Albert Trummer: Die Kunst der alkoholischen Heilung
Heilmethode für Stadtneurotiker
Wenn man Albert Trummers neuesten Bar-Coup im New Yorker Künstlerviertel East Village betritt, glaubt man, sich im Haus geirrt zu haben. Und dabei ist man noch nüchtern. Warum sieht es hier aus wie in einer Klinik aus längst vergangenen Zeiten?
Antiquierte Operationssaal-Lampen an der Decke, alte Apothekerflaschen, Laborgeräte sowie chirurgische Instrumente hinter dem Tresen, die Wände erinnern an das Grün des Outfits vom Onkel Doktor und die anatomischen Bilder im Lokal dokumentieren den menschlichen Körper unter Einfluss von Alkohol.
Damit noch nicht genug: Die Cocktails werden auf OP-Tabletts zubereitet, die Shots in Spritzen serviert.
Aber der Effekt ist gewollt, nicht umsonst heißt die Bar Sanatorium. Trummer realisierte hier ein Konzept, bei dem die Techniken der Hospitäler um die Jahrhundertwende im Fokus stehen, auch eine Zeit, in der Alkohol in Krankenhäusern für medizinische Zwecke eine wichtige Rolle spielte.
Die typische Gästeklientel im Sanatorium? „Alle, die krank sind“, scherzt Trummer und fügt hinzu: „Es gibt in New York viele Leute, die den Psychiater aufsuchen. Ich kann meinen Gästen die gleiche Hilfe bieten, aber mit Alkohol. Wenn die sich bei mir an einem Abend vier Drinks genehmigen, haben sie den gleichen Effekt wie beim Seelendoktor, aber mit dem Unterschied, dass man sich bei mir Tausende Dollars spart.“
Von diesem Standpunkt aus betrachtet wird der gebürtige Österreicher wohl immer full house haben, Woody Allens „Stadtneurotiker“ war schließlich von den Bewohnern des Big Apple inspiriert. Aber Alkohol als medizinisches Heilmittel anpreisen? Löst man damit nicht das One-Way-Ticket in die Betty-Ford-Klinik?
Heilmethode für Stadtneurotiker
Wenn man Albert Trummers neuesten Bar-Coup im New Yorker Künstlerviertel East Village betritt, glaubt man, sich im Haus geirrt zu haben. Und dabei ist man noch nüchtern. Warum sieht es hier aus wie in einer Klinik aus längst vergangenen Zeiten?
Antiquierte Operationssaal-Lampen an der Decke, alte Apothekerflaschen, Laborgeräte sowie chirurgische Instrumente hinter dem Tresen, die Wände erinnern an das Grün des Outfits vom Onkel Doktor und die anatomischen Bilder im Lokal dokumentieren den menschlichen Körper unter Einfluss von Alkohol.
Damit noch nicht genug: Die Cocktails werden auf OP-Tabletts zubereitet, die Shots in Spritzen serviert.
Aber der Effekt ist gewollt, nicht umsonst heißt die Bar Sanatorium. Trummer realisierte hier ein Konzept, bei dem die Techniken der Hospitäler um die Jahrhundertwende im Fokus stehen, auch eine Zeit, in der Alkohol in Krankenhäusern für medizinische Zwecke eine wichtige Rolle spielte.
Die typische Gästeklientel im Sanatorium? „Alle, die krank sind“, scherzt Trummer und fügt hinzu: „Es gibt in New York viele Leute, die den Psychiater aufsuchen. Ich kann meinen Gästen die gleiche Hilfe bieten, aber mit Alkohol. Wenn die sich bei mir an einem Abend vier Drinks genehmigen, haben sie den gleichen Effekt wie beim Seelendoktor, aber mit dem Unterschied, dass man sich bei mir Tausende Dollars spart.“
Von diesem Standpunkt aus betrachtet wird der gebürtige Österreicher wohl immer full house haben, Woody Allens „Stadtneurotiker“ war schließlich von den Bewohnern des Big Apple inspiriert. Aber Alkohol als medizinisches Heilmittel anpreisen? Löst man damit nicht das One-Way-Ticket in die Betty-Ford-Klinik?
Nicht mit Trummers Cocktail-Kreationen. Während sich andere Tresenkünstler seines Kalibers als Barchefs oder Mixologen bezeichnen, sieht Trummer sich als Apotheker. Und das, ohne je an einer Universität gewesen zu sein. Studiert hat er aber trotzdem, nämlich die Geheimnisse alter Klosterrezepturen sowie die Techniken und Traditionen verschiedenster Kulturen weltweit, die bereits vor Jahrhunderten auf die Heilkraft von in Alkohol gelösten Essenzen bauten.
