Big Boss is watching you!

Videokamera, E-Mails, Detektive: Die Überwachung von Mitarbeitern ist ein heikles Thema. Wir listen auf, welche legalen Methoden Arbeitgebern zur Verfügung stehen und wovor Arbeitnehmer aufpassen müssen.
November 13, 2015

Fotos: Shutterstock, Pierre Nierhaus Consulting GmbH/Martin Joppen

Big Boss is watching you

Speicherung von Krankendaten, verdeckte Überwachung mittels Videokamera, Aufzeichnung der Telefonkommunikation, Ausspionieren via Social Networks, Detektive. Eine Befragung von Betriebsräten deutscher Unternehmen (Quelle: „Süddeutsche“) belegt die Wahrheit: Viele Chefs zeigen keine Scheu vor der Privatsphäre ihrer Mitarbeiter – jeder siebte Betrieb verstößt gegen den Datenschutz seiner Beschäftigten. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen.

In Amerika scheut man sich nicht, die Arbeitnehmer-Überwachungstaktik auf die Spitze zu treiben: Im 1200-Zimmer-Luxusbunker „Hilton Americas-Houston“ wurde nun ein Digitales Videosystem installiert, das auf Gesichtserkennung basiert. Mit diesem System, das sogar in den Garagen platziert ist, können abhan-dene Koffer lokalisiert, VIP-Gäste wiedererkannt – aber auch verdächtige Mitarbeiter ausspioniert werden…

Fotos: Shutterstock, Pierre Nierhaus Consulting GmbH/Martin Joppen

Big Boss is watching you

Speicherung von Krankendaten, verdeckte Überwachung mittels Videokamera, Aufzeichnung der Telefonkommunikation, Ausspionieren via Social Networks, Detektive. Eine Befragung von Betriebsräten deutscher Unternehmen (Quelle: „Süddeutsche“) belegt die Wahrheit: Viele Chefs zeigen keine Scheu vor der Privatsphäre ihrer Mitarbeiter – jeder siebte Betrieb verstößt gegen den Datenschutz seiner Beschäftigten. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen.

In Amerika scheut man sich nicht, die Arbeitnehmer-Überwachungstaktik auf die Spitze zu treiben: Im 1200-Zimmer-Luxusbunker „Hilton Americas-Houston“ wurde nun ein Digitales Videosystem installiert, das auf Gesichtserkennung basiert. Mit diesem System, das sogar in den Garagen platziert ist, können abhan-dene Koffer lokalisiert, VIP-Gäste wiedererkannt – aber auch verdächtige Mitarbeiter ausspioniert werden.

Arbeitskräfte, die an den Stechuhren nicht regelkonform agieren und Zusatzstunden schinden, haben durch die High-Tech-Überwachung keine Chance mehr – die Kameras sehen alles, auch, ob und wann das Auto in der Garage parkt. „Wir sparen dem Hotel enorm viel Geld, indem wir diese Angestellten erwischen und das Problem kontrollieren“, meint der Sicherheitsmanager des Hotels in einem Bericht des Herstellers der Kamerasysteme. So weit geht man in Europa zwar noch nicht, jedoch werden immer wieder Fälle bekannt, in denen Mitarbeiter systematisch bespitzelt werden – nicht nur mittels Technik.

Von der Krankenstand-Kontrolle bis zu Detektiven, die Mitarbeiter bis ins Privatleben ausspionieren, kommt alles vor, bestätigt auch Sebastian Riesner von der deutschen Gewerkschaft für Nahrung-Genuss-Gaststätten. „Es passiert, dass in Konferenzräumen Gespräche über Laptop-Cams aufgezeichnet werden oder Mitarbeiter vermuten, über das Voice-Over-IP-Telefonsystem abgehört zu werden“, sagt Gerda Heilegger von der Arbeiterkammer in Wien. Legal sei das alles nicht – jedoch käme es selten zu Prozessen, da sich die betroffenen Mitarbeiter aus Angst um Ihren Job nicht wehren würden.

Ohne Betriebsrat, der etwa Mitspracherecht beim Einsatz von Videosystemen hat, seien Beschwerden schwer durchzubringen, sind sich Experten einig. In Entlassungsprozessen gäbe es ohnehin kein klares Beweisverwertungsverbot – was bedeutet, dass meist auch nicht genehmigte Überwachungsdaten als Beweise gegen Mitarbeiter geltend gemacht werden können.

