Mit Schirm, Charme und Essstäbchen
Es ist schon eine verkehrte Welt: Der beste Rapper ist ein Weißer, der beste Golfer ist ein Farbiger – und zwei der besten asiatischen Restaurants stehen in London und gehören einem Deutschen! Es war freilich kein Zufall, dass Rainer Becker nach einer mehrjährigen Tätigkeit als Küchenchef bei Hyatt in Sydney, Tokio und London sein erstes eigenes Lokal ausgerechnet in der britischen Metropole ansiedelte: „Mit 40 merkte ich plötzlich, dass mein Adrenalinspiegel dort nicht hoch genug war. Ich wollte ein eigenes Restaurant – und nicht nur das: Ich wollte das beste Sushi-Lokal der Welt eröffnen, und kein Ort schien mir dafür geeigneter als London!“
Tatsache ist, dass die Stadt an der Themse bereits seit einigen Jahren weltweit die Trends in der asiatischen Küche vorgibt. In keiner anderen Metropole der Welt wurde die asiatische Kochkunst in einem derartigen Ausmaß revolutioniert und an keinem Ort der Welt wurde das Image asiatischer Restaurants derart stark korrigiert wie in London. Die neuen Lokale setzen mit ihrem extremen Qualitätsanspruch und ihren futuristischen Designs absolut neue Maßstäbe und erweisen sich damit als international wegweisend.
Sein erstes Restaurant nannte Rainer Becker „Zuma“ – und für die meisten Gäste hat das Lokal im Stadtteil Knightsbridge auch ein paar Jahre nach seiner Eröffnung nichts von seiner Attraktivität eingebüßt. Das Zuma ist nach wie vor eine der ersten Adressen für alle Freunde der zeitgemäßen japanischen Küche, und die Zahl jener, die noch nie vom Zuma enttäuscht waren, ist Legion. Schon das Design, das eine harmonische Verbindung aus schweren, unbehauenen Steinblöcken und graziler, heller Holzarchitektur darstellt, sorgt für eine unvergleichliche Atmosphäre. Neben dem eigentlichen Speisebereich gibt es zwei private Speiseräume für jeweils etwa ein Dutzend Gäste, ferner eine Sushi-Theke und eine Sake Bar & Lounge.
Die Speiskarte bietet neben köstlichen Sushi- und Sashimi-Kreationen eine Vielzahl an Spezialitäten vom Robata-Grill sowie die deliziösen Köstlichkeiten, für welche das Lokal berühmt ist. Mehrere Degustationsmenüs und himmlische Desserts runden das Angebot ab. „Wir haben uns von jener Art von Küche inspirieren lassen, wie sie in Tokio sowohl bei den Japanern als auch bei den Europäern besonders beliebt ist.“ Das Einzige, was sich das stylishe Lokal vielleicht vorwerfen lassen muss, ist die Tatsache, dass man nur sehr schwer einen Tisch bekommt – das Spiel mit dem Anrufbeantworter erfordert schon ein gewisses Maß an Geduld, zahlt sich aber auf alle Fälle aus. Vorausgesetzt man hat genug Geld dabei: Die Gerichte werden in sehr kleinen Portionen serviert und will man sich samt entsprechender Weinbegleitung durchkosten, so muss man schon ein kleines Vermögen hinblättern…
Angesichts des enormen Erfolges des Zuma war es nur eine Frage der Zeit, bis sich Rainer Becker zur Eröffnung eines zweiten Restaurants entscheiden würde. Im Jahre 2004 war es dann so weit: Das „Roka“ öffnete in Bloomsbury seine Pforten uns steht sowohl in architektonischer als auch in kulinarischer Hinsicht dem Zuma um nichts nach. Neben einem todschicken Ambiente mit Fenstern, die vom Boden bis zur Decke reichen, werden auch hier moderne Interpretationen der japanischen Küche mit gewissen Einflüssen aus anderen Ländern und Regionen Asiens geboten. Leider können auch die Preise fast mit jenen des Zuma Schritt halten…
Von Japan nach China
Neben Rainer Becker gilt Alan Yau als eine der zentralen Figuren der modernen asiatischen Küche Londons. Auch der gebürtige Hongkong-Chinese hat die britische Hauptstadt als Stätte seines Wirkens auserkoren und kann sich in puncto Einfallsreichtum durchaus mit Becker messen. Schon in den Neunzigerjahren hatte Yau mit der internationalen Asia-Kette „Wagamama“ großen Erfolg und verkaufte diese mit einem satten Gewinn. Dabei sieht sein erstes Restaurant, das „Hakkasan“ von außen wesentlich unscheinbarer aus als die Gourmettempel seines deutschen Kollegen. Die schlichte Fassade einer ehemaligen Parkgarage in Bloomsbury lässt kaum vermuten, dass sich dahinter ein mit einem Michelin-Sternen geschmücktes Lokal verbirgt, das in den letzten Jahren zu einem der beliebtesten In-Treffs der Londoner Feinschmeckerszene geworden ist.
