Paolo Casagrande: Bis es sitzt
Nomen est omen. Vielleicht. Dann hätte Paolo Casagrande entweder große Häuser bauen oder, so wie er es getan hat, im kulinarischen Nabel der Welt der erste Hirsch am Platz werden sollen. Jedenfalls etwas Großes vollbringen, in einem wichtigen Haus. Zwei Jahre ist es her, seit der Jubel durch die Hallen des Restaurants Lasarte an der Posh-Promenade „Paseo de Gracia“ in Barcelona gingen. Das Lasarte Restaurant ist das erste Restaurant der Stadt, das mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet ist. Die Küche führt Paolo Casagrande. An der Tür steht der Name Martín Berasategui. Ein baskischer Koch, der in seiner Heimat sein ebenso triple-besterntes Headquarter unter seinem Namen führt. Paolo gehört schon lange zur kulinarischen Familie von Martín Berasategui.
„Ausgemacht war ein Jahr“, lacht der Italiener. „Inzwischen sind es 15.“ Davor kochte er mit gleich fünf Seniorinnen, die ihn zur
Nomen est omen. Vielleicht. Dann hätte Paolo Casagrande entweder große Häuser bauen oder, so wie er es getan hat, im kulinarischen Nabel der Welt der erste Hirsch am Platz werden sollen. Jedenfalls etwas Großes vollbringen, in einem wichtigen Haus. Zwei Jahre ist es her, seit der Jubel durch die Hallen des Restaurants Lasarte an der Posh-Promenade „Paseo de Gracia“ in Barcelona gingen. Das Lasarte Restaurant ist das erste Restaurant der Stadt, das mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet ist. Die Küche führt Paolo Casagrande. An der Tür steht der Name Martín Berasategui. Ein baskischer Koch, der in seiner Heimat sein ebenso triple-besterntes Headquarter unter seinem Namen führt. Paolo gehört schon lange zur kulinarischen Familie von Martín Berasategui.
„Ausgemacht war ein Jahr“, lacht der Italiener. „Inzwischen sind es 15.“ Davor kochte er mit gleich fünf Seniorinnen, die ihn zur Sternegastronomie bringen sollten, und lief komische Wortkreationen rufend durch die Gänge eines Luxushotels in Gran Canaria. Alles aus gutem Grund und alles, weil er es schlichtweg gerne getan hat. „Ich habe nie nach Plan gehandelt, sondern immer einfach das getan, was ich gerne tue.“ Hätte sich das der zwölfjährige Junge aus dem 4000-Seelen-Dorf im italienischen Treviso gedacht, als er zu kochen begonnen hat? „Natürlich nicht.“ Nicht einmal geträumt hat er es.
Paolo Casagrande wollte technischer Zeichner werden. Weil seine Freunde das auch wollten. So einfach. Sein Vater brachte ihn seinerzeit mit der Frage, warum er das denn plane, obwohl seine Zeichnungen doch eher abstrakt seien und vor allem mit weit weniger Leidenschaft geladen als die vielen freiwilligen Stunden hinter dem Herd, dann doch dazu, sich an der Hotellerieschule in Treviso einzuschreiben. „Ich kann heute noch nicht ohne Basilikum kochen. Und ich liebe Parmesan und Mozzarella. Das sind eben meine Wurzeln.“ Die hat Casagrande keinesfalls vergessen, und sie prägen die Küche im Restaurant Lasarte. Auch wenn sein Name nicht auf der Türe steht. Paolo Casagrande erklärt das so: „Martín und ich haben uns voll und ganz einander versprochen.
Brüderlich, freundschaftlich und professionell. Hier in Barcelona bin ich sozusagen er in der Küche. Aber jedes Restaurant braucht auch seine eigene Identität. Das ist der Punkt, an dem Paolo Casagrande und die Crew ins Spiel kommen.“ In Gerichten manifestiert sich das als „Gegrillte Taube mit Oliven, Galgant, Kapern und Karotte“, eine Hommage an Casagrandes Heimat, sowie in „Gemüsesalat mit Blütenblättern, Kräutern, Sprossen und Bretonischem Hummer“, ein Klassiker von Martín Berasategui, der in all seinen Restaurants auf der Karte steht. Stört ihn das? Nein, sonst wäre er nicht mehr hier. Und was solle einen auch daran stören, wenn man mit einem der Großen Hand in Hand arbeitet und von den der Gastronomie sehr zugetanen Besitzern des Hotels, in dem sich das Restaurant Lasarte befindet, eingeladen wird, in einem regelrechten Küchenferrari zu werken. Jedenfalls nicht absagen, als Berasategui Casagrande im Jahr 2012 auf die Mailbox spricht.
