Warum Tiago Sabarigo auf Ungarns Fine-Dine-Szene setzt
Ein Mann, der kam, um den Gourmethimmel zu erleuchten – in einem Land, das gerade erst die kulinarische Elektrizität kennenlernte, dieses Blitzlichtgewitter am Gaumen. Tiago Sabarigo ist einer, der es auslösen kann: Dem Costes Downtown in der ungarischen Hauptstadt Budapest erkocht er in Windeseile einen Stern. Nur zehn Monate hat es gedauert, um genau zu sein. Was verschlägt einen Meister wie Sabarigo in die kulinarische Steppe? Was verschlug ihn überhaupt in die Gastronomie?
Der richtige Anstoß
Eines gleich vorweg: Der gebürtige Portugiese wollte keineswegs schon immer ein Chef sein. „Ich habe meine Berufung erst mit 20, 21 Jahren gefunden“, erzählt Sabarigo. Das Gastro-Gen lag ihm zwar nicht in der DNA, aber seine Gene halfen ihm in diesem Fall trotzdem weiter.
Sein Vater brachte ihn auf den richtigen Weg: weil der Sohn nicht so wirklich wusste, was er mit seinem Leben machen sollte. „Also gab er mir einen kleinen Schubs in die richtige Richtung“, sagt der Sternekoch rückblickend. Auf der Culinary School in Lissabon entdeckt er seine Leidenschaft und seine Neugier. Die Passion wird ihn nicht mehr loslassen.
Ein Mann, der kam, um den Gourmethimmel zu erleuchten – in einem Land, das gerade erst die kulinarische Elektrizität kennenlernte, dieses Blitzlichtgewitter am Gaumen. Tiago Sabarigo ist einer, der es auslösen kann: Dem Costes Downtown in der ungarischen Hauptstadt Budapest erkocht er in Windeseile einen Stern. Nur zehn Monate hat es gedauert, um genau zu sein. Was verschlägt einen Meister wie Sabarigo in die kulinarische Steppe? Was verschlug ihn überhaupt in die Gastronomie?
Der richtige Anstoß
Eines gleich vorweg: Der gebürtige Portugiese wollte keineswegs schon immer ein Chef sein. „Ich habe meine Berufung erst mit 20, 21 Jahren gefunden“, erzählt Sabarigo. Das Gastro-Gen lag ihm zwar nicht in der DNA, aber seine Gene halfen ihm in diesem Fall trotzdem weiter.
Sein Vater brachte ihn auf den richtigen Weg: weil der Sohn nicht so wirklich wusste, was er mit seinem Leben machen sollte. „Also gab er mir einen kleinen Schubs in die richtige Richtung“, sagt der Sternekoch rückblickend. Auf der Culinary School in Lissabon entdeckt er seine Leidenschaft und seine Neugier. Die Passion wird ihn nicht mehr loslassen.
2001 schließt er seine Ausbildung ab –und beginnt direkt, im Four Seasons in der portugiesischen Hauptstadt zu arbeiten. Vier Jahre bleibt er dort, dann zieht es ihn in die Ferne. „Seit ich angefangen habe zu kochen, wollte ich immer ins Ausland gehen. Ich wusste, dass ich reisen muss, um andere Länder, andere Küchen, andere Gerichte kennenzulernen“, sagt Sabarigo.
Das auserwählte Restaurant soll kein geringeres als Gordon Ramsays Petrús in London sein. Wer nun an ein hartes Auswahlverfahren denkt, der irrt. „Um ehrlich zu sein, habe ich mich einfach nur beworben“, erinnert sich der Küchenchef. „Es war sehr einfach“ – oder Sabarigo war eben sehr gut. Der Anruf kommt schnell und der damals 24-jährige Koch packt seine Sachen.
Londons härteste Pflaster
Man muss wissen: Wer im Petrús arbeitet, braucht keine Aufnahmeprüfung, denn nur die Besten bleiben. Auf das, was ihn dort erwartet, hätte den Portugiesen niemand vorbereiten können. 16 Stunden Arbeit, vier Stunden Schlaf. „Es war hart, aber das ist in London normal“, sagt der Küchenchef und gibt zu: „Ich habe von einem 10-Stunden-Job in einen 16-Stunden-Job gewechselt. Das war ich absolut nicht gewohnt.“
Ich musste mich zusammenreißen. Es war das, was ich wirklich machen wollte. Und dafür war ich dort.