Mit diesem Wissen entwickelte er in jahrelanger Experimentierfreude rund 80 bis 100 Elixiere und Liköre aus Kräutern und anderen gesunden Ingredienzien, die er seinen Drinks – legal – beifügt.
It’s Showtime
Auf Trummers außergewöhnliche Bar-Philosophie wurde schließlich auch der Wiener Anti-Aging-Arzt Dr. Markus Metka aufmerksam, der den Barmann in dessen 2008 eröffnetem Lokal Apotheke besuchte.
Eine in Chinatown angesiedelte Speakeasy-Bar, mit der Trummer nicht nur der große Durchbruch in New York gelang, sondern das Konzept reüssierte weltweit und fand begeisterte Nachahmer.
Aus der Bekanntschaft mit Dr. Metka resultierte das gemeinsame Buch „Cocktails – die besten Drinks der legendären Apotheke Bar in New York“, das den renommierten Gourmand Cookbook Award in der Sparte „gesunde Drinks“ in Paris gewann.
Begegnungen wie die mit Dr. Metka könnte man als einmaligen Zufall bezeichnen, würde es davon nicht schon so viele in Trummers Leben geben. Wenn er Einblicke in seine Vita gewährt, schwirrt einem der Kopf und das liegt nicht (nur) an den sensationellen Cocktails, die er so nebenbei am Tisch platziert.
Auf das enorme Kreativpotenzial des Wirtshaussohns, der die Gastronomiefachschule im steirischen Bad Gleichenberg absolvierte, wurden schon früh gastronomische Granden wie die österreichische Barlegende Rainer Husar und amerikanische Starköche wie David Bouley oder Geoffrey Zakarian vom Chambers Hotel aufmerksam, die den heute 48-Jährigen an ihre Seite holten.
Weitere wichtige berufliche Connections ergaben sich daraus im Dominoeffekt. Trummer eröffnete in Folge eigene Bars wie auf Long Island, entwickelte das Konzept der Mayday-Bar im Hangar-7, die er auch leitete, und trug als Barchef zum Erfolg der Grazer Thalia bei.
Eins, zwei, Polizei
Spätestens nach dem dritten Cocktail kann man sich nicht mehr des Eindrucks erwehren, dass es Trummer richtig gemacht hat. Er ist nicht stur einem Karriereplan gefolgt, sondern seinem Instinkt und hat Chancen gewittert, bevor sie überhaupt noch greifbar waren.
Dabei hat er den viel gerühmten American Way of Life verinnerlicht und weiß, dass man sich ständig verbessern, immer wieder neu erfinden muss, um weiterhin an der Spitze mitzumischen. Denn das Publikum dürstet es nicht nur nach hochqualitativen, kreativen Drinks, auch das Entertainment darf nicht zu kurz kommen. Und mit Showeffekten kennt Trummer sich aus.
Zu Apotheken-Zeiten bedeutete das unter anderem in Brand gesetzte Cocktails, Aktionen, für die er aber keine behördliche Genehmigung besaß. Eine Metropole wie New York, in der Gastronomen selbst für Kerzen eine Genehmigung brauchen, kennt in dieser Hinsicht jedoch kein Pardon.
Das musste auch Trummer bitter am eigenen Leib erfahren, als die Polizei zweimal seinen Laden stürmte, ihn vor den Gästen in Handschellen abführte und in eine Sammelzelle im Gefängnis steckte. Da in weiterer Folge die Polizei immer wieder vor Trummers Tür stand, war ein normaler Barbetrieb nicht mehr möglich und er gab die Apotheke 2012 auf.
Wenn jemand erzählt, dass er gastronomisch ruiniert war, geht man davon aus, dass sich derjenige eine Auszeit gönnte, um seine Wunden zu lecken. Auf Trummerisch übersetzt bedeutet das aber, dass er sich nach Miami abgesetzt und erfolgreich zwei weitere Hotelbars aufgezogen hat. Tatkräftig unterstützt wurde er dabei von seinem Sohn Jakob, der beruflich in die Fußstapfen seines Vaters getreten ist und auch im Sanatorium hinter dem Tresen steht.
Das Sanatorium, das Ende Sommer 2016 mit einem Soft-Opening startete, läuft sehr gut an, Prominente aus dem Showbiz tummeln sich hier ebenso wie die Barfly von nebenan. Der in Zeitungen wie der New York Times gefeierte „celebrity mixologist“ Trummer will in Zukunft mit dem Sanatorium-Konzept expandieren, als Standorte schweben ihm Wien und London vor. Eine begrüßenswerte Idee. Denn Albert Trummers Heilungsansatz funktioniert international.
www.sanatoriumnyc.com