Management: Stelleninserate rechtlich richtig gestalten
Die Schaltung eines Inserats in einer Zeitung oder einem Magazin gilt auch in Zeiten des Internets noch immer als bewährteste und zuverlässigste Art, einen neuen/eine neue Mitarbeiter/-in zu finden – vorausgesetzt, es gibt am Text nichts auszusetzen. Werfen Sie bitte einen Blick auf das Inserat auf der rechten Seite! So mancher Lapsus in der Wortwahl sollte Ihnen auf den ersten Blick auffallen, andere Fehlgriffe entdecken Sie vermutlich erst bei genauerem Hinsehen, wiederum andere fallen vielleicht überhaupt nicht auf.
Okay, wir geben es gleich zu: Das Inserat wurde von uns erstellt und ist vielleicht auch etwas übertrieben. Es soll aber auf anschauliche Weise darstellen, was man beim Verfassen einer Stellenanzeige so alles falsch machen kann. Der Grund: Die Wortwahl spielt eine größere Rolle denn je – sie bestimmt heute nicht mehr bloß die Attraktivität eines Inserates, sondern kann einen auch in Teufels Küche bringen …
Ein Beispiel: Ein Kaffeehausbesitzer sucht in einem Inserat eine „junge Kellnerin“, weil sie bekanntlich oft für wesentlich mehr Umsatz sorgt als ein altgedienter Kellner. In diesem Fall könnte jeder, der nicht jung oder keine Frau ist, den Urheber wegen alters- bzw. geschlechtsspezifischer Benachteiligung bei der Stellenbewerbung belangen – und damit nicht nur eine Bestrafung des Inserenten erwirken, sondern auch Schadensersatz für sich selbst einfordern. Und dies auch dann, wenn der Beschuldigte ohne böse Absicht gehandelt und sich vielleicht nur an gewisse Traditionen gehalten hat!
Die gesetzliche Grundlage. Die Grundlage dafür bilden das seit August 2006 in Deutschland gültige Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG; BGBl. I, S. 1897) bzw. das bereits seit Juli 2004 in Österreich gültige Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (GlBG; BGBl. Nr. 66/2004).
Ziel des AGG ist es, „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Das gilt in besonderem Maße für die Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit sowie für die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen.“
Auch das österreichische GlBG legt fest, dass „aufgrund des Geschlechtes, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden darf, insbesondere nicht bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses, bei der Festsetzung des Entgelts, bei der Gewährung freiwilliger Sozialleistungen, bei Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung, beim beruflichen Aufstieg, bei den sonstigen Arbeitsbedingungen und bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses“. Im Grunde genommen sollen diese Gesetze also nur die Diskriminierung von Menschen verhindern – bergen aber auch so manche Falle für arglose Dienstgeber.
Ein teurer Spaß. Was passiert, wenn man gegen das AGG bzw. GlBG verstößt – etwa durch einen inkorrekten Inseratentext?
Mag. Irmtraud Weinke ist eine der Gleichbehandlungsanwältinnen im österreichischen Bundesministerium für Gesundheit und Frauen: „Bei einem einschlägigen Verdacht wendet man sich an uns und wir prüfen dann den Sachverhalt. Ist ein Verstoß gegen das GlBG gegeben, so kann die Anwaltschaft eine Verwarnung oder Bestrafung durch die Bezirksverwaltungsbehörde beantragen.“ Beim ersten Mal wird ein/eine Arbeitgeber/-in nur verwarnt, erst beim zweiten Mal folgt eine Geldstrafe in der Höhe von bis zu EUR 360,–. Professionellen Arbeitsvermittlern/-innen traut man mehr Routine zu – dort wird bereits beim ersten Fehltritt abgestraft.
„Die geschädigte Person wiederum, deren Bewerbung aufgrund der Diskriminierung nicht berücksichtigt wurde, oder die ohne die Diskriminierung bei der Auswahl den Job sogar bekommen hätte, wird von uns an die Gleichbehandlungskommission verwiesen. Dort kann sie die Diskriminierung feststellen lassen und damit vor Gericht Schadensersatz in der Höhe von bis zu EUR 500,– bei grundsätzlicher Nichtberücksichtigung der Bewerbung bzw. mindestens ein Monatsentgelt bei Nichteinstellung trotz bester Qualifikation einklagen“, so Mag. Irmtraud Weinke weiter.
Der österreichischen Anwaltschaft für die Gleichbehandlung entspricht die deutsche Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Berlin ihren Sitz hat. Aufgaben und Vorgangsweise – und damit auch die möglichen Folgen für Dienstgeber und Geschädigte – sind mit jenen in Österreich vergleichbar.