Dienstgeber rechtfertigen den Einsatz von Bespitzelung nicht nur damit, die Sicherheit im Unternehmen garantieren zu wollen, sondern auch, um „schwarze Schafe“ zu entlarven. Dabei wird auch vor der Inanspruchnahme anderer Mitarbeiter als Kontrollorgan nicht haltgemacht – was nicht legal ist: So werden auch IT-Kräfte in die Mangel genommen, um Daten wie Mails, Internetprotokolle oder Social Network-Infos über bestimmte Mitarbeiter zu besorgen – sofern der Chef nicht bereits ein Programm besitzt, mit dem er sowieso nach Belieben Einblick darauf nimmt.

Schwierig sind die gesetzlichen Grauzonen – so etwa bei privater Internetnutzung oder dem Schreiben von Privatmails, die im Dienstvertrag ausdrücklich verboten werden müssten, damit ein Verstoß des Mitarbeiters geltend gemacht werden kann – trotzdem wären diese Methoden laut den Arbeitnehmervertretern ein Eingriff in die Privatsphäre.

"Internetnutzung im normalen Rahmen ist erlaubt. Das Schreiben von Privatmails müsste vom Chef explizit verboten werden."

Seit dem letzten Jahr werden in Deutschland die Forderungen nach einem Gesetz lauter, das Firmen verpflichtet, effektive Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter zu ergreifen.
In Kraft getreten ist es noch nicht. Auch in Österreich seien die Regelungen schwammig und allgemein, man versuche aber, neue Datenschutzregeln für Arbeitnehmer durchzubringen, so die Arbeiterkammer.

Zur Person:

Sebastian Riesner
Sprecher der NGG,
Region Berlin-Brandenburg

Die NGG vertritt unter anderem die Interessen der Beschäftigten aus dem Bereich Gastgewerbe – so auch in puncto Mitarbeiterüberwachung.
www.ngg.net

Mitarbeiter wehren sich selten
Meist überwiegt die Angst um den Arbeitsplatz.

Machbar ist alles
Nach vielen aufgedeckten Fällen hat eine Sensibilisierung auf dem Gebiet der Mitarbeiterüberwachung stattgefunden. Trotzdem nehme diese ständig zu, meint der deutsche Sprecher der NGG Sebastian Riesner. Denn rein technisch sei alles realisierbar.

ROLLING PIN: Welche Methoden der Mitarbeiterinspektion werden in der Gastronomie und Hotellerie angewendet?
Sebastian Riesner: Am häufigsten die Überwachung mittels Videokamera, manchmal auch inklusive Tonaufnahme. Auch an den Kassensystemen beim Bonieren oder an der Rezeption – es ist großteils alles vernetzt, Arbeitsleistungen können technisch ausgewertet oder finanzielle Manipulationen aufgedeckt werden. Auch Detektive und Mystery Shopper werden immer wieder eingesetzt.

"Oft wird ein schwarzes Schaf als Grund für die pauschale Überwachung genannt."

RP: Inwiefern sind diese Systeme eigentlich legal?
Riesner: Sofern die Überwachung per Videokamera permanent ist und die Mitarbeiter nichts davon wissen, also wenn die Kameras versteckt sind, ist das als Eingriff ins Persönlichkeitsrecht zu bewerten. Beim E-Mail-Verkehr und der Internetnutzung gilt der Datenschutz, trotzdem wird seitens der Arbeitgeber häufig bespitzelt. Bei privaten E-Mails etwa müsste der Chef für transparente Verhältnisse sorgen und die Arbeitehmer ausdrücklich darauf hinweisen, dass diese kontrolliert werden.

RP: Und wie könnte man sich als Mitarbeiter dagegen wehren?
Riesner: Juristisch gesehen kann man den Chef auffordern, die Überwachung zu unterlassen und in weiterer Folge den Eingriff ins Persönlichkeitsrecht beim Arbeitsgericht einklagen. Praktisch gesehen ist dieser Weg aber immer schwierig. Und natürlich haben Arbeitnehmer auch immer Angst um ihren Job – weshalb es selten zu wirklichen Beschwerden kommt, auch wenn sich ein Mitarbeiter dadurch persönlich angegriffen fühlt.

