17 Fragen an Carsten K. Rath
Der Rockstar unter den Hoteliers
Mit Buchtiteln wie „Sex bitte nur in der Suite“ und „Ohne Freiheit ist Führung nur ein F-Wort“ weiß Carsten K. Rath zu provozieren. Ob die Führungsriege der Hotellerie sich mit Themen wie der Entfesselung ihrer Mitarbeiter auseinandersetzen will? Egal, sie muss es sich anhören! Denn der 50-jährige Unternehmer, der in seiner Jugend eigentlich Tennisprofi werden wollte, kennt den Prunk und Glanz der Branche genauso wie ihre Abgründe. 20 Jahre arbeitete er in Kettenhotels – äußerst erfolgreich: Auf der Karriereleiter kletterte er hoch bis zum Geschäftsführer der Robinson Club GmbH, Vorsitzender der Geschäftsführung der Arabella Hotel Holding International und CEO der Arabella Starwood Hotels & Resorts Worldwide sowie zum Mitglied des Aufsichtsrats der Design Hotel AG. Bis er 2008 ausstieg und die Hotelgesellschaft Lifestyle Hospitality & Entertainment Group gründete, zu der das Kameha Grand Bonn, das Kameha Grand Zürich, die Kameha Suite in Frankfurt und die Kameha Residences in Düsseldorf gehören. Warum sein Hauptfokus heute auf seiner RichtigRichtig.com-Managementberatung liegt und welche Rolle weiterhin sein Steckenpferd, die Hotellerie, spielt, dazu steht Carsten K. Rath in den folgenden 17 Fragen Rede und Antwort.
1. Grandhotelier, Unternehmer, Speaker – mit welcher Berufsbezeichnung fühlen Sie sich am wohlsten?
Der mit dem Wort tanzt. Das ist nicht so einfach. Am ehesten identifiziere ich mich mit Unternehmer und Vortragsredner.
Der Rockstar unter den Hoteliers
Mit Buchtiteln wie „Sex bitte nur in der Suite“ und „Ohne Freiheit ist Führung nur ein F-Wort“ weiß Carsten K. Rath zu provozieren. Ob die Führungsriege der Hotellerie sich mit Themen wie der Entfesselung ihrer Mitarbeiter auseinandersetzen will? Egal, sie muss es sich anhören! Denn der 50-jährige Unternehmer, der in seiner Jugend eigentlich Tennisprofi werden wollte, kennt den Prunk und Glanz der Branche genauso wie ihre Abgründe. 20 Jahre arbeitete er in Kettenhotels – äußerst erfolgreich: Auf der Karriereleiter kletterte er hoch bis zum Geschäftsführer der Robinson Club GmbH, Vorsitzender der Geschäftsführung der Arabella Hotel Holding International und CEO der Arabella Starwood Hotels & Resorts Worldwide sowie zum Mitglied des Aufsichtsrats der Design Hotel AG. Bis er 2008 ausstieg und die Hotelgesellschaft Lifestyle Hospitality & Entertainment Group gründete, zu der das Kameha Grand Bonn, das Kameha Grand Zürich, die Kameha Suite in Frankfurt und die Kameha Residences in Düsseldorf gehören. Warum sein Hauptfokus heute auf seiner RichtigRichtig.com-Managementberatung liegt und welche Rolle weiterhin sein Steckenpferd, die Hotellerie, spielt, dazu steht Carsten K. Rath in den folgenden 17 Fragen Rede und Antwort.
1. Grandhotelier, Unternehmer, Speaker – mit welcher Berufsbezeichnung fühlen Sie sich am wohlsten?
Der mit dem Wort tanzt. Das ist nicht so einfach. Am ehesten identifiziere ich mich mit Unternehmer und Vortragsredner.
2. Der Begriff Grandhotelier hing Ihnen lange an. Haben Sie sich davon ein Stück weit verabschiedet?
Überhaupt nicht. Grandhotelier ist ja kein Titel, das ist ein Beruf und beschreibt das Aufgabenfeld, in dem ich tätig war. Das wird mir aber heute nicht mehr gerecht, da es sicher breiter gefächert ist. Grandhotelier ist ein Wort, das früher große Relevanz für mich hatte, heute aber nicht mehr wichtig ist. Ich empfinde das eher als Kompliment.