Die logischen Konsequenzen. Natürlich gibt es Ausnahmen von all diesen Bestimmungen: Es liegt auf der Hand, dass auch weiterhin für die Position einer Primaballerina kein Mann, für den Job eines Busfahrers kein Blinder und für die Leitung eines katholischen Internats kein Moslem infrage kommt. Bei anderen Kriterien wird es da allerdings schon schwieriger: Diskriminiert etwa die Forderung nach mindestens fünf Jahren Berufserfahrung bereits alle Bewerber/-innen mit vergleichbarer Ausbildung, aber fehlender Praxis? Ein Streitfall. Ein klarer Verstoß ist dagegen der Wunsch nach einer maximalen Berufserfahrung von fünf Jahren, die ganz klar auf jüngere Bewerber/-innen abzielt.
So gesehen ist es nicht erstaunlich, dass AGG und GlBG für große Verunsicherung in den Personalbüros und Vermittlungs-agen-turen sorgen. In Deutschland sieht sich der Gesetzgeber breiter Kritik gegenüber, die nicht nur aus den Reihen der Unternehmer kommt, sondern auch von zahlreichen Rechtsberatern: Es gäbe zu viele Unklarheiten, wann Ausnahmen gerechtfertigt seien und wann nicht.
Außerdem öffne das neue AGG „Bewerbungsprofis“ Tür und Tor – also jenen Zeitgenossen, die sich für Stellen nur bewerben, um bei Absagen ordentlich Schadensersatz wegen Diskriminierung einfordern zu können. Die österreichische Rechtslage dagegen macht es für diese Leute fast unmöglich, ihrer einträglichen Tätigkeit nachzugehen.
Eines steht jedenfalls fest: Stellenanzeigen sollten künftig so neutral und objektiv wie möglich verfasst und weitgehend auf fachliche Qualifikationen beschränkt werden. Wer es noch nicht gemacht hat, muss also allmählich die Vorlagen für Stellenanzeigen und Bewerbungsbogen entrümpeln! Und nicht zuletzt wird es künftig von immer größerer Bedeutung sein, die Gründe für die Auswahl eines Bewerbers zu notieren, um in einem etwaigen Verfahren beweisen zu können, warum die Wahl genau auf ihn/sie und nicht auf den/die Kläger/-in fiel.
Die häufigsten Verstöße
Geschlecht:
Der Begriff „Servicemitarbeiterin“ impliziert, dass ausschließlich eine Frau gesucht wird, wodurch alle Männer benachteiligt sind. Die Formulierung „Ansprechende Erscheinung“ kann ebenso wie „Ganzkörperbild im Bikini“ (wie in unserem fingierten Inserat auf Seite 57) sogar als sexuelle Belästigung interpretiert werden.
Ethnische Herkunft:
Formulierungen wie „Deutsch als Muttersprache“, „europäischer Abstammung“ oder „Ausbildung in österr. Betrieb oder Schule“ stellen eine klare ethnische Diskriminierung dar. Selbst das Anfordern eines Bewerbungsfotos kann dazu führen, dass Interessenten behaupten könnten, aufgrund ihrer offensichtlichen ethnischen Herkunft abgelehnt worden zu sein.
Religion oder Weltanschauung:
Die Forderung „mit röm.-kath. Glaubensbekenntnis“ schließt alle anderen Religionen und Weltanschauungen aus und ist damit diskriminierend.
Behinderung:
Der Ausdruck „körperlich sowie geistig voll belastbar“ benachteiligt Behinderte. Noch drastischer ist die Formulierung „gute Gesundheit (keine chronischen Krankheiten oder Behinderungen)“.
Alter:
Der Passus „eine junge, blonde Servicemitarbeiterin“ oder „Sie sollten höchstens 25 Jahre alt sein“ stellt eine eindeutige altersspezifische Diskriminierung dar. Selbst der Ausdruck „unser junges, dynamisches Team“ ist problematisch, da er impliziert, dass in dem Unternehmen eventuell kein Platz für ältere Mitarbeiter ist.
Sexuelle Orientierung:
Ob jemand homo-, heterosexuell ist oder andere Neigungen hat, sollte natürlich ohnehin nicht zur Debatte stehen. Erhält der Dienstgeber darüber Kenntnis, so hat er diese Neigungen zu ignorieren.
Info:
Anwaltschaft für die
Gleichbehandlung.
www.bmgf.gv.at – Gleichbehandlung
gaw@gmbf.gv.at
Antidiskriminierungsstelle des Bundes
www.bmfsfj.de – Ministerium
ads@bmfsfj.bund.de
Fachstelle für Rassismus-bekämpfung
www.edi.admin.ch/frb
ara@gs-edi.admin.ch