Dr. Badass: Elementar, Mister Watson! (1/3)
Foto: Mike Krueger
Blindverkostungen wirken für viele wie billige Straßenzauberei, für manche vielleicht sogar wie verblüffende Detektivarbeit, aber genau genommen ist es das, was wir Sommeliers jeden Tag abliefern. Denn selbst unterbewusst analysieren wir permanent die verschiedenen Aspekte eines Weins, um seinen Charakter, die Qualität und die typischen Eigenarten herauszufiltern. Man muss ja nicht gleich der nächste David Copperfield oder Sherlock Holmes werden, aber wer die folgenden Schritte des perfekten Weinverkostens berücksichtigt, wird bald wie ein absoluter Wein-Pro palavern. Es führt zu intelligenteren Einkäufen und hilft vielleicht sogar dabei, deinen Kumpels bei der nächsten Samstagabend-Fußballparty die Show zu stehlen.
1. Ausgewogenheit
Würden wir uns diesbezüglich mit meinem Leben beschäftigen, wäre das etwas, wovon ich wenig Ahnung hätte. Blicken wir jedoch in mein Glas, ist eine tolle Balance ein absolutes Must. Stelle dir doch nur diese einfache Frage: Wenn du den Wein riechst, ist er gleich alkoholisch und brennt in der Nase? Riecht er sauer oder ist das Fass das Erste, was du riechst? Ein guter Wein sollte viele Komponenten beinhalten, aber nie sollte eine sich in den Vordergrund drängen. Nur etwas Säure, um den reifen Fruchtcharakter hervorzuheben, ein Hauch Tannin, um die Struktur festzulegen und ein Kuss Eiche, sollte die Rebsorte stark genug sein, um mit diesem Zusatzgewicht fertig zu werden. Erdig, ohne schmutzig zu sein. Aufregend, ohne zu abgefahren daherzukommen. Beinhaltet ein Wein all diese Dinge, habt ihr einen Volltreffer, liebe Freunde!
2. Komplexität
Dieser Punkt klingt härter, als er ist, drum lauft nicht gleich davon. Wenn man den Wein riecht, wie viel kann man schon darüber sagen? Es spielt auch keine Rolle, was…
Foto: Mike Krueger
Blindverkostungen wirken für viele wie billige Straßenzauberei, für manche vielleicht sogar wie verblüffende Detektivarbeit, aber genau genommen ist es das, was wir Sommeliers jeden Tag abliefern. Denn selbst unterbewusst analysieren wir permanent die verschiedenen Aspekte eines Weins, um seinen Charakter, die Qualität und die typischen Eigenarten herauszufiltern. Man muss ja nicht gleich der nächste David Copperfield oder Sherlock Holmes werden, aber wer die folgenden Schritte des perfekten Weinverkostens berücksichtigt, wird bald wie ein absoluter Wein-Pro palavern. Es führt zu intelligenteren Einkäufen und hilft vielleicht sogar dabei, deinen Kumpels bei der nächsten Samstagabend-Fußballparty die Show zu stehlen.
1. Ausgewogenheit
Würden wir uns diesbezüglich mit meinem Leben beschäftigen, wäre das etwas, wovon ich wenig Ahnung hätte. Blicken wir jedoch in mein Glas, ist eine tolle Balance ein absolutes Must. Stelle dir doch nur diese einfache Frage: Wenn du den Wein riechst, ist er gleich alkoholisch und brennt in der Nase? Riecht er sauer oder ist das Fass das Erste, was du riechst? Ein guter Wein sollte viele Komponenten beinhalten, aber nie sollte eine sich in den Vordergrund drängen. Nur etwas Säure, um den reifen Fruchtcharakter hervorzuheben, ein Hauch Tannin, um die Struktur festzulegen und ein Kuss Eiche, sollte die Rebsorte stark genug sein, um mit diesem Zusatzgewicht fertig zu werden. Erdig, ohne schmutzig zu sein. Aufregend, ohne zu abgefahren daherzukommen. Beinhaltet ein Wein all diese Dinge, habt ihr einen Volltreffer, liebe Freunde!