Viele junge Menschen, aber auch viele Gäste sehen die Hotellerie als Glamour aus „Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll“.
Carsten K. Rath kennt das Leben hinter der Bühne nur zu gut.
3. Im Rahmen der Eröffnung Ihres Hotels Kameha Grand Zürich im Jahr 2015 haben Sie das Buch „Sex bitte nur in der Suite. Aus dem Leben eines Grand Hoteliers“ geschrieben und das Leben hinter den Kulissen beleuchtet.
Das war für mich ganz wichtig, die Branche auch beidseitig zu beleuchten. Viele junge Menschen, aber auch viele Gäste sehen die Hotellerie als Glamour aus „Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll“. Das ist natürlich eine tolle Bühne, auf der wir uns bewegen, aber es ist eben nur eine Bühne und eigentlich viel mehr: Blood and sweat and teams.
4. Der Start in Zürich war durch den Frankenschock und weltweite Krisen alles andere als leicht, die Auslastung mit unter 50 Prozent sehr mäßig. Wie hat sich das Hotel inzwischen am Markt etabliert?
Jetzt nach zwei Jahren sind wir wirklich sehr klar positioniert. Wir haben auch eine Umpositionierung durchgezogen. Wir stellen fest, dass der Kunde sich verändert hat, und zweitens, dass sich die Ansprüche des Kunden verändert haben. Darauf sind wir in einer Fokussierung eingegangen, die es uns erlaubt hat, eine Repositionierung des Hauses durchzuführen, die uns erfolgreich gemacht hat. Insofern steht das Hotel gut im Markt da.
5. Wie sah diese Umpositionierung konkret aus?
Die Zeiten der Zielgruppenfokussierung sind lang vorbei. Ich habe einen Artikel über den paradoxen Kunden geschrieben, der heute bio möchte und morgen billig, der tatsächlich Currywurst und Kaviar will. Dementsprechend müssen wir auch unser Angebot anpassen. Das heißt, die Zeit, in denen man ausschließlich Luxushotellerie betreiben kann, ist auf sehr wenige Häuser geschrumpft, vielleicht das Grandhotel in Baden-Baden oder die Villa d‘Este. Aber die urbane Grandhotellerie, wie ich sie heute erlebe, ist viel paradoxer und darauf haben wir uns eingestellt. Wir haben die Prozesse aus Kundensicht neu gedacht. Die Grandhotellerie war ja früher so ein Maßregelungsstil, heute gibt der Kunde den Stil vor und wir passen uns dem besser an.
6. Ein Beispiel dafür ist die klassische Minibar. Wie sind Sie zu dem Schluss gekommen, dass die überholt ist?
In dem Fall war es aus eigener Erfahrung. Ich verbringe selbst sehr viele Nächte in anderen Hotels und habe in keiner Minibar exakt das angeboten bekommen, was ich haben wollte. Der Wein hatte die falsche Farbe, die Cola war eine Diet Coke. Das ist das Prinzip Gießkanne, das da ausgeschüttet wird. Nur ein Kompromiss, der nie genau das Wohlbefinden des Gastes treffen wird. Wir haben herausgefunden, dass es drei Pakete gibt, die die Gäste bevorzugen, und die bieten wir an. Das ist einmal das Manager-Paket für den gepflegten Absturz nach dem Meeting, ein sehr alkoholreiches Paket. Dann haben wir das Health-Paket für diejenigen, die in Sachen Yoga und Sport unterwegs sind, und dann haben wir das Genießer-Paket für diejenigen, die keinen Alkohol trinken, aber gerne so was wie Schokolade nehmen. Seit wir die Pakete anbieten, hat sich der Umsatz nicht nur verdoppelt, vor allem hat sich die Gästezufriedenheit deutlich erhöht, weil wir feststellen, dass die Menschen darauf eingehen.
7. Unser Konsumverhalten läuft heute vor allem nach dem Motto „On-Demand“ ab. Wir wollen Essen und Trinken, was, wann und wie wir wollen.
