Das Gesicht der deutschen Elite
Foto: Werner Krug, Michael Wissing BFF, 2010 Michael Holz Studio, Ritz Carlton Wolfsburg/Altschaffel, Traube Tonbach, beigestellt
Da sind es nun auf einmal zehn. Kevin Fehling aus dem Gourmetrestaurant La Belle Epoque in Lübeck-Travemünde darf man die Hand schütteln oder zu ihm aufschauen, denn er hat den großen Sprung in den überschaubaren und elitären Kreis der 3-Sterner geschafft – nach nur zwei Jahren. Das hat Bums, das sorgt für ein klein wenig Gänsehaut. Denn anstatt Nils Henkel (worauf man im Geheimen hoffte) oder Heinz Winkler (was man sich für ihn persönlich wünschen würde) den dritten Stern wiederzugeben, hält man sich an einen Frischling. Dieser wiederum hat es mehr als verdient, Jürgen Dollase bezeichnete den erst 35-Jährigen Anfang des Jahres als „einen der wichtigsten Köche der Folgegeneration nach Wissler und Co.“.
Und nun steht der Nachfolger in derselben Reihe, hat, um bei Dollase zu bleiben, seine individuelle Handschrift gefunden. Um den Guide zu zitieren: „Seine absolut harmonischen Kompositionen zeugen von Intelligenz und Reife bei der Kombination der Aromen, verbunden mit einer ausgeprägten persönlichen Note.“ Mit dieser Bewertung hat das rote Büchlein mit zehn Häusern seinen Höchststand an 3-Sterne-Restaurants erreicht und kürt zudem Harald Wohlfahrt zum längst dienenden 3-Sterne-Koch Deutschlands. Mit 21 Jahren in Folge stößt er Heinz Winkler von seinem Thron und kann für sich zudem verbuchen, dass aus seiner Schmiede sechs der aktuellen 3-Sterner und 30 der 1-Stern-Köche gewachsen sind. Aber auch ansonsten…
Foto: Werner Krug, Michael Wissing BFF, 2010 Michael Holz Studio, Ritz Carlton Wolfsburg/Altschaffel, Traube Tonbach, beigestellt
Da sind es nun auf einmal zehn. Kevin Fehling aus dem Gourmetrestaurant La Belle Epoque in Lübeck-Travemünde darf man die Hand schütteln oder zu ihm aufschauen, denn er hat den großen Sprung in den überschaubaren und elitären Kreis der 3-Sterner geschafft – nach nur zwei Jahren. Das hat Bums, das sorgt für ein klein wenig Gänsehaut. Denn anstatt Nils Henkel (worauf man im Geheimen hoffte) oder Heinz Winkler (was man sich für ihn persönlich wünschen würde) den dritten Stern wiederzugeben, hält man sich an einen Frischling. Dieser wiederum hat es mehr als verdient, Jürgen Dollase bezeichnete den erst 35-Jährigen Anfang des Jahres als „einen der wichtigsten Köche der Folgegeneration nach Wissler und Co.“.
Und nun steht der Nachfolger in derselben Reihe, hat, um bei Dollase zu bleiben, seine individuelle Handschrift gefunden. Um den Guide zu zitieren: „Seine absolut harmonischen Kompositionen zeugen von Intelligenz und Reife bei der Kombination der Aromen, verbunden mit einer ausgeprägten persönlichen Note.“ Mit dieser Bewertung hat das rote Büchlein mit zehn Häusern seinen Höchststand an 3-Sterne-Restaurants erreicht und kürt zudem Harald Wohlfahrt zum längst dienenden 3-Sterne-Koch Deutschlands. Mit 21 Jahren in Folge stößt er Heinz Winkler von seinem Thron und kann für sich zudem verbuchen, dass aus seiner Schmiede sechs der aktuellen 3-Sterner und 30 der 1-Stern-Köche gewachsen sind. Aber auch ansonsten schmückt sich die 50. Jubiläumsausgabe mit weiteren Rekordzahlen.
Schau, da ist einer …
… und noch einer und eigentlich noch ganz viele. Denn mit 255 Sterne-Häusern hatte Deutschland noch nie eine so große Auswahl an gekrönten Gourmetadressen. Davon 36 Restaurants mit zwei Sternen, was bedeutet, dass der Guide Michelin deren Anzahl seit 2010 von 18 insgesamt verdoppelt hat. Die Highlights daraus: Zum ersten Mal wurde mit der Küchenchefin Douce Steiner aus dem Restaurant Hirschen in dieser Kategorie eine Frau in Deutschland ausgezeichnet. Tim Raue erhält nach seinem ersten Stern im Jahr der Eröffnung nun gleich mal den zweiten und Hamburgs Gentleman-Koch Karlheinz Hauser bekommt im 10. Jubiläumsjahr des Süllbergs ebenfalls Stern Nummer zwei verliehen.
Friede im Eierkuchenland
Schocker blieben dieses Jahr aus, keine Verluste in den oberen Rängen und die Wiederbelebung der kulinarischen Mittelschicht ist voll im Gange: Die beachtliche Zahl von 70 neuen „Bib Gourmands“ stellt einen rasanten Anstieg dar. Mit insgesamt 452 Häusern, die diese Auszeichnung erhielten, ist ebenfalls ein neuer Spitzenwert erreicht. 29 Restaurants kommen zusätzlich in den Genuss eines Sternes. Dem gegenüber stehen 24 Restaurants, die ihrer Auszeichnung enthoben wurden, neun davon wegen Schließung oder Konzeptänderung – nur das Brenners Park-Restaurant wird von zwei auf einen Stern herabgestuft, was aber am Wechsel des Küchenchefs liegen dürfte. Der Guide Michelin 2013: Eine runde Sache mit Fehling als Sahnekirsche, und ohne dass ein Koch so richtig in den sauren Apfel beißen musste.
