Was Cuts für Fleisch-Monokonzepte der Zukunft bedeuten
Nur du allein
Mit dem Fleisch ist es bekanntlich so eine Sache. Was noch vor wenigen Jahren unverfänglicher Hochgenuss war, ist für viele zur problematischen Gewohnheit geworden. Klimawandel, Tierwohl, Gesundheit – die Gründe für die zunehmende Fleischskepsis in weiten Teilen der Bevölkerung haben es ohne Zweifel in sich. Und doch: So sehr Veganismus laut einer Vielzahl an Studien der wohl zukunftsträchtigste Ernährungstrend ist – so ganz ohne Fleisch mögen es Restaurantgäste dann eben doch (noch?) nicht.
Sie sind nur anspruchsvoller und penibler geworden, wenn es um das Stückchen Rind, Kalb oder Lamm geht, das ihnen da aufgetischt wird. In den vergangenen Jahren hat die Gastronomie auf diesen langsamen, aber doch mittlerweile nicht mehr wegzuleugnenden Umschwung reagiert. Vor allem im gehobeneren Segment. „Früher“, erklärt Daniel Veron, „konnte man Gästen ein ganzes Stück Fleisch inklusive Fett und Knochen servieren. Das geht heute nicht mehr. Heute muss ein Stück Fleisch so auf dem Teller landen, dass der Gast es einfach und zur Gänze degustieren kann.“ Der gebürtige Argentinier muss es wissen: Als Cut-Guru war er nicht nur jahrelang im legendären Steakhouse Gaucho in London tätig, sondern berät auch hocherfolgreiche Konzepte wie die El-Gaucho-Standorte der Familie Grossauer in Wien, München, Graz und Baden. Dort hat Veron mit seinem jahrzehntelangen Know-how – die graue Eminenz der Rindercuts ist immerhin über 60 – neben seinen ausgetüftelten Brattechniken eigene Cuts entwickelt und nachhaltig etabliert.
Damit befinden wir uns auch schon in medias res: Denn wer es heute mit seinem Fleischangebot im Restaurant ernst meint, der setzt nicht auf Bolognese, Cheeseburger und Pulled Pork zugleich. Sondern positioniert sein explizites Fleischkonzept nicht zuletzt anhand einiger Cuts, die dem Restaurant eine Art handwerkliches Profil verleihen, das Fleisch gewissermaßen zelebriert.
Nur du allein
Mit dem Fleisch ist es bekanntlich so eine Sache. Was noch vor wenigen Jahren unverfänglicher Hochgenuss war, ist für viele zur problematischen Gewohnheit geworden. Klimawandel, Tierwohl, Gesundheit – die Gründe für die zunehmende Fleischskepsis in weiten Teilen der Bevölkerung haben es ohne Zweifel in sich. Und doch: So sehr Veganismus laut einer Vielzahl an Studien der wohl zukunftsträchtigste Ernährungstrend ist – so ganz ohne Fleisch mögen es Restaurantgäste dann eben doch (noch?) nicht.
Sie sind nur anspruchsvoller und penibler geworden, wenn es um das Stückchen Rind, Kalb oder Lamm geht, das ihnen da aufgetischt wird. In den vergangenen Jahren hat die Gastronomie auf diesen langsamen, aber doch mittlerweile nicht mehr wegzuleugnenden Umschwung reagiert. Vor allem im gehobeneren Segment. „Früher“, erklärt Daniel Veron, „konnte man Gästen ein ganzes Stück Fleisch inklusive Fett und Knochen servieren. Das geht heute nicht mehr. Heute muss ein Stück Fleisch so auf dem Teller landen, dass der Gast es einfach und zur Gänze degustieren kann.“ Der gebürtige Argentinier muss es wissen: Als Cut-Guru war er nicht nur jahrelang im legendären Steakhouse Gaucho in London tätig, sondern berät auch hocherfolgreiche Konzepte wie die El-Gaucho-Standorte der Familie Grossauer in Wien, München, Graz und Baden. Dort hat Veron mit seinem jahrzehntelangen Know-how – die graue Eminenz der Rindercuts ist immerhin über 60 – neben seinen ausgetüftelten Brattechniken eigene Cuts entwickelt und nachhaltig etabliert.