Deshalb finde ich auch diese Roomservice-Charge pervers. Wenn ich im Spa liege, das vielleicht einen halben Kilometer von der Roomservice-Küche entfernt ist, dann wird kein Roomservice-Aufschlag verlangt. Wenn ich aber im Zimmer liege, dann gibt es einen Aufschlag. Das ist in meinen Augen eine sehr billige Variante, dem Gast Geld aus der Tasche zu ziehen, die nicht sehr edel ist. Bei mir gibt es diese Roomservice-Charge auch nicht.
8. Sie haben 30 Jahre erfolgreich in der Kettenhotellerie in Führungspositionen gearbeitet. Heute lehnen Sie diese Art des Führungsstils ab. Warum?
Ich war jung und brauchte das Geld. Ich habe das doch am Anfang selbst nicht gewusst. Da kommt man in so Situationen in seinem Berufsleben, wird erfolgreich, übernimmt neue Positionen, hat mehr Verantwortung. Wie lernen wir denn Führung? Wie Kinder, wir gucken bei Vorbildern und Vorgesetzten ab, probieren aus, fallen auf die Schnauze, investieren wieder von vorne. Es hat sich noch niemand nach oben „gefehlert“, man muss weniger Fehler machen als andere, um erfolgreich zu sein. Gut ist das nicht! Wie war das damals? Es war so, dass ich die gleichen Fehler gemacht habe wie andere, aber irgendwann gemerkt habe, dass ich unter den Fehlern der anderen so litt, dass es für mich nicht mehr ging.
9. Welche Fehler waren es, die Sie dazu brachten, die Welt der Hotelketten hinter sich zu lassen?
Ich habe gemerkt, dass es um alles ging, aber nicht mehr um den Gast. Es ging um die eigene Karriere, um die Politik, um Macht, um Positionen, um Seilschaften. Aber eben nicht mehr um den Gast. Auch für mich.
Es ging um die eigene Karriere, um die Politik, um Macht, um Positionen, um Seilschaften. Aber nicht mehr um den Gast.
Carsten K. Rath verabschiedete sich nach 20 Jahren aus der Kettenhotellerie
10. Sie selbst bezeichnen Ihren Führungsstil als unkonventionell. Was kann man sich darunter vorstellen?
Er ist fördernd, klar, präzise und das ist unbequem. Er ist nicht interpretationsfähig, er lässt keinen Raum für Spekulation, sondern ist sehr verantwortungsausgerichtet. Das heißt, der Führungsstil gibt Menschen die Freiheit, verantwortlich zu agieren, was aber auch bedeutet, die Verantwortung zu übernehmen.
11. Als Managementberater ist eines Ihrer großen Themen die Entscheidungsfreiheit von Mitarbeitern. Dazu haben Sie das Buch „Ohne Freiheit ist Führung nur ein F-Wort“ geschrieben. Wie viel Provokation gehört bei Ihnen zum Geschäft?
Natürlich polarisiere ich, das ist mir schon klar. Wir erhalten sehr viel Zuspruch für den Titel. Ich habe auch einen Artikel geschrieben, der hieß „Rettet die Frontschweine“. Das war der Artikel, der am allerbesten gelaufen ist von allen meinen Artikeln, die ich je geschrieben habe. Warum? Weil viele „Frontschweine“, die eigentlichen Stars unserer Branche, sich tatsächlich angesprochen fühlten.
12. Aber wenn es um so ein sensibles Thema wie Entscheidungsfreiheit, also Macht abgeben geht, will das dann die Führungsriege wirklich hören?
Spannende Frage, wie das mit der Vorschlaghammer-Methode ist. Die habe ich mir auch immer wieder gestellt. Ich glaube, es gibt beides: Es gibt die Führungskraft, die sagt: „Jawohl, das ist so.“ Oder die Führungskraft, die mein Buch kauft und ein anderes dazu kauft und drauflegt, damit man nicht sieht, dass sie mein Buch gekauft hat. Mein Anspruch ist aber kein erzieherischer, sondern der, zum Nachdenken anzuregen und der Führungskraft Ideen mitzugeben, einmal los- und lockerzulassen. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, das ist alles andere als einfach.