Ist man aber erst einmal die Treppe in das Kellergeschoss hinabgestiegen, so tut sich eine Welt voller Luxus und Eleganz auf. Der große Raum ist in eine Barsektion und den eigentlichen Speiseraum gegliedert, in dem dunkle Holzparavents und gedimmte Beleuchtung für eine intime Atmosphäre sorgen. „Ich wollte eine emotionale Architektur“, kommentiert Alan Yau die Innengestaltung, mit der er den Franzosen Christian Liaigre beauftragt hatte, der unter anderem die Wohnsitze von Karl Lagerfeld und Calvin Klein konzipierte. Als Chefkoch leistete er sich den ehemaligen Executive Chef des Ritz Carlton Singapore, und die Küche unterscheidet sich deutlich von jener der anderen Chinarestaurants in London. Unter den vielen originellen Gerichten – wie etwa „in Szechuantee geräucherte Rippchen“ – stechen vor allem die am Nachmittag angebotenen Dim-Sum-Spezialitäten hervor. Auffällig sind die vielen hervorragenden Weißweine aus Deutschland und Österreich die zu den Kreationen gereicht werden. Am auffälligsten ist aber vermutlich die Tatsache, dass Vor-, Haupt- und Nachspeise nicht existieren, zumal die Gerichte in keiner festgesetzte Reihenfolge auf den Tisch kommen, sondern einfach dann, wenn sie fertig sind…
Wie Rainer Becker hat auch Alan Yau vor nicht allzu langer Zeit ein zweites Restaurant eröffnet. Das „Yauatcha“ im Stadtteil Soho wartet im Erdgeschoss mit einem Teehaus und einer Konditorei auf, während im intimeren Kellergeschoss eine fast berauschende Vielfalt an Dim-Sum-Kreationen angeboten wird, die ganz im Gegensatz zur chinesischen Tradition sowohl zum Mittag- als auch zum Abendessen angeboten werden. Wer statt eines Tees lieber ein alkoholhältiges Getränk zum Essen nimmt, dem seien neben der reichen Weinauswahl die aufregend aussehenden Cocktails empfohlen. Das übrige Angebot an Speisen und Getränken lässt sich sowohl von der Qualität als auch von der Preisgestaltung her mit dem Hakkasan vergleichen…
Der wichtigste Wegbereiter für japanische Feinschmeckerlokale in aller Welt war ganz ohne Zweifel Nobu Matsuhisa. Der gebürtige Japaner gründete ein Gourmetrestaurant in Los Angeles und hatte damit solch einen Erfolg, dass ihm diverse Hollywoodgrößen bei der Expansion unter die Arme griffen. Mittlerweile verfügt die von Matsuhisa gegründete Myriad Restaurant Group über Toprestaurants in Malibu, Las Vegas, Dallas, Miami, New York, London, Mailand und Tokio. Der Gedanke, ihre Erfolgskonzepte auch in andere Metropolen rund um den Erdball zu exportieren, dürfte auch für Rainer Becker und Alan Yau sehr reizvoll sein, wenngleich Becker andeutet, „auch gerne einmal ein Lokal eröffnen zu wollen, das keine japanische Küche anbietet!“ Bedenkt man allerdings, dass Londons asiatische Restaurants zurzeit weltweit fast konkurrenzlos sind, scheint einer Expansion ins Ausland nichts im Wege zu stehen…
kontakt:
Zuma
5 Raphael Street
Knightsbridge
London SW7 1DL
Tel.: +44 20 7584 1010
E-Mail: www.zumarestaurant.com
Roka
37 Charlotte Street
Bloomsbury
London W1T 1RR
Tel.: +44 20 7580 6464
Hakkasan
8 Hanway Place
London W1T 1HD
Bloomsbury
Tel.: +44 20 7927 7000
E-Mail: reservation@hakkasan.com
Yauatcha
15 Broadwick Street
Soho
London W1F 0DL
Tel.: +44 870 780 8265
E-Mail: mail@yauatcha.com