Gerald Angelmahr – Allein gegen die Erbsenzähler

Kritiker sind ihm schnuppe, er zählt auf das Urteil der Gäste: Gerald Angelmahr zwischen junger, wilder Perfektionsküche und dem Erbe seines Vorgängers, Reinhard Gerer.
November 13, 2015

Fotos: Werner Krug
Gerald Angelmahr

>> Im Zeitraffer

Geboren 1981 in Schwechat bei Wien, absolvierte Gerald Angelmahr seine Lehrzeit im berühmten Hotel Imperial in Wien unter Stefan Hierzer. 2003 bis 2005 begleitete er als Chef de Partie die Neueröffnung des Le Méridien Wien. Nach erfolgreichen Karrierestationen im Haubenrestaurant Meinl am Graben unter Joachim Gradwohl sowie im Designhotel Aenea in Reifnitz am Wörthersee kehrte Angelmahr 2007 ins Hotel Imperial zurück, wo er zuletzt als Souschef Staatsgäste und gekrönte Häupter ebenso kulinarisch verwöhnte wie die Gäste des Haubenrestaurants Imperial.

Der Sieg beim „junge wilde“-Award 2007 war schließlich das Sprungbrett in das Korso, in dem er seit Herbst 2008 als Küchenchef arbeitet.

Die alten Kumpanen Reinhard Gerers warteten nur darauf, seinen Nachfolger scheitern zu sehen. Über zwei Jahrzehnte hinweg pushte Gerer das Korso an die Spitze der österreichischen Gourmetszene. Exakt 23 Jahre lang hielt er vier Hauben – ehe Gault Millau seinen (vielleicht zu lange) hochgejubelten Star fallen ließ. Mit nur mehr einer Haube fand sich Gerer im Sommer 2008 am Tiefpunkt seiner Karriere wieder. Die Geschäftsführung des Wiener Edelhotels Bristol, in dem das Korso seit 1984 beheimatet ist, und der gescheiterte Koch trennten sich – einvernehmlich. So heißt es zumindest offiziell. Die Medienwelt hielt den Atem an, wer die Nachfolge antreten könnte.

Und dann wurde ausgerechnet er geholt: Gerald Angelmahr; ein junger, unverbrauchter Typ. Kurz zuvor hatte Angelmahr den „junge wilde“-Wettbewerb für sich entscheiden können – ein Titel, der mit dem gediegenen, ja vielleicht sogar altmodischen Ambiente des Korsos zusammenpasst wie Jakobsmuscheln mit Blutwurst. Zuerst gar nicht, dann jedoch genial. „Ich bin auf einem Mittelweg unterwegs. Das klingt jetzt vielleicht nicht sehr gewagt, aber den vielen Stammgästen im Korso kann ich einfach keine extreme Küche antun. ,junger wilder’ heißt ja außerdem nicht, immer alles besonders schräg zu machen. Es bedeutet, sein Handwerk perfekt zu beherrschen und kreative Kombinationen auf den Teller zu zaubern, die für den optimalen Geschmack sorgen.“ Eben Klassiker neu zu interpretieren. Und genau damit verblüfft Angelmahr zuweilen seine Gäste.

Gerald Angelmahr Rolling Pin TVDie ersten Wochen im Korso waren trotzdem turbulent für ihn, der erstmals ein Team zu führen hatte. „Natürlich spürte ich anfangs den Druck. Viele Kritiker sind gekommen und nicht alle Bewertungen fielen positiv aus“, erinnert sich Angelmahr an den September des Vorjahres, als er das schwerste kulinarische Erbe Wiens anzutreten hatte. So einige sahen die Fußstapfen von Gerer zu groß für den „jungen wilden“. „Gerer war ein großer Vorgänger und sein Name wird wohl noch länger in diesem Restaurant herumgeistern. Ich mache hier einfach mein Ding. Das habe ich mir so in den Kopf gesetzt.“

„Schwerfälliger Luxus statt frischer Ideen“, schrieb etwa die Tageszeitung „Der Standard“ in einer ersten Kritik. Und: Man machte sich lustig über…

Fotos: Werner Krug
Gerald Angelmahr

>> Im Zeitraffer

Geboren 1981 in Schwechat bei Wien, absolvierte Gerald Angelmahr seine Lehrzeit im berühmten Hotel Imperial in Wien unter Stefan Hierzer. 2003 bis 2005 begleitete er als Chef de Partie die Neueröffnung des Le Méridien Wien. Nach erfolgreichen Karrierestationen im Haubenrestaurant Meinl am Graben unter Joachim Gradwohl sowie im Designhotel Aenea in Reifnitz am Wörthersee kehrte Angelmahr 2007 ins Hotel Imperial zurück, wo er zuletzt als Souschef Staatsgäste und gekrönte Häupter ebenso kulinarisch verwöhnte wie die Gäste des Haubenrestaurants Imperial.

