Anatoly Kazakov: Radikal Regional
Über Politik zu lamentieren, liegt uns ja grundsätzlich fern. Im Fall von Anatoly Kazakov spielt sie jedoch eine maßgebliche Rolle in der Küche des russischen Ausnahmekochs. Denn als Reaktion auf wirtschaftliche Handelsembargos seitens der EU reagierte der russische Staatschef Vladimir Putin mit einem Importverbot für Lebensmittel aus dem Westen. Während viele Gastronomen verzweifelt damit haderten, nutzten andere die Gunst der Stunde und riefen zu einer friedlichen und kulinarischen Revolution. Im Fahrwasser von Superstar und White-Rabbit-Küchenchef Vladimir Mukhin, der als Posterchild der neuen russischen Küche dient, transformierte auch Newcomer und ehemaliger Mukhin-Schüler Anatoly Kazakov die Not zur Tugend. „Russland hat durch seine Größe eine unfassbare Produktvielfalt. Du kannst neun Stunden im Flugzeug sitzen und bist immer noch in Russland“, gibt Kazavok zu Protokoll.
Mütterchen Russland
„Noch vor zehn Jahren war die russische Fine- Dine-Szene gezeichnet von Lebensmittelexporten aus Spanien, Deutschland, Italien, Holland, Frankreich etc. Wir haben wahnsinnig geniale Produkte im Osten. In Sotschi beispielsweise herrscht subtropisches Klima. Aber auch in puncto Seafood gibt es Spitzenprodukte aus Murmansk oder Vladivostok“, erklärt der Spitzenkoch, dessen Kulinarik-Kathedrale Selfie in Moskau auf Platz 88 der World’s 50 Best Restaurants liegt. Wer sich in Russland auf Saisonalität und Regionalität beschränkt, muss kreativ sein. Durch den langen Winter sind viele Produkte nur kurzfristig erhältlich.
Also macht Anatoly Kazakov das, was schon seine Großeltern gemacht haben: fermentieren und einlegen, bis der Arzt kommt. „In Russland ist es gerade Frühlingsbeginn und wir haben vielleicht ein paar Beeren und Blätter, die wir frisch verwenden können“, sagt Kazakov mit einem Augenzwinkern. Wie er mit dieser Situation umgeht, zeigt sein erster von drei Gängen: Wassermelonen-Rettich, Feijoa und Ziegenkäse. Zugegeben, das klingt beim Lesen nicht unbedingt weltbewegend. Dabei zeigt der stolze Russe aber, wie er gekonnt frische und fermentierte Produkte kombiniert.
Wir verwenden in unserem Restaurant zu 90 Prozent russische Produkte.
Hardcore-Regionalist Anatoly Kazakov über seine Linie
Über Politik zu lamentieren, liegt uns ja grundsätzlich fern. Im Fall von Anatoly Kazakov spielt sie jedoch eine maßgebliche Rolle in der Küche des russischen Ausnahmekochs. Denn als Reaktion auf wirtschaftliche Handelsembargos seitens der EU reagierte der russische Staatschef Vladimir Putin mit einem Importverbot für Lebensmittel aus dem Westen. Während viele Gastronomen verzweifelt damit haderten, nutzten andere die Gunst der Stunde und riefen zu einer friedlichen und kulinarischen Revolution. Im Fahrwasser von Superstar und White-Rabbit-Küchenchef Vladimir Mukhin, der als Posterchild der neuen russischen Küche dient, transformierte auch Newcomer und ehemaliger Mukhin-Schüler Anatoly Kazakov die Not zur Tugend. „Russland hat durch seine Größe eine unfassbare Produktvielfalt. Du kannst neun Stunden im Flugzeug sitzen und bist immer noch in Russland“, gibt Kazavok zu Protokoll.
Mütterchen Russland
„Noch vor zehn Jahren war die russische Fine- Dine-Szene gezeichnet von Lebensmittelexporten aus Spanien, Deutschland, Italien, Holland, Frankreich etc. Wir haben wahnsinnig geniale Produkte im Osten. In Sotschi beispielsweise herrscht subtropisches Klima. Aber auch in puncto Seafood gibt es Spitzenprodukte aus Murmansk oder Vladivostok“, erklärt der Spitzenkoch, dessen Kulinarik-Kathedrale Selfie in Moskau auf Platz 88 der World’s 50 Best Restaurants liegt. Wer sich in Russland auf Saisonalität und Regionalität beschränkt, muss kreativ sein. Durch den langen Winter sind viele Produkte nur kurzfristig erhältlich.