Aufgeben gibt’s nicht bei Tiago Sabarigo
Ob es jemals einen Moment gab, in dem er aufhören wollte? „Den ganzen ersten Monat“, sagt der Portugiese und lacht kurz, um gleich darauf wieder ernst zu werden: „Ich musste mich zusammenreißen. Es war das, was ich wirklich machen wollte. Und dafür war ich dort.“ Es gab keine Abkürzung und nur eine Antwort auf all die Zweifel: Mach es einfach! Das sei auch das Wichtigste gewesen, das er im Petrús gelernt hat: weiterzumachen, ganz egal, wie schwer es wird.
Mit diesem Vorsatz kämpft er sich auch zu seiner nächsten Station. Im Texture führt der Isländer Aggi Sverisson den Portugiesen durch die nordische Küche, die seine Linie auch heute noch beeinflusst. „Im Texture hat man mir zum Beispiel beigebracht, wie ich am besten an Lebensmittel herangehe. Dass wir Zutaten genau so, wie sie in der Natur vorkommen, präsentieren sollten“, erzählt Sabarigo. Dass es eher härter als einfacher wird, sieht die Kämpfernatur schon lange als Herausforderung. „Du hast irgendwann den Wunsch, dir selbst zu beweisen, dass du es schaffen kannst“, resümiert der Küchenchef.
Immer wieder sagt er in Interviews, dass die richtige Einstellung alles ausmache, dass man Skills lernen – und lehren – könne. Die Branche ist eben hart, but so what? Wer den Willen mitbringt, kann alles lernen, kann alles werden, was er möchte. So wie Sabarigo, der ein kulinarisches Niemandsland im Sturm erobert.
Die Chance seines Lebens
2015 holt Miguel Vieira ihn nach Ungarn, genauer gesagt in seine Hauptstadt Budapest. „Ich kannte Miguel, den Corporate Chef der Costes Group, schon lange. Wir waren wie Brüder. Er wollte mich immer nach Ungarn holen. Aber ich wusste, dass ich zuerst reisen und mehr lernen muss“, sagt Sabarigo. Denn Vieira zieht es früher nach Budapest: 2008 eröffnet er dort das Costes, das 2010 seinen ersten Stern erhält – es ist auch der allererste, den der Michelin an Ungarn vergibt. Als ein paar Jahre später der Ableger Costes Downtown im Raum steht, kann dessen Küchenchef nur Tiago Sabarigo heißen. Ein Anruf genügt und der Portugiese packt erneut seine Koffer.
Das Angebot, nach Ungarn zu gehen, sei die Chance seines Lebens gewesen. „So konnte ich den nächsten Schritt zum Küchenchef machen“, sagt er. Es sei wichtig gewesen, das System kennenzulernen: Man müsse sich selbst, aber gleichzeitig auch die Abteilungen verbessern. „Auch wenn eine Abteilung sehr gut arbeitet, kann es sein, dass du zur nächsten gehst und von vorne beginnst.“ Auch dafür hat Sabarigo ein Rezept, seine allgemeingültige Formel: Du musst dich selbst pushen, dann bekommst du es hin. Dass der Mann an der Küchenspitze immer unter Strom steht, scheint ihn selbst gar nicht zu stören. Sabarigo weiß, was er will, Sabarigo weiß, wie er es bekommt.
Seinen ersten eigenen Stern zum Beispiel. „Wir kannten die Anforderungen. Auch wenn der Stern nicht unser Hauptziel war, wussten Miguel und ich, dass wir es früher oder später schaffen würden“, sagt der Küchenchef. Auch wenn er von der Idee des Sterns „nicht besessen“ ist: Er und sein Team erhalten ihn nur zehn Monate nach der Eröffnung des Costes Downtown. Das ist nicht nur Rekordtempo, sondern auch für Ungarn eine Sensation. Sabarigo erhält den erst fünften Stern der Nation.