Hier kommen sie zur Übersicht des Guide Michelin Deutschland 2013!
RALF FLANKENFLÜGEL
Der Koch und Hotelfachmann wurde 1992 Michelin-HotelInspektor. Bereits 2000 avancierte er zum stellvertretenden Redaktionsleiter und ist Seit 2009 ChefRedakteur der deutschen Michelin-Ausgabe.
http://restaurant.michelin.de
DER MANN UND DIE STERNE
Er und seine Inspektoren sind der Schalthebel für erfolg und niederlage in der Gastronomie. Der Chefredakteur des Guide Michelin Deutschland über die aktuelle ausgabe, das Ausbleiben von Skandalen und die Nachwuchsfrage.
Der Guide Michelin 2013 ist voller Rekorde, keine großen Abwertungen, dafür jede Menge neue Auszeichnungen. Wann sind denn die deutschen Köche so gut geworden?
Ralf Flinkenflügel: Bereits das letzte Jahr war ein sehr außergewöhnliches und ich bin selbst überrascht – natürlich positiv –, dass dieser Trend angehalten hat. Dass es einen Aufwind in der deutschen Gas-tronomie gibt, ist somit kein neues Phänomen. Wobei natürlich zu sagen ist, dass wir die Veränderung in der kulinarischen Landschaft nicht kreieren, sondern nur dokumentieren.
Langsam, aber sicher rückt da eine neue Garde an Köchen nach, wie man am Beispiel Kevin Fehling sieht.
Flinkenflügel: Die junge Generation, die sich langsam in der Führungsebene der Küchen etabliert und nun am Werk ist, hat eine sehr gute Ausbildung genossen und sich sukzessive weiterentwickelt. Was die jungen Köche schneller verstanden haben, ist, dass sie ihre eigene Handschrift entwickeln müssen, um erfolgreich zu sein.
Die Steigerung der Auszeichnungen und damit der Adressenanzahl steht im krassen Gegensatz zu dem immer öfter beklagten Schwund von Nachwuchsköchen.
Flinkenflügel: Wie es ganz unten an der Basis aussieht, kann ich nicht sagen. Aber wir vom Guide Michelin konnten beobachten, dass viele junge Leute mit Ausbildungen in der gehobenen Gastronomie in die Gasthöfe ihrer Eltern zurückkehren. Und diese bringen ihr Können und ihre Erfahrung dann mit zurück in die heimische Wirtshausküche, was ganz klar zu einer großen Steigerung in diesem Segment führt. Das schlägt sich in der aktuellen Ausgabe vor allem im rapiden Anstieg der Bib Gourmands nieder.
Der Guide Michelin ist dafür bekannt, dass durch eine Nennung in ihm der Umsatz steigt. Ist die Rekordzahl von 255 Sterne-Häusern auch ein wenig ein Mittel, um die gesamte Branche anzukurbeln?
Flinkenflügel: Für die Restaurants ist das ein schöner Nebeneffekt, der mich natürlich auch freut. Aber für uns spielt nur die Qualität des Essens eine Rolle und die Inspektoren dürfen das nicht in ihren Bewertungsmaßstab einfließen lassen.
Fakt ist aber auch, dass Deutschland mit zehn 3-Sterne-Köchen die Nummer zwei nach Frankreich in Europa ist. Macht das stolz?
Flinkenflügel: Es kann die Köche stolz machen, denn wie gesagt, wir sind nur das Medium, das die Auszeichnungen vergibt. Die Lorbeeren gehören den Leuten, die hinter dem Herd stehen.
Apropos Lorbeeren: Nach der Veröffentlichung der aktuellen Bewertungen wurden Stimmen laut, die meinten, dass der Osten Deutschlands vernachlässigt wurde. Was sagen Sie dazu?
Flinkenflügel: Wir haben jede Region Deutschlands gleich intensiv besucht und anschließend bewertet. Die Dichte an hochklassigen Restaurants scheint im Osten des Landes einfach kleiner zu sein. Was auch darauf zurückzuführen ist, dass es weniger Klientel für die gehobeneren Kategorien gibt als zum Beispiel in Berlin oder Hamburg.
Wie ist das eigentlich möglich, dass trotz des kontinuierlichen Aufschwungs die deutschen Köche scheinbar nur eine Außenseiterrolle am internationalen Parkett spielen?
Flinkenflügel: Das mag daran liegen, dass sie einfach lieber das machen, was sie sollten: nämlich in ihren Restaurants hinter dem Herd stehen und kochen, anstatt wegen PR-Maßnahmen durch die Welt zu reisen. Vielleicht ist unsere erste offizielle Pressekonferenz für den aktuellen Guide ein Signal, den Fokus etwas mehr auf Deutschland zu lenken.
Der nationale Fokus liegt im Moment bestimmt auf Kevin Fehling. Wie beurteilen Sie selbst seine Leistung?
Flinkenflügel: Dass er ein ganz besonderes Talent ist, war uns bereits bewusst, als wir ihn vor zwei Jahren mit dem zweiten Stern ausgezeichnet haben. Ich war gespannt, was da noch kommen würde. Heuer während der Sterne-Konferenz, die eine Woche dauert, wurden alle diesbezüglichen Dossiers besprochen und wir waren uns einig, dass da einer ist, der konstant auf Top-Niveau kocht.
Insgeheim fragte man sich ja auch, ob Nils Henkel den seinigen heuer wieder zurückbekommen würde …
Flinkenflügel: Die Vergabe unserer Sterne folgt strengen Richtlinien und objektiven Kriterien. Sympathie spielt da leider – oder zum Glück – keine Rolle.