13. Als Speaker und Berater haben Sie einen tiefen Einblick ins Business, wo liegen die größten Defizite?
Ich glaube in zwei Bereichen: Einmal darin, den Mitarbeitern wirklich Freiheiten zu geben, Entscheidungen am Gast zu treffen. Wenn ich alles reglementiere und dem Mitarbeiter nicht die Freiheit gebe, dann wird er sich kein Selbstbewusstsein erarbeiten. Der Chef, der seinen Mitarbeitern nichts zutraut, wird Mitarbeiter haben, die sich nichts trauen. Der zweite Faktor ist eine gewisse Großzügigkeit in Kleinigkeiten. Wenn ich alles überreglementiere, wenn ich für alles Prozesse habe, dann wird das schiefgehen.
14. Wenn Sie in Ihre Betriebe schauen – Hand aufs Herz –, wie sind die aufgestellt?
Auf die Frage habe ich an 365 Tagen 365 verschiedene Antworten. Manchmal gelingt mir das sehr gut und dann gelingt es mir wieder schlecht. Das ist sicherlich eine Operation am offenen Herzen. Ich weiß zumindest darum und ich arbeite jeden Tag daran, aber ich bin genauso nah dran und weit weg wie viele andere auch. Alleine das Sich-auf-den-Weg-machen, das Besprechen – alleine dadurch entsteht schon ein Spiegel, in dem sie mit ihren Mitarbeitern sprechen. Ich hoffe, dass wir ein Stückchen weiter sind als andere, gleichwohl ist es schwierig, wenn man jemanden aus anderen Unternehmen übernimmt, der kommt unfrei zu einem, und ihm dann die Freiheit zu geben, das ist nicht so einfach.
15. Wie weit reichen diese Freiheiten Ihrer Mitarbeiter?
Ein Beispiel: Da kommt ein Gast an die Rezeption und will ein Apple-Ladegerät, das hat der Mitarbeiter aber nicht. Dann muss er seinen Vorgesetzten fragen, ob er eines kaufen darf. Der Vorgesetzte muss dann den Finanzdirektor fragen und der muss den Papst anrufen. Das führt natürlich nicht zu Kundenbegeisterung. Wir geben unseren Mitarbeitern klare Entscheidungsbefugnisse. Zum Beispiel kann in unserem Unternehmen jeder bis zu einem vierstelligen Betrag alleine entscheiden und dafür auch die Verantwortung übernehmen. Das dient alles dazu, den Gast zu begeistern. Dafür muss man manchmal auch Geld in die Hand nehmen und Entscheidungen treffen, die außerhalb der Norm liegen. Die Norm dient dem Gast, nicht der Gast passt sich der Norm an.
16. Sie haben sich bewusst komplett aus dem operativen Geschäft der Kameha Hotels zurückgezogen. Warum?
Ich möchte zur Zeit nicht mehr operativ in einem Restaurant oder Hotel stehen, jedenfalls im Moment. Das kann sich auch wieder ändern. Ich habe mich jetzt entschieden, anderes intensiver zu tun. Ich bin aber weiter als Verwaltungsrat in der Hotellerie, bin auch noch Eigentümer meiner Gesellschaft, aber ich möchte nicht operativ tätig sein. Mein operativer Teil ist in der Unternehmensberatung. Wir haben die Chance, an fünf Tagen fünf verschiedene Unternehmen kennenzulernen. Das schaffe ich in der Hotellerie nicht.
17. Wenn Sie Ihr persönliches Ideal eines Hotels entwerfen könnten, wie würde es aussehen? Wäre es eher ein Stadthotel oder am Land?
Ich bin ja genauso paradox wie mein Gast. Das ist sehr unterschiedlich, je nach Tagesverfassung und Bedarf. Mal mache ich Urlaub, mal verbinde ich Urlaub mit Arbeiten, mal arbeite ich nur. Es ist auf jeden Fall eines, extrem persönlich. Wenn es Menschen gibt, die mich als Menschen wahrnehmen, die meinen Namen und meine Vorlieben kennen und mich nicht als Nummer sehen, dann fühle ich mich sehr wohl.
www.carsten-k-rath.com