Damit befinden wir uns auch schon in medias res: Denn wer es heute mit seinem Fleischangebot im Restaurant ernst meint, der setzt nicht auf Bolognese, Cheeseburger und Pulled Pork zugleich. Sondern positioniert sein explizites Fleischkonzept nicht zuletzt anhand einiger Cuts, die dem Restaurant eine Art handwerkliches Profil verleihen, das Fleisch gewissermaßen zelebriert.
Der Macher ist der Star
„Bei Single-Product-Konzepten steckt nicht nur beim Konsumenten, sondern beim Kreator ein Faible für das Produkt, das dadurch personalisiert wird“, bringt es der gastronomische Trendscout Andrew Fordyce auf den Punkt. „Es stecken spürbar Leidenschaft und mitunter auch eine Geschichte dahinter, die glaubhaft transportiert, dass die Qualität des Produktes an der Messlatte seines Machers gemessen wird.“ Klar, das muss sich nicht ausschließlich auf Fleisch beziehen. Doch das, was Fordyce den neuen „Mono-Fetisch“ nennt, gilt eben nicht nur für Quinoa-Bowls und Falafel, sondern umso mehr für das von den Konsumenten mit Argusaugen verfolgte Fleischangebot.
„Welches Stück liegt da auf meinem Teller? Wo wurde es zugeschnitten? Wo kommt das Fleisch her? Wie wurde gezüchtet und gefüttert?“ Alles Fragen, die immer mehr Gästen, die sich ein exquisites Stück Fleisch im Restaurant bestellen, auf der Zunge brennen – und die viele Gastronomen bereits proaktiv in die Speisekarten schreiben oder gar grafisch darstellen. Das Erstaunliche an dieser Umbruchphase: Sie fördert tatsächlich neue Cuts zutage, die nicht nur geschmacklich für Furore sorgen, sondern auch wirtschaftlich – heißt: was den Wareneinsatz betrifft – hochinteressant sind.
Ein Schulterstück als Sensationsfund
Da wäre zum einen das wohl spektakulärste Beispiel der letzten Jahre: das Flat Iron Steak. Von keinem Geringeren als „Professor Meat“ Dr. Chris Calkins in Nebraska erfunden, erlebte dieser Cut nicht zuletzt durch die Gründung eines gleichnamigen Restaurants – das heute mit acht Restaurants getrost als Kette bezeichnet werden kann – in London seinen Siegeszug. „Das Flat Iron Steak kommt vom Schulterstück“, erklärt Dr. Culkins, der als Professor für Meat Science an der Universität Lincoln in Nebraska unterrichtet. „Jahrelang wurde dieses Stück als zäh betrachtet, da es bei jeder Bewegung des Tieres beansprucht wird.
Wir haben aber festgestellt, dass einige der Muskeln sich als hochwertiges Steakfleisch verwenden lassen. Die Herausforderung war dabei, die richtigen Cuts zu finden. Bevor das Flat Iron von der Beef-Industrie aufgegriffen wurde, hat man es großteils als Braten oder als Hackfleisch unter seinem Wert verkauft. Durch den speziellen Cut hat man dann aber begriffen, dass einige Kilo Steakfleisch einfach durch den Fleischwolf gedreht werden. Mittlerweile werden jährlich zwischen 35 und 45 Millionen Kilogramm Flat Iron Steaks verkauft.“ Kein Wunder: Der Wareneinsatz ist um ein Vielfaches geringer als, sagen wir, beim Filet.