Wüstenblume
Was dank seiner Zielstrebigkeit so einfach und geradlinig klingt, war praktisch ein harter Brocken. „In Ungarn zu arbeiten, ist schwierig“, erzählt der Portugiese, „man wird schwer akzeptiert“. Aber Sabarigo zeigt, was er kann – und verdient sich Respekt: im In- und Ausland.
Ich bin Portugiese. Ungarische Küche erwartet bei mir niemand. Damit kann ich Gäste überraschen.
Tiago Sabarigo entwickelt im Costes Downtown die ungarische Küche weiter
Das Costes Downtown ist ein großes Unterfangen. „Wir servieren Frühstück, Mittagessen und Abendessen. Wir haben keinen Ruhetag, es ist viel los“, sagt Sabarigo. Im Downtown ändert er das Menü alle zwei bis drei Monate – je nachdem, welche Zutaten die Saison gerade hergibt. „Manchmal steht ein Gang auch nur einen Monat lang auf der Karte, weil die Zutaten dafür eben nur in einer gewissen Zeitspanne die beste Qualität haben“, erklärt der Küchenchef, dessen Stil zwischen nordischer und lokaler ungarischer Küche mit asiatischen und portugiesischen Einflüssen einzuordnen ist.
Er verfolgt den Ansatz, den Ungarn heimische Küche zu servieren, um bei ihnen Erinnerungen zu wecken. „Ich bin Portugiese, ungarische Küche erwartet bei mir niemand. Damit kann ich die Gäste überraschen“, sagt Sabarigo. Ständig arbeitet er an der Weiterentwicklung der Karte, seiner Persönlichkeit und seines Teams. Seine Küchenbrigade zählt 18 Köpfe: eine große Mannschaft, aber die Küchenzeiten verlangen das. Für ihn ist der Kocholymp ein Teamsport, alle navigieren das Boot gemeinsam durch den Sturm, niemand sitzt bloß herum. „Ich hätte dafür manchmal lieber 22 Leute in meiner Küche“, scherzt Sabarigo.
Sterne-Nieselregen
Das umfangreiche Angebot mache es auch schwer, sich auf den zweiten Stern zu fokussieren. „Es wäre nicht unmöglich, aber es ist auch wirklich nicht einfach. Um ehrlich zu sein, hoffe ich trotzdem, dass wir ihn bekommen können“, sagt der Portugiese. Mehr Potenzial sieht er dagegen im Schwesterrestaurant Costes: „Dort wollen wir den zweiten Stern.“ Würde es den Schritt schaffen, stünde es in einer Reihe mit dem Onyx, das im Dezember 2018 als erstes Restaurant in Ungarn zum Zweisterner wurde. Sechs weitere sind mit jeweils einem Michelin-Stern bedacht.
Die kulinarische Steppe Ungarns scheint doch langsam, aber stetig aufzublühen und zur Wüstenblume zu werden. „In den letzten zehn Jahren hat es sich verbessert, es gibt besseres Essen, bessere Qualität und bessere Chefs“, erzählt Sabarigo. Aber vor allem junge Köche müssten lernen, dass der Lernprozess nach der Ausbildung nicht vorbei ist, sondern gerade erst begonnen hat, den Willen aufbringen, über sich selbst hinauszuwachsen und dafür auch Abstriche zu machen.
Und Sabarigo ist einer, der es wissen muss, einer, aus dem noch immer Demut, Respekt und Vorfreude sprechen – für das, was noch kommen kann. Seine Koffer packt er aber nur noch, um in den Urlaub zu fahren. Denn seine Zukunt sieht er ganz klar in Budapest. „Ich fühle mich im Costes Downtown zu Hause, ich fühle mich auch in Ungarn zu Hause. Ich bin mit einer wunderschönen ungarischen Frau verheiratet. Mein Leben hat die perfekte Balance“, fasst er zusammen. Nach Portugal zieht es ihn nur noch gelegentlich – um seine Familie zu sehen. Selbst wenn er sich irgendwann seinen Traum erfüllt und sein eigenes Restaurant eröffnet, Sabarigo ist sich sicher: Seine kulinarische Bühne bleibt die ungarische Hauptstadt. Aber was die Zukunft letztendlich bringt, steht wohl in den Sternen.
Hier geht’s zu Tiago Sabarigos Rezept: Passionsfrucht
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