Der Sieg beim „junge wilde“-Award 2007 war schließlich das Sprungbrett in das Korso, in dem er seit Herbst 2008 als Küchenchef arbeitet.

Die alten Kumpanen Reinhard Gerers warteten nur darauf, seinen Nachfolger scheitern zu sehen. Über zwei Jahrzehnte hinweg pushte Gerer das Korso an die Spitze der österreichischen Gourmetszene. Exakt 23 Jahre lang hielt er vier Hauben – ehe Gault Millau seinen (vielleicht zu lange) hochgejubelten Star fallen ließ. Mit nur mehr einer Haube fand sich Gerer im Sommer 2008 am Tiefpunkt seiner Karriere wieder. Die Geschäftsführung des Wiener Edelhotels Bristol, in dem das Korso seit 1984 beheimatet ist, und der gescheiterte Koch trennten sich – einvernehmlich. So heißt es zumindest offiziell. Die Medienwelt hielt den Atem an, wer die Nachfolge antreten könnte.

Und dann wurde ausgerechnet er geholt: Gerald Angelmahr; ein junger, unverbrauchter Typ. Kurz zuvor hatte Angelmahr den „junge wilde“-Wettbewerb für sich entscheiden können – ein Titel, der mit dem gediegenen, ja vielleicht sogar altmodischen Ambiente des Korsos zusammenpasst wie Jakobsmuscheln mit Blutwurst. Zuerst gar nicht, dann jedoch genial. „Ich bin auf einem Mittelweg unterwegs. Das klingt jetzt vielleicht nicht sehr gewagt, aber den vielen Stammgästen im Korso kann ich einfach keine extreme Küche antun. ,junger wilder’ heißt ja außerdem nicht, immer alles besonders schräg zu machen. Es bedeutet, sein Handwerk perfekt zu beherrschen und kreative Kombinationen auf den Teller zu zaubern, die für den optimalen Geschmack sorgen.“ Eben Klassiker neu zu interpretieren. Und genau damit verblüfft Angelmahr zuweilen seine Gäste.

Die ersten Wochen im Korso waren trotzdem turbulent für ihn, der erstmals ein Team zu führen hatte. „Natürlich spürte ich anfangs den Druck. Viele Kritiker sind gekommen und nicht alle Bewertungen fielen positiv aus“, erinnert sich Angelmahr an den September des Vorjahres, als er das schwerste kulinarische Erbe Wiens anzutreten hatte. So einige sahen die Fußstapfen von Gerer zu groß für den „jungen wilden“. „Gerer war ein großer Vorgänger und sein Name wird wohl noch länger in diesem Restaurant herumgeistern. Ich mache hier einfach mein Ding. Das habe ich mir so in den Kopf gesetzt.“

„Schwerfälliger Luxus statt frischer Ideen“, schrieb etwa die Tageszeitung „Der Standard“ in einer ersten Kritik. Und: Man machte sich lustig über …

Gerald Angelmahr in einem roten Stoffstuhl umgeben von seinem Team

>> Das sagen Kollegen über ihn

„Dass Gerald das Zeug zu einem ganz Großen hat, habe ich schon früh erkannt. Er trägt enorme Leidenschaft für seinen Beruf in sich. In der Küche ist Gerald ein Perfektionist. Dass ich ihn auf einem Stück seines Erfolgsweges begleiten durfte, macht mich stolz. “

Siegfried Kröpfl, ehemaliger Executive Chef im Imperial und großer Förderer Angelmahrs

„In der Küche war er ein Vorzeigelehrling. Alles, was er hinausgehen ließ, war perfekt auf den Punkt gebracht. Nur die Berufsschule war für eine kurze Zeit nicht so sein Ding. Da hat er auch das eine oder andere Mal geschwänzt. Ich habe ihn daraufhin mit unguten Dienstzeiten eingedeckt. Da ging er wirklich durch eine harte Schule.“

Stefan Hierzer, ehemaliger Küchenchef von Angelmahr im Imperial (jetzt Küchenchef e-Catering)

„Was dieser Junge beim „junge wilde“-Award hingelegt hat, war schon allererste Sahne. Kreative Küche und man merkt bei seinen Gerichten, dass er das Handwerk beherrscht. Ein cooler Typ, der nie aus der Ruhe zu bringen ist.“

Tim Mälzer, saß 2007 in der Jury, als Angelmahr zum jungen wilden gekürt wurde.

