nächsten etwas Gutes zu tun», so Piffl-Percevic.
Das Experiment “Gifting Forward“ wird in der Vollpension in der Johannesgasse bis mindestens Ende Juli fortgeführt. Dann wird erneut ein Fazit gezogen.