Lernen um jeden Preis
Doch zurück zu den gleich fünf Seniorinnen, die den besternten Italiener überhaupt erst auf die Idee brachten, seinen Weg so zu gehen, wie er es getan hat. Denn die ehemalige Bankangestellte und ihre Freundinnen starteten ihren zweiten Karriereweg nach der Pensionierung: mit den Ersparnissen ein Restaurant eröffnen. Eines, in dem sie alle Tipps und Tricks, die sie in den Jahrzehnten zuvor bei zahlreichen Kursen bei Kochgrößen gelernt hatten, anwenden. Und gehörig Erfolg damit ernten. Casagrande war mit seinen 17 Jahren Jungspunt und der einzige Koch mit Ausbildung im Lokal. Die Detailverliebtheit der Küche sowie des gesamten Ambientes brachte ihn auf den Geschmack. Den der Top-Gastronomie, der Arbeit mit Top-Produkten sowie Top-Leuten. „Nach meiner Ausbildung ging ich für ein Jahr nach London. Ich wollte lernen. Und nach meinem Wehrdienst für drei Jahre nach Paris. Ich habe immer gearbeitet. Stages gingen leider nicht“, so der Italiener.
„Danach wollte ich entweder nach New York oder Spanien. Welches von den beiden, war mir egal. Ich wollte dorthin, wo ich mehr lernen konnte.“ Und so sollte es ein prägendes Wochenende werden, an dem der junge Casagrande von Paris ins Baskenland jettete. Casagrande: „Ich bin am Freitag nach der Arbeit mit dem Zug nach San Sebastián gefahren und am Sonntagabend so retour, dass ich am Montag früh wieder in der Küche stehen konnte.“ Die Reise hat sich ausgezahlt. Zwei Monate später sollte Casagrande im 3-Sterne-Restaurant Martín Berasategui im baskischen Örtchen Lasarte-Oria anfangen. „Nach eineinhalb Jahren wollte ich weiter. Neues lernen. Wenn Leute in die Gastro-Familie passen, dann sieht Martín, dass sie auch bleiben. Damals wie heute. Und so habe ich für ihn die Hoteleröffnung in Gran Canaria gemanagt.“ Casagrande: „Ich weiß noch, wie ich damals „Garrote!“- rufend durch die Gänge lief. Die anderen haben mich für verrückt gehalten.
Heute kennt die Wortkreation jeder, die aus einer Scherzerei mit Martín entstanden ist. Wir machen uns damit Mut und feuern uns an.“ Das erklärt, warum auch das Michelin-Männchen am Chef´s Table des Lasarte, umrundet von Glasfronten, die einen bis in die Töpfe der Poissoniers zwei Stöcke tiefer blicken lassen, schwarzen Fliesenkacheln und Hochglanz-Technik „Garrote!“ ruft. Schließlich gehört es zur Familie. Selbstverständlich hat Casagrande in Gran Canaria auch viele andere Dinge getan, als „Garrote!“ zu rufen, und so ging es viereinhalb Jahre und einen Michelin-Stern später für Casagrande zurück nach Italien.
Doch nur bis zu besagtem Telefongespräch: „Paolo, wir müssen in Barcelona den dritten Stern holen. Und ich möchte das mit dir gemeinsam machen.“ Warum? Weil Paolo Casagrande wahrscheinlich der geduldigste Koch der Welt ist. Zumindest scheint es so. Und nicht aufhört, bis es getan ist. Mit einer Logik, die durch ihre Einfachheit besticht. „Kein Teller kommt auf die Karte, bevor er nicht besser ist als der vorherige.“ Und: „Als Küchenchef gehe ich selbst mit gutem Beispiel voran. Aber wir sind alle gleich. Ich habe nur ein bisschen mehr Erfahrung“, so der Italiener, für den Geschrei, Rassismus und fliegende Pfannen ein absolutes No-Go sind. „Das ist die schlechteste Art zu lernen. Ich habe es selbst erlebt und nie gemocht.
Das gibt es bei uns nicht. Wir arbeiten alle hart. Aber halten zusammen und helfen uns“, so Casagrande. Man kann ihn sich auch wirklich schwer brüllend vorstellen, diesen Italiener mit dem sanften Lächeln, der von sich selbst sagt, dass er mit wenig glücklich ist. „Ich hoffe, das verliere ich nie. Ich möchte das Leben genießen und würde immer wieder Koch werden. Ich wollte Sprachen lernen, reisen und kochen. Und genau das habe ich getan.“
Auf die Frage, mit wem er gerne einmal essen würde, meint der Sternekoch: Roger Federer. „Ich bewundere ihn für seine Disziplin und sein elegantes Spiel.“ Obwohl er eigentlich lieber für ihn kochen würde, bessert sich Casagrande selbst aus. Und eigentlich ist das auch gar nicht so abwegig, wird dem Italiener während des Gesprächs klar. „Es ist doch schon wirklich großartig, wohin es einen bringen kann, wenn man nur seinem Herzen folgt und das tut, was man gerne macht, nicht?“
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