„Wir freuen uns alle über den steilen Aufstieg von Gerald. Aber es hat sich abgezeichnet. Als er bei mir im Meinl am Graben kochte, war schon klar zu erkennen, welch großes Talent in ihm schlummert. Was er auf die Teller bringt, hat echte Klasse. Ich bin wirklich gespannt, wie sich Gerald in seiner neuen Rolle nun weiterentwickelt. Möglich ist einiges im Korso und mit Angelmahr als Küchenchef hat man sicher auf den Richtigen gesetzt. “

Joachim Gradwohl, ehemaliger Küchenchef von Angelmahr im Meinl am Graben in Wien

… die Anzahl der Erbsen auf dem Teller. „Gezählte sechs Halbkugerln sind purer Hohn …“, hieß es. Angelmahr dürfte die Zeilen des Erbsenzählers öfter als nur einmal gelesen haben, denn die wesentlichen Stellen des Artikels zitiert er heute noch fehlerfrei; aber nicht ohne Ärger. „Wenn die Leute zählen wollen, dann sollen sie zählen. Man weiß, was Kritiker schreiben. Selten ist alles positiv. Man muss eben immer irgendetwas finden.“ Außerdem habe Angelmahr mit Gegenwind gerechnet. „Natürlich ist eine große Angriffsfläche vorhanden. Ich kann aber mit gutem Gewissen sagen, dass hier Topprodukte mit Topqualität auf den Tellern landen. Das ist für mich das Wesentliche.“

Angelmahrs Karriere wäre nicht so steil verlaufen, hätte der junge Koch sein Ohr nicht auch nah an kritischen Geistern. Seinen Plan, mit dem er den verstaubten Ruf des Korsos aufputzen will, präsentierte er bereits im Frühherbst: leichte Linie statt schwerer, österreichischer Kost. Das Leitmotiv lautet Essenz – eine klare Basis und der edle Fond für Gerichte, die feine Gaumen verwöhnen. Dabei darf der glacierte Ochsenschwanz vom österreichischen Biobauern schon mal mit knusprigem Hummer kokettieren und das Filet vom Huchen eine kreative Liaison mit Grammeln auf Karottenelixier eingehen. „Neben Fleisch und Fisch spielt die Soße bei meinen Kreationen eine Hauptrolle. Der Gast soll animiert werden, die Soße mit dem Gebäck aufzutunken“, ergänzt Angelmahr.

Im Korso findet er alles vor, um ein ganz Großer zu werden. „Der Preis spielt hier die Nebenrolle, das Produkt muss passen.“ Sein neunköpfiges Team durfte er sich selbst zusammenstellen. „Alles Menschen, mit denen ich zuvor bereits in irgendeiner Art und Weise zusammengearbeitet hatte. Dieses Verhältnis zur Küchenbrigade ist wichtig. Jeder weiß, wie ich ticke.“ Das Servicepersonal: „Könnte besser nicht sein!“

Gerald Angelmahr während der Arbeit

Sind die ersten Auszeichnungen in den wesentlichen Führern von Gault Millau bis Guide Michelin also nur eine Frage der Zeit? „Wir stehen erst am Anfang eines langen Wegs. Ich weiß, was ich kann, und ich weiß, was meine Mannschaft draufhat. Jeden Tag verlange ich etwas mehr.“ Vorgabe aus der Bristol-Chefetage gebe es keine, so Angelmahr. Selbst hat er sich ein Ziel gesteckt. Dazu schweigt er jedoch.

Nun könnte ihm ausgerechnet die Finanzkrise Aufwind zum kulinarischen Höhenflug verleihen. Seit Beginn des Jahres verzichtet das Korso auf das Mittagsgeschäft. Mit den neuen Öffnungszeiten am Abend von 18 bis 01 Uhr (Küche bis 23 Uhr) passiert vor allem eines: die Konzentration auf noch mehr Perfektionismus. Das ist der Motor, der Angelmahr antreibt. Stefan Hierzer und Siegfried Kröpfl im Imperial und Joachim Gradwohl im Meinl am Graben waren die Lehrmeister. Sie formten aus dem Talent einen fertigen Koch.