Die Zubereitung verhältnismäßig einfach – und das Ergebnis sehr, sehr schmackhaft. Charlie Carroll, Gründer und Geschäftsführer von Flat Iron in London, spricht von der „Demokratisierung von großartigem Steak“. Um gerade einmal zehn Pfund gibt es das im Flat Iron, von englischen oder irischen kleinen Farmern, die in bester Qualität liefern. Und: Im Flat Iron gibt es wirklich nur und ausschließlich Flat Iron. Kein Rumpsteak, kein Ribeye, sondern wirklich und ausschließlich Flat Iron. „Das Fleisch ist kurzfaserig und muss nur kurz gebraten werden“, erklärt Fordyce. „Es ist superzart und supersaftig. Medium-rare in dünnen Scheiben geschnitten, angerichtet auf einem heißen Stein, darunter zum Servieren ein Holzbrett, kommt es als Augenschmaus, bei dem sich sogleich Pfützen auf der Zunge bilden.“
Communication is key
Auch Daniel Veron tüftelte eigene Cuts aus und ist damit, bei aller Erfahrenheit, ganz Kind seiner Zeit: Für das El Gaucho kreierte der umtriebige Fleischpapst beispielsweise den berüchtigten Corona-Cut, der für die Speisekarte aus nachvollziehbaren Gründen ins englische übersetzt wurde mit King’s Cut. „Bei diesem Cut wird die Krone aus dem gut marmorierten Mittelstück des Rinderrückens geschnitten“, erklärt Veron. „Die äußere Fettschicht verleiht dem Fleisch einen einzigartigen Geschmack und spricht vor allem Leute an, die beim Fleisch gerne Fett dabei haben.“ Auch der Cut namens Tara de Ancho Ribeye stammt aus Verons Messer.
„Bei diesem Spezialschnitt wird ein großes Ribeye-Stück der Breite nach dünn aufgeschnitten, sodass die Fleischteile, die dieses Steak rund um das Fettauge vereint, perfekt genossen werden können“, so Veron. Damit wir uns aber keinen Illusionen hingeben: Mit dem Cut allein ist es heute trotz allem längst nicht gemacht. Denn das Handwerk muss auch entsprechend kommuniziert, um nicht zu sagen: inszeniert werden. Ob grafisch in der Speisekarte oder auf einer Wand dargestellt oder – wie im El Gaucho – auf einem Tablett in rohem Zustand zur Auswahl präsentiert: Die Möglichkeiten, den Kern eines Konzeptes an die Gäste zu bringen, sind genauso vielfältig wie unabdingbar. Das weiß auch Jefferson Rueda.
Der Schweinepriester
für den Küchenchef aus São Paulo klar: Fleisch ist die Zukunft. Wie und warum genau, wird anhand seines 2015 eröffneten A Casa do Porco klar. Dort nämlich dreht sich alles ums Schwein, oder besser gesagt: ums ganze Schwein. Denn in seinem Gourmettempel, das auf Platz 39 der prestigeträchtigen World’s 50 Best Restaurants steht, werden Schweine-Cuts serviert, von denen selbst die hartgesottenen Brasilianer noch nicht gehört haben. Ob nun Schweinebacke als Sushi oder Ohren und Schwänze als Kroketten bis hin zum Gesicht und der Schnauze, die zu Terrinen und Würsten verarbeitet werden, stehe die kulinarische Hommage an das beliebte Borstentier ganz im Zeichen des Respekts und des tieferen Verständnisses einer tierfreundlichen Aufzucht, Ernährung und eben Verarbeitung, wie Rueda betont. „Die Zukunft von Fleisch ist die transparente Rückverfolgbarkeit der Nahrungsproduktionskette“, so Rueda.
„Meine Arbeit besteht darin, das ganze Tier zu verarbeiten und damit Menschen nachhaltigen Fleischkonsum näherzubringen. Es ist einfach wichtig, diesen Austausch von Erfahrungen, von Kulturen und Rezepten zu haben und über die dazugehörigen Probleme und Lösungen zu sprechen – und damit auch über die Zukunft, die Fleisch ist“, so Rueda lakonisch. Fleisch ist gleich Zukunft – das wirkt angesichts der eingangs erwähnten Stichworte Klimawandel, Tierwohl und Gesundheit zumindest kühn. Man könnte hinzufügen: Weniger, besseres und durch innovatives Handwerk zelebriertes Fleisch ist die Zukunft. Möglich also, dass Fleischkonsum in absehbarer Zeit sehr wohl wieder unverfänglicher Hochgenuss wird, und der Beigeschmack der problematischen Gewohnheit bald hinter uns liegt.