Loyalität kann man sich nicht kaufen
Die Mitarbeitersuche ist ein Dauerbrenner der heimischen Hotellerie und Gastronomie. Für die Top-Betriebe der Branche ist die Suche neuer Mitarbeiter aber gar nicht so entscheidend, wie das Halten von guten Kräften. Toni Mörwald und Hans-Michael Leise von Accor berichteten auf einer angeregten Podiumsdiskussion über Modelle, mit denen sie ihre wertvollsten Mitarbeiter langfristig an ihr Unternehmen binden wollen. Naturgemäß stellt sich für einen börsenotierenden internationalen Hotel-Konzern wie Accor mit weltweit rund 158.000 Mitarbeitern dieses Thema anders dar, als für ein mittelgroßes österreichisches Unternehmen, wie Toni Mörwald eines leitet.
„Wir wollen jeden Mitarbeiter zum Mitunternehmer machen, damit er über seine unmittelbaren Aufgaben hinaus an die Zufriedenheit des Gastes denkt, denn darin liegt der langfristige Erfolg von Accor begründet. Damit dies keine leere Floskel bleibt, bieten wir all unseren Mitarbeitern die Möglichkeit, sehr günstig Accor-Aktien zu zeichnen“, so Leise. Für Mitarbeiter des Managements (vom Abteilungsleiter aufwärts) gibt es zusätzlich Stock-Options-Modelle.
Um neuen Mitarbeitern den Einstieg in die Accor-Welt zu erleichtern, wurde ein eigenes Paten-System entwickelt. Das bedeutet, dass jeder Mitarbeiter eine Art „Coach“ hat, an den er sich vertrauensvoll mit wirklich allen Anliegen wenden kann. „Damit wollen wir auch die Drop-Out-Rate, die in den ersten sechs Monaten normalerweise recht hoch ist, verringern“, erklärt Leise. Außerdem wird in der Accor-Welt auf das Wohlbefinden der Mitarbeiter größten Wert gelegt. Kleine Geschenke zum Geburtstag gehören genauso dazu, wie möglichst großes Entgegenkommen bei der Arbeitszeitgestaltung, um Familie und Job unter einen Hut zu bekommen. Leise fasst das so zusammen: „Das elfte Gebot lautet bei uns gelebte Wertschätzung. Das ist auf Dauer sogar wichtiger als das Gehalt, das bei Accor übrigens für alle Mitarbeiter über dem gesetzlichen KV-Lohn liegt.“ Um engagierten Mitarbeitern auch eine Entwicklungsperspektive zu geben, garantiert Accor jedem Mitarbeiter das Recht, einmal pro Jahr eine Fortbildungsveranstaltung zu besuchen.
MITARBEITER ERNST NEHMEN STATT MOTIVATIONSPROGRAMME
Toni Mörwald kann seinen Mitarbeitern verständlicherweise keine Stock-Options bieten, sieht in ihnen aber auch sein größtes Kapital: „Im Gegensatz zu Betriebsanlagen stehen die Mitarbeiter zwar nur als Kosten in der Bilanz, für den langfristigen Unternehmenserfolg sind sie aber viel entscheidender.“
Die verschiedenen Bereiche in Mörwalds Gastro-Imperium (die Gourmet-Restaurants Ambassador, Schloss Grafenegg, Zur Traube, Fontana und Kloster Und; die m-genuss-Betriebe, das Catering) werden von Teamleitern geleitet, die am Gewinn ihres Unternehmensbereichs beteiligt sind und auch bezüglich Personalauswahl und interne Organisation weitestgehend autonom entscheiden können.
Auch das Thema Fortbildung wird bei Mörwald groß geschrieben: Jeder Mitarbeiter bekommt jährlich zumindest eine 3-tägige Schulung bei der es jedoch nicht um die Vermittlung fachlicher Inhalte geht, sondern primär um Persönlichkeitsentwicklung.
Von klassischen Motivations-Aktivitäten hält Mörwald hingegen wenig. „Jemandem, der bei seiner Arbeit nicht motiviert ist, kann ich auch nicht helfen. Es ist viel wichtiger, sich darum zu kümmern, dass gute Mitarbeiter nicht demotiviert werden“, so Mörwald. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Mörwald-Mitarbeiter die Luxusprodukte und Dienstleistungen, die sie anbieten, auch kennen und schätzen. Im Gegensatz zu manchen internationalen Hotel-Konzernen ist allen Mitarbeitern ein Besuch in einem anderen Mörwald-Betrieb nicht nur erlaubt, er wird ihnen mit einer 50%igen Ermäßigung sogar extra schmackhaft gemacht. „Es ist sehr wichtig, dass das Service-Personal das Geschehen auch aus der Perspektive des Gasts kennt. So banale Dinge wie Raumtemperatur und die Lautstärke der Musik stellen sich je nach Perspektive unterschiedlich dar. Ich brauche dazu nicht externe Berater engagieren, bei uns funktioniert dieses Feedback intern“, so Mörwald. Auch der Tatsache, dass Köche am Anfang ihrer Karriere gerne „auf die Walz“ gehen, trägt Mörwald in besonderer Weise Rechnung. „Wenn ein engagierter junger Koch unseren Betrieb verlassen will, um in einen renommierten Betrieb zu lernen, habe ich dafür vollstes Verständnis. Ich helfe ihm mit meinen Kontakten sogar gerne dabei“, so Mörwald. Oft kommen diese Leute nämlich wieder gerne zurück, wie das Beispiel von Leonard Cernko zeigt.
Dieser hat mit 15 als Lehrling in Mörwalds Stammhaus Traube in Feuersbrunn begonnen und sich kontinuierlich bis zum Küchenchef hinaufgearbeitet. Mit 20 wollte er dann auch andere Betriebe kennen lernen. Mörwald kümmerte sich für Cernko um eine Stelle bei Reinhard Gerer im Korso und danach beim 4-Hauben-Koch Heinz Winkler in dessen Residenz in Aschau.
Mit der Eröffnung des Kloster Und in Krems hatte Mörwald dann vor 1 1/2 Jahren eine passende Stelle für den ambitionierten Cernko. Er bot dem damals 24-Jährigen den Posten eines Chefkochs im Kloster Und an, wo Cernko seither auf höchstem Niveau (3 Gault Millau-Hauben) kocht.
Fazit: So unterschiedlich Mitarbeiter-Programme bei Accor und Mörwald auch sind, in einem Punkt gleichen sie sich: Beide Unternehmen beschäftigen sich intensiv mit der Entwicklung ihrer Mitarbeiter und gehen so weit als möglich auf deren Bedürfnisse ein. Die Loyalität der Mitarbeiter kann man nämlich nicht kaufen, die muss sich jedes Unternehmen ehrlich erarbeiten …