RP: Womit rechtfertigen Arbeitgeber den Einsatz von Überwachungssystemen?
Riesner: Nun ja, Kameras sind in Hotels Standard und dienen auch der Sicherheit. Mittels Detektiveinsätzen sind schon viele ungewollte Mitarbeiter „gegangen worden“. Oft wird aber auch nur ein scheinbar schwarzes Schaf im Betrieb als Grund für die pauschale Überwachung genannt.

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Pierre NierhausSeit 18 Jahren werden in Nierhaus’ Betrieben Kameras eingesetzt –
die Mitarbeiter wissen das und sind auch über die Gründe für die Überwachung aufgeklärt.

"Jeder Mitarbeiter muss wissen, welche Konsequenz das Kontrollsystem hat."

Pierre Nierhaus | GF Pierre Nierhaus Consulting GmbH, Betreiber des Restaurants „Frollein“ in Frankfurt

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5 smarte Überwachungstools

Wie loyal sind Ihre Mitarbeiter? – Finden Sie es heraus! Was Sie beachten müssen, um bei der Kontrolle Ihrer Arbeitnehmer im legalen bereich zu bleiben, lesen Sie hier.

Methode 1:
Lesen von E-mails

Schwierig, denn im Einzelnen ist die Sachlage in diesem Punkt gesetzlich noch nicht endgültig geklärt. Die Inhalte privater E-Mails zu lesen, ist in jedem Fall unzulässig, da man damit ins Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters eingreift. Sogar, wenn die private Nutzung von E-Mail-Konten vom Boss ausdrücklich verboten wurde, darf die Kontrolle der Arbeitnehmer keinesfalls so weit führen, dass die E-Mails vom Vorgesetzten gelesen werden. Allenfalls die Verkehrsdaten dürfen geprüft werden – neben der Betreffzeile zählen dazu die Mailadressen des Absenders und des Empfängers.

Methode 2:
Kontrolle mittels Datenabgleich

Stichwort Korruptionsbekämpfung – so groß und sinnvoll der Anreiz für den Chef auch erscheinen mag: Das Abgleichen von Kontodaten der Mitarbeiter mit den Kontoinformationen von Lieferanten ist maximal dann legitim, wenn bereits ganz konkrete Verdachtsfaktoren vorhanden sind. Dabei gilt es zu beachten, dass jene Mitarbeiter, die nichts mit Lieferanten zu tun haben, keinesfalls mit einbezogen werden dürfen.

Methode 3:
Installation von Videokameras

Unbedenklich ist die offene Überwachung des Personals durch Videokameras, sofern es um den Schutz vor Straftaten geht – etwa an einem Bankschalter. Eine Aufzeichnung durch verdeckte Kameras ist nur dann rechtlich einwandfrei, wenn es um konkrete Delikte geht, die nicht auf eine andere Art aufgedeckt werden können. Davor wird ein eventueller Einsatz von Testkäufern oder -gästen notwendig sein, bevor es zu einer verdeckten Überwachung via Kamera kommen kann. In Sanitär- und Umkleideräumen ist jede Form der Videoüberwachung klarerweise unzulässig.

Methode 4:
Telefongespräche mithören

Achtung: Die Überwachung von Mitarbeitern in Form des Mitlauschens oder gar Mitschneidens von Telefonaten ist mehr als problematisch! Ohne die explizite Zustimmung beider beteiligter Gesprächspartner (also, auch der des Mitarbeiters)kann man sich dabei als Arbeitgeber strafbar machen. Auch telefonische Verbindungsdaten dürfen nur dann kontrolliert werden, wenn private Telefonate ganz offiziell verboten sind.

Methode 5:
Beauftragung von Detektiven

Wenn es die einzige Möglichkeit ist, mutmaßliche Straftaten oder Pflichtverletzungen eines Mitarbeiters festzustellen, dürfen Arbeitgeber auch auf Privatdetektive zurückgreifen – sofern ein Anhaltspunkt zu einer Straftat besteht. Der Spitzel kann beispielsweise auch als verdeckter Kunde oder als Arbeitnehmer ins Unternehmen eingeschleust werden. Mystery Shopper oder sogenannte virtuelle Kunden werden ebenfalls zur Analyse von Verkaufs- und Umgangspraktiken sowie Produktivität des Personals eingesetzt.

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