2. Komplexität
Dieser Punkt klingt härter, als er ist, drum lauft nicht gleich davon. Wenn man den Wein riecht, wie viel kann man schon darüber sagen? Es spielt auch keine Rolle, was eure Antworten sind. Es ist auch kein Test. Genau genommen bin ich viel mehr an den unkonventionellen Reaktionen interessiert als an den Theorien der Lehrbücher. Schweißsocken? Hotdog-Wasser eines Würstelverkäufers in Downtown Manhattan? Die Haare deines Hundes, nachdem er in Herbstblättern gewühlt hat? Unabhängig von deinem angeeigneten Weinwissen: Je mehr dich ein Wein anspornt, etwas zu formulieren, zu sehen oder zu fühlen, desto mehr heißt das, dass er Seele hat. Je mehr du imstande bist, all diese verschiedenen Aromen, Geschmäcke, Texturen und Eindrücke zu identifizieren, desto besser kannst du einen facettenreichen spannenden Wein von eindimensionalem Mist unterscheiden. Wie ich immer sage: Der wohl wichtigste Unterschied zwischen normalen Menschen und Freaks die sich Sommeliers nennen, ist der, dass wir nie aufhören zu suchen, zu erforschen und wirklich jedes Aroma, das um uns herumschwirrt, einzufangen versuchen. Eine frisch geteerte Straße? Bärlauch im Englischen Garten? Ein Orchideenbouquet deiner kranken Oma? Nur wenn man beim Erkennen von Düften besser wird, kann man diese Geruchs-eindrücke auch den dementsprechenden Weinen zuordnen. Versuch ganz einfach, so beschreibend wie möglich zu sein. Hör nicht bei „Apfel“ auf, sondern fordere dich selbst heraus festzustellen, ob es ein herber Granny Smith, süßer Pink Lady, ausgereifter Fuji oder fleischiger McIntosh ist.
3. Alter vor Schönheit
Die schmackhaften Feinheiten gereifter Weine sind nicht immer die leicht zugänglichen Glücksmomente des Lebens. Sie liegen wahrscheinlich eine knappe Sekunde hinter Dingen wie Kaffee, weißer Trüffel, Seeigelrogen oder der Durian-Frucht. Wie auch immer, mit Erfahrung und etwas Geduld werden die Freuden trinkbarer Geschichte bald zur Sucht. Sollte dir jemand einen Rotwein einschenken und da gibt es eine deutliche Verfärbung zwischen dem Zentrum des Glases und dem Rand, dann wird das Ganze interessant. Wir nennen es Mitte-Rand-Variation und es verhält sich fast ähnlich wie mit den Jahresringen bei Bäumen. Je mehr Farbvariationen vorhanden sind, desto älter ist der Wein. Bei Weißwein spielen Oxidation und Zucker eine gleichbedeutende Rolle. Auch Oxidation erhöht leicht die chemische Struktur eines Weins und führt dazu, dass er mit der Zeit immer dunkler wird. Am besten stellt man sich dabei einen halbierten grünen Apfel vor, den man für eine Stunde liegen lässt. Das Fruchtfleisch wird braun. Das muss nicht unbedingt ein Fehler sein, kann es aber, wenn der Wein dunkelbraun wird und nach Sherry schmeckt. Ein leicht salzig nussiger Charakter wird bei gereiften Weißweinen als positiv erachtet und intensiviert sich auch mit der Zeit. Der Zucker integriert sich allmählich mit der Säure und beginnt, sich aus dem Wein zu verflüchtigen. So wie es mit den Tanninen im Rotwein passiert, was den Wein weniger süß erscheinen lässt, obwohl er eigentlich gar keinen Zucker verliert. Das ist der Grund, warum ein 60 Jahre alter Sauterne besser zu Canapés beim Aperitif passt als zum Dessert danach.
4. Alte-Welt-Charme oder Nouveau-Neu
Die ewige Frage „Alte Welt“ versus „Neue Welt“ wird von manchen ja auch als „Qualität“ versus „Betrüger“ interpretiert. Wie auch immer, je kleiner die Welt wird, desto mehr verschwimmen die Grenzen. Wovon wir eigentlich sprechen, ist die Fähigkeit, den Ursprung eines Weines zu erschmecken. Bevor wir uns aber daran machen, die exakte Herkunft zu eruieren, geht es erst einmal darum, den eigentlichen Spirit des Safts auszumachen. Kommt er eher in einer romantischen Sprache daher oder im Hillbilly-Slang? Man sagt, dass ein Alte-Welt-Wein nach Erde, Mineralität, animalischen Aromen, Waldboden, Tabak und Ähnlichem schmeckt. Neue-Welt-Weinen sagt man nach, dass sie offenen Fruchtcharakter haben, mehr Sonnenschein im Glas zeigen, weniger grüne Aromen beinhalten und einen Mangel an anregender Säure sowie mineralischen Anteilen haben, was sofort klarmacht, dass ihre Heimat eben nicht in Europa liegen kann. Es gibt wirklich in jedem Land große Weine, Qualität wird daher nicht hinterfragt. Vielmehr ob der Stil Individualität hat und der Wein für die jeweilige Situation passend ist. Ein großartiger Hawks Bay Sauvignon blanc hat etwa bestimmt einen Beigeschmack von Stachelbeere und Katzenpisse, aber er wird nie die feurige Mineralität und den frischen grünen Grasgeschmack eines großartigen Pouilly-Fumé haben. Aber nichts-desto-trotz: Keiner dieser Weine versucht, etwas zu sein, das er nicht ist. Warum auch? Sie sind unterschiedlich, aber gleichsam großartig. Es lebe die Vielfalt!