Also macht Anatoly Kazakov das, was schon seine Großeltern gemacht haben: fermentieren und einlegen, bis der Arzt kommt. „In Russland ist es gerade Frühlingsbeginn und wir haben vielleicht ein paar Beeren und Blätter, die wir frisch verwenden können“, sagt Kazakov mit einem Augenzwinkern. Wie er mit dieser Situation umgeht, zeigt sein erster von drei Gängen: Wassermelonen-Rettich, Feijoa und Ziegenkäse. Zugegeben, das klingt beim Lesen nicht unbedingt weltbewegend. Dabei zeigt der stolze Russe aber, wie er gekonnt frische und fermentierte Produkte kombiniert.
Wir verwenden in unserem Restaurant zu 90 Prozent russische Produkte.
Hardcore-Regionalist Anatoly Kazakov über seine Linie
„Der Melonen-Rettich kommt frisch aus Krasnodar (südliche Region in Russland) und bringt eine crispy Textur sowie eine schöne Säure mit.“ Mariniert wird der Melonen-Rettich in fermentiertem Birkensaft und in hauchdünnen Scheiben und auf Eis mit einer Emulsion von Ziegenkäse serviert. Frischer Feijoa (brasilianische Guave) aus dem subtropischen Klima Sotschis und fermentierte Maulbeerfrucht runden sein Premierengericht ab. In seinem nächsten Gericht veranschaulicht Anatoly Kazakov die enorme Produktqualität seiner Heimat mit einem Seafood-Klassiker. Dafür verwendet der Küchen-Patriot Kazakov Königskrabben aus der nord- russischen Hafenstadt Murmansk, die zuerst vorsichtig dampfgegart werden, ehe sie in einen Topf mit einer Gemüsefond-Emulsion und Butter kommen. „Jetzt brauchen wir noch Säure. Die bekommen wir durch den Saft von gebeizten grünen Tomaten.
Generell ist das Beizen von Gemüse in Russland wegen des kurzen Sommers eine gängige Methode, um Gemüse das ganze Jahr über verfügbar zu machen“, erklärt der Spitzenkoch. Serviert werden die King Crabs mit fermentiertem Apfelmus, das Kazakov geschmacklich mit Eiswein vergleicht, marinierten Stachelbeeren und einem Espuma aus frittiertem Gemüse. Für den kulinarischen Feinschliff hobelt Kazakov schließlich noch geräucherte und fermentierte Birne über den Teller.
Zurück in die Zukunft
Im dritten und letzten Gang seiner beeindruckenden Cooking-Demonstration inszeniert Kazakov seine persönlichen Lieblingsprodukte im Frühling in Form einer Pannacotta mit Sauerampfer und marinierter Kiefer. Dafür verwendet Kazakov eine Estragon-Ganache mit weißer Schokolade, ein bitteres Kräuter-Gelee und geräuchertes Sauerrahm-Eis. Garniert wird sein Dessert mit der marinierten Kiefer und frischem Sauerampfer.
Mit seinem 3-Gänge-CHEFDAYS-Menü zeigt Kazakov nicht nur auf beeindruckende Weise, wie man sich durch den langen Winter Russlands fermentiert, sondern auch, wie man Tradition und Moderne auf dem Teller verbindet. „Im Restaurant Selfie, das zur großen White Rabbit Family gehört, verwenden wir rund 90 Prozent der Zutaten, die in Russland produziert wurden. Wir versuchen, immer stärker speziell mit kleinen Familienbetrieben zu kooperieren. Zwar stehen wir in Russland noch ganz am Anfang, doch Schritt für Schritt entwickeln sich auch hier hochkarätige Produzenten mit absoluten Spitzenprodukten“, erklärt Kazakov. Eine kulinarische Evolution, von der wir in den nächsten Jahren mit Sicherheit noch ganz viel Gutes hören und vor allem schmecken werden.