Soll Junkfood-Werbung verboten werden?
Deutschlands wohl bekanntester Sternekoch Tim Raue brachte es diese Woche im Spiegel-Interview auf den Punkt: «Es gibt hier für jeden Scheiß eine Verordnung. Drogen sind verboten, der Alkohol- und Nikotinkonsum wird reguliert, genauso wie Medikamente. Nur Zucker nicht.» Dabei fordern Ärzteverbände schon längst, ungesundes Essen stärker zu regulieren. Genauer gesagt: Werbung für Junkfood soll es nicht mehr geben. Aber würde ein solches Verbot wirklich etwas bewirken?
Deutschlands wohl bekanntester Sternekoch Tim Raue brachte es diese Woche im Spiegel-Interview auf den Punkt: «Es gibt hier für jeden Scheiß eine Verordnung. Drogen sind verboten, der Alkohol- und Nikotinkonsum wird reguliert, genauso wie Medikamente. Nur Zucker nicht.» Dabei fordern Ärzteverbände schon längst, ungesundes Essen stärker zu regulieren. Genauer gesagt: Werbung für Junkfood soll es nicht mehr geben. Aber würde ein solches Verbot wirklich etwas bewirken?
Schon 100.000 weniger Übergewichtige
Um diese Frage zu beantworten, hilft ein Blick nach Großbritannien. Dort rührt TV-Koch Jamie Oliver schon seit Jahren die Werbetrommel gegen Junkfood-Werbung. Ein teilweises Verbot im Fernsehen hätte im kommenden Jahr in Kraft treten sollen – doch wurde von der Regierung erneut verschoben. Laut dem Gesetzentwurf sollten Werbespots, die ungesundes Essen anpreisen, nur mehr nach dem «Watershed», also ab 9 Uhr erlaubt sein, wenn das Programm nicht mehr für Kinder gedacht ist.
Ein Junkfood-Werbeverbot in öffentlichen Verkehrsmitteln in London (im «Transport for London»-Netzwerk) gibt es in Großbritannien bereits seit Februar 2019. Restaurants und Lebensmittelmarken dürfen nur mehr gesunde Produkte bewerben, nicht mehr die Brand als Ganzes. Letzten Sommer berichtete die BBC, dass laut einer Studie zu dem Thema knapp 100.000 Fälle von Übergewicht alleine dadurch verhindert worden seien. Die britischen Wissenschaftler zogen diesen Schluss aus einer Analyse des Kaufverhaltens der Londoner.
Nun will ein Bündnis Gesundheitsexperten, Ärzteverbänden und Kinderschutzorganisationen ein Gesetz nach britischem Vorbild auch in Deutschland sehen. Derzeit bereitet das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft einen Entwurf für eine Werbebeschränkung vor. In einem offenen Brief an die Bundesregierung, den rund 40 Organisationen unterzeichneten, werden die folgenden Eckpunkte vorgeschlagen:
- Als Grundlage sollten die Nährwertempfehlungen der WHO Europa dienen
- TV, Radio und Streamingdienste: Keine Werbung für Ungesundes von 6 bis 23 Uhr
- Influencer:innen („paid content“): Grundsätzlich nur Werbung für gesunde Lebensmittel
- Außenwerbung: 100-Meter-Bannmeile für Ungesundes um Schulen, Kitas und Spielplätze
Auch Jamie Oliver unterzeichnete den offenen Brief. «77 Prozent der Eltern und Großeltern befürworten eine stärkere staatliche Unterstützung für eine gesunde Ernährung», heißt es in dem Schreiben. Gegenstimmen gibt es, wie zu erwarten war, aus der Werbewirtschaft. Die Einführung eines Werbeverbots habe keinen nachweislichen Einfluss auf Übergewichtszahlen, so die Position des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft eV.
Laut einer Studie der Universität Hamburg sieht jedes Kind zwischen 3 und 13 Jahren pro Tag im Schnitt 15 Werbespots für ungesunde Lebensmittel.