Und trotzdem: Der „junge wilde“-Award war das Sprungbrett in das noble Wiener Restaurant. „Ich würde heute nicht hier stehen, hätte ich den Bewerb nicht für mich entschieden.“ Angelmahr erinnert sich noch genau an den 18. April 2007, als er als Sieger die Arme in die Höhe riss. „Mit einem Mal hat sich alles schlagartig geändert. Das Medieninteresse war enorm. Man macht einen entscheidenden Schritt, von dem aus es nicht mehr zurückgeht. Ich wurde bombardiert mit Anfragen und Angeboten.“ Doch mehr als Absagen waren ihm lange nicht zu entlocken. „Erst als das Angebot aus dem Korso kam, fühlte ich mich bereit dazu, die Chefrolle zu übernehmen.“ Gerade rechtzeitig, wie ihm nicht zuletzt seine Lehrmeister versichern. Hierzer: „Gerald zählt schon jetzt zu den Besten im Land. Bald wird das auch in jedem Führer nachzulesen sein.“

>> Das Rezept finden Sie auf der nächsten Seite

Gespicktes Rehkitz mit Topinamburcreme, mariniertem Kürbis und Berberitzen

Gespicktes Rehkitz mit Topinamburcreme, mariniertem Kürbis und Berberitzen

Zutaten für 4 Portionen:

  • 240 g Rehkitzfilet
  • 1 kleines Stück Lardo im Ganzen
  • Olivenöl, Knoblauch, Thymian, Wacholder, Ingwer, Fleur de Sel

Topinamburcreme

  • 200 g Topinambur
  • 2 Stück Schalotten
  • Sahne, Milch, Olivenöl,
  • Zitronensaft, Salz, Pfeffer,
  • Cayennepfeffer

Marinierter Kürbis

  • 200 g Muskatkürbis
  • 2 Stück Schalotten
  • ¼ l Tomatenconsommé
  • Ingwer, Koriandersaat,
  • Fenchelsaat, Olivenöl,
  • Thymian, frisches Lorbeerblatt,
  • Knoblauch, Noilly Prat, Weißwein

Eingelegte Berberitzen

  • 100 g Berberitzen
  • 1 El Honig
  • Rotwein
  • Ingwer, 1 Vanilleschote

Das Rehkitzfilet sauber parieren, den Lardo in Keile schneiden und mit einer Spicknadel das Kitz mit dem Lardo spicken.

Für die Topinamburcreme die Knollen ungeschält gut waschen und klein schneiden. Schalotten klein schneiden und in Olivenöl angehen lassen, Topinambur dazugeben und langsam rösten lassen. Gewürze beigeben und mit Weißwein ablöschen.

Wenn der Alkohol verkocht ist, die Milch und die Sahne beigeben und langsam köcheln lassen. Wenn alles schön weich ist, mit Hilfe eines Stabmixers pürieren und durch ein feines Sieb streichen. Mit Zitrone und Cayennepfeffer abschmecken.

Für den Kürbis das Fruchtfleisch in Keile schneiden. Die dabei anfallenden Abschnitte gemeinsam mit den Schalotten und den Gewürzen in Olivenöl angehen lassen, mit dem Alkohol ablöschen und mit der Tomatenconsommé aufgießen. Den Fond auf ein Drittel einkochen lassen und passieren. Den Fond wieder zum Kochen bringen und die geschnittenen Kürbisstücke darin weich dünsten. Zum Schluss den Fond mit den Kürbisstücken, kalter Butter und Olivenöl montieren, sodass eine leichte Bindung entsteht.

Für die eingekochten Berberitzen die Beeren gut waschen. In einem Topf Zucker karamellisieren und mit dem Rotwein ablöschen, die Aromaten und die Berberitzen beigeben und etwa eine halbe Stunde einkochen lassen.

Fertigstellung

Das gespickte Kitzfilet in etwas Olivenöl, Butter, mit Kräutern und Gewürzen langsam bei wenig Temperatur rosa braten und rasten lassen. Das Filet aufschneiden und mit der Topinamburcreme, dem Kürbis und den Berberitzen dekorativ anrichten.

>> Kontakt
Restaurant Korso
Imperial Hotels Austria
Mahlerstraße 2, 1010 Wien
Tel.: +43 (0)1/51 51 65 46
www.restaurantkorso.at
Öffnungszeiten: 18 bis 01 Uhr
(Küche bis 23 Uhr)

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