Dr. Badass: Fleisch-Manifest – Teil 1
Mein Kalb – Ein Fleisch-Manifest – Teil 1
Mir ist bewusst geworden, dass ich ein Problem habe mit dem allgemeinen Umgang mit Fleisch. Vielleicht liegt es daran, dass die meisten Leute schon alleine beim Wort Beef wissen, was sie trinken wollen – einen schweren, charaktervollen Roten. Dabei könnte nichts weiter weg von der Wahrheit sein. Natürlich muss ich mir Gedanken über Proteine, Gemüse und Früchte machen. Die Basis sind immer fundamentale Elemente wie Säure, Tannine, Fruchtigkeit, Gewicht, Charakter des Weins und die Kombination mit Lebensmitteln wie beispielsweise Rindfleisch. Rindfleisch ist in meinem Fall die sprichwörtliche Leinwand, auf der die überwältigende Vielfalt der Weine gemalt, gemischt, gedämpft und hervorgehoben werden kann.
Aber die wesentliche Frage ist eigentlich: Was verstehst du unter Beef? Reden wir über Tatar, Brust, mariniertes Carpaccio, mageres Filet oder eine gut durchwachsene Rippe? Wurde es über speziellem Holz gegrillt, geräuchert, gekocht, gepökelt oder in der Pfanne kurz angebraten? Die Möglichkeiten sind hier wirklich schier unendlich. Das macht es auch extrem schwer, den Charakter von Beef zu verallgemeinern – da muss man doch schon spezifischer sein. Aber genau das ist doch unser Job, lieber Herr Fancy-Sommelier?
Mein Kalb – Ein Fleisch-Manifest – Teil 1
Mir ist bewusst geworden, dass ich ein Problem habe mit dem allgemeinen Umgang mit Fleisch. Vielleicht liegt es daran, dass die meisten Leute schon alleine beim Wort Beef wissen, was sie trinken wollen – einen schweren, charaktervollen Roten. Dabei könnte nichts weiter weg von der Wahrheit sein. Natürlich muss ich mir Gedanken über Proteine, Gemüse und Früchte machen.
Die Basis sind immer fundamentale Elemente wie Säure, Tannine, Fruchtigkeit, Gewicht, Charakter des Weins und die Kombination mit Lebensmitteln wie beispielsweise Rindfleisch. Rindfleisch ist in meinem Fall die sprichwörtliche Leinwand, auf der die überwältigende Vielfalt der Weine gemalt, gemischt, gedämpft und hervorgehoben werden kann.
Aber die wesentliche Frage ist eigentlich: Was verstehst du unter Beef? Reden wir über Tatar, Brust, mariniertes Carpaccio, mageres Filet oder eine gut durchwachsene Rippe? Wurde es über speziellem Holz gegrillt, geräuchert, gekocht, gepökelt oder in der Pfanne kurz angebraten? Die Möglichkeiten sind hier wirklich schier unendlich. Das macht es auch extrem schwer, den Charakter von Beef zu verallgemeinern – da muss man doch schon spezifischer sein. Aber genau das ist doch unser Job, lieber Herr Fancy-Sommelier?
Tatar und Carpaccio
Jeder scheint zu glauben, dass Champagner und Tatar zusammengehören wie Butter und Salz. Vielleicht liegt das daran, dass Tatar oft als Kanapee serviert wird und die erste zivilisierte Bestellung scheint bei jedem Event ein Glas mit Blubber zu sein. Aber lass mich doch der Erste sein, der dir sagt, dass diese Kombination leider stinkt!
Rohes Fleisch hat verständlicherweise einen blutigen und metallischen Charakter. Es ist der reine Geschmack des Fleisches. Der hohe Säuregehalt des Champagners verbunden mit der fehlenden Fülle, die das magere Tatar kompensieren würde, scheint eher das Fleisch anzufeinden, als sich mit ihm zu verbinden. Champagner verstärkt den metallischen Geschmack und wird selbst stählern, bitter und letztendlich ungenießbar.
Eine meiner stärksten Wein-Erinnerungen erlebte ich im Chez Nicolas Potel in Burgund. Er kaufte zu jeder Ernte ein ganzes Kalb für die Crew, die sich durch das Kalb von der Schnauze bis zum Schwanz durchfraß in diesen zwei bis drei Wochen. Wenn es endlich zum Tatar-Fest kam, brachte er aus dem Keller eine ganze Palette des Savennières „Clos de la Coulée de Serrant“ von Nicolas Joly hervor – von 1975 bis 2001.
Was blieb, war ein unvergesslicher Eindruck: Die Interaktion zwischen diesem fantastisch komplexen, ein wenig schwierigen, erdigen, nasswohligen Chenin blanc und dem einfachen, puren und einzigartigen Geschmack von frischem, rohem Fleisch.Der honigsüße Charakter der fermentierten Botrytis-infizierten Trauben schien auf das mineralische Fleisch zu nieseln. Er verwandelte das beißende metallische Konzert in eine Symphonie aus Geißblatt und einer Frühlingsbrise. Die typischen „Nasses-Schaf-Aromen“ fühlten sich wohl neben der leichten Derbheit des frischen Charolais-Fleisches. Der delikate exotische Geschmack des Weins nach Melone und asiatischer Birne funktionierte in der Kombination so gut wie die italienische Cantaloup-Melone mit Prosciutto.
Meine Freunde, das war ein Geschmacksfestival und die einzig richtige Wahl zum Tatar! Der Wein muss das aufweisen, was dem Gericht fehlt, und darf nicht nachahmen oder kollidieren.
Porter House
Unzählige Gerichte – viele darunter, bei denen wir es uns gar nicht vorstellen – funktionieren besser mit zwei Getränken als mit nur einem einzigen. Das ist das Schöne am Wein-Pairing: Wir dürfen Kontraste einbringen und andere Elemente hervorheben – alles in einem Gericht nur mit dem Wechsel des Weins. Manchmal sind die einfachsten Dinge viel komplexer, als man zuerst erwarten mag.
Auf der einen Seite ist das magere Filet und auf der anderen das gut marmorierte Strip loin. Das reichhaltige karamellisierte Fett des Steaks steht der gegensätzlichen Textur des mageren und sehnigen Filets gegenüber. Das ruhigere Filet verlangt nach einem eleganten Wein, der es ihm erlaubt, seine subtile intellektuelle Seite zu zeigen. Ein majestätischer Ruchottes-Chambertin oder ein zurückhaltender Pinot aus den kalifornischen Santa Rita Hills erreichen himmelsgleiche Töne.
Wohingegen die fette Seite des schroffen, erdigen Steaks einen Wein mit Biss braucht. Da lohnt sich ein Blick in Richtung des sonnigen Südens des Burgunds im Norden der Rhône. Ein Syrah aus den Hängen des Weingebietes Côte-Rôtie ist hier genau richtig. Seine pfeffrigen Noten schlingen sich um das Fleisch wie trockene Marinade, das rauchige Aroma des Syrah verschmilzt perfekt mit dem Grill- und Holzgeschmack.
Teil 2 des Fleisch-Manifestes von Justin